Einzelbild herunterladen
 

Morgenausgabe

Nr. 81

A 41

49.Jahrgang

Wöchentlich 75 Bf., monatlich 8,25 M. ( danon 87 Pf. monatlich für Zustel Tung ins Haus) im voraus zahlbar. Bostbezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Botzeitungs- und 72 Pf. Postbestellgea bühren. Auslandsabonnement 5,65 M. pro Monat; für Länder mit ermäßige tem Drucksachenporto 4,65 M.

Der ,, Borwärts erscheint wochentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Dez Abend". Juustrierte Sonntagsbeilags Bolk und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

18. Februar 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einipal

Millimeterzeile 30 Bt. Reflamezeile 2.-M., Kleine An zeigen" bas fettgebrudte Mort 20 Bf. ( zulässig zwei fettgedruckte Morte, jebes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen flir zwei Borte. Arbeitsmarkt Millimeter jeile 25 Bf. Familienanzeigen Mini­meterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Sauptgeschäft Lindenstraße 3, mochentäglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ab lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlint SW 68, Lindenstr. 3 Fernspr.. Donhoff( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemofrat Berlin .

Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Postschedtonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Lindenstr.3 Dt. B. u. Disc.- Gel.. Depofitent., Jerutalemer Str. 65/66.

Offensive!

Das Wirtschaftsprogramm der Arbeiterbewegung.

Von Friedrich Stampfer .

Die Bedeutung der politischen Entscheidungstämpfe, in denen wir stehen, fann gar nicht überschätzt werden. Aber die wirtschaftlichen Fragen, mit denen sich die letzte Bundesausschussigung des ADGB . beschäftigt hat, sind nicht weniger wichtig. Beide hängen aufs engste miteinander zu sammen.

Wir stehen verfassungspolitisch und sozialpolitisch in der Defensive, weil die Krise des Rapitalismus nicht uns, sondern unsern Gegnern, besonders denen von rechts, zugute gekommen ist. Das Aufschnellen einer ultrarealtio­nären Bewegung als Folge einer großen Wirtschaftskrise ist ein Ereignis, das für uns eine unangenehme Ueberraschung war und das zu manchen theoretischen Vorstellungen, die wir uns früher gemacht hatten, sehr wenig paßt. Die Kommunisten, deren Politik darin besteht, aus Er­fahrungen nichts zu lernen, glauben noch immer an die revo­lutionäre Welle als Krisenfolge; sie wollen die ungeheure Tonterrevolutionäre Welle, die heranrollt, nicht sehen und halten den Kampf gegen sie für Berrat an der Revolution.

Wir wissen, wie notwendig dieser Kampf ist. Wir sollen uns aber auch dessen bewußt sein, daß es gefährlich wäre, sich in ihm zu erschöpfen. Die verfassungspolitische und sozialpolitische Defensive muß Ergänzung und Ausgleich fin­den in einer wirtschaftspolitischen Offensive. Das Berfagen des kapitalistischen Wirtschaftssystems ift eine offenkundige Tatsache, die geistige Abkehr der Massen von ihm ist es nicht minder. Nazis und Kommunisten treten in Wettbewerb mit uns, indem fie behaupten, sie feien richtigere oder bessere Sozialisten als wir. Imbusch, der Führer der christlichen Bergarbeiter, fordert die Verstaat­lichung des Bergbaus.

Die Bertreter des fapitalistischen Systems felbst haben sich längst vom Wirtschaftsliberalismus abge wandt. Einst spottete 2 assalle über die Nachtwächter­rolle", die sie dem Staat zumuteten darüber sind sie nun längst hinaus. Nicht der Nachtwächter soll der Staat für sie sein, sondern der Bankier, der sie subventioniert und stützt. Allerdings foll der Staat sich selber jeder wirtschaft­lichen Betätigung enthalten- was ein ganz offenbarer Widerspruch ist. Und nicht anders die große und die kleine Landwirtschaft, der gewerbliche Mittel stand, der Hausbesig, fie alle wollen, daß der Staat ihnen helfen soll. Wer dann dem Staate hilft, das fümmert sie weniger. Schließlich, nicht zuletzt die Arbeiter. Sie find in ihrer Erkenntnis politisch- wirtschaftlicher Zusammenhänge den anderen weit vorausgeeilt. Sie haben sich mit Hilfe der staatlichen Gesetzgebung ein System des sozialen Schutzes ge­schaffen, das unter normalen Umständen wenigstens das schlimmste Elend von ihnen fernzuhalten versprach. Dieses System des sozialen Schutzes ist jetzt durch die Krise aufs schwerste bedroht und reicht für seine 3wecke nicht mehr aus. Noch einmal richtet sich der Blick der Arbeiter auf

den Staat.

