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Im Schlaraffenland spal

Dann gab er der Schwester Anweisungen: Dem geben Sie ordentlich zu essen, erste Form mit allen Zulagen, täglich drei Glas Rotwein. Wie berechnen wir denn jetzt die Umschläge?"

,, Ein Prießnih 35 Pfennig, Herr Doktor."

Die Nachricht, daß der Nazi- Beeft, der phantafiebegabte Autor| Freund", sagte er wohlwollend ,,, da sind sie freilich dem Richtigen des blutrünstigen Dokuments von Borheim, als wohlbestallter Richter in die Finger gefallen. Der ist bekannt dafür. Aber vorläufig der Republik im hessischen Alzen amtiert, hat mich an ein Erlebnis bleiben Sie ja nun erst einmal bei uns." erinnert, das ich dort vor mehr als drei Jahrzehnten als Hand­werksbursche hatte, wobei ebenfalls ein Amtsrichter eine Rolle spielte. Mit einem fidelen Walzkumpanen, Franz Xaver S. aus Dachau , einem echt bayerischen Naturburschen, war ich in das Hessenstädtchen eingewandert. Beide waren wir Tischler und der Herbergsvater offerierte uns sogleich Arbeit in einer fleinen Eisschrankfabrit am Drte. Eine kritische Besichtigung unserer Trittlinge und das naß­falte Februarwetter ließen es uns geraten erscheinen, dieses An­gebot nicht zu verschmähen. Nach wenigen Stunden Aufenthalt in bem genannten Betriebe, in dem selbst für die damaligen Berhält. niffe unglaublich rückständige Arbeitsbedingungen herrschten, waren wir aber auch schon entschlossen, unseren Arbeitsdrang nicht in eine zeitlich unbegrenzte Orgie ausarten zu lassen.

Außer uns beiden zugewanderten waren noch acht bis zehn Einheimische im Betriebe beschäftigt, meistens ältere und verheiratete Kollegen, von denen noch feiner mit der Organisation in Berührung gekommen war. Ueberraschend schnell fanden wir aber Verständnis für die Gewerkschaftsidee und ehe sie noch in die Praxis umgesetzt werden konnte, war die ganze Belegschaft schon nach wenigen Tagen einig in dem Entschlusse, dem Unternehmer 3. am Montag früh ein Ultimatum auf Lohnerhöhung zu stellen.

Als die vorbedachte Stunde des Handelns gekommen war, er­schien 3. mit einem ironischen Lächeln, das keinen Zweifel darüber ließ, daß er bereits aufs Genaueste über unsere Pläne unterrichtet war. Damit war es aber auch mit dem Mute unserer Kollegen vorbei. Jeder suchte zuerst aus der Schlachtlinie in die Deckung des Arbeitsplatzes zu entweichen, um durch doppelten Eifer den Berdacht von sich abzulenten, als ob er an dieser Rebellion beteiligt sei. Mit einem gräulichen urbayerischen Fluche riß sich mein Franz Xaver die Arbeitsschürze vom Leibe, zog sich den Rock an und ver­langte mit lautem Gebrüll seine Papiere. Natürlich schloß ich mich dieser Forderung an. Wütend schrie uns der Unternehmer zu, daß er uns freche Lausbuben sowieso zum Teufel gejagt hätte, daß wir aber nun gerade erst mal arbeiten sollten, bis die vierzehntägige Kündigungsfrist abgelaufen sei, und daß wir uns sofort an unsere Plätze scheren sollten.

,, Also dann drei Prießniz täglich, und wenn der Patient be= sondere Wünsche hat, geben Sie es ihm, schreiben Sie aber alles ordentlich auf."

Ich war wie betäubt von meinem Glück und stolz darauf, durch die überzeugende Art meiner kunstvollen Darstellung solch ein Wunder ausgelöst zu haben. Nach einigen Tagen enthüllte sich mir aber das wirkliche Geheimnis, das dahinter stedte. Bei meiner Ein­lieferung war zunächst ein Streit darüber entstanden, wer für die Kosten aufzukommen habe, und es hatte sich dann herausgestellt, daß die Gerichtstasse in Anspruch zu nehmen sei. Nun bestand aber zu dieser Zeit eine heftige Fehde unter den Honoratioren der Stadt, wobei der Oberarzt auf der einen und der Amtsrichter auf der an­deren Seite die Führung hatte. Der Unternehmer I. gehörte zur Partei des Amtsrichters.

