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Morgenausgabe

Nr. 101

A 51

49. Jahrgang

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Der Borwärts erscheint modjentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal. die Abenbausgabe für Berlin and im Handel mit dem Titel Dez Abend". Juuftrierte Sonntagsbeilags Bolt und Zeit"

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Dienstag

1. März 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Ste etui palt. Dillimeterzeile 30 Pt. Reklamezerle 2.- M Kleine An­zeigen" bas fettgedruckte Wort 20 Bf. Gaulässig zwei fettgebrudte Worte, jedes weitere Bort 10 Bf. Rabatt It. Sartf. Borte über 15 Buchstaben zählen für awer Worte Arbeitsmartt Milimeter. zeile 25 Bf. Familienanzeigen Milli. meterzeile 16 Bf. Anzeigenannahme in Sauptgeschäft Lindenstraße 3, tochentäglich von 8 bis 17 Uhr Der Berlag behält sich das Recht der Ab­lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Wir schlagen Hitler !

Am 13. März wird mit der Reichspräsidentenwahl die große Schlacht für Volksrechte gegen Diktatur geschlagen. Alle Gliederungen der Eisernen Front gehen in diesen Kampf mit dem festen Willen, schon im ersten Wahlgang den Sieg zu erringen. Die politische Führung der Eisernen Front hat das Ziel bestimmt: Weber ein Hitler noch ein Duesterberg darf Reichspräsident werden. Auch nicht mit Silfe der

Arbeitslose für Arbeitslose

Das Hilfswerk der Notgemeinschaft Berlin .

ihn vom Blake stoßen. Der Weg zu Staatsstreich und werf der Arbeitslosen für die Arbeitslosen erstanden, Verfassungsbruch soll freigemacht werden. Eiserue Front! Jett gilt es zu kämpfen! Hitler muß geschlagen werden! Schlagt Hitler und die faschistische Front zerbricht!

Die Eiserne Front fämpft! Sie diskutiert nicht. Jekt gilt es, in eiserner Disziplin der Führung zu folgen. Sieg ist die Parole! Sieg unserer Sache, nicht eines Namens.

Hindenburg ist nicht ein Mann der Eisernen Front!

Moskauer Gewalthaber, die mit der Kandidatur Thal Aber Hindenburg steht gegen Hitler . Jede Stimme

mann ein Sprungbrett für Hitler stellen. Mag sich Thälmann noch so sehr büden, auch über seinen Rücken

hinweg darf Hitler den Stuhl Friedrich Eberts nicht er.

reichen!

Weil Hindenburg den Eid auf die Verfassung nicht nur geschworen, sondern auch gehalten hat, weil er verfassungsmäßig sein Amt bersah barum will man

Berlin , den 1. März 1932.

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für Hindenburg ist ein Schlag gegen Hitler! Jede Stimme für Thälmann ist eine Stimme für Hitler! Darum entscheidet sich die Eiserne Front für Hindenburg und fämpft gegen Hitler .

Eiserne Front! Vorwärts zum Angriff! Am 13. März wird Hitler geschlagen.

Die Reichstampfleitung der Eisernen Front.

Waffenstillstand Japan - China ?

Mitteilungen im Bölferbundsrat.

Genf , 29. Februar.( Eigenbericht.)

Die Einstellung der Feindseligkeiten vor Shanghai steht unmittelbar bevor. Verhandlungen zwischen den

In Berlin ist in diesem Winter der Not ein Hilfs­das höchste Beachtung und stärkste Förderung verdient. Frankfurt am Main , die Stadt, die sich rühmen darf, schon so oft in den vielfältigsten Problemen moderner Kommunal politif wegweisend gewesen zu sein, hatte das Beispiel gegeben.

In den Kreisen der Frankfurter Arbeiterbewegung wor zuerst der Gedanke aufgetaucht, die Gefahr des Hungers für Tausende von Menschen dadurch abzuwehren, daß man an die Schaffung einer Art genossenschaftlicher Kücheneinrichtung ging. In drