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Nr. 99 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 28. Februar 1932

Puffer- Küche

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Koger

25,

Puffer

Eines Abends fuhr der Herr über die Preise, Herr Dr. Goerdeler, nach Leipzig  . Mag sein, daß er eine Sitzung hatte, mag sein, daß er seine Frau besuchen oder sich auch nur ein paar Kragen holen wollte. Auf jeden Fall ist es seine Sache, roann Dr. Goerdeler nach Leipzig   fährt. Nur ein paar naseweise Leute, die davon Wind bekommen hatten, eilten sofort durch alle Gassen und raunten es jedem ins Ohr: Goerdeler   ist weg! Und es war, als fingen plötzlich alle Puppen an zu tanzen. Wenn es nicht so bitter ernst wäre, wenn die Berliner   Hausfrauen nicht jeden Groschen dreimal umdrehen müßten, ehe sie ihn ausgeben, dann wäre es ein ergötzliches Bild zuzusehen, wie die Interessentenhaufen lebendig wurden, als sie glaubten, in dem Amtszimmer des Preiskommissars märe zum letztenmal das Licht erloschen. Vornereg kam die Berliner   Milchnotierungs- Kommission gerannt und mußte nicht, wie schnell sie den Milchpreis um 4 Pf. pro Liter erhöhen sollte. Dichtauf folgten die Butterhändler, die erfanden jeden Tag etwas Neues, roarum der Butterpreis senkrecht in die Höhe kletterte. Nächstens wird ein Wolkenbruch in Patagonien daran schuld sein. Hinterher kam der Troß der übrigen Interessenten, einer zeigte mit Fingern auf den anderen und schob jenem die Schuld zu, nur die armen Hausfrauen müssen morgen das Brot um zwei Pfennige teurer bezahlen. Und prustend kamen zum Schluß die Kartoffelhändler hinterdrein und erhöhten zu guter Letzt noch den Zentnerpreis für die Kartoffeln um 20 Pfennige. Verklungen scheint das Märchen vom Preisabbau. Wenn der Reis in Berlin   um 2 Pfennige im Preise steigt, sagen die Hausfrauen gar nichts. Beim Zucker würden sie beiläufig den Kaufmann fragen: Schon wieder teurer, was ist denn los?" Bei den Kartoffeln jedoch verstehen sie keinen Spaß. Dazu ist die Kartoffel zu wichtig geworden. Was gibt es heute?" fragt der Mann, und die Frau antwortet: Ich habe kein Geld mehr, ich werde Kartoffelsuppe kochen. Aber eine. Bockwurst dazu kann ich nicht holen." ,, Und was gibt es morgen?" fragt der Erwerbslose, dessen Frau nur die Achseln zuckt und ihm sagt: Ich kann nichts einholen, ich werde von den letzten Kartoffeln Puffer backen." So ist der Kartoffelpuffer wieder zur Rettung für Hunderttausende von Berliner   Familien geworden.

Gradmesser für schlechte Zeiten. Schatten des Krieges steigen wieder auf. Man saß in der falten Küche, weil es feine Rohlen gab, die Fenster waren steif gefroren. Damals wurden jeden Tag Puffer gebacken. Anfangs der Woche von Kartoffeln, Ende der Woche von Kohlrüben. Schmalz, das war eine ferne Sage und so schmorte der Pufferteig in Rüböl  . Ein Schauer kann einen überlaufen, wenn man nur daran denkt. Und in jenen Tagen haben sich Millionen geschworen: nie mehr essen wir Puffer. Nein, es war auch zu schlimm. Nicht einmal den Löffel Mehl gab es, um den Teig anzurühren, das wurde mit auf der Kaffeemühle zermahlenen Graupen gemacht. Nie wieder diese Zeiten. Fünf Jahre lang hatten diese Schwüre gehalten. 1923 wurden schon wieder fleißig Buffer gebacken und er ist bis auf den heutigen Tag geblieben. Je schlechter die Zeiten, desto mehr werden Puffer gegessen.

