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Beilage

Montag, 22. Februar 1932

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Die Eiferne Front im Marsch

Massenaufmarsch im ganzen Reich- Führerappell in Berlin

4000 in der Neuen Welt"

Mehr als viertausend Vertrauensleute der Eisernen Front waren gestern im überfüllten Saal der Neuen Welt versammelt, um von den Führern der ver­schiednen Organisationen über Ziel und Weg der Eisernen Front zu hören.

Darbietungen der Arbeitermusiker von der durch den Genossen Wilke geleiteten Harmonie" umrahmten den Appell. Der Vor­fizende Genosse Flatau hielt eine furze Begrüßungsansprache. Er gab seiner Freude über den großen Widerhall Ausdruck, den der Aufruf der Berliner Kampfleitung bei den sozialdemokratischen Barteigenossen, bei den freien Gewerkschaften, dem Reichsbanner und den Arbeitersportlern gefunden hatte.

,, Wenn die anderen mit Bürgerkrieg drohen, können wir nicht mit der Friedenspalme wedeln, wenn die anderen mit Kugeln schießen, fönnen wir nicht mit Pralinen werfen." ( Stürmische Zustimmung.) Die Versammlung erhob sich, als Fla­tau der Toten des Weltkrieges und der Opfer gedachte, die für die Republik gefallen sind und vor allem an Friedrich Ebert erinnerte, dessen Todestag sich in diesen Wochen jährt.

Martha John rezitierte wirkungsvoll, dann nahm Robert Bredow als Vertreter der freien Gewerkschaften das Wort. Hier wird Instruktion erteilt nicht durch frühere Generäle, sondern durch Kollegen, die als Vertrauensleute alljährlich durch Sie gewählt werden. Die Gewerkschafter haben verstanden, was der Aufruf zur Eisernen Front bedeutet, und sie sind ihm gefolgt. Ueber einige wenige, die abseits stehen, fönnen wir hin­weggehen. Wenn jemand gegen die Eiserne Front rennt und es flingt hohl, dann hat es sicher in seinem eigenen Kopf hohl ge= flungen.( Heiterkeit und Zustimmung.) Die

Hammerschaften stehen gegen den Faschismus, denn die Arbeiterschaft legt sich nicht ins Bett, bis sie gestorben ist, und unsere Hammerschaften stellen mehr als nur einen idealen Begriff dar. Wir wollen schnellstens handeln und die Dinge vor= wärts treiben. Deshalb wird, was wohl noch nie in der Geschichte dagewesen ist, ein Außerordentlicher Gewerkschaftskongreß einbe­rufen werden, der dem Gegner ein: Bis hierher und nicht weiter! zuruft:

In allen Betrieben sind Hammerschaften zu bilden, die, soweit solche vorhanden sind, gemeinsam mit den SPD. - Fraktionen arbeiten.

Unter lebhafter Zustimmung sagte Bredow, daß auch die republi­fanisch gesinnten Angehörigen der Hirsch- Dunderschen und Christ lichen Gewerkschaften in den Hammerschaften willkommen sind. Er schloß: Wir haben feine Ursache zu verzagen, sondern schreiten durch Kampf zum Sieg!

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Wir werden das verhindern. Kampf für die Republik ist weiter Kampf um Arbeit und Brot. Arbeitsbeschaffung ist das Gebot der Stunde. Ziel ist und bleibt der Sozialismus! Hitler hat gesagt: es wird keinen parlamentarischen nationalsozialistischen Staat geben. Das ist durchaus richtig, weil wir Hitler gar nicht erst die Gelegen­heit geben werden, seinen Staat aufrichten zu fönnen. Nicht das Dritte Reich kommt sondern über die Republik von Weimar die Entwicklung zur sozialistischen Republik. Das Jahr 1932 soll das Jahr der Entscheidung und des Sieges sein!( Anhaltende Zu­ftimmung.)

der großen freien Arbeiterbewgung. An dem Tage, da die deut-| üben, an dem Republik und Arbeiterschaft aufgehangen werden. schen Republikaner und Sozialisten die braunen Hitlergarden ge­schlagen haben werden, werden sich die Konjunkturpolitiker wieder auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellen wollen. Unsere Gegner höhnen von der Wellblechfront, aber die Eiserne Front wird kein Wellblechbunker sein, wo man aus Angst vor der Abrechnung unterschlüpfen kann. Ein zweites 1918 gibt es dann nicht mehr. ( Stürmischer Beifall.) Auch die Arbeiter und Republikaner haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Am 13. März 1932 werden die Hoffnungen Adolf Hitlers sich ebenso wenig erfüllen, wie die Wünsche des Generallandschaftsdirektors Kapp am 13. März 1920. Wir wählen nicht nur einen neuen Reichspräsidenten, sondern es fällt die Entscheidung: Bürgerkrieg oder nicht! Unsere bewußte 3u rückhaltung hat bei den Gegnern Nervosität ausgelöst. Für Hitler soll die demokratische Verfassung die Funktion eines Galgen aus­

Zum Abschluß der Kundgebung richtet der Vorsitzende Flatau noch einmal furze anfeuernde Worte an die Versammelten. Gemein­samer Gesang:" Brüder, zur Sonne, zur Freiheit!" bildete den Ab­schluß des Berliner Führerappells.

