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5lr 93 49. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Donnerstag, 25. Februar
Gesundbeter im Gtahltrust. Vereinigte Stahlwerke zeigen 19 Millionen Verluste.- Es wird nicht saniert.
Deutschland   hat in diesen Tagen die große Bankensani e- r u n g erlebt. Ihr Wesen bestand darin, daß man die wirklich vor- handenen Verluste auch als Verluste ausgewiesen hat und daß man dann diese Verluste durch die Vernichtung eigener Dioidendenan- sprüche und Auflösung von Reserven aus der Welt geschafst Hot. Das war der erste Schritt zur Gesundung der deutschen   Wirtschaft. Das Ausland hat bereits mit einer Erhöhung seines Vertrauens in Deutschland   reagiert. Der zweite Schritt mußte die Industrie- s a n i e r u n g sein. Auch dort mußten die Verluste, die tatsächlich eingetreten sind, beseitigt werden, wenn das Vertrauen im Inland und im Ausland endgültig wieder hergestellt werden sollte. Nach der gestrigen Aufsichtsratssttzung haben die Vereinigten� Stahlwerke jetzt ihre Bilanz bekanntgegeben. Die Vereinigten Stahlwerke sind für Inland und Ausland neben dem IG.-Farben- trust das repräsentativste Unternehmen Deutschlands  . Ihr Borstand und ihr Aufsichtsrat sind an der Bereinigung der Stahl-, werkebilanz vorübergegangen. Die erste und wichtigste Gelegenheit, die Derlustbercinigung auch in der Industrie durchzu- j führen, ist versäumt. Dabei wäre eine gründliche Bereinigung nirgends so notwendig gewesen wie gerode beim Ruhrstahltrust. worauf wir in früheren Veröffentlichungen schon immer wieder hin- gewiesen haben. Die Gewinnrechuung schiießk mit einem Verlust von rund lg Millionen Mark. Es wird ein R o h ü b e r s ch u ß für das am 3». September abge- schlofsene Geschäftsjahr von 151,37 gegen 262,21 Millionen aus­gewiesen. Es ist wahrscheinlich, daß dieser Rohüberschuh in Wirk- lichkeit nicht erzielt worden ist(vergleiche auch die neue Verschuldung in der Bilanz), denn angesichts des mengen- und erlösmäßigen Ab- satzrückgangcs bis Ende September vorigen Jahres und angesichts der gestiegenen Zinslosten ist trotz des geringeren Lohnaufwandes ein oerhöttnismäßig so geringes Absinken des Rohüberschusses kaum wcchrscheinlich. Nach Abzug von Anleihezinsen(33,63 gegen 33,66 Millionen), sozialem Auswand(46.55 gegen 54,74 Millionen), und Steuern 51,13 gegen 61,77 Millionen) sowie nach Ab- schreibungcn(43,63 gegen 86,75 Millionen) ergibt sich ein Verlust von 18,91 Millionen Mark, um die die Reserven von 86,6 Millionen verringert werden sollen. Der Stahlverein hat in einem Jahre, in dem sein Umsah ge­waltig zurückging, ein Teil seiner Anlagen sich endgültig als Ziehl- investitionen erwies und in dem er seine Anlagen noch weiter aus-
Oer oberschlesische Montanstreit. prosessoren schuhen die Ballestrem-Lnteressen.
