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Nr. 89 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Dienstag, 2Z. Februar 4932

»er MM in derSdiredcseKunde". Generaldirektorsfrau bleibt straffrei.

Ert Freispruch der Ehefrau des GeueraldircNors Schröter durch die Verkehrskammer des SchSsfcugerichls D erlin- Mille am 30. September v. 3. hat, wie erinnerlich, nicht geringes Aufsehen erregt. Einem von ihr verursachtes Verkehrsunglück auf dem Leipziger Platz, unmittelbar vor dem Warenhaus Wertheim. war ein Menschenleben zum Opfer gefallen Zu der Verufungs- Verhandlung der Strafkammer unter dem Vorsitz von Landgerichts- dlreklor Löschborn wurde die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch der ersten Instanz aus Staatskosten verworfen. Das Gericht nahm damals an, daß die Angeklagte nicht die- jenige Aeranlagung zu besitzen scheine, die ein schnelles und sicheres Handeln bei plötzlich auftretender Gefahr gewährleiste, wie es einem guten� Zahrcr zukomme. Es nahm ferner an, daß alle Umstände des Falles mit Sicherheit den Schluß rechtfertigten, daß die Ange- klagte von dem Augenblick des Höhepunktes der Gefahr, dem Auf- fahren auf den Lürgerfteig an, sich in einem die freie Willens- bestiinmung ausschließenden Zustande von Bewußtlosigkeit befunden hat(Z 51 des Strafgesetzbuches). Frau Schröter hatte nämlich einen Nervenschock erlitten. Auch, meinte das Gericht, sei keine Fahr- lässigkcit darin zu erblicken, daß die Angeklagte bei ihrer mangeln­den Geistesgegenwart und ihrer Schreckhaftigkeit einen Kraftwagen/ insbesondere in Berlin , fuhrt. Sie hatte bis zu dem Unglücksfall keine Gelegenheit gehabt, ihr schwaches Reaktionsvermögen festzu- stellen. Sic konnte sich gar nicht ihrer mangelnden Entschlußkraft und ihrer Nervenschwäche im Augenblicke der Gefahr bewußt werden.... Gerade diese Begründung war es, die allgemeines Aufsehen erregt hat. Man neigte zu der Ansicht, daß in soundso vielen Fällen, wo es sich gerade nicht um eine Generaldirektorssrou gehandelt habe, unter ganz gleichen Umständen, ebenso unge- schickte und unfähige Fahrer die Verantwortung für die Folgen des Unglücks" tragen mußten. Die Staatsanwaltschaft hatte aus begreiflichen Gründen gegen das freisprechende Urteil Berufung eingelegt. Die gestrige Verhandlung ähnelte mehr einer wissen- schastlichen autotechnischen Veranstallung als einem Strafprozeß. Neben den acht Sachverständigen sah man eine große Zahl von wissenschaftlichen Interessenten. Selbst der Generalstaatsanwalt vom Kammergericht und der stellvertretende Präsident des Land­ gerichts I wohnten der Verhandlung bei. Vor devl Richtertisch war der Leipziger Platz mit dem Wertheim -Gebäude im kleinen aufge- richtet. Sogar ein besonderer Film, für dessen Herstellung 10 000 Einzelaufnahmen erforderlich waren, und der den Herrn General-

