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Morgenausgabe

Nr. 93

A 47

49.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentäg. lich zweimal, Gonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel ,, Der Abend". Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolf und Zeit"

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

25. Februar 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die eiufpalt. Millimeterzeile 30 B1 Reklamezéile 2- M. Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Bort 20 Bf. ( zufäffig zwei fettgedruckte Worte jedes weitere Bort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmartt Millimeter­zeile 25 Pf. Familienanzeigen Milli meterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, mochentäglich von 8 bis 17 2hr. Der Verlag behält sich das Recht der Ah­lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Groeners Illusionen. Goebbels und die SPD . Kriegsteilnehmer.

Er schwört auf Hitlers Legalität

aber die Hitler:

Fraktion schwört sie ab.

Gewitterdrohend begann am Mittwoch die zweite Sizung dieser Reichstagsperiode. Präsident Löbe eröffnete mit einer Mahnung, die Redner nicht zu stören. Er kündigte Ausschlüsse an, wenn die Ruhestörungen sich fortsetzen sollten.

Dem Genossen Dr. Breitscheid hatten die National­sozialisten das Schicksal angedroht, ihn durch lärmende Ge­spräche, durch lautes Borlesen und sogar durch Pfiffe um jede Aufmerksamkeit im Hause zu bringen. Der Anschlag mißlang. Breitscheid , obwohl durch zahllose Bersammlungsreden stimm lich ermüdet, setzte sich durch seine glänzenden Formulierun gen, durch die Wärme seines BVortrages und durch ihren politischen Gehalt ausgezeichnet durch. Der Kern seiner Rede war zu den Reparationen die Warnung, daß ,, Wir können nicht zahlen!", umzuwandeln in ein Wir wollen nicht zahlen!" Mit bitterer Schärfe nahm sich Breitscheid den Reichswehrerlaß vor. Er hielt den Legalitätsglauben des Generals Schleicher und des Reichswehrministers das gegenteilige Urteil des Reichsgerichts vor. Groener hörte sich die Kritik des sozialdemokratischen Sprechers aufmerksam an. Lärmende Zwischenrufe der Kommunisten gab es, als Breit< scheid für die Reichspräsidentschaftswahl die Losung ausgab: ,, Nieder mit Hitler!" Wir würden den Kandidaten unterstützen, der die meiste Aussicht hat, die Mehrheit der Stimmen gegen die Faschisten zu erhalten. Die Kommunisten gäben die Lofung aus: Der Hauptfeind ist die Sozialdemo fratie". Das ist im Zusammenhang mit der Aufstellung einer eigenen fommunistischen Kandidatur der Kampf für Hitler.

: Unter stürmischen Beifallsfundgebungen der Sozialdemo fratie und unter gewaltigem Lärm der Konumumisten dankte Breitscheid den Massen der Eisernen Front, ihr Motto sei das Wort von Ernst Moritz Arndt : ,, Der Gott , der Eisen wachsen ließ, der wollte teine Knechte."

Der Reichstag hat gestern zwei Reden des Reichs­wehrministers Groener gehört. Die eine fand den stürmischen Beifall der großen Mehrheit des Hauses, die

Deserteure!"

Kommers

Buch

Wieder eine Krachsitzung.

andere wurde ohne ein Zeichen des Beifalls kalt aufgenom- Groener erläutert seinen Erlaß.- Wirtschaftspartei für Brüning.

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men. Die eine war eine Abstrafung des Nationalsozialisten Goebbels und zugleich der Methoden seiner Freunde die andere die Verteidigung des bekannten Erlasses über die Zu­laffung der Nationalsozialisten zur Reichswehr . Herr Groener berief sich zu Verteidigung seines Erlasses auf das Bekennt­nis Hitlers zur Legalität, das sichtbar bekräftigt worden sei durch den Bruch mit dem Stennes- Flügel.

Diese Rede ist alles andere als eine abschließende Stel­lungnahme zu diesem Erlaß. Sie ist durchaus unbefriedigend, und die Fiktionen, auf die sie sich stützte, sind noch gestern im Reichstag gründlich zerstört worden. Als der Zentrums­abgeordnete Dr. Bolz die nationalsozialistische Fraktion direkt fragte, ob sie gewillt sei, auf dem Boden der Berfaffung Aufbauarbeit zu leisten, schallte ihm als Antwort ein vielstimmiges ,, Nein! Nein!" entgegen. Der Legalitätsschwindel ist damit restlos zerstört.

Die Sitzung des Reichstags mußte auch gestern wieder zweimal unterbrochen werden. Als der Staatsparteiler Weber den Nationalsozialisten entgegenhielt, daß ihre Partei mit dem politischen Mord vorangegangen sei, heulten die Nationalsozialisten auf, geführt von dem Fememörder Heines und bedrohten den Redner. Zum zweitenmal flog die Sizung auf, als der Kommunist heud dem National­fozialisten Rosenberg einen Zuruf machte und Rosen­berg darauf heud Ohrfeigen anbot.