Man verlangt vom Staat, daß er durch Inangriffnahme großer öffentlicher Arbeiten einem Teil der Erwerbslosen Arbeit verschafft. Das ist eine alte sozialistische Forderung, durch Vergebung öffentlicher Arbeiten in Zeiten weichender wirtschaftlicher Konjunktur die Ueberwindung der Krise zu erleichtern. Nur sind elle Maßstäbe ins Gigantische ge­wachsen, heute geht es um Millionen Menschen und um Mil­liarden Mart und es entstehen 3weifel, wie weit die wirt schaftlich- finanzielle Rüstung des Staates reicht, um so ge­waltige Unternehmungen in Gang zu sehen.

-

Allen soll der Staat helfen mer hilft ihm? Wieder waren es die Arbeiter, die zuerst erkannten, daß man aus den Staatskassen nichts herausholen kann, wenn man nichts hineintut, und daß man vom Staat teine Wirtschaftshilfe er­warten darf, wenn man nicht bereit ist, seine Wirtschafts­macht zu stärken. Diese alte Erfenninis gilt es, jetzt auch auf das brennende Problem der Arbeitsbeschaffung anzuwenden.

Mehr Wirtschaftsmacht dem Staate! Mehr bewußtes Bollen, vom Staate aus in die Anarchie der kapitalistischen Wirtschaft planend und regelnd einzugreifen! Mehr ſozia listischen Willen und stärkere Entschloffenheit, diesen sozia­ listischen Willen zum Staatswillen werden zu lassen, das ist die Forderung der Stunde!

Partei und Gewerkschaften haben schon längst den Ruf nach einer Reform des Bant. und Kreditwesens erhoben, nach einer zielbewußten Lentung der Kapitalströme

Hitlers Bestien!

Bichische Bluttat von GA.- Verbrechern/ Jm Schlafzimmer der Eltern ermordet!

Breslau , 17. Februar.( Eigenbericht.)

In der Nacht zum Mittwoch wurde in Bankau, Kreis Kreuzburg, eine neue schwere Bluttat von National sozialisten verübt.

Ein nationalsozialistischer Sturmtrupp fuhr im Auto nach dem benachbarten Bankan, wo sie Straßenpassanten nach der Wohnung des Kommn niit en Adamiek fragten. Als schließlich ein Auflauf entstand, schlugen die Nationalsozialisten auf die sich an­sammelnde Menschenmenge ein. Im gleichen Augenblick kam der Landarbeiter August Bassy mit seiner Frau über die Straße. Die Nazis erkannten ihn und stürzten sich auf ihn. Bassy flüchtete in die in der Nähe gelegene Wohnung seines Vaters. Die Nationalsozialisten verfolgten ihn, schlugen Fenster und Türen der Wohnung ein und drangen in das saus des Vaters von Bassy ein. Als der Vater sich den Eindringlingen in den Weg stellte, wurden mehrere Schüsse auf ihn abgefeuert, so daß der alte Bassy schwer verlegt wurde. Der junge Bassy war unter: dessen in die elterliche Schlafkammer geflüchtet. Auch hier drangen die Nationalsozialisten ein und treten August Bassy nieder. Er war so.

furt tot

Wie der Mord geschah.

Breslau , 17. februar.( Eigenbericht.) Bereits im Laufe des Dienstag nachmittag war es in Ban tay , Kreis Kreuzburg in Oberschlesien , zu fleinen Reibereien zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten gelommen. Gegen 19,30 Uhr holten die Nationalsozialisten aus Kreuzburg

in drei vollbesetzten Kraftwagen Verstärkung heran, diese ging dann in Bantal mit rücksichtsloser Brutalität gegen die andersdenkende Bevölkerung vor. Als August Bassy, der Mitglied des Deutschen Landarbeiter Berbandes ist, mit seiner Frau an den nationalsozialistischen Trupps vorbeikam, stürzten sich sofort zahlreiche Nazis auf ihn. Bassy flüchtete, mie schon gemeldet, in die Wohnung seines Vaters. Darauf drangen unter Führung des Gutsinspektors Bau­mert mehrere nationalsozialistische Strolche in die Wohnung des Baters Bassy ein und schlugen diesen nieder, als er ihnen entgegen trat. Der alte Bassy, auf den mehrere Schüsse abgefeuert wurden, trug einen Streifschuß am Hals davon.

August Bassy hatte sich inzwischen in der Schlafkammer feiner Eltern verstedt. Er stemmte sich gegen die Tür, um das Eindringen der Nazis zu verhindern. Diese feuerten dann durch die Tür und von außen durch die Fenster mehrere Schüsse in die Kammer. Bassy wurde getroffen und brach zu- Als er feine in die Wohnung gelangte Frau um Hilfe sammen. und Verbandzeug anrief, warf sich diese am Türeingang dem Razihaufen entgegen und bat flehentlich, ihren Mann gehen zu lassen.

Darauf entgegnete ihr der Führer Baumert: Machen Sie, das Sie wegkommen, sonst kommen Sie selbst dran. Der Sterl muß verreden! Daraufhin drückten die Nazi die Türfüllung zur Kammer ein und schlugen den am Boden liegenden, schwerverletzten August Bassy mit Knüppeln und Holzscheiten tot. Dann verließen sie die Wohnung. Im Laufe des Mittwoch wurden von der Kriminalpolizei mehrere Nationalsozialisten verhaftet, die unter dem Berdacht stehen, sich an den schweren Ausschreibmgen beteiligt zu haben.