Der Aufmarsch im Lande

Die Zahl der fortgesetzt bei uns einlaufenden Be­richte über die gestrigen Generalappelle der Eisernen Front in ganz Deutschland ist so groß, daß wir uns auf die Wiedergabe eines Teiles beschränken müssen. Alle Berichte, seien es nun die über die 58 Kundgebun gen in Hessen- Nassau , über den Generalappell im Rheinland , über die ungeheuren Aufmärsche im rheinisch­westfälischen Industriegebiet, in Mitteldeutschland , in Bayern , Sachsen , über die Kundgebungen in allen schleji­schen Gebietsteilen und denen Ostpreußens , alle atmen den gleichen Geist: die Entschlossenheit, die Republik mit allen Mitteln bis zum letzten zu verteidigen.

In Brandenburg .

In einer von Tausenden besuchten Kundgebung, die schon lange vor Beginn polizeilich gesperrt werden mußte, sprach am Sonntag der Vorsitzende der Soziademokratischen Partei Deutsch­ lands , Otto Wels . Von den weltpolitischen Gesichtspunkten der bewegten Gegenwart ausgehend, forderte Wels als nächste dringendste Aufgabe die Bekämpfung und Vernichtung des Faschismus, der das deutsche Volk in die finsteren Zeit: alter der Reaktion zurückversehen wolle. Er wies darauf hin, daß die Bildung der Eisernen Front das Gefühl der politischen Ohn­macht bis in die bürgerlichen Kreise hinein beseitigt habe. Wenn der Endkampf mit dem Faschismus nicht mit den Waffen der De mokratie geführt werden soll, dann ist die Eiserne Front dazu auch bereit. Aber die Wahl der Waffen hängt nicht von der Eiser­nen Front ab. Bir schlagen mit den Mitteln und mit den Ver­bündeten, gleich, woher wir sie bekommen, den Faschismus. Im Anschluß an diese machtvolle Rundgebung begab sich Otto Wels auf die Konferenz des Unterbezirks Brandenburg- Westhavel­land- 3auchBelzig, von deren Teilnehmern er mit stürmischem Händeflatschen begrüßt wurde. In seinem zweistündigen Referat gab er eine treffende Schilderung des Kampfes, den der sterbende Kapitalismus hier mit Gold und dort mit Bombenflugzeugen aus. führt. Der Kapitalismus soll sterben, aber die Wirtschaft muß leben! Otoo Wels erinnerte an die Tatsache, daß unsere Väter Leibeigene waren und daß uns allen noch diese Leibeigenschaft tief im Blut steckt. Unter stürmischem Beifall der Versammlung richtete er einen leidenschaftlichen Appell an die Arbeiterschaft, sich

gefolgt. Als Hauptredner erklärte Scheidemann als die Parole der Stunde: Wir wählen Hindenburg, weil wir gegen Hitler find."

In München

ließ man die Eiserne Front in fünf Riefenversamm­lungen aufmarschieren. Das große Zirkusgebäude und vier der größten Säle der bayerischen Hauptstadt waren überfüllt und muß­ten polizeilich gesperrt werden. Mit Begeisterung bekundeten die Riesenmassen das Treugelöbnis für die Republik und den Kampf­schwur gegen den Faschismus.

In Dresden

waren dem Ruf der Eisernen Front am Sonntag ebenfalls wieder viele tausende gefolgt, obwohl erst fürzlich eine gewaltige Demon­stration in der sächsischen Hauptstadt stattgefunden hat. Etwa 16 000 Menschen zählte der Zug, der am Sonntag durch die Straßen von Dresden marschierte, 16 000 ohne Frauen! Auf dem Platz, auf dem die Kundgebung schließlich ihr Ende fand, hatte sich etwa die doppelte Bahl eingefunden. Die hier ausgegebene Parole lautete: Der Gendarm von Hildburghausen darf nicht Präsident der deut­ schen Repubhif werden. Wir wollen feinen Bürgerkrieg, setzen aber der Gewalt Gewalt entgegen. Heute marschieren wir, morgen schlagen wir."