Ich war also quasi Kriegsgefangener, der der Gegenpartei ent­rissen war und für den diese die Futterkosten zu tragen hatte. Diese Rolle hatte ich schnell begriffen und bemühte mich nach Kräften, die damit verbundenen Pflichten zu erfüllen. Die Liste der zu honorierenden Extraleistungen wurde zur allgemeinen Freude in unserem Hauptquartier immer länger. Nur der gütigen Anregung, die Zahl der Prießnikumschläge zu vermehren, widersprach ich auf das Entschiedenste, da dieser Teil des Kriegslastenbudgets ohnedem schon den einzigen störenden Faltor in meinem sonst restlosen Glück darstellte.

briden, bem er mußte ja fo fange in Jenner tahten Zelle bermes, bis auch gegen mich verhandelt werden konnte. Darum bedrängte ich am Ende der dritten Woche meinen ärztlichen Wohltäter, mid) frei zu geben, damit mein armer Freund erlöst würde. Wenn Sie schon absolut wollen", meinte der Arzt mißmutig, und dabei haben Sie vorgestern noch 37,2 Grad gehabt, fügte er vorwurfs­voll mit einem Blick auf die Fiebertabelle hinzu. Ja, ich wollte meinen Rumpanen befreien, und dieser heroische Opferfinn rührte unseren Häuptling so, daß er ans Telephon ging und die Botschaft übermittelte. Umgehend kam die Ladung zum Termin schon für den nächsten Vormittag.

Die Verhandlung dauerte nicht lange. Auf Anweisung des Arztes hatte ich zu Beginn die Erklärung abzugeben, daß ich nur auf wenige Stunden vom Krankenlager beurlaubt sei und nach Schluß der Sizung sofort wieder zurückommen und ins Bett müsse. Darüber werden wir die Entscheidung treffen", inurrte mich der Richter mit einem tüdischen Blick auf mein Aeußeres, an dem die drei Wochen erste Form mit Zulagen nicht fpurlos vorübergegangen waren, bissig an.

Franz Xaver war geständig, sich im Kontor nicht ganz so fried­fertig benommen zu haben, wie das nach meinen wiederholten Schilderungen wohl anzunehmen gewesen wäre. Ich dagegen, im ehrlichen Gefühl meiner Unschuld und im Bewußtsein, daß im schlimmsten Fall meiner statt einer Gefängniszelle ein komfortables Kriegsgefangenenlager harrte, widerstand allen Zureden, ebenfalls ein Geständnis abzulegen. Das Urteil lautete gegen meinen Kom­plicen auf zwei Wochen, gegen mich plicen auf zwei Wochen, gegen mich strafverschärfend wegen hartnädigen Leugnens- auf drei Wochen Gefängnis. Die Unter­fuchungshaft sei voll anzurechnen, der Aufenthalt im Krankenhause gelte als Untersuchungshaft.

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,, Sie sind also frei", schloß der Richter ,,, und dann sagen Sie dem Dr. H., daß von heute an das Gericht feinerlei Krankenhaus­foften mehr übernimmt." Mit einem fieghaften Blid, der sich durch die Mauern des Gerichtsgebäudes hindurch dem Führer der feind­Fast täglich kam eine fategorische Aufforderung aus dem feindlichen Truppen ins Herz bohren sollte, schloß der Richter die lichen Hauptquartier, mich fofort auszuliefern und dem sehnsüchtig Sigung ab. auf sein Opfer harrenden Tribunal zu übergeben. Mit taltem Hohne wurde jedesmal die Antwort erteilt, daß ich mit Fieber im Bett liege und daß keinem Arzt die verbrecherische Berantwortungs­lofigkeit zugemutet werden könne, einen Menschen in diesem Zu stande vom Krankenlager zu reißen. In Wirklichkeit fühlte ich mich so gesund wie nie.