Hohenzollern gegen Hindenburg .

Kandidat der Harzburger: Prinz Oskar von Preußen ?

Der deutschnationale Parteivorstand hat gestern vor­mittags und nachmittags bis in den Abend hinein getagt, um über die Kandidatenfrage zu beraten. Beschlüsse wurden noch nicht gefaßt, doch läßt sich erkennen, auf welches Ziel Hugenberg lossteuert.

An der Sigung des deutschuationalen Parteivor standes nahm ein Hohenzollernprinz, und zwar der Prinz star von Preußen teil. Dieser Prinz soll von Hugen­ berg den Nationalsozialisten und dem Stahlhelm als Einheitskandidat der Harzburger Front gegen Hinden. burg vorgeschlagen werden.

Der Prinz hat sich in der deutschnationalen Partei­vorstandssitung bereit erklärt, eine solche Kandidatur

anzunehmen.

Die deutschnationale Sitzung.

Die Deutschnationale Pressestelle teilt mit: Der Borstand der Deutschnationalen Boltspartei trat am Mittwoch in Berlin zu der angekündigten Sigung zusammen. Der Sigung des Vorstandes wohnte der in der letzten Tagung der Parteinertretung in den Parteivorstand gewählte Prinz Ostar von Preußen erst malig bei. Dr. Hugenberg begrüßte ihn auf das herzlichste und wertete seine Zugehörigkeit zum Barteivorstand als ein sichtbares Zeichen der engen und treuen Verbundenheit der Deutschnationalen Volkspartei mit dem Hause Hohenzollern .

In vollständiger Uebereinstimmung aller Landesverbände und Vorstandsmitglieder begrüßte der Vorstand die Stellungnahme des Parteiführers gegenüber dem Versuch Brünings, den Reichspräsi denten durch den Reichstag wiederwählen zu lassen und die Ver­öffentlichung der Parteileitung, die den Kampf gegen die von der

Wirtschaftspolitit zu sozialistischer 3iel.

fegung herbeizuführen.

in allgemeinwirtschaftlichem Interesse. Sie sind einig in der Erkenntnis, daß die Schlüsselindustrien nicht länger mehr von Leuten beherrscht werden dürfen, die alles eher als Dies, glaube ich, soll in dieser Zeit nicht nur von jedem wirtschaftliche Genies und desto sicherer politische Schädlinge einzelnen von uns so flar wie möglich ausgesprochen werden. find. Es gibt keine Meinungsverschiedenheiten über die Not- Es so laut und so deutlich wie möglich in die Welt zu rufen, wendigkeit, die monopolistischen Wirtschafts- ist heute die Sache der sozialistischen Arbeiterbewegung als zweige unter die Kontrolle des Staates zu bringen. Die Ganzes genommen. Die Massen warten auf ihren Ruf Gesezentwürfe, die die Reichstagsfraktion foeben eingebracht und auf ihre Führung. Sie wollen am 13. März den Faschis­hat, um die Wohnungswirtschaft zu fördern und den Baumus schlagen, aber sie wollen auch sehen, wie der Weg weiter­martt zu beleben, finden den Beifall der Gewerkschaften geht, wenn der Faschismus geschlagen ist. Ein Wirtschafts ebensogut wie den der Partei.

Alle diese Reformvorschläge und viele andere lassen sich auf einen gemeinsamen Renner bringen; sie sind alle Aus­druck des Willens zum Sozialismus, sie sind alle Folgerungen aus der Erkenntnis, daß die Zeit für einen großen Umbau der Wirtschaft reif geworden ist. Es gilt nicht, nach fommu­nistischen Rezepten alles niederzureißen, ohne Rücksicht dar auf, wieviel Millionen Arbeiter nebst Frauen und Kindern von den Trümmern erschlagen werden. Es gilt vielmehr, ohne tödliche Lähmung der Wirtschaft, ohne der Wirtschaft, ohne Ver­mehrung des Elends, unter dem das Proletariat leidet, einen grundsäglichen Umschwung der staatlichen

programm, das alle unsere gemeinsamen Erkenntnisse und Forderungen klar und gemeinverständlich formuliert, ein wirtschaftliches Kampfprogramm der sozia­ listischen Arbeiterbewegung, mit dessen Her­stellung unsere besten Köpfe seit Monaten beschäftigt sind, darf nun nicht mehr lange auf sich warten lassen. Sein Zweck soll feineswegs sein, mit unseren Gegnern von rechts und links ein Wettrennen scheinsozialistischer Demagogie zu veranstalten - im Gegenteil! Es soll den Massen zeigen, daß das bessere Wissen von der Wirtschaft, der stärkere Mut zur Wahrheit und der ehrlichere Wille zum Sozialismus bei uns ist.