5lr. 81• 49. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Oonnerstag, 18� Aebruar 1932
Bankensanierung im großen. Alle Großbanken kommen dran.— Aeue Gelder durch Reich und Reichsbank.
Das Reichskabinett hat gestern nachmittag sich mit der Banken- und Äreditbereinigung beschäftigt. Die Dinge scheinen in ein e n d° gültiges Stadium getreten zu sein. Daß Danat und Dresdner fusioniert werden, steht jetzt ziemlich fest. Die Deutsch « Bant und Discouto-Gesellschaft hat am 22.Februar Bilanzsitzung, die der Commerz- und Privatbank wird bis dahin ebenfalls statt- finden. Am 23. d. M. tritt der Reichstag zusammen. Offenbar hat die Reichsregierung den Wunsch, dem Reichs- tag über den gmndsnhlichen Abschluß der Vankenbereini- guag berichten zu können. Reben diesem politischen Grund dürfte die Beschleunigung auch dadurch herbeigeführt sein, daß die Banken ohne Bereinigung einfach nicht bilanzieren können. Da in keinem einzigen Fall(Reichskrcdit- und Berliner chandels-Geselljchaft scheiden aus) die Großbanken ohne neue Mittel auskommen können, dürfte sich die beschleunigt« und zusammenfassende Behandlung zwangsläufig ergeben haben. Wir haben vor vierzehn Tagen gesagt, daß eine Wieder- «erstellung des Vertrauens in Deutschland ohne grundlegende und �r Oefsentlichkeit deutlich erkennbare Bereinigung bei den Banken icht möglich sein wird. Es ist zu begrüßen, daß man jetzt bald klar sehen und die Acra der Geheimpolitik und Gehcimverhand- lungcn beendigt sein wird. Das Problem bei der Bankeichereinigung ist einfach. Es handelt sich»m die Abschreibung der Verluste bei Aktienkapital und Reserven und die Zuführung neuer Mittel Die Durchführung ist schwer und ein Akt von hoher Verantwortlichkeit. Die Verlustbereini- gung muß gründlich sein. Für die Zuführung neuer Mittel kommt schließlich n»r die öffentliche ch a n d in Frage, der im ganzen aber nur die R o t e n st e u e r b e t r ä g e bei der Reichs- dank und neue Schulden«Missionen zur Verfügung stehen. Danat und Dresdner. Bei der Danat greift die Behauptung kaum zu weit, daß die abzuschreibenden Verluste Kapital und Reserven nahezu erreichen. Die Fortführung der Geschäfte wird aber außerdem noch neue Mittel erfordern. Bei der D r e s d n e r B a n k spricht man von einer Kapitalzusammenlegung im Verhältnis 4: l: das Kapital be- trägt jetzt 100 Millionen Mark. Von den 30l) Millionen Schatz- anwcisungen, um die man seinerzeit das Vermögen der Dresdner Bank zunächst erhöht hatte, wird man die chälste ihr wohl be- lassen müssen. Eine Biertelmilliarde neue Mittel werden Danat und Dresdner nach der Fusion, trotz der Kapital- zusammenschreibung, noch benötigen. Was mit dem F i l i a l s y st e m geschieht, ist noch unklar� wahrscheinlich wird ober auch hier eine Zusammenfassung und eine teilweise Einschränkung crsolgen. Für sächsische und mitteldeutsche Filialen soll sich die A d c a(Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt — jetzt mit. der Sächsischen Staatsbank fusioniert) interessieren. Die Vermögensstärkung um eine Viertelmilliarde durch öffent- lich« Stellen wird irgendwann in Aktienform umgegossen werden müssen. Der ganz überwiegende Einfluß wird dann beim Reich liegen. Diese Entwicklung in privatwirtschaftlicher Richtung abzubiegen, wird aus dem Zwang der Dinge heraus kaum gelingen. Nachdem die Selbständigkeit der Danat preisgegeben wird, dürfte eine Bindung des Reiches an den Ve rtrag mit dem schwer- industriellen Konsortium kaum mehr anzuer- kennen sein. Lei der Deutschen Dank und Disconto- Gesellschaft und bei der Commerzbank liegen die Verhältnisie anders. Di« Unabhängigkeit und private Selbständigkeit wird mindestens der Form nach nicht angetastet iverden. In der Sache werden auch diese beiden Großbanken, wie in der Presse mehrfach festgestellt wurde, eine gewisse Stützung durch Zuführung neuer Mittel auf mehr oder weniger öffentlichem� Wege ersahren. Daß das Kapital der