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BERLIN

Donnerstag 18. Februar

= Der Abend

1932

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Nr. 82

B 41 49. Jahrgang

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Reichswehr fördert SA. !

Ein Unfug, mit dem aufgeräumt werden muß

Seit faft einem halben Jahre befaßt sich das Reichswehr­ministerium mit der Prüfung der Frage, ob der deutsche Boltssportverein, dessen Vorsitzender der Berliner SA.­Führer Graf Helldorf ist und dessen Mitgliedschaft

ausschließlich aus Nationalsozialisten besteht,

als ein politischer Verein anzusehen ist. Die Prüfung scheint dem Reichswehrministerium außerordentlich schwer zu fallen, denn ob­gleich die Dinge absolut durchsichtig und schon sehr allgemein bekannt find, hat es sich in Monaten noch nicht zu einer Entschließung burchgerungen, sondern vertröstet gegenüber Anfragen in der Deffentlichkeit immer wieder darauf, daß es untersuchen werde.

So kommt es, daß der Sportverein der SA. nicht in den Listen der politischen Vereine zu finden ist, die im Reichswehrministerium geführt werden, während

die Arbeitersportverbände im Reichswehrministerium als politische Vereine angefehen werden.

Die Mitglieder des Deutschen Bolfssportvereins bemühen fich gar nicht, ihren wahren Charakter zu verbergen. Hitler- Gruß, NSDAP .- Parteiabzeichen und dazu die politischen Reden der betei­ligten Führer lassen erkennen, daß man sich gar nicht Mühe gibt zu tarnen. Daß vor Beginn jeder Uebung die SA.- Leute ihre Mit­gliedsausweise für die SA. mit Mitgliedstarten für den Deutschen Boltssportverein austauschen müssen, ist nur eine Formalität. Das ganze Verhalten des Deutschen Volkssportvereins läßt erkennen, daß Helldorf und seine Leute voraussehen, daß die beteiligten amt­lichen Stellen sich über den wahren Charakter des Deutschen Volks Sportvereins völlig im flaren sind.

Dieser Boltssportverein ist zum fast ausschließlichen Träger der Kurse und Uebungen des Geländesports geworden. Die Monopoli­fierung geht so weit, daß

Stahlhelm und Reichsbanner zurückgedrängt resp. nicht zugelassen werden, weil sie als politische Organisa tionen gelten, während die Berliner SA. nicht als politische Organisation zählt!!

So ergibt sich die Tatsache, daß auf einem Truppenübungsplatz der Reichswehr unter Bewachung von Reichswehrposten und unter wohlwollender Duldung und Anteilnahme von Reichswehrstellen jeden Sonntag 2000 bis 3000 SA .- Leute, also die Bürgerkriegs­truppe des Faschismus, ausgebildet werden. Diese Ausbildung be­schränkt sich nicht allein auf den Truppenübungsplatz Döberitz; aus dem Münsterlager und aus anderen Gegenden des Reiches werden

ähnliche Vorgänge gemeldet.

Wie weit der Reichswehrminister Groener davon unterrichtet

ift oder wie weit hinter seinem Rücken Reichswehrstellen diese Als seinerzeit Reichswehrminister Geßler sich hintergangen fühlte und als sich herausstellte, daß hinter seinem Rücken gewisse Dinge geschahen, hat er Herrn von Seedt zum Rücktritt gezwungen. Reichswehrminister Groener hat diesen Dingen, die in der Deffent­lichkeit schon weit bekannt sind und die sich nicht mehr vertuschen lassen, bisher stillschweigend zugesehen.

Dinge betreiben oder begünstigen, entzieht sich unserer Kenntnis.

Im übrigen geht diese Angelegenheit nicht nur den Reichswehr­minister an, sondern in erster Linie den Reichstanzler. Weiß er, daß der Bürgerkriegsarmee der SA. Truppenübungsplätze zur Verfügung gestellt werden und billigt er das ebenso, wie er den bekannten Erlaß des Reichswehrministers über die Zulassung der Nationalsozialisten in die Reichswehr gebilligt hat?

