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Rr. 99 49. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Der arme Linoleumkonzern.

Wie er mit jedem Pfennig rechnet.

Wenn zwei fich streiten, erfährt der dritte die Wahrheit. Der| Konzerns set Bietigheim  . Die Stellung Dursthoffs fet die eines dritte ist die Oeffentlichkeit. Von den vor dem Arbeitsgericht in Oldenburg   stehenden Parteien war der

Konzern deutscher Linoleumwerfe

der Beklagte und der Syndikus der Oldenburgischen Industrie und Handelskammer, Professor Dr. Dursthoff, der flagende Arbeit nehmer.

Dr. Dursthoff war vertraglich auf Lebenszeit bzw. bei Dienst unfähigkeit mit Pension angestellt. Da der Konzern seine Preis­überwachungsstelle in Oldenburg   aufgab, sollte auch der Herr Pro­fessor abgebaut, d. h. pensioniert werden. Da er jedoch nicht dienst unfähig war, hatte er auf Weiterzahlung des Gehalts von jährlich 30 000 Mart nebst 5000 Mart garantierter Tantieme geflagt. Diese erste Klage im September 1931 endete mit einem Bergleich, monach das Gehalt für 1932 weitergezahlt werden und ab 1933 die Benfionierung mit jährlich 12 000 Mart eintreten sollte.

Die neue Klage, die jetzt vor dem Arbeitsgericht Oldenburg ver handelt wurde, drehte sich darum, ob auf Grund der Notverordnung für 1932 Gehaltsabzüge gemacht oder aber das volle Gehalt gezahlt werden soll. Da der Ausgang der Klage hier meniger intereffiert als die Verhandlung selbst, sei vorweg bemerkt, daß der Kläger fich einen monatlichen Gehalts abzug von 500 Mart ges fallen lassen muß, er also nur" noch 2000 Mart monatlich in diesem Jahre befommt, seine Benfion jedoch von der Notverord nung unberührt bleibt, also 1000 Mart monatlich ab 1933 beträgt.

Bei der Gehaltstürzung hatte der Konzern sich neben der Not. verordnung auch darauf berufen, daß die Ungunst der wirtschaft lichen Berhältnisse auch den Linoleumkonzern getroffen habe und deshalb alle Angestellte sich einen Abzug vom Gehalt gefallen lassen müssen. Der Richter hatte der Gesellschaft aufgegeben, einen Nach meis über die Gehaltszahlung der Vorstandsmitglieder und Direttoren nebst deren Kürzungen herzugeben, um so unter Würdigung der Stellung Dr. Durfthoffs beurteilen zu können, ob für ihn eine Kürzung in Frage kommt.

Hier versagte die Aus? unft. Dennoch ergab fich, daß die Generaldirektoren Gesamtbezüge von 500 000 Mark und höher im Jahr erhalten.

Ueber die Kürzungen der Direttorengehälter wurden Angaben ge­macht, die zwischen 23,30, 37 und 44 Proz. gegenüber den Gehältern von 1927 liegen und bis zu 60 und 65 Proz. der Gehälter von 1930 betragen. Die Erörterung der höchsten Gehälter schien dem Konzern fehr peinlich, auch Dr. Dursthoff, der Andeutungen machte, hielt sich durch Schweigepflicht für gebunden.

Bei den Angestellten ist in verschieden abgestuften Graben das Gehalt gefürzt, so bei einem Monatsgehalt und 400 Mart 5 Broz, 401 bis 1000 Marf 10 Broz, bis 1050 Marf 11 Broz, 1150 Mart 13 Broz, 1200 Marf 14 Broz, über 1200 bis 2000 Mart 15 Bro3. über 2000 Mark Monatsgehalt 20 Prog. rückwirkend auferta Juli 1931. Interessant war die Feststellung, daß der Konzern acht Borstandsmitglieder, zwei Direktoren und drei General­direktoren.

besaß; zu den Generaldirektoren ist ein Engländer bei dem Konzern­zusammenschluß mit herübergenommen, da der Konzern in ternational ist und alle Produktionsländer umfaßt. Interessant gestaltete sich die Erörterung der Frage über die wirt­schaftlichen Verhältnisse des Konzerns, wobei die Bertreter des Ron­zerns barauf hinwiesen, baß auch heute die Gesellschaft mit jedem Pfennig zu rechnen habe. Dr. Dursthoff wollte diese Notlage nicht gelten laffen. Er schildert

den Werdegang der Delmenhorster   Cinoleumwerke feit 1915 und die Gründung des Konzerns 1926, dem in Deutschland  alle Betriebe bis auf zwei fleine angeschlossen seien. Bei dieser Gelegenheit sei auch die Linoleum- Wirtschaftsstelle eingerichtet wor den, der Dr. Dursthoff vorgestanden habe. Die 3entrale des

Direktors gemesen, sein Gehalt gegenüber gleichartiger Stellung fein übermäßig hohes. Da die wiederholten Bergleichsvorschläge des Gerichts zu feiner Einigung führten, ging Dr. Dursthoff zeitweise aus der sich auferlegten Reserve heraus, besonders gegenüber der Bemerfung der Konzernverwaltung, daß man sich auch in wirt­schaftlicher Not befände. Die Erörterung der Bilanz von 1928 bis 1930 ergab ein glänzendes Geschäft

Seine Industrie habe so gut abgeschnitten wie die Cinoleum­industrie,

die infolge des faft restlosen Zusammenschlusses folossal hohe Preise habe nehmen fönnen. Die Stillegung von Betrieben fei doch be­absichtigt gewesen und habe mit dem Gang des Geschäfts nichts zu tun. Die Schließung des Werkes Delmenhorst   sei mit Absicht er­folgt. Die Rohstoffe hätten rückläufige Tendenz, Leinöl ist im Preis von

63 bis 109 M. auf 25 M. 1931 gefallen, während der Friebenspreis 45 bis 50 M. betrug. Wenn die Umjäge zurüdgegangen felen, so deshalb, weil die Preise zu hoch lagen; erst jetzt ist man mit den Preisen heruntergegangen. 33 Pro Dividende hätten perteilt werden fönnen, wenn man nicht die Aktien verwäffert und hohe Abschreibungen gemacht Es war ein typisches Bild der Wirtschaftsführung, das hier vor dem Arbeitsgericht nicht vollständig aufgerollt wurde.

hätte.

Die Arbeiterschaft in Delmenhorst  

ist schon durch den Zusammenbruch des Nordwolle  Konzerns schwer betroffen worden, sie wurde durch die über flüffige Stillegung des Linoleumwertes wiederum geschädigt. Die Aussage von Prof. Dr. Dursthoff über diese Stillegung ist ein Beweis dafür, daß sie nicht unbedingt notwendig war. Das trifft auf eine Reihe der ununterbrochenen Still egungen zu, von denen bei fach und fachtundiger gewiffen hafter Nachprüfung manche vermieden werden konnten und damit für viele deutsche Arbeiter die Not der Arbeitslosigkeit. Das Treiben der Konzerne muß im Interesse der Wirtschaft, wie im öffentlichen Allgemeininteresse, schärfer und dauernd beob achtet werden.

Die Gewerkschaftseroberung.

Methoden und Spekulationen der RGD. Nach dem Rezept von Coué   läßt einer der RGO- Gewert schaftsfeinde feinen Zweifel mehr darüber ,,, daß der Vorstoß der RGD. innerhalb der Gewerkschaftsverbände zur Gewinnung und Eroberung der unteren Gewerkschaftspositionen immer erfolg reicher durchgeführt wird Nach einer unvollständigen Auf­stellung wurden 45 Ortsverwaltungen bisher erobert. Jedoch meldet die Industriegruppe Bau der RGO. 36 ganz oder teilweise eroberte gahlsteffen der Baugewertsverbände.

Es erübrigt sich, diesen Eroberungen" hier nachzugehen, zumal Herr Erich Auer   selber darauf hinweist, daß das eigentlich nicht allzuviel ist, denn der Metallarbeiterverband allein habe an die 600 Ortsverwaltungen.

,, Die Organisation der Oppositionsbewegung geht nicht in dem Tempo vor sich, wie das angesichts der Situation möglich und not. wendig wäre. Die Manöveriertätigkeit und die Stärke des streif­brecherischen Gewerkschaftsapparats und die Wichtigkeit der inner­gewerkschaftlichen Arbeit wird nur zu oft unterschäßt." Das suggeriert die KPD  . ihren Mitläufern nun schon seit über einem Jahrzehnt. Sie hilft sich über ihren geringen Erfolg damit hinweg, daß ein erheblicher Teil der Parteimitglieder und der Mit glieder revolutionärer Massenorganisationen( auf dem Papier! D. R.  ) | gewerkschaftlich überhaupt nicht mehr organisiert find, weder in der RGO. noch in den reformistischen Verbänden und natürlich dort auch feine revolutionäre Oppositionsarbeit leisten."