Die von uns schon mehrfach gekennzeichneten Bemühungen der oberschlesijchen Montanindustriellen, auf Kosten des Steuerzahlers und des Reiches die von dem oberschlesische»Wirtschaftsführer* in Grund und Boden gewirtschaftete Montanindustrie zu sanieren, nehmen immer groteskere Formen an. Man erinnert sich, daß unter der Führung des Reiches der Oberhüttenkonzern zinslos ZS Millioneu Mark erhalten hat und daß jetzt, nachdem der Dar- lehnsvertrag nicht eingehalten werden kann und die Konzerne finanziell vor dem Ruin stehen, zur wirtschaftlichen Bereinigung des gesamten oberschlesischen Kompleres eine Zusammenlegung der Oberhütten-, Barsig, und Balleftrem-Anlagen erfolgen soll, gleich­zeitig aber auch eine finanzielle Bereinigung, um den zusammen- zulegenden Komplex wieder lebensfähig zu machen. Man erinnert sich auch, dag dos Reich und ebenso Preußen wie vor fünf Iahren so auch jetzt zu sinanzicllen Zugeständnissen bereit sind, um die oberschlesischen Arbeitsmöglichkeitcn zu erhalten. Man muh geradezu staunen, in welcher bedenkenlosen Weise da? oberschlesische Privatkopital jetzt sogar Universitäts  - Professoren gegen die Interessen des Steuerzahlers und der Gesamcheit mobilisiert, um durch absolut unsachliche Darstellungen das im Reichshaushaltsausfchuh geprüfte oberschlesische Same- rungsprojekt zu torpedieren und dem Steuerzahler in einer Zeit, in der«r bei äußerster Rot nur neue Lasten und keine Erleichte- rungen zu erwarten hat, zu neuen Suboenstonierungen der ober- schlesischen Privatattionäre zu zwingen. Für Herrn Ballestrem, um den es sich in erster Linie handelt, lägt ausgerechnet in derGer- mania" Professor Götz  -Briefs Angriffe gegen das Reich und Preußen vom Stapel, zu denen nur jemand fähig ist, der niemals ourch persönlichen Augenschein und genaues Studium des Materials sein« Sachkenntnis bereichert hat. Was Prof. Dr. Götz-Briefs in derGermania  " ausführt, steht sachlich im schärfsten Widerspruch zu den Fest- stellungen aller Sachverständigen und politisch auf einem Niveau, das gänzlich unatademifch, aber um so intercsscnten- mäßiger ist. Es heißt, daß in Oberschlesien   jetzt der Versuch ge° macht werde, ein StückStaatssozialismus   bzw. Staatskapitalismus zu Lasten der oberschlesischen Privatwirtschaft vorwärts zu treiben". Es sieht wahrlich so aus, als ob Prof. Götz Briefs   sich auch schon der Auffassung verschrieben Hot, die Pros. Bonn   von der Berliner  Handelshochschule als die privatkapitalistische Neigung zum Kol- lektivbonkrott im Gegensatz zu dem dem Kapitalismus ge- mäßen Individualbankrott charakterisiert hat. I n Oberschlesien
gebaut hat, sich mit Abschreibungen begnügt, die nur die halste derjenigen des Vorjahres ausmachen. Dabei waren schon die Ab-' schreibungcn im Vorjahr deshalb niedrig angesetzt, weil man eine Dividende von 4 Proz. verteilen wollte. Ja der Bilanz zeigt sich eine starke Zunahme der Schulden. Die langfristigen Verpflichtungen sind von 145,65 auf 159,53 Mit- lionen Mark g« st i e g e n. Die Bankschulden haben sich von 23,68 auf nicht weniger alz   71,55 Millionen Mark erhöht. Aber nicht> genug damst es werden jetzt vom Stahlverein auch Akzept- Verpflichtungen zum ersten Male ausgewiesen, und zwar I gleich in dem riesigen Betrage von 38,25 Millionen Mark. Das ist in einem Jahr, in dem man wenn sie überhaupt verdient worden sind nur die halben Abschreibungen des Borjahres ausweist eine neue Verschuldung im Betrage von fast 96 Mil- lionen Mark. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Bankgut- haben von 76,9 auf 46,86 Millionen Mark zurückgegangen sind, die laufenden Forderungen von 163,65 auf 145,69 Millionen, so daß bei erhöhten Anlageworten sich hier ein« westere Ver- schlechterung der Bilanz um 42 Millionen Mark ergibt. Dem steht bei den Warenschuldcn nur eine Verringerung um 24, nämlich von 157,65 auf 133,76 Millionen gegenüber, also eine Entlastung, die taum ins Gewicht fällt. Bei den Warenbeständen aber ist eine Erhöhung von 269,69 auf 284,26 Millionen eingetreten, was eins westere Verschlechterung der Bilanz darstellt. Der Wert der Anlagen erscheint mit 1477,91 Millionen noch um 38 Millionen Mark höher als im Vorjahr. Auf B e t e i l i- g u n g e n, die mit 291,46 Millionen ausgewiesen sind, und nur verringert erscheinen, weil die Aktien der Mitteldeutschen Stahlwerke an die Eharlottcnhütte übertragen wurden, scheint überhaupt keinerlei Abschreibung vorgenommen worden zu seilt. Alles, was die Bereinigten Stahlwerke als Sanierung-aktion durchführen, ist die Einziehung eines lächerlichen Be- träges eigener Aktien. Das Aktienkapital von 866 Mil- licnen Mark wird dadurch auf 775 Millionen Mark verringert. Von einer Sanierung, wie sie im Slahltrust notwendig gewesen wäre, ist also keine Rede, obwohl sich die Finanzlage des Trusts in oußerordenllich gefährlicher weise verschärft hat. Es ist keine Rede von ausreicheodeu Abschreibungen auf die Anlagen, bei den zum Teil wertlos gewordenen Beteiligungen hak man an der Heber- bewertnng festgehalten: die Verluste aus den Schwedenverlrägen ab­zuschreiben. hat man unterlassen. Der deutschen   und der ausländischen