Staatspartei gegen Groener.

Der Vorstand der Deutschen Staatspartei teilt folgende Ent­schließung mit:

Der Vorstand der Deutschen Staatspartei mißbilligt den Erlaß des Reichswehrministers, der die Stellung der Reichsregierung zur Nationalsozialistischen Partei in ein unflares Licht rückt, die gefutive verwirrt und die Sicherung der Republik bedroht. Er erwartet von der Reichsregierung, daß unverzüglich bindende Anordnungen erlassen werden, durch welche die Reichswehr vor dem Eindringen aller staatsfeindlichen Elemente geschützt und ihren Angehörigen der Besuch von Veran­staltungen, die unter Hafenkreuz ebenso wie unter Sowjetfahnen stattfinden, verboten wird."

Hugenbergs Abschied

DRECK

B

Es schmerzt mich, lieber Hindenbura, daß ich so rauh zu Ihnen sein muß, aber das Syftem zwingt mich, das schreckliche System..."

Mandschurei , unabhängig".

Japans neuester Streich.

Tofio, 18. Februar.( Reuter.) Die Mandschurei ist zum unabhängigen Staat proflamiert worden.

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Die Mandschurei ist genau so unabhängig" wie die Ukraine , als die deutschen Militärs in Brest - Litowse ihre Selbständigkeit proflamierten, oder als das Rheinland , als die französischen Besatzungsbehörden die Separatisten­putsche inszenierten.

Mörder mit dem Hakenkreuz.

die Frau des August Baffy in die Kammer frat, fand sie ihren Mann tot auf. Baumert, Smyrcef und Kappizza wurden in das Gerichtsgefängnis Kreuzburg eingeliefert.

Painlevé betraut.

Er will sich bis heute abend entscheiden.

Paris , 18. Februar.( Eigenbericht.)

Der Präsident der Republik hat heute vormittag nach der Unter­redung, die er mit Tardieu hatte und in deren Verlauf der Kriegs­minister seine Mitarbeit an der neuen Regierung zusagte, den Ab­geordneten Painlevé ins Elysée rufen lassen und ihm die Kabinettsbildung übertragen. Painlevé hat im Prinzip an­genommen und dem Präsidenten erklärt, er werde ihm schnell­stens, womöglich noch heute abend, seine endgültige Antwort über­bringen. Er hat dann sofort Besprechungen mit seinen polifischen Freunden über die Zusammensehung des Kabinetts eingeleitet.

Painlevé war bereits zweimal Ministerpräsident, und zwar in den Jahren 1917 und 1925. In den Jahren 1926 bis 1929 war er Kriegsminister in den Ministerien Herriot , Poincaré und Briand und Ende 1930 Luftminifter im Ministerium Steeg. Er gehört feit 1910 ununterbrochen der Kammer an.

Painlevé gehört der Linken an und ist, namentlich auf kultu­rellem Gebiet, ein entschiedener Anhänger der Verständigung mit Deutschland . Aber als Kriegsminister zeigte er sich dem Militär so gefügig, daß er schließlich aus der Liga für Menschenrechte aus­geschlossen werden mußte.

Es lebe die Justiz!

Reichsbanner verurteilt.- Vorbestrafte Nazis als Zeugen. Zwidau, 18 Februar.( Eigenbericht.) Vom gemeinsamen Schöffengericht wurden nach fünftätiger Ver­handlung Reichsbannerleute wegen gemeinschaftlicher Körperver­legung zu Gefängnisstrafen von 2 Wochen bis 8 Monaten verurteilt. Der Antlage lag ein Zusammenstoß mit Nationalsozia= lift en am 29. November v. J. zugrunde, der sich am Brünnlasberg bei Aue im Erzgebirge ereignet hat. Obwohl durch die Beweisauf­nahme einwandfrei erwiesen wurde, daß die National­sozialisten trotz ausdrücklichen Verbotes an diesem Tage marschiert sind, daß die Nationalsozialisten vorbeifahrende Reichsbannerautos mit Steinen bewarfen und eine Sperrtette über die ganze Straße bildeten, wurde dieses unge­

heuerliche Urteil gefällt.