Heute gibt es eine gewichtige Pufferküchenindustrie. Man muß sich das einmal vorstellen: eine große Pufferfüche in einer guten Berkehrsstraße verbraucht Tag für Tag zehn Zentner Karloffeln. Drei Frauen stehen abwechselnd von früh um 9 Uhr bis nachts um 3 Uhr vor den großen Bratblechen und baden Buffer. Und vier, fünf Kellner schleppen unausgefeßt die fertigen, dampfenden Puffer zu den Tischen der Gäste. Das Grammophon spielt: Komm mit nach Baraszdin, dort wollen wir glücklich sein" und als Begleit­mufit flappern die Messer auf den Buffertellern. Sie haben alle den Weg in die Bufferküchen gefunden: Chauffeure, Arbeitslose, Botenjungen, Reisende, Berkäuferinnen wie Kontoriſtinnen. Es reicht eben nicht mehr für ein Mittagessen im Restaurant. Zwei Buffer, manchmal sogar drei, tosten 25 Pfennige, 3uder steht auf dem Tisch, und wer es sich leisten kann, bestellt sich eine Tasse Kaffee für 15 Pfennige noch dazu. So essen Tausende Berliner   heute zu Mittag. Obwohl das Pufferbacken zu feiner Stunde aussetzt, fragten wir, wann die Zeit des Hauptgeschäfts wäre. Antwort: Zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags. Da haben wir es. Unmittelbar nach Büroschluß. Dann gehen die Arbeiterinnen und Stenotypistinnen schnurstracks in die Bufferküche. Ist das nicht erschütternd: mit der Verschärfung der Krise mußten die Bufferwirte die Puffer dicker machen, um ihre Stammgäste auch satt zu kriegen?

Kartoffelpuffer gegen Bockwurst. Zwischendurch wurde ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen der Bockwurst und dem Kartoffelpuffer ausgefochten. Um in diesem Kampf überhaupt bestehen zu können, mußten die Bockwürste nach und nach im Preise herabgesetzt werden. Vor einem Jahr noch kosteten die sogenannten Wiener" bei den Wurstmagen auf der Straße 25 Pfennige das Paar. Diese Zeiten sind vorbei. Mit einem Preis von 10, ja mitunter von 5 Pfennigen machte der Kartoffelpuffer sein lockendes Angebot. Schnell, sehr schnell war der Kampf entschieden. Meh: und mehr verschwanden die Wurstmagen aus dem Straßenbild und wo heute noch heiße ,, Wiener" feilgeboten werden, haben sie sich im Preis dem der Kartoffelpuffer angepaßt. Wie im großen der Kartoffelverbrauch gegenüber dem Fleischver­brauch siegte, behielt der Kartoffelpuffer gegenüber der Bockwurst die Oberhand.

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Ein jeder Rummelplay hat seine Pufferdiele. Und jede Buffer­diele hat ihre Kundschaft. 3ahllose alleinstehende Erwerbslose jeden Alters erhalten, da sie auch früher nur in geringem Lohn standen, lediglich 7, 9 oder 11 Mart Unterstügung in der Woche. Von diesem Geld geht noch die Miete für die Schlafstelle ab. Bleiben taum genügend Groschen für das tägliche Brot übrig. Natürlich könnten sich diese Erwerbslosen in ihrer Wohnung etwas kochen. Aber mit den Schlafstellen ist es so eine Sache, man hat dem Schlafburschen ein Bett vermietet, aber nicht die Küche. Und wenn ihm selbst die

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Küche zur Verfügung stände, dann hat der Mann noch fein Reibe­eifen, teinen Rapf, feinen Löffel, feine Bratpfanne. Er müßte fich Kartoffeln kaufen, Mehl, Salz, Zwiebeln, Eier, Fett, nun, wer macht das? Ganz abgesehen davon, daß so ein alleinstehender Mann dann zwölf, fünfzehn Puffer hintereinander essen müßte. Deshalb gehen die Arbeitslosen schnell zu einer der fliegenden Pufferdielen und begnügen sich mit zwei Buffern für zwei Groschen. Diese Ueberlegungen waren die Existenzgrundlage verschiedener Händler, die einst zum Beispiel im Scheunenviertel auf kleinen

Berlin   bleibt ohne Bier

Verschärfung der Situation- Aber Potsdam   macht nicht mit

Der Entschluß der Reichsregierung, unter dem druck des Bierboykotts nicht weiter über die beabsichtigte Ermäßigung der Biersteuer zu verhandeln, hat bis auf weiteres die Situation noch um einige Grade verschärft. Die Berliner   Gastwirte haben nämlich auf einer Pressebesprechung am Sonnabendnachmittag zu diesem Schritt der Reichsregierung bereits eine Antwort erteilt. Von einem Vertreter der Lokalkommission der Gastwirtsvereinigungen Groß- Berlins wurde erklärt, daß trotzdem der Kampf weitergeführt werde.