UD-Bank und der Commerzbank zusammengelegt wird, und daß diese. Zusammenlegung ziemlich stark sein wird, ist sicher. Fraglich ist nur das Ausmaß, Man spricht davon, daß in beiden Fällen die Golddistontbank bzw. die Reichsbank(als cherrin der Golddiskontbank) die Zuführung neuer Mittel ermög- lichen sollen. Auch hier ist dos Ausmaß unbekannt; die Hälfte des Bedarfs von Danat und Dresdner dürfte aber wohl die Unter- grenze sein. Bei der Commerz- und Prioat-Bank wird die An- gliederung des Barmer Bant verein s' erwogen. Alle diese Dinge sind noch im Fluß- die Richtung und die an- gegebenen Gröhenverhältnisse dürften aber stimmen. Die Oes» fentlichteit hat ein um so größeres Interesse auf» z u p a s s e n. was hier geschieht� als monatelang« Geheimberatun- gen vorangegangen sind, aus denen man nichts erfuhr, und als jetzt die Durchführung der Maßnahmen mit einem Schlage zu erwarten ist. Es handelt sich um die nrönte Transaktion, die die deutsche Wirtschaftsgeschichte kennt. Roch niemals wurden Staatsmittel in so gewaltigem Umfange zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des prioatwirtschaftlichen Systems eingesetzt. Begreiflich, daß s e h r st a r k e K r ä f t e am Werke sind, um im trüben zu fischen. Die Reichsbürokratie ist in erster Linie privotwirtschaftlich eingestellt. Die alten und die neuen im Auftrag des Staates fungierenden Bankleiter verfolgen ebenfalls privat-
Betelligten natürlich wieder im prioatwirtschaftlichen Sinne zu lösen versuchten werden die prioatwirtschaftlichen Tendenzen noch verstärkt. Ein gestriger Artikel der„DAZ." läßt deutlich erkennen, daß schwerindustrielle und private Finanzkreise mit aller Macht um die Aufrechterhaltung der prioatwirtschaftlichen Einflüsse bemüht sind. Wir haben immer wieder, zuletzt am Sonntag, betont, und be- tonen es von neuem, daß jede staatliche und sonstige öffentliche Hilfeleistung bei der Bankenbereinigung— dazu gehört auch die über Golddiskontbank und Rcichsbank— die Sicherung des öffenllichen Einflusses bedingf. Man kann nicht Staatshilfe per Kasse gewähren und auf Ver- mögens- und Personenkontrolle verzichten. Für die finanzielle Bankenhilfe muß der Steuerzahler mindestens mit Garan- tien geradestehen, höchstwahrscheinlich ober auch mit oußerordent- lich fühlbaren Opfern. Der Spaß muß aufhören, daß man den« Steuerzahler die Opfer zumutet die Kontrolle der Verwendung der von ihm gebrachten Opfer aber verweigert. Das deutsche Wirt- schaftsführertum Hot im allgemeinen das Recht verwirkt, ohne Kon- trolle des Staates noch zu arbeiten. Bei allen Staatsfunktionären — dazu gehören auch die der Reichsbank— haben ihre privaten Auffassungen über die Zweckmäßigkeit der Wirtschaftsform zurück- zutreten gegenüber den Verpflichtungen aus ihrem Amt, die diese Funktionäre im Interesse der engagierten öffentlichen Finanzen wahrzunehmen haben. Gleichzeitig mit der Bankenbcreinigung wird die B e r e i n i- gung in der Privatwirtschaft zu beginnen haben. Sie ist der zweite große Akt, der zur Wiederherstellung der Ordnung der deutschen Wirtschaft notwendig ist. Die Bankcnbereinigung wird auch nur Sinn haben, wenn ihr die Sanierung in der In- dustrie folgt. Ausbau der Bankenkontrolle. In seiner Mittwochsitzung nahm der A f A- B u n d e s v o r- stand erneut zur Frage der Bankcnkontrollc wie folgt Stellung: „Die Zicuordnung des Bank- und Kreditwesens ist eine not- wendige Vokausfetzung für die Lösung der Krisis. Der gegenwärtige Schwebezustand seit der Stützung der Großbanken durch das Reich ist auf die Dauer unhaltbar. Die ungeklärte Situation bei den be- schirmten Banken erfordert eine sofortige Bereinigung, für die allein gesamtwirtschaftliche Interessen maß- gebend sein dürfen. Eine Sanierung der Banken mit Hilfe öffent- licher Mittel, die praktisch auf eine erneute Privatisierung hinaus- läuft, ist unerträglich. Der einmal gewonnene Einfluß des Reichs auf die Banken darf nicht