Aus Chemnitz

wird uns berichtet, daß dort am Sonntag mit dem Aufmarsch der Eisernen Front die gewaltigste Rundgebung seit den Revolutions tagen erlebt wurde. Auch hier waren es mehr als 20 000, die auf­marschierten und in den Straßen von Tausenden und aber Tausen­den begrüßt wurden. Mit ungeheurer Begeisterung wurde schließ­lich der Treueid für die Eiserne Front abgenommen.

Die Sonntagsveranstaltungen der Eisernen Front nahmen in der Oberlausitz

Friz Barthelmann von den Arbeitersportlern wies dar­auf hin, daß Tausende junger Menschen im Arbeitersport sich nach Attivität sehnen. Der Zustand des Duldens ist ihnen ein Greul. In dem Zusammenschluß von Tausenden in der Arbeitersportbe­wegung liegt unefre Stärke. Diese Tausende setzen wir jetzt ein zur Abwehr gegen den Faschismus, weil wir wissen, daß der Ar: beitersportler durch den Faschismus viel zu verlieren hat. Partei und Gewerkschaften kämpfen für kurze Arbeitszeit und gesunde Ar beitsverhältnisse, die eine Grundlage des Arbeitersports sind. Siegt der Faschismus, dann wird auch der Arbeitersport hinweggefegt werden. Das hat das Beispiel von Italien bewiesen. Deshalb find wir mit freudigem Herzen beim Kampfe. Wir wollen leben als Menschen und unseren Sport als Menschen treiben. Dar­um haben wir unsere Hundertschaften aufgestellt unter der Parole: endlich dieses Gefühl aus dem Herzen zu reißen, felbstbewußt überfüllt. Alle bisherigen Veranstaltungen der Breslauer Nazis

Wir wehren ab, wir stoßen vor, wir greifen an! Artur Neidhardt vom Berliner Reichsbanner dankte der Viertelmillion Berliner , die im Eisernen Buch ihre Unterschrift für die Republik gegeben haben.( 3uruf: Groener auch? Heiterfeit.) Vielleicht wäre es besser, wenn wir schon früher gehandelt hätten. Jeder marschierte getrennt vom andern und verfolgte seine eigenen Ziele. Das wird jezt anders.( Stürmischer Beifall.) Das Reichs banner hat nicht immer auch in unseren Kreisen nur Zustimmung gefunden, dem einen war es zu schlapp, dem anderen zu militärisch, dem dritten nicht radikal genug. Wir waren immer die Radi­falsten im Kampf für die Republik , und wir trügen die Windjacke nicht einen Tag länger, wenn wir nicht glaubten, der Republik zu dienen. Unzählige Ueberfälle zeigen, daß wir im Bürgerkrieg stehen. Wir haben den Staat gewarnt und gemahnt, aber wir sagen ihnr, daß

Treue nicht einseitig sein fann, sondern mfi Treue vergolten werden muß.

Die Antwort der Regierung für unsere Treue war das Uniformverbot und der Erlaß Groeners, der uns mit dem Bogheimer Gesindel gleichstellt.( Pfuirufe.) Sollten wir auch die Hoffnung auf den Staat aufgeben müssen, unsere Ueberzeugung und unseren Willen, für die Republik zu kämpfen mit geistigen und materiellen Mitteln bis zum endgültigen Siege, geben wir nicht auf. Es geht darum, ob wir für den Rest unseres Lebens und ob unsere Kinder in einer freien Republik oder in einer fa= schistischen Kaserne leben sollen. Boltsappell der Eisernen Front ist die Losung, und entschlossener Kampf gegen die Gegner, gegen die Schlappen, gegen die Säumigen in den Amtsstellen.( Bei­fall.) Wir stehen in vorderster Reihe. Es lebe die Eiserne Front! ( Stürmische Beifallsfundgebungen.)

Für die Berliner Sozialdemokratie sprach Franz Künstler. Die Eiserne Front ist formiert und steht schlagbereit. Die Faschisten und ihre Verbündeten vom 9. August mögen über uns ruhig ihre Spötteleien machen. Das stórt uns.nicht. Ich sage flar und ein­deutig: Die Zeit, nur zu reden und Geschäftsordnungsdebatten zu führen, ist in Deutschland vorbei!( Stürmische Zuftimmung.) Wir sind gerüstet, den Feind der Republik die schon längst fällige Nieder­lage beizubringen. Unsere Gegner bestimmen die Wahl der Kampf­mittel. Rein Angriff wird uns unvorbereitet finden. Wir tun unsere Pflicht gegenüber dem republikanischen Staat im Interesse

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und stolz zu werden.

Die Generalversammlung der Eisernen Front

in Mitteldeutschland

führte in allen Städten und Orten zu imposanten Kundgebungen, die ohne jeden Mißklang verliefen. Die Beteiligung war außer ordentlich start. In vielen Städten mußten Parallelversammlungen abgehalten werden.