direltor ein gutes Stück Geld gekostet haben muß, kam zur Aus- führung. Sanitätsrat Dr. Leppmann hatte sein psychologisch- psychiatrisches Gutachten über die Reaktionsfähigkeit der Angeklagten zu erstatten. Die Beweisaufnahme ergab das gleiche Bild wie in der ersten Verhandlung. Frau Schröter, die seit dem 17. Juli 1929 einen Führerschein Klasse Illb hatte, kam in ihrer 6-Sitzer-Horch- Limousine mit Linkssteuerung von der Potsdamer Straße und bog in den Leipziger Platz ein, um zur Vorhalle des Warenhauses Wert- heim zu gelangen. Sie fuhr im vorgeschriebenen langsamen Tempo und wurde plötzlich von links von einer Äutotaxeangekratzt", die nnvorschriftsmäßig im Augenblick des Wechsels vom gelben zum roten Licht noch herangcfaust kam; rechts von ihr befanden sich gleichfalls unvorschriftsmäßig in der Nähe der Bordschwelle vor dem Warenhaus Wertheim zwei Autotaxcn. Um dem Wagen, der von links kam, auszuweichen, drehte sie den Wagen nach rechts, geriet auf das Trottoir, verlor vollends den Kopf, konnte den Wagen nicht bremsen, fuhr in eine Gruppe Passanten hinein, verletzte eine 43jährige Angestellte tödlich und deren 48jährige Schwester so schwer, daß die crstcre bald darauf starb und die letztere sechs Monate lang im Krankenhaus liegen mußte, drei Personen wurden leicht verletzt. Also ein ganz schwerer Unfall. Die Sachverständigen waren sich in der Beurteilung der Lage nicht ganz einig. Während die einen glaubten, die ganze Schuld der Autotaxe zuschreiben zu müsien, die unvorschriftsmäßig herangesaust und, ohne zu halten, verschwunden war, waren andere Sachverständige der Ansicht, daß man von einem guten Fahrer auch in solch einer Situation zu verlangen habe, daß er seme Geistesgegenwart bewahre. Dr. Sanitätsrat Dr. Leppmann wollte für die Angeklagte eine verlängerte Reaktionsfähigkeit geltend machen; sie sei in ihrer ganzen Konstitution einer derartigen Situation nicht gewachsen und man dürfe von ihr nicht mehr ver- langen, als sie zu leisten imstande sei. Das Gericht kam schließlich zu dem eingangs mitgeteilten Ent- scheid: Verwerfung der Berufung des Staatsanwalts und mit Frei- spruch der Frau des Generaldirektors Schröter; c- hat nach dem technischen Befund angenommen, daß der Wagen der Angeklagten, obwohl die Ursache nicht ermittelt werden konnte, von cinckn anderen Wagen einen Stoß erhalten habe. Die Angeklagte war nicht in der Lage, ihren Wagen sofort herumzureißen, und in diesen Schrecksekunden ist sie mit ihm auf den Bürgersteig geraten. Eine Fahrlässigkeit war darin nicht festzustellen.

Stürmische Gihung im Sklarek-Prozeß. Die Aussagen des Stadtobersekretärs Feist. Di« gestrige Nachmittagssitz ung des Sklarek-Prozesses gestaltet« sich wieder außerordentlich stürmisch, und es kam zu schweren Zu- sammenstößen zwischen Leo Sklarek und dem Angeklagten Stadtbankdirektor H o f f m a n n, die sich gegenseitig anbrüllten. Die erregten Szenen spielten sich bei der Vernehmung des 82jährigen Stadtoberlnfpaktors Feist ab, der im Kreditkontrollbüro der Stadtbank beschäftigt ist. Der Vorsitzende hielt dem Zeugen u. a. einen von ihm erstatteten Berich-t aus dem Jahre 19 27 vor, aus dem hervorgeht, daß die Forderungen der Sklareks an die Bezirksämter in Form einer offenen Zession, also mit Kenntnis der Bezirksämter abgetreten waren, obwohl es sich in Wirklichkeit um«ine st i l l e Zession handelte, bei der die Be- zirtsämter nichts von der Abtretung der Forderungen wußten. Vors.: Können Sie mir den(Sruiro für diesen falschen Bericht er» klären? Er hat letzten Endes dazu geführt, daß die Hauptprüfungs- stelle ihr Monitum fallen ließ. Sie berichten absolut« Unwahr-

heiten. Wie konnten Sie das als aller Beanller tun? Zeuge: Ich kann nur erklären, daß er in sinngemäßer Anwendung der be- stehenden Bestimmungen verfaßt ist. Auf«ine Frage des Vorsitzen- den erklärt der Zeuge mit Bestimmthell, daß er von den Skia- reks keinerlei Vorteile erhallen habe, abgesahen von eini- gen Zigarren, die er aber als Nichtraucher anderen Kollegen geschenkt Hot, und«inigen Reklameartikeln zu Weihnach-ien, wie Notizbücher, Feuerzeuge, Bleistifte usw. Einmal hätten ihm di« Sklareks für einen Anzug Maß nehmen lassen, er hätte ihn aber nicht genom- mcn.Ich da äste mir. wenn man dem Teufel den kleinen Finger gibt, dann nimmt er die ganze Hand." Eine erregte Auseinandersetzung gab es bei der Erörterung der Tatsache, daß Feist die sogenannten Wertstücke in Verwahrung genommen hat, auf die die Sklareks Kredite bekamen. Diese Wert- stücke bestanden, wie man jetzt weiß, aus verfchlosienen Kuverts, in denen vordatiert« Schecks lagen. Feist will dies aber nicht gewußt haben. R.-A. Dr. Pin dar: Sie sind koch bankmäßig vorgebildet, ist Ihnen nicht bekannt, daß das Arbeiten mit vor- datierten Schecks diffamiert und beweist, daß der Betreftenve kein Geld hat? In welcher Bant wird denn darauf Kredit gegeben? Zeuge: Ich habe ja den Kredtt nicht gegeben. Ich habe die 5buv«rts