Er verschwand, hochrot vor Zorn, in seinem anliegenden Kontor und zog die Tür knallend hinter sich zu. Wie ein rasender Stier stürzte der Dachauer hinter ihm her und schrie nach seinen Bapieren. Ich wollte ihm nach, aber die Kontortür wurde mir vor der Nase gugeschlagen und von innen abgeriegelt. Hinter der Tür entwickelte fich ein heftiges Wortgefecht, dem sich bald flatschende Geräusche beimischten, die mich zu der trüben Bernutung anregten, daß mein Alexander von Sacher- majoch: guter Franz Xaver nach allen Regeln der Kunst von einer feind­

Dieses herrliche und spannende Leben hätte von mir aus noch sehr lange dauern können, zumal, wenn ich durch das Fenster auf Die vom Regen aufgeweichte Landstraße blickte. Allmählich aber fing der Gedanke an meinen Franz Xaver an, mich heftig zu be­

lichen Uebermacht, dem Unternehmer und feinem stämmigen Buch. Der Dichungel erwacht

halter, verhauen wurde. Schließlich wurde die Tür aufgerissen und mit einem gewaltigen Schwunge, ausgelöst durch einen fräftigen Fußtritt, flog mir der Gefährte vor die Füße.

Mit blutunterlaufenen Augen fuchte mein Freund nach irgend etwas handfestem, um die ganze Bruchbude zusammenzuschlagen, wie er tobend verfündete. Nur mit großer Mühe gelang es mir, ihn zum Ausgang zu drängen und ihm begreiflich zu machen, daß wir uns ja viel wirksamer rächen tönnten, wenn wir zur Polizei gingen, den Unternehmer und seinen Knecht wegen brutaler Miß­handlung eines friedfertigen Staatsbürgers vor Gericht und ins Rittchen brächten und mit einem Polizisten zweds Abholung unserer Papiere zuriltämen. Ein jo harmloses Gemüt hatte ich mir bis dahin noch bewahrt.

Der Polizeigewaltige nahm mit wachsender Verblüffung unseren Bericht und unfere Wünsche entgegen. Sollte man es für möglich halten, daß zwei hergelaufene Landstreicher sich erdreisteten, gegen honorige Bürger des Oris die Polizei anzurufen? Als er sich aus der Erstarrung über unsere Frechheit losgerissen hatte, herrschte er

uns mit barscher Stimme an: Wir sollten die Hosenträger abknöpfen und die Taschen leeren. Das Verblüfftsein war nun an mir, denn

diese Formalität tannte ich noch nicht. Auf meine naive Frage, was das zu bedeuten habe, bekam ich, feineswegs liebenswürdig, die

Aufklärung, daß wir verhaftet seien und daß man mit solchen Bürschchen, wie wir es seien, nicht lange facele.

Nachmittags wurden wir ins Gerichtsgefängnis gebracht. Der Amtsrichter, dem wir zur Vernehmung vorgeführt wurden, ein fleiner fetter Choleriter mit bösen Augen, benötigte erst einige Zeit, bis er uns mit Hilfe des Amtsdieners die für arme Sünder vorgeschriebene Körperhaltung beigebracht hatte. Ob wir gestehen wollten, uns des gemeinsamen Hausfriedensbruches, der tätlichen Beleidigung und der schweren Drohung schuldig gemacht zu haben? Ein reumütiges Geständnis würde unsere Strafe, die bei der Schwere des Falles nicht gering ausfallen könne, immerhin mildern. Mein Komplice schwieg verstodt, ich dagegen beteuerte meine völlige Unschuld und trug erneut das Verlangen vor, den Unternehmer 3. unter Anflage zu stellen. Das war nun aber doch zu viel für den Amtsrichter und wutschnaubend ließ er uns wieder abführen.

Damit war meine Rolle als Kriegsgefangener bei diesem Bürgerfampf in Alzen ausgespielt. Von dem Augenblid an, da ich nicht mehr auf Konto der Tributlaften des Feindes verbucht wer den konnte, war auch vom ärztlichen Standpunkt aus nichts mehr an meinem Gefundheitszustande auszusetzen.

Die Landstraße nahm uns beide wieder auf, Franz Xaver S. aus Dachau , der im Hochgefühl der wiedergewonnenen Freiheit fein ganzes Repertoire an luftigen Liedern in die Luft stieß, und mich, mit der wehmütigen Trauer um ein verlorenes Paradies im Herzen.

F.T.