wieder preisgegeben werden, sondern ist mit dem Ziele der Verstaatlichung des ge- samten Kreditwesens auszubauen. Das öffentliche Bank- und Sparkassemvesen ist zu reorganisieren und zu vereinheitlichen und mit den Kreditinstituten, an denen die öffentliche Hand betelligt ist, zu einem nach einheitlichen Gesichts- punkten arbeitenden System auszugestalten. Bei der Sanierung der Banken ist auf die sozialen Interessen der Bankange- stellten Rücksicht zu nehmen. Auf der ganzen Linie erfordert die Wiederherstellung eines geordneten Kreditoerkehrs eine ehrliche B i l a n z b e r e i n i g u n g, die nur möglich ist bei rücksichtsloser Abschreibung der entstandenen Verluste. Jede öffentliche Hilfe für die Banken darf nur in Form einer Kapitalbeteiligung des Staates erfolgen, wobei jedoch der Einfluß der öffentlichen Hand auf die Geschäftsführui»g der Banken gesichert werden muß. Diese Bereinigung der Besitz- und Bilanzverhilltnisse der Banken muß zugleich den Anlaß bieten, die öffentliche Kontrolle der B a n k e n a u s z u b a u e n. Die Institution des Bankenkommissars ist entsprechend den Borschlägen der freien Gewerkschaften in ein Bankenamt mit dem Ziel der planmäßigen Lenkung des Kredit- stroms umzuwandeln.. Auch alle Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung sind in ihrer Wirksamkeit gebunden an die öffentlich« Einflußnahme auf Kredit, Produktion und Absatz. Der ZlsA-Bund ist sich bewußt, daß nur durch eine Neuorganisation der Wirtschaft der Weg zur plan- mäßigen Gemeinwirtschaft gesunden werden kann."
Krisenbilanz der Reichspost. Der Postverkchr ist im vergangenen Jahre mit Ausnahme von wenigen Gebieten stark zurückgegangen. Der Briesoerkehr sank um 1.3 auf 32,6 Milliarden Stück. Gewöhnliche Pakete wurden 26 Millionen weniger befördert. Hier ergab sich ein Rückgang auf 232 Millionen. Bei Z a h l k a r t e n, Post, und Zahwngsanweisungcn wurden 1? Millionen Stück mit 3,3 Milliarden Mark weniger umgesetzt: Nachnahmepakete wurden S Millionen Stück weniger befördert. Der Luftpo st oerkehr verringerte die Linienzahl von lll> auf 94, die Streckenlänge um 3000 Kilometer. 6,16 Millionen Telegramme wurden weniger aufgegeben. Im Fernsprechwesen sank die Zahl der Haupt- anschlüsse um 63 000, während 1930 noch 84 000 Anschlüsse zuge- gangen waren. Ferner wurden 33 600 Nebenanschlüsse aufgegeben, nachdem 1930 noch 27 300 hinzukamen. Es wurden 109 Mil- lionen Gespräche weniger geführt, davon 19 Mil- lionen Fern- und 91 Millionen Ortsgespräche. Demgegenüber sind die eingetretenen Verbesserungen im
Po st verkehr gering. Die Zahl der Kraftsahrzeuge stieg von 12 159 aus 13 715, die Kraftpostlinien vermehrten sich um 91 aus 2441 bei um 1476 Kilometer aus 48135 Kilometer vergrößerter Streckenlänge. Im P o st s ch e ck w e s e n sind 20 000 Konten neu, hier wurde sogar der Zugang von 1930 üb-rtroffcn, was wohl auf die guten Erfahrungen der Postscheckkunden in der I u l i k r i s e zurückzuführen ist. Der Rundfunk nahm um 471 000 auf 3,98 Millionen Teilnehmer zu, wobei zu bemerken ist, daß auch jetzt iwch die Deutsch « Reichspost den Weltrekord in der Höhe der Rundfunkgebühren hält! Bauer und Markt. Wahrhaftige Wirtschastsbelehrung für den Landwirt. Seine geistige Nahrung bezieht der Durchschnittsland» w i r t aus den Kreiszeitungen, den Wochenschriften der Landwirt- schastskammern und den Vereinsblättcrn der freien wirtschastspoliti- scheu Verbände, wie Reichslandbund und christliche Bauernvereine, soweit er einem solchen Berband als Mitglied angehört. Das sind alles trüb« Quellen. Alle diese Organe stehen meist unter großagrorischem oder deutschnationalem Einfluß, was dasselbe ist. Wenn auch in den landwirtschaftlichen Zeitschriften neben den ewigen Forderungen nach Zöllen und sonstigen Staatsbeihilfen hier und da wirtfchaftlich-technisch« Themen behandelt werden, so wird das wich- tigfte Problem der Landwirtschaft, die Absatzfrage, fast überhaupt nicht beachtet, und zwar mit gutem Grund; denn je mehr die Bauern etwas vom Markt und seinen Gesetzen erfahren, desto weniger glauben sie an dos Geschrei von den all«ili scligmachenden Zoll- erhöhungen. Es ist noch nicht lange her. da konnte in jeder land- wirtschaftlichen Versammlung von den Agitatoren unwidersprochen behauptet werden, allein die polnischen Schweine hätten an den niedrigen Schweincproisen schuld. Geglaubt wurde dies steif und fest, obwohl kein polnisches Schwein über die Grenze kam. Deshalb ist es ein Verdienst des preußischen In- stituts für landwirtschaftliche Marktforschung, wenn es jetzt«ine für die praktischen Landwirte geschriebene Wochen- schrift„Bauer und Markt" herausgibt. In kurzen Artikeln und mit einleuchtenden Bildern wird dort z. B. gezeigt, welchen Einfluß die Wirtschaftskrise durch die immer weiter sinkende Kauf- kraft der Berbraucher auf die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ausübt, ferner, wie falsch es ist. unverlescne und angc- stoßen« Kartoffeln zu verladen, weil die Kartoffeln von den Händ- lern in der Stadt dann beanstandet und schlecht bezahlt wcrden. was bei der Gründung von Absatzgenossenschaften zu beachten ist und vieles Aehnliche mehr. Es ist zu wünschen, daß diese Zeitschrift möglichst w�ite Verbreitung erhält, weil aus ihr die Landwirte lernen können, wie man durch Rationalisierung seines Betriebes den höchsten Er- trag herauswirtschastet. Nicht die Einstellung des Junkers, daß der Verbraucher olles zu fressen hat, was auf feinem Felde geerntet wird, und die Kohlrüben als Ananas anzusehen hat, kann der Land- Wirtschaft helfen, sondern nur Umstellung der landwinschaftlichen Produktion auf d'e Bedürfnisse des Verbrauchers, äußerste Kalku- lation und Senkung der Produktisnskosten. Dazu soll die Wochen- schrist beitragen. Die Reichsbank am itS. Februar. Weitere starke Entlastung.- Geringere Devisenverluste. In der Woche zum 13. Februar hat die Entlastung der Reichs- dank Fortschritte gemacht. Die Wechsetbeständc gingen um 212,3 auf 3249,5 Millionen, die Bestände an Reichsschatzwechseln um 17,9 auf 4,2 Millionen zurück. Auf dem Konto der Lombarddarlehen zeigte sich, wie gewöhnlich zur Monatsmitte, eine Zunahme, und zwar um 58,9 auf 187,9 Millionen Rtark. Die zum Januarende eingetretene Kreditbelastung der Reichsbant war am 15. Februar mehr als aus- geglichen. Auf dem Konto der fremden Gelder erfolgte eine Zu- nähme um 37,8 auf 370,7 Millionen Mark. Der Notenumlauf ging um 120,9 auf 4155,2, der an Renlenbankfcheincn um 3,5 auf 408,5 Millionen zurück. Die Goldbestände liegen mit 928,7 Millionen säst unverändert: die Bestände an deckungssähigcn Devisen nahmen diesmal nur um 2,5 auf 144,2 Millionen ab. Die Notcndeckung durch Gold und Devisen hat.sich gegen die Vorwoche von 25,1 auf 25,8 Prozent verbessert. 26,5 Millionen Gtaatsverlust. Zeder Einwohner Bremens zahlt SV Mark für Schröders Spekulationen. Je mehr sich das Dunkel um die Finanzgeschäfte des Bremischen Staates lichtet, desto deutlicher wird, in wie unoerantworllicher Weise vom bremischen Senat hier Gelder der Allgemeinheit für einige bremische Großkauslcute und llntcrnehmcr verspekuliert wor- den sind. Im jetzt vorliegenden Bericht des Senats an die Bürgerschaft wird festgestellt, daß die Verluste des bremischen Staates bei der Schröder-Bank etwa doppelt so hoch sind wie bisher angenommen wurde. Das Guthaben des Staates bei der Bank in Höhe von 2 5 Millionen Mark mußte bei der Sanierung„aus wirt- schaftspolit'i scheu Erwägungen preisgegeben" werden: später mußten weitere lO Millionen Mark gegeben werden, um die Schröder-Bank„insbesondere im Interesse der bremischen Wirtschaft wieder lebensfähig" zu machen. Erhallen hat Bremen dafür 3,5 Millionen Mark Aktien der neuen Schröder- Bank und vom Reich(gegen Uebergabe weiterer 3,5 Millionen Aktien) 5 Millionen Mark. Bremen hat also einen V e r l u st von