nur in Verwahrung genommen. Leo Sklarek(zum Zcugenj: Sie waren doch nur Bote in der Stadtbank. Hoffmann hat Sie doch wie einen Schuhputzer behandelt. Der Zeuge Feist, ein alter weißhaariger Mann, trat auf Leo Sklarek zu, klopfte ihn auf die Schulter und erwiderte würdevoll: Ich bin Stadtoberinspektor, Herr Sklarek. Leo Sklarek: Haben Sie bei mir gebettelt? Zeuge: Nein. Leo Sklarek: Haben Sie von mir Freikarten bekommen? Zeuge: Nein. Leo Sklarek(sich zu Stadt- bankdirektor Hossmann umdrehend und auf ihn zeigend): Aber sehen Sie sich Ihre Direktoren an, die haben das getan. Hoff mann sprang erregt auf und schrie mit überlauter Stimme: Die haben sich auch revanchiert. Nach wenigen Minuten verließ Hoffmann dann in höchster Erregung den Saal, so daß der Vorsitzende ein« Pause eintreten lassen mußte. Der Mord in Neukölln. Wer waren die Besucher der Mathilde Rolland? Zu dem Frauenmord in der Friedclsirahe in Neukölln erfahren wir noch weitere inlercssanke Einzelheiten, die das frühere Leben der Ermordelen berühren. Machilde Rolland war früher Artistin und trat in einem Zirkus als Trapezkünsllerin auf. Dabei stürzte sie eines Tages so schwer, daß sie 19 Monate im 51rankenhaus liegen muhte. Nach der Entlassung hatte sie die Absicht, chren alten Berus wieder aus- zunehmen und wollte auch trainieren. Inzwischen mußte sie sich ober nach einer anderen Beschäftigung umsehen, um Geld zu verdienen. Sie fand Anstellung als S c k r e t ä r i n im I u st i z m i» i st c- rium, wurde aber von dort ans Amtsgericht in Neu- kölln versetzt. Hier mußte sie abgebaut werden und stand mm völlig mittellos da. Mit einer Aushilscstellung bei einem Homöo- pachen war es auch bald vorbei. Sie suchte sich jetzt in der Friedel- stroße ein neues Zimmer und lieh sich zuvor von einer Freundin, die auch bei dem Homöopathen tätig war, einen kleinen Geldbetrag für btfc Anzahlung des Zimmers. Diese Freundin erschien in der Wohnung, als die Mordkommission am Tatort weilte und wor natürlich entsetzt, als sie hörte, was vorgefallen war; sie erklärte, daß sie von Machilde R. hinbestellt war. um das geliehene Gcld von ihr zurückzubekommen. Damit taucht die Frage auf, von welcher Seite aus Mathilde R. Geld zu erhoffen hatte, denn sie war jetzt vollkommen mittellos und es ist möglich, daß das Mädchen damit gerechnet hatte, von einem ihrer Besucher am Sonntag Gcld zu bekommen, sei es von dem Onkel oder von den beiden anderen jungen Männern, die sich in de» Nach'.nittagsstundcn bei ihr auf- gehalten hatten. Die Ermittelungen der Mordkommission bewegen sich jetzt in dieser Richtung, um das Geheimnis um den Tod des jungen Mädchens aufzuklären. Krauenmörder von Jüterbog geständig. Lustmord uach einem Tanzvergnügen. 3m gestrigenAbend" hatten wir bereits kurz mitgeteilt, daß man den mutmaßlichen Mörder der Wirtschafterin Erua Meiwald aus 3ükerbog in der Person eines Siallschwcizcrs festgenommen halle. Diese Mutmaßung hat sich bestätigt. Der Schweizer vruno Richard 3 ä h r i g hat vor der Mordkommission ein Geständnis Ab­gelegt. Die Bluttat hat sich wie folgt abgespielt. Jährig war bei dem Gemeindevorsteher von Hösgcn bcschäsligt. In den Nachmittagsstundcn des Sonntags kam seine Freundin Erna aus Jüterbog auf einem Fahrrad zu ihm. Beide suchte:: später ein Tanzlokal auf und verließen es auch gemeinsam und zwar mit, ihren Fahrrädern. Auf der Chaussee hielt Jährig plötzlich an und forderte auch das Mädchen auf, abzusteigen, zog sie aufs Feld und wollte sich an ihr vergehen. Sic weigerte sich aber. Im Verlauf eines kurzen Kampfes schlug er das Mädchen nieder und würgte es, zerriß ihr die Kleider und zog sie aus. Dann raubte er ihr aus einer Handtasche den Betrag von 1,50 M. und verschwand. Als die Land- jäger ihn festnahmen, war er gerade im Begriff, seinen Koffer zu schließen, um sich von danncn zu machen.