Herr Rosenberg aus Riga war der zweite Redner der Nationalsozialisten. Seine besondere und schwer verständ­liche Aussprache des Deutschen zeigt seine Herkunft. Herr Rosenberg ist so wenig deutscher Frontfämpfer wie Herr Goebbels , der den Krieg nur vom Hörensagen kennt. Das sind die beiden Redner, die die Nationalsozialisten zur Ber­teidigung der Frontkämpferkandidatur Hitler " vorgeschickt haben, die Redner, die der Mehrheit des Volkes das Deutsch­tum absprechen sollen. Der eine tennt wie der andere den Krieg nur vom Hörensagen. Zu diesen beiden Hauptrednern stößt dann noch der Geschäftsordnungsredner der National­fozialisten, Herr Frid. Der war während des Krieges dort, wo sein König ihn hingestellt hat- nämlich in Birmasens! An ihren Rednern sollt ihr sie erfennen!

Sitzung unterbrochen.

In der Reichstagsdebatte am Mittwoch schloß Abg. Dr. Breitscheid( Soz.) seine zum größten Teil bereits im ,, Abend" wiedergegebene Rede mit folgenden Ausführungen zunächst an die Kommunisten: Wir fämpfen gegen den Faschismus, aber Sie richten auch Ihre Bekämpfung des Faschismus gegen uns. Auf die Dauer wird die Arbeiterschaft merken, welches Spiel mit ihren Interessen sie treiben.( Lebh. Zustimmung der Soz. Bütende Gegenrufe der Komm.) Ich brauche nur an den Volksentscheid vom August zu erinnern. Sie halten uns vor, dack wie in bezug auf Hindenburg unsere Meinung geändert hätten. Aber Sie haben den Bolksentscheid der Rechten mitgemacht und dann von einem Roten Boltsentscheid gesprochen. Mit der Rechten zusammen wollten Sie

An unsere Leser!

Um unseren Freunden, die nicht mehr in der Lage sind, I den Preis von 75 Pf. pro Woche für das volle Vorwärts­Abonnement zu erübrigen, die Möglichkeit zu geben, sich über die Politik der Partei und die sonstigen Ereignisse zu unterrichten, erscheint ab 28. Februar fortlaufend ein

Sonntag- ,, Vorwärts"

mit Wochenübersicht und ,, Volk und Zeit"( Tiefdruckbeilage)

Der Sonntag- Vorwärts ist zum Preise von 15 Pf. pro Exemplar bei allen Händlern zu haben. Er kann aber auch im Abonnement zum Preise

von nur 55 Pf. pro Monat frei Haus bezogen werden. Wir bitten unsere Leser, im Genossen­und Freundeskreise auf diese Neuerung aufmerksam zu machen, für die auch viele politisch Interessierte gewonnen werden können. Abonnementsbestellungen nimmt jede Vor­wärts- Ausgabestelle entgegen, sowie der

Verlag des Vorwärts", Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Fernruf A7 Dönhoff 292-97

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Zweimal

die sozialdemokratischen Minister Preußens entfernen, damit ein Rechtskabinett eingesetzt werde. Das alles ist deutlich genug. Die Arbeiter erkennen es in steigendem Maße, und die gewaltige Bewegung der Eisernen Front mit ihren ungeheuren Kund­gebungen beweist es.

( Undauerndes Geschrei der Komm.) Wir wollen den Bürgerkrieg richt, wir wollen, daß die politische Auseinandersetzung auf dem parlamentarischen und demokratischen Wege erfolgt. Bir mollen die Meinungsfreiheit aufrechterhalten. Die Eiserne Front steht zu ihrer Verteidigung bereit, aber auch, wenn wir auf einen Boden gedrängt werden, den wir nicht wünschen, zum Kampf auch auf diesem Boden.

Wir sind gegen jede Diktatur, wir wollen den demokratischen Kampfboden erhalten. Wir sind gegen jeden Appell an das Schwert und für die Herstellung des Vertrauens unter den Völkern.

Wir sind gegen jede Unterdrückung der Arbeiterbemegung. Unser Kampf wird geführt für Menschenfreiheit und für Menschenwürde, gegen Versklavung und Tyrannei. Unser Motto und das der Eisernen Front ist das Dichterwort von E. M. Arndt: Der Gott, der Eisen wachien ließ, der wollte feine Knechte."( Brausender, langanhaltender Beifall der Soz.)

Reichswehrminister Groener:

Mein Erlaß vom 29. Januar d. I. über die sogenannten Wehr verbände und die Einstellung in die Reichswehr hat in einzelnen Lagern zu Mißdeutungen geführt, die klarzustellen sind.

Der Bundesführer des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold, Herr Karl Höltermann , hat nach einer Aussprache über diesen Erlaß in seiner Dessauer Rede und in einem Brief an mich als das Ziel des Reichsbanners bezeichnet, dem Gerede vom Bürgerkrieg ein Ende zu machen. Er hat es abgelehnt, daß das Reichsbanner sich mit der Aufstellung illegaler polizeilicher Verbände befasse, ebenso wie daß es sich illegal mit militärischen Organisationen beschäftige. Wenn der neue Herr Bundesführer des Reichsbanners diese seine Richtlinien der Zurückhaltung bei der Leitung und den Einheiten feines Bundes durchzuführen in der Lage ist, so wird er der öffent­lichen Ruhe dienen, zu deren Aufrechterhaltung im Falle der Not allein die gefeßlichen Machtmittel des Staates berufen sind.

In diesem Sinne habe ich Herrn Höltermann geantwortet, daß ich seine loyale Erklärung ganz besonders begrüße und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß wir uns auf dem Gebiete der förperlichen und geistigen Jugendertüchtigung finden werden ( Zuruf rechts: Alles in Butter!)

Die Hauptangriffe gegen den Erlaß unterstellen einen Kurs­