Leben ausmachte. Und er mußte, daß er ein starter Jäger war. Denn so hatte ihn die Natur erschaffen. Um den Schwachen zu töten, um Dom Stärkeren erwürgt zu werden. Da trat ein Mann in den Käfig zwischen ihn und das trübe Licht. Er duckte sich und wollte springen, aber die Kette hinderte ihn daran. Etwas in der Hand des Mannes blizte auf...

Der Leopard des Kunstmalers O., der das zweijährige Kind der Pförtnersfrau tötete, wurde auf Veranlassung des Berliner Bolizeipräsidenten erschossen." Spät erst fam das Erwachen. Mitten in der Steinwüste einer großen Stadt. Fern schlief lange. Seine ganze Kindheit und Jugend verträumte er fo auf dem bunten Teppich eines Zimmers. Blumen waren hier auch, rote, blaue und grüne Tupfen. Doch nie gaben sie Bitterung, die ihm vertraut war. Irregeführt und einsam taumelte er, als der große Mann ihn aus dem Geftrüpp. auflas und mit sich fortnahm in dieses Zimmer, ein leines, tagenartiges. Tier mit überfangen Beinen und dickem Kopf, fo recht ein Spielzeug für die Launent der Menschen. Er purzelte über Hinderniffe, schnurrfe, fouchte und spuckte, fiel gierig über das Essen her, wie ein vergnügtes, fpiete

- fern den heimatlichen Urwäldern. Er Hans Bauer: Allererste Liebe

risches Hündchen, doch er war nie vergnügt.

Räudig, klein und ungeschickt verstand er sich nicht auf dieses Leben im steinernen Kerter der zweibeinigen Herren. Und da ihn äußerlich nichts an die Freiheit vergangener Generationen mahnte, blieb er schüchtern und in sich gefehrt, wuchs verträumt auf und wußte nichts mit seinen spitzen Zähnen und nadelscharfen Klauen zu be­

ginnen.

ganz unerwartet geschah es

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Meine allererste Liebe hat Erita geheißen und ich mar damals erst zwölf Jahre alt. Was Erita anbetraf, so ging fie schon ins Es stand dreizehnte Jahr und war eine richtige fleine Dame. durchaus fest, daß sie von den Leuten zuweilen schon mit Sie angeredet wurde und das verstärkte die Verpflichtung, sich vor ihr als Erwachsener zu geben. Ich bemühte mich grenzemos in Erikas Gegenwart, unterdrückte alles, das als findifch hätte gedeutet werden fönnen, gab zu erkennen, daß ich eine festbegründete Meinung über fulturelle und politische Probleme hatte. Ich verleugnete vor Erita die Jungen meines Bekanntenkreises, mit denen ich in ihrer Ab­wesenheit so lächerliche Dinge wie Räuber und Soldaten spielte, ich ließ Erika den Vortritt, wenn es sich darum handelte, gemeinsam eine Tür zu passieren, ich lud sie sogar gelegentlich zu den Nach­mittagsvorstellungen ins Theater ein und ließ es mir nicht nehmen,

für sie zu bezahlen.

Aber da geschah nun eines Tages folgendes: Ich treibe mit einer Jungen- Meute eines Nachmittags auf einem Plaze harmlose, findliche Spiele. Wie wir uns so vergnügen, fommt ein Trupp frember Jungen und macht sich ebenfalls auf dem Plaze heimisch. Es entstehen Streitigkeiten über das Besizrecht an einem Sand­haufen. Der Streit verschärft sich. Schließlich ist zwischen einem der fremden Jungen und mir die schönste Balgerei im Gange, um die sich, nach dem Abflauen anderer Geplänkel, sämtliche Jungen, die befreundeten und befeindeten, mit schmunzelnder Kennermiene scharen. Nach einigem hin und her fliege ich auf den Boden. Mein Gegner wirst sich auf mich. Ich mache Anstrengungen, mich aus meiner Lage zu befreien. Da gelingt mir indessen nicht und schließlich ist die Situation jedenfalls so, daß mein Kopf zwischen den Beinen meines Bezwingers tlemmt und er die Wonne des Sieges in Gestalt von Schlägen auskoftet, mit denen er mein Hinterteil bedenkt. Die Jungen des eigenen und des fremden Trupps umstehen uns, aber feineswegs sind nur diese erbaut von dem Verlauf des Kampfes, sondern auch jene finden Gefallen an der Sache, die sich hier abspielt, und alles kameradschaftliche Mit­gefühl tritt hinter dem Amusement zurück, das ihnen die Sensation dieses Schauspieles bereitet. Nach einer Beile variiert mein Gegner feine Kampfesweise und schlägt nicht mehr wahllos, sondern im Rhythmus auf mich ein. Einer der Jungen hat den Einfall, den Taft anzugeben. Schnell macht er Schule und bald zählt die ganze Corona mit. Es ist eine fürchterliche, peinliche, unwürdige Lage, in der ich mich befinde. Es kommen die Schmerzen hinzu, die die Schläge mir verursachen. Die Tränen treten mir in die Augen.