,, Der V. RGJ.- Kongreß hat mit Recht die Losung: Hinein in

Sonntag, 28. Februar 1932

die Gewerkschaften!" aufgehoben. Das schließt jedoch die Hinein­dirigierung von Kommunisten in die Massen- Gewerkschaftsverbände mit dem Auftrag zur Organisierung der Oppositionsarbeit feineswegs aus.

Nach einem Absah, der durch die übliche Beschimpfung der Ge­werkschaften die Provokateurmethode vernebeln soll, fommt die Spekulation auf die Krisenlage der Gewerkschaften. Die steigenden finanziellen Schwierigkeiten der Verbände, die sich äußern im Abbau der Unterstützungen, Verlängerung der Anwartschaftsdauer, Einstellung der Sonderunterstützungen und auch Abbau des Apparats", bedeuten den Beginn der Bernichtung der Unterstügungseinrichtungen.

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,, Die Tatsachen Begleiterscheinungen der Krise find Sprengpulver für die Gewerkschaftsverbände. Die Hoffnungen von Millionen feit Jahrzehnten beitragzahlenden Mitgliedern auf wohlerworbene Rechte werden vernichtet."

Der schuftigste Unternehmertnecht könnte das nicht besser machen als der Revolutionär Auer in der Roten Fahne", der dann den täglichen Anbiederungsversuch macht: Gewertschafter, wit reichen euch die Hand."

Kommunalbeamte in der Eisernen Front stark besuchte Delegiertenversammlung der Reichsgewertschaft Am Freitag fand im Verbandshaus des Gesamtverbandes eine deutscher Kommunalbeamten und Angestellten im Ge­samtverland statt, in der Genosse Soldes in einem Referat über die beamtenpolitische Lage auch zur Bildung einer Hammer­schaft der Kommunalbeamten aufforderte. Nach einer regen Aussprache, in der Einzelheiten der Bildung von Hammer­schaften besprochen wurden, fand folgende Entschließung Annahme:

In der Erkenntnis, daß ein Sieg des Faschismus in Deutsch  land zu einer völligen Entrechtung der Beamten führen und sie zu willenlosen Handlangern des zufälligen Diktators degradieren würde, begrüßen die in der Reichsgewerkschaft deutscher Kommunalbeam­ten und Angestellten organisierten Kommunalbeamten der Stadt Berlin   die Bildung der Eisernen Front zur Bekämpfung von Reale tion und Faschismus und zur Erhaltung von Demokratie und Re publit. Die Delegiertenversammlung der R. d. R. fordert die repu­blikanische Berliner   Kommunalbeamtenschaft auf, fich restlos in die von ten freien Gewerkschaften gebildeten Hammerschaften einzu­gliedern und Schulter an Schulter mit den Arbeitern und Angestell ten der städtischen Betriebe und Verwaltungen den nationalsozialisti schen Terror zu brechen und die Bürgerkriegspropaganda zu schlagen."

Posthammerschaft Charlottenburg.

Auch unter der Beamtenschaft hat die Eiserne Front starfe Unterstüßung gefunden. So hat sich in Char lottenburg eine Post hammerschaft gebildet, die einen Aufruf erläßt, in dem es heißt:

Die tägliche Erfahrung in Verwaltung und Betrieb lehrt die Beamten leider, daß nicht diejenigen, die ihrem Eide getreu, mit Bewußtsein und Hingabe bem republikanischen Boltsstaat dienen, den Schutz diefes Staates genießen, fondern daß diejenigen Teile der Beamtenschaft, die mehr oder minder offen den republi tanischen Boltsstaat betämpfen, bespötteln oder gar verächtlich machen, an Einfluß und Rückhalf gewinnen. Aus un­ferer Pflicht heraus und aus innerster Ueberzeugung sind wir ent schlossen, die republikanische Verfassung des Deutschen Reichs mit allen Kräften zu verteidigen und sie vor jedem Angriff, woher er auch tomme, zu schützen. Zur Bekräftigung dessen fordern mir alle republikanischen Beamten auf, sich unserer Post­hammerschaft republikanischer Beamten in Charlottenburg   anzu­

schließen.

Bon den Unterzeichneten des Aufrufs feien genannt: Oberpost­direttor Pleger, Major d. R. a. D., Oberpostsekretär Erich Fischer, Postschaffner Frizz Körber, Postschaffner Franz. Liefe, Postschaffner Frizz Neubauer, Hilfspoftfchaffner E. Fischer.

Die Geschäftsstelle der Hammerschaft, die Zustimmungserflärun gen entgegennimmt, befindet sich bei Erich Fischer, Charlotten­ burg   2, Guerideſtr. 31a, Postheimstätte.

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