Als er an ein Gartenstück kam, in dem Efeu eine Mauer emporkletterte, machte er halt. Ihn fröstelte. Nun sah er Efeu. Der Efeu ist eine warme Ruhestätte für kleine Vögel. Ob in dem Efeu wohl Spatzen schliefen? Ach, wenn er jetzt nur einen Spatzen sähe, dann wäre doch im gleichen Augen- blick ein Verbindungsmann zwischen chm und der Natur aus der UnHeimlichkeit dieser nächtlichen Stadt aufgetaucht. Er hatte plötzlich Sehnsucht nach der Prärie. Er stierte den Eseu an und schlief ein. Vollkommen klamm erwachte er. Der Weg nach dem Zoologischen Garten war weit, sehr weit. Billy legte ihn zu Fuß zurück. Die Ueberanstrengung sollte alle Älkoholreste aus seinem Körper treiben. Als er mit Schüttelfrost im Zoologischen Garten landete, schämte er sich derart, daß er schleunigst in seinen Wagen kroch. Als am Mittag ein Messerwerfer nach seinem Chef sah, log der. er sei krank. Billy hatte gar kein Verständnis für seinen Rausch, ihm fehlte plötzlich der Humor. In einer Cowboy-Schau muß Ordnung herrschen, und der Chef muß der erste sein, der Ordnung hält.. Am Nachmittag probt und probt er. Seine Leute arbeiten allein. Am Abend hat er sich schon gut eingeschossen, er ist beidhändig, folglich fällt es ihm nicht schwer, linkshändig reelle Arbeit zu liefern. Diese Bravourleistung ist seine Reue, und erst nach dem glänzenden Erfolg der Abendvorstellung beichtet er Anita, was in der Nacht vorgefallen ist. Ein Resultat. Jahre sind vergangen. Billy ist wieder auf Zirkustour, fröstelnd hockt er im Packwagen. Ein früher Herbst zieht ins Land, es ist ungemütlich und der Zirkus arbeitet mit Verlust. Die ZirkuÄ>irektion läßt vor Beginn der lßorstelluug