Verbrecher mit dem Hakenkreuz: Der SA. Mann Espig, wegen gemeinen Betruges und Urkundenfälschung vorbestraft, der SA.- Mann Frieser, vorbestraft wegen

Die politische Bluttat in Bantau- Drei Nationalsozialisten Unterschlagung von 6000 m. Lohngeldern- solche ehren­

festgenommen.

Gleiwih, 18. Februar.

Zu der von uns bereits gemeldeten politischen Bluffat in Bantau( kreis Kreuzburg) entnehmen wir dem Bericht der Polizeipreffeftelle Gleiwit folgendes:

Am Dienstagabend fam es zwischen 7 und 8 Uhr zu Streifig­feiten zwischen einer Anzahl Nationalsozialisten und dem kommu­nisten Ernst Bassy, während der Ernst Bassy sich entfernte. Die der NSDAP . angehörigen Wirtschaftsinspektor Baumert, Arbeiter Symrcet und Schweizer Bittor Kappiha fuchten ihn in der elterlichen Wohnung. Da sie nicht ohne weiteres Einlaß fanden schlugen sie die Tür zur Küche ein. Der Bater Baffys hatte seinen anderen, verheirateten Sohn, August, der feiner Partei angehört, a us Angst vor den Berfolgern in eine& ammer eingeschlossen. Baumert und Genossen versuchten, die kammerfür mit einer Agt aufzu­brechen. Daraufhin öffnete der alte Bassy die Tür und die drei Nationalsozialisten gaben mehrere Schüsse in die Kammer ab. August Baffy wurde dadurch an der Schulter verlegt. Kurze Zeit später kamen die drei Nationalsozialisten mit Ber­stärkung zurüd und gaben einen Schuß durch die ver­schloffene Tür der Kammer ab, in die Auguft Baffy von neuem geflüchtet war. Als hierauf die Kammer geöffnet wurde, fielen weitere Schüsse, wobei der Vater Basin einen Streiffchuß im Genid erhielt. Als die Eindringlinge sich entfernt hatten, und

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werten Zeitgenossen, Pächter des nationalen Empfindens, werden vom Gericht, von den Richtern und Schöffen für voll genommen und pereidigt! Ihr Eid genügte dem Gericht, ein Urteil zu fällen, das im Strafmaß über den Antrag des Staatsanwalts weit hinausging. Als in der gestrigen Dr. Schäfer Versammlung das Urteil gegen die überfallenen und dafür von der Justiz angeklagten Reichs­bannerleute bekannte wurde, brandete ein einziger Ent­rüstungsschrei über diese Rechtsprechung" durch den Saal. Gegen das Urteil wird selbstverständlich Berufung eingelegt. Inzwischen: Es lebe die republikanische Justiz!

Grabschändungen.

Erschütternde Zahlen über beschämende Tatsachen.

Der Strafgesegausschuß des Reichstages setzte am Donnerstagvormittag die Beratung des neuen Strafgefeßentwurfes betreffend Bestimmungen über die Sachbeschädigung, Beschädigung von Gräbern, Denkmälern usw. fort. Bei dieser Gelegenheit verwies Abg. Dr. Moses( Soz.) auf die empörende Tatsache, daß sich in den letzten Jahren die Schändungen jüdischer Gräber in außerordentlicher Weise vermehrt haben. Aus einer dem Reichs­innenministerium überreichten Denkschrift habe sich ergeben, daß in der letzten Zeit allein auf 117 jüdischen Friedhöfen Grabsteine in großer 3ahl umgestoßen, beschä digt oder befch mußt worden sind. 87 Fälle seien nicht auf­geflärt worden. In den Fällen, in denen man die Täter erwischt