ist eine Mißwirtschaft sondergleichen geirie- den worden. Di« oberschlesischen Wirtschafts- führer, die dafür verantwortlich sind, wollen die Aktionär« und die Banken von den finan- zielten Folgen dieser Mißwirtschaft freihalten. Ihnen ist jeder Sozialismus willkommen, der Vermögen der Allgemeinheit privatisiert und Schulden der Privaten sozialisiert. Pros. Götz-Briefs bringt es fertig, folgendes zu schreiben:Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß eine Staatsbehörde dahin zielt, die Notlage der oberschlesischen Indu- strie zu benutzen, um Rechtssorderungen, die unter völlig anderen Voraussetzungen konstruiert worden sind, in swatssozialisti- scher bzw. staatskapstalistischer Absicht auszunutzen." Es wird also für richtig gehalten, daß man sich erst durch zinslos« Kredste sub- ventionieren läßt, daß man daraus eine userlose Mißwirtschaft aus- baut und daß man dann, wenn der Staat endlich Ordnung zu schassen bemüht ist auch wenn es nicht anders möglich ist als um den Preis neuerOpfer den Staat als moralisch minderwertigen Partner denunziert, der eine privatwirtschasllicheNotlage" von Unterneh- mungen ausnützt. Es sehst wahrlich nur noch der Vorwurf der Leichenfledderei. Wie wenig das Urtell von Prof. Götz-Briefs vonSachlichkeitgetrübtist.das zeigen feine Ausführungen über den Verkauf der preußischen Malapane- und Gleiwitz  -Werke. Offenbar hat der preußisch« Bergsiskus hiergedreht", in solchem Syndikusjargon spricht hier der Herr Universitätsprofesior.er wollte sich durch Abstohung rentabel gestalten und er mutete der Privat- indusiric, d. h. Obcrhütten, zu, mit den Zuschußbetrieben fertig zu werden." Der Staat haste hier das sichtbarste Opfer gebracht, um die ober- schlesische industrielle Sanierung vorwärts zu treiben. Die Werke von Gleiwitz   und Malapn« gehören zu den leistungsfähigsten in Oberschlesicn überhaupt. Der Oberhüttenkonzern hat noch nicht einen Pfennig für die Werke gezahlt und außerdem hat der Vertrag zu- gunsten von Oderhüttcn bei der Uebernahme ein« Verlustgarantie vorgesehen. Mit solchemSachverständnis" bringt es ei» deutscher Univer- sstätsprofessor fertig, für Interesienten einzutreten, die nichts im Augs haben als alle Risiken auf das Reich und die Steuerzahler abzu- wälzen und sich auf Kosten des Reiches und des Steuerzahlers zu bereichern.
Oeffenstichkeik im gegenwärtigen Zeitpunkt einen derartigen Zahres- abschluh vorzulegen, ist skandalös. Statt der Verslüsiigung, die in strisenzeiten jede 3nduslriebilc.ni erfahren mühte, ist hier eine er­schreckende ülliquidisierung eingetreten, wird hier auf eine Reichs- saniernag zur Bereicherung der Aktionäre Ge­wartet? Abschlüsse bei Flia. Die durch einen Jnteressengemeinschaftsvertrag verbundenen, von Her?» Flick(Eharlottcnhütte) beherrschten Gesellschaften Mitteldeutsche Stahlwerke A.-G., Riesa  , und Eisen- werk-Gesellschaft Maximilianshütte, Rosenberg (Oberpfalz  ), schließen ihr erstes Gemeinschastsjahr 1336/31<1. Ok- tober bis 36. September) inst einem Reingewinn von nur 6,4 Mill. Mark ab, während sie im Vorjahre einen Uoberschuh von zusammen 4,4 Mill. Mark verzeichneten. Das erklärt sich vor allein daraus, daß Mtstelstohl den Hauptteil des Verlustes der Eisen- firma Schweitzer u. Oppler(12 Mill, Mark) abzubuchen hatte. Die Maxhütte hat ihre Abschreibungen von 1,5 aus 2,2 Mill. Mark erhöht. Mistelstahl hat chre Abschreibungen von 4,6 auf 3,6 Mill. Mark ermäßigt: hierfür waren die Bestimmungen des Gemeinschaftsoertrages maßgebend. Die Aktionäre von Mittelstahl(Kapital 56 Mill. Mark, davon die Hälfte bei der Max- hülle) gehen dieses Mol leer aus, da der geringe Reingewinn vor- gestagen wird. Diefreien" Aktionäre der Marhütte(Kapital 22,5 Mill. Mark) erhalten dagegen aus Grund eines Vertrages mst ihrem Großaktionär Charlottenhütte(besitzt 86 Proz. des Mar- Hütte-Kapstals) eine Dividende von SVs Pro;., die von d e r Charlottenhütte sie verteilte 14 Proz. Dividende für das Geschäftsjahr 1936 ausgezahlt wird.