Früh schon fam er zum Film. Er marrde prominent sozusagen. Seine Gagen waren nicht gering und er konnte sich jetzt ein gutes Leben leisten. Er war gelehrig und folgsam. Wild fauchend sprang er auf eingebildete Gegner los und das Gurren der Aufnahmes apparate und das blendende Licht der Scheinwerfer hatten bald nichts Beängstigendes mehr für ihn. Er strich durch künstliches Gestrüpp, das nicht einmal mehr den Duft vergangener Frische in fich trug, sprang über Felsenattrappen und kletterte auf morschen, leblosen Baumitämmen herum. Manchmal mußte er hoch in die Luft springen und dann, auf den Rücken fallend, leblos fiegen bleiben. Das geschah immer, wenn der Held oder die Heldin ihn im letzten Augenblic ärgster Bedrängnis durch einen wohlgezielten Schuß zur Strecke brachten. Jedoch, es knallte nie, da der wohlgezielte Schuß des Helden natürlich stets separat aufgenommen wurde. Sein Herr war gut zu ihm. Zmar empfand er feine befondere Zuneigung zu den zweibeinigen Wesen, in deren Mitte sein Leben verrann, aber er Mein Gefährte tam in das eigentliche Gefängnisgebäude, wäh- haßte sie auch nicht. Noch war er jung und in den Entwicklungs­rend man mich in eine Art Waschküche im Hof einsperrte, einem jahren. Sein Körper wurde immer geschmeidiger, sein Fell begann ungeheizten naẞtalten Raum, in dem ich unter einer dünnen Woll- feidig zu glänzen und wirkte mit seinen schwarzen Tupfen wie das decke am anderen Morgen mit einem ausgewachsenen Schnupfen Kleid einer Tänzerin. Sein Schmurrbart stach verwegen in die und einer ordentlichen Erkältung aufwachte. Als der Wärter fam, Luft. Schläfrig und matt glänzten die milden Lichter aus seinem verlangte ich eine andere Unterkunft und einen Arzt. Dieser erschien runden, breiten Gesicht. Einmal auch bald bei mir, ein jovialer Herr mit einer vertrauenerwedenden sprang er nachts im Traum hoch und ließ, am ganzen Körper bebend, Kupfernaje, der mißbilligend den Raum und nicht ohne Mitleid mich ein ängstliches Schmurren vernehmen. Sein Herr bemerkte das nicht. musterte. Ja, das sei eine dumme Sache, ich müsse ins Bett und In dieser Nacht geschah es, daß er sein Blut erkannte. Zwar lebte das Gefängnis habe feine Krantenstube. Da würde ich wohl ins er äußerlich noch frei und sorglos dahin, aber die Unruhe verließ ihn Krankenhaus gebracht werden müssen. So geschah es denn auch und nicht mehr. Dit war es ihm, als schliche er durch dices, sumpfiges bann folgten drei Wochen eines herrlichen Schlaraffenlebens. Gebüsch und seine Ohren vernahmen die Geräusche, die sein Bater und fein Großvater vernommen hatten. Nichts wußte er von der freien Wildnis und doch war sie bereits in ihm. Die Attrappen in den Filmateliers gewannen Leben für ihn und manchmal, wenn er sprang oder durch papiernes Schilf troch, tam ein grünes Funkeln in seine Augen. Er konnte nicht mehr atmen in den engen Mauern der Zweibeinigen, die Sehnsucht nach anderer Luft überfiel ihn übermächtig. Und damit tehrie auch Mißtrauen gegen die Menschen in ihn ein. Da geschah es eines Tages in der vergangenen Nacht hatte er gerade zum erstenmal, vor Haß und Berachtung bebend, die Witterung Mensch" in ihrer ganzen Fremdheit erträumt als sein Herr, der Kunstmaler D., die Wohnungstür öffnete. Er sah micht, mer eintrat, schreckliche Wut packte ihn gegen die Stadt, die fremden, 3meibeinigen Tiere, deren Geruch ihm jekt widerlich erschien. Er sah rot und sprang zu. Das. Kleine Mädchen starb unter seinen Klauen. Man kann ihn nicht schuldig nennen. Denn man entzog ihm alles, was ihm zutam, drängte ihn in ein Leben, für das er nicht gemacht mar. Sein Herr, der ihn liebte, verkaufte ihn einem. Dompteur. Aber man fürchtete Wiederholungen. Er lag jetzt in einem kleinen Am Abend habe ich mich dann mit Selbstmordgedanken ge­Käfig auf dem Rummelplatz Schläfrig starrte er in das trübe, tragen und wenn nun gar das, was ich heute lächelnd niederschreibe, winterliche Licht. Er war angefettet und sollte vieles lernen, was damals schon ins Blatt gekommen wäre, dann wäre es vielleicht er noch nicht fonnte. Aber er träumte von den Wäldern, deren Duft bei den bloßen Gedanken nicht geblieben. Denn mit den Ehr­in jeinem Blut ermacht mar. Und er träumte pom Rampfe, der seinbegriffen der Zwölfjährigen ist nicht zu spaßen.