Der Generalappell der Eisernen Front in Hannover

war eine Rundgebung, wie Hannover sie seit langem nicht gesehen hat. Ueber 10 000 Menschen füllten nach dem Einmarsch von rund 4000 Reichsbannerkameraden, Arbeitersportlern und Hammerschaften die große Ausstellungshalle. die große Ausstellungshalle. Der Vorsitzendes Metallarbeiterver­bandes Reichel und Dr. Kaubach- Berlin sprachen. Die Rüst­woche der Eisernen Front hatte bis Sonnabend bereits 35 000 Ein­zeichnungen ergeben.

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In Hamburg

hatten sich in den beiden großen Messehallen nach der Schätzung der Polizei bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Kund­gebungen etwa 28 000 Menschen vereinigt und die Säle be­setzt. Aber immer noch strömten Tausende herbei, die keinen Ein­laß fanden. So mußte in einem großen Konzertsaal eine Parallel­fundgebung durchgeführt werden. In sämtlichen Veranstaltungen wurde den Toten des Weltkrieges eine Minute schweigenden Ge­denkens gewidmet. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Hans Vogel , gab in einer Rede unter brausendem Beifall seiner Buhörer zur Reichspräsidentenwahl die Parole aus:" Sie ist für uns eine Schlacht gegen Hitler , den wir schlagen müssen

und werden."

In Schleswig- Holstein

veranstaltete die Eiserne Front am Sonntag insgesamt 80 Rund gebungen, die überall glänzend verliefen. Die Nordmart steht tampfbereit und wartet auf die Stunde, in der diese Bereitschaft sich in die Tat umsetzen kann.

In Frankfurt a. M.

waren ebenfalls die größten Säle der Stadt überfüllt. Auch hier waren Tausende und aber Tausende dem Ruf der Eisernen Front können.

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einen imposanten Verlauf. Trog aller Machenschaften der Nazis und Kozis fonnte sich die Eiserne Front für Sonntag das Recht auf die Straße erkämpfen, so daß viele Tausende von Repu­blikanern aufmarschierten und für die Republik demonstrierten. Jeder Störungsversuch von rechts und links scheiterte an der Diziplin der aufmarschierten Massen.

In Breslau

war der größte Saal bei der zweiten Kundgebung der Eisernen Front

wurden von dem Massentreffen der Eisernen Front bei weitem in den Schatten gestellt. Sollmann appellierte an die Massen: Alle Kraft, alles Gut und Blut, wenn es sein muß freudig herzugeben, um Nation und Arbeiterklasse vor den brutalen Angriffen des blutbefudelten Faschismus zu schüßen. Dieser Appel löste orfanartige Bustimmung aus.

In Köln

marschierte die Eiserne Front ebenfalls in der großen Messehalle auf. Auch sie konnte die Massen, die Bekennermut bezeugen wollten, nicht lle fassen. In einem zweiten großen Messesaal war eine Parallel­versammlung notwendig. Wie in Hamburg , so galt auch in den beiden Kölner Versammlungen ein Teil der Kundgebung dem stillen Gedenken der Toten des Weltkrieges.

In Düsseldorf

waren die vier größten Säle der Stadt überfüllt. Hier sprach als Hauptredner Höltermann. Er führte aus, die Eiserne Front sei da und würde immer da sein, um die Volksmacht gegen die Diktatur zu verteidigen. Ihr Programm sei die Erfüllung und Erhaltung der Weimarer Verfassung . Sie wolle, daß die Zeit der Notverordnungen aufhöre, sie wolle den Erwerbslosen wieder Ar­beit geben. Am 13. März werden das deutsche Volk ein über­wiegendes Votum gegen die Machtansprüche der Nationalsozialisten ſiellen.

Appell der Motorstaffel.

Das in Berlin - Brandenburg gegründete Motorforps der Eisernen Front veranstaltete am Sonntag einen ersten Probe­alarm, der sich als ein voller Erfolg erwies. Eine staatliche Zahl von Kraftfahrzeugen aller Art war dem Ruf der Staffelleitung zu einem Treffen nach der Bundesschule des ADGB. bei Bernau ge= folgt. Ein großer Teil der Erschienenen gehört dem demokratischen Bürgertum an

In dem großen Vortragssaal der Bundesschule erörterte die Staffelleitung des Motorkorps dessen politische und praktische Auf­gaben. I. a follen die Mitglieder des Korps die Aufgabe haben, bei den bevorstehenden Wahlen Referenten und Flugblattverteiler der Eisernen Front auf das Land zu bringen. Man hofft auf diese Weise das Bier- und Fünffache an agitatorischer Arbeit leisten zu