Holzkohlenbecken in die Manege stellen, die Luft wird etwas angewärmt, aber je später es wird, desto bösartiger kriecht die Kälte unter das Zelt, das ist Jahr für Jahr der gleiche Vorgang- Billy schleppt sich seit einem Monat mit der Grippe. Nur Kognaks helfen gegen Grippe, dos ist ihm mehr als einmal gesagt worden. Billy trinkt Kognaks. Er trinkt nicht nur einen und zwei, nein, er trinkt mehrere Kognaks, und abends zählen alle gemeinsam gewissenhaft nach, wieviele er ge- trunken hat. Sind es über zwanzig, dann sagt er:Anita, setz den Helm auf." Er ist vorsichtig: beim einundzwanzigsten Kognak schießt er nicht mehr den Apfel vom Kopf, sondern nur noch vom Helm. Billy", Anita spricht jetzt sehr oft seinen Namen recht vorwurfsvoll aus. Ach, einmal ordentlich betrunken ist besser als ewig verrotzt", antwortet Billy. Aber er bekämpft mit dem Alkohol die Grippe nicht. Er weiß es. Anita wohnt in einem vornehmen Hotel. Sie haben zu- sammen das Zimmer ausgesucht. Sie konnten kein anderes finden. Es ist sehr teuer. Doch als Billy sah, wie Anita mit der Hand liebkosend über den Schreibtisch fuhr und glücklichen Auges die Aussicht betrachtete, stand es im Augenblick bei ihm fest:Sie behält das Zimmer." Wir stehen nur drei Tage am Ort. Sie soll es mal gemütlich haben. Das Zimmer nebenan wollte gern die junge Frau eines Clown mieten. Auch sie sah mit verzückten Blicken in das Zimmer. Doch der Clown sagte:Es ist zu teuer." Als die junge Frau noch zögerte, nahm er sie fest am Arm und sagte: Komm, wir wollen gehen." Er selbst hätte gern dieses Zimmer genommen, doch be- fürchtete er Auseinandersetzungen mit seinen Brüdern und noch mehr mit deren Frauen. Sie arbeiten zu Bieren, sind ein vorzüglich eingespieltes Quartett, sie sind echte Brüder und einander zugetan- Er ist der jüngste, hat spät geheiratet. Seine kleine Frau kam in die Familie, als es ihr gut ging und die vier Clowns bereits einen internationalen Namen hatten. Die Frauen der anderen Brüder aber hoben Jahre hindurch schwer gequält, sie oerkauften im Zirkus Schoko- lade, sie standen in der Gemeinschaftsküche hinter den schwe- 1 ren Kesseln und kochten oder hatten und das war mehr

f als einmal der Fall gewesen- gehungert, wenn kein En- gagement zu bekommen wor. Wie manche Anschaffung. mochte es sich um Pelze oder Schmucksachen handeln, die nach einer guten Saison gemacht wurde, wanderte bei schlechten Zeiten in das Pfandhaus und wurde nicht wieder eingelöst. Nun endlich haben sie es geschafft. Sie alle miteinander. Da kommt ein junges Ding in die Familie, schöpft gleich aus dein Vollen, lernt keinen Hunger und keine Sorgen um das nächste Engagement kennen. Nein, der Elown darf, um des lieben Friedens willen, das Zimmer nicht mieten. Billy denkt unablässig an den zaghaften Clown. Billy denkt ferner daran, daß es für ihn gesundheitlich nicht zu- träglich ist, in diesem nicht heizbaren Packwagen zu hausen. Er hat zwar eine große Petroleumlampe auf den Fußboden gestellt. Das mußte er heimlich tun; denn die Polizei ver- bietet es. Die Lampe spendet geringe Wärme, dafiir stinkt sie desto mehr. Billy hustet. Wenn er die Lampe mit sehr hoher Flamme brennen läßt, kann sie leicht explodieren und sein ganzer Wagen liegt voll scharfer Munition. Dennoch muß er im Wagen bleiben. Die Zeiten sind zu schlecht. Würden ihm seine Cowboymanschetten, seine Perl- stickereien, seine Sättel und seine Waffen gestohlen, würde er sie nicht so leicht wieder beschaffen können. Nach seinem Debüt in Berlin ist er schon durch ganz Europa getrudelt. Er hatte sich Geld gespart. Wofür? Arbeit inuß einen Sinn, muß ein Ziel, muß ein Resultat haben. Er hatte sich Waldparzcllen gekauft, in Konradshöhe , in der Nähe van Tegel , tief im Hochwald. Er hat sie gekauft, weil alle Artisten fast krankhaft nach Grund und Boden streben. Er ist von dieser absonderlichen Sehnsucht nach einem Ruheplatz fürs Alter angesteckt worden. Warum liegen diese Waldparzellen brach? Man weilt dort so nahe bei den Tieren. Es muß dort wirklich schön zu wohnen sein! Billy überlegt sich die Sache. Mit sich allein. Er zündet Kerzen an. Sind die Kerzen denn nur zum Ausschicßen da? Nein, er darf sich auch einmal etwas gönnen. Die Kerzen geben solch mildes Licht. Es sieht beinahe nach Weihnachten aus und Billy gesteht es sich ein, er wird sentimental. Er sitzt hier auf einem Koffer des Packwagens und grübelt über seine Zukunft.(Fortsetzung folgt.)