Mit einem unsagbar wohligen Gefühl dehnte ich mich, ge­badet und reichlich geaht, in meinem sauberen weißen Bette. Die Schwestern umftanden neugierig mein Lager und wollten hören, was ich verbrochen hätte. Vielleicht enttäuschte es sie ein wenig, daß ich kein richtiger Raubmörder war, aber ich wußte ihnen die Geschichte meiner und meines Kumpanen Verhaftung, unfere blüten­weiße Unschuld, die Verworfenheit unserer Widersacher und die empörend ungerechte Behandlung durch die Organe der Gerechtig teit so spannend und überzeugend zu erzählen, daß sich zu meiner Genugtuung und eigenen Rührung tiefes Mitleid auf die Mienen Der Umstehenden legte.

Dann fam auch der Oberarzt hinzu, dem ich im befonderen meine Erfahrungen mit dem Amtsrichter ausführlich schildern mußte. Da ich unverkennbare Zeichen des Verständnisses für das Unrecht, das mir da widerfahren war, bei ihm wahrzunehmen vermeinte, unterließ ich es nicht, meinem beleidigten Rechtsgefühl über einen Richter, der unschuldige Menschen, nur weil sie ehrliche Handwerfs. burschen seien, brutal behandelte und in lebensgefährliche Unter fünfte stede, während er seinen gesetzlichen Pflichten zuwider Unter nehmer, die ihre Mitmenschen mißhandeln, zu verfolgen ablehne, in berebten Worten Ausdruck zu geben.

Zustimmend nichte der Arzt zu meinen Darlegungen. Armer

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Da geschieht mun das Entfeßliche. Ich entbede plöglich, in etwa 100 Meter Entfernung, Erita. Sie tommt dahergeschritten und nimmt ihren Weg in der Richtung der Stelle, auf der ich ver­möbelt werde. Ich unternehme in hellster Verzweiflung einen Aus­bruchsversuch. Er mißlingt. Es bleibt dabei, daß mein Kopf von den Beinen meines Beinigers festgehalten wird. Erika nähert sich: ein wahrhaftiges Fräulein schon ein wirkliches Dämchen. Das unvermeidliche geschieht: Erika entdeckt mich, oder vielmehr meinen Kopf, der ihr zugewendet ist und aus den Schraubstöcken der fremden Beine herausiugt. Und während gerade die Jungen wieder den Tatt zu den Schlägen angeben, begegnen sich unsere Augen. Erika ist erstaunt, maßlos erstaunt. Sie weiß nicht recht, was das hier alles heißen soll und dann entschließt sie sich im Weiterschreiten zu einem ganz leisen, ganz leichten Kopfnicen. Ich erwidere den Gruß und zwinge meinem vermeinten Geficht ein Lächeln ab, ein galantes und nur durch die Erschütterungen, denen mein Körper ausgesetzt ist, etwas derangiertes Höflichkeitslächeln. Es begrüßen sich Kavalier und Dame...