Man wolle sich von jedem Terror fernhalten, aber alle gefez­lich zur Verfügung stehenden Maßnahmen für ein Gelingen der Boykottbewegung in Anwendung bringen. Diese Erklärung kommt wohl nicht überrraschend, sie hört sich aber aus dem Mund des Vor­sigenden der Lokalkommission gesprochen, recht eigenartig an. Denn noch am Mittwochabend legte dieselbe Lokalkommission den Funktio­nären der Berliner   Gastwirte eine Entschließung vor, in der ge­fordert wurde, von einem Bierboykott in Berlin   Abstand zu nehmen. Im übrigen wird bekannt, daß

der Deutsche   Gastwirteverband, die Spitzenorganisation des deutschen   Gastwirtsgewerbes, es ablehne, für den Berliner   Bier­boykott verantwortlich gemacht zu werden,

da er ihn weder empfohlen, noch gebilligt habe. Auch der wirtschafts­parteiliche Reichstagsabgeordnete Köster ist bemüht, nicht alle Brüden zur Reichsregierung abbrechen zu lassen. Er äußerte fich auf der Pressebesprechung am Sonnabend sogar dahingehend, daß man der Reichsregierung nicht zumuten könne, unter dem Drud des Boytotts zu verhandeln.

Inzwischen kommt aus Potsdam   die Meldung, daß die dortigen Gastwirte auf einer Vollversammlung beschlossen haben, Potsdam   nicht in den Bierboykott einzubeziehen. Durch diesen Be­schluß ist die Lage der Gastwirte von Nowawes  , die bereits seit drei Tagen fein Bier mehr ausschänken, sehr schwierig geworden,

Das

Sagt

da die Potsdamer   Gaststätten natürlich von den Nowaweser Ein­wohnern sehr leicht erreicht werden können.

Auch die Besprechung beim Oberbürgermeister Dr. Sahm ist nicht im Sinne der Gastwirte und Brauereivertreter verlaufen. Der Oberbürgermeister, demi eine Delegation die Forderungen der Gast­wirte auf Steuersentung vortrug, antwortete, daß er einmal nicht die zuständige Stelle für derartige Fragen sei, zum anderen sei die Stadt Berlin   nicht in der Lage, die ihr zugebilligten Steuern, besonders die Getränkesteuer fallen zu lassen oder die Gemeindebier­und die Vergnügungssteuer zu ermäßigen. Dr. Sahm sagte dies im Hinblick auf die ungeheure Zahl der Erwerbslosen, die die Stadt Berlin   auf dem Wohlfahrtswege zu versorgen hat. Er er­flärte sich schließlich bereit, die Forderungen der Gastwirte dem Magistrat zu unterbreiten..

Das Beispiel des Bierboykotts beginnt Schule zu machen! In Hamburg   wird neben dem Bierboykott ein so sogenanter Licht­Es sind Bestrebungen im Gange, einen derartigen Lichtstreif auch in streik durchgeführt, der bereits auf Mannheim   übergegriffen hat. Berlin   zu inszenieren. So wird am Montag das ,, Reichskartell des über einen selbständigen Mittelstandes" zusammentreten, um eventuellen Lichtstreik endgültige Beschlüsse zu fassen. Der Lichtstreif soll den Zweck haben, eine weitgehende Ermäßigung der Berliner  Stromtarife zu erzwingen.

Die Mittelständler würden sich übrigens, wenn sie solchen Stimmungen Raum geben, als überaus fur3fichtig zeigen. Der Mittelstand lebt vom Umsatz. Seine Basis ist die gesunde Kauf­fraft der breiten Verbrauchermassen. Durch die von dem unter radikaler Führung stehenden Kampfausschuß der Gastwirte" an gezettelten Bierstreit, dem sich anfänglich die Lokalkommission der Gastwirtsinnungen noch entgegen stemmte, sind bereits:: 7000 Brauereiarbeiter zum 4. März gekündigt. Ein Lichtstreik würde zuerst nur die Kündigung Hunderter von Elektrizitätsarbeitern, Elek­trotechnikern und Installateuren zur Folge haben. Diese Arbeiter schichten würden sofort als Käufer ausfallen. Und es dürfte wohl nicht die Absicht des Mittelstandes sein, mit Gewalt den Umsatz zu senken.

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