Dividenden statt Arbeit. Bei Schubert& Salzer übersteigen Bankguthaben weit das Kapital. Oie Arbeiter liegen auf der Straße. Der Abschluß der S ch u b c r t u. S a l z e r Zl.- G., Chemnitz  , macht offenbar, wie maßlos übertrieben und letzten Endes kurzsichtig die Rationali sierungs- und Preispolitik bei vielen deutschen   Unternehmen gewesen. Dieses Spezialuntsr- nehmen für Textilmaschinen hat in den wenigen Jahren guter Kon- junktur so phantastisch verdient, daß es nicht nur alle Maschinen und Anlagen völlig abschreiben konnte, sondern daß es jetzt nicht mehr weiß, wie es die Gewinne unterbringen soll. Die Leid- tragenden sind die Arbeiter wären die Preise oll- gemein den Rationalisierungserfolgen entsprechend gesenkt worden, die Arbeitslosigkeit wäre heute bestimmt nicht so hoch. Nach Ankauf und Einziehung von 2,75 Mill. M. eigener Aktien beträgt das Kapital jetzt 16,5 Mill. M. D i e B a n k g u t h a b e n haben sich von 5,8 auf 21,6 Mill. M. erhöht, weil die Forderungen von 12,3 auf 4,1 Mill. M., die Wechsel- forderungen von 6,1 auf 6,69 Mill. M. und das Waren­lager von 2,9 auf 6,9 Mill. M. zurückgingen und well die g c- ringe Produktion wenig Kapstal beanspruchte. Jetzt lassen sich die st i l l e n Reserven nicht länger verstecken. Nach einer Sonder- abschreibung von 6,9 Will. M. auf Grundstücke, nach einer »reuen Reservestellung von 2,5 Mill. M.für spätere Verwendung" (nämlich Dividendenzahlungen!) wird ein Reingewinn von 2 Mill.(im Lorjahr 3 Mill.) M. ausgewiesen, aus dem 16(12) Prag  . Dividende gezahlt werden. Bei mehr als 16 Mill. M. offenen, bei unbekannt hohen stillen Reserven und den Zinsen aus Bankguthaben werden die Akttonäre es noch langeaushalten" können, selbst wenn auch nicht e i n Arbeiter mehr beschäftigt sein sollte.
Textil-Gewinne und-Verluste. Avgsburger Kammgarn verteilt trotz starker Kursverluste 12 proz/ Dividende Daß die Lage der deutschen   Textilindustrie keineswegs s o sch l e ch t ist, wie nach einigen Zusammenbrüchen(Nordwolle) vielfach angenommen wird, das zeigen die Abschlüsse zweier Augsburgcr Unternehmen, die bei vorsichtiger Finanz- und Einkaufspolltik für heutige Verhältnisse das Geschäftsjahr 1931 glänzend überstanden haben. Dos größte Wollunternehmen Süddeutschlands  , die Augs- burger Kammgarnspinnerei A.-G., Augsburg  , ver­teilt aus ihr Viermillionenkapital eine Divide irde von 12(im Vor- jähr 14) Proz., obwohl auf Abschreibung ihrer Essellen unter die Frewcrkehrskurse(!) ein Verlust von 6,32 Mill. M., und der Eni- wertung des Pfundes und der nordischen Währungen ein weiterer Verlust von 6,76 Mill. M. eintrat. Di« F i n a n z k r i s e hat auf dos Unternehmen nicht eingewirkt: Die Schulden von 1,3 Mill M. werden von den Bankguthaben von 2,9 Mill. M. weit übertroffen. Die Produktion des Jahres 1931 war noch höher alsdledesJahresl93 6. Die Rohwolle hat den niedrig- st e n Preisstand der letzten 166 Jahre erreicht. Die Aufträge am Ende des Jahres sicherten volle Beschäftigung aus mehrere Monate. Aehutich günstig ist der Abschluß der B a u m w o l l- F e i n- spinncrei Augsburg, die auf ihr 1,5-Millionen-Mark-Kapital wieder 7 Proz. Dividende verteilt, obwohl sie Verluste an Außen- ständen erlitt und �jypothetenschulden zurückzahlte. Daß infolge der scharfen Konkurrenz dasRecht auf den letzten Nutzen geopfert" sei. davon kann wohl bei solchem Resultat keine Rede sein. Die Be- schäftigung ist so hoch wie im Vorjahr. Dagegen hat die Kammgarnspinnerei Leipzig (Kapital 3 Mill. M.) im Jahre 1931 einen Verlust von 6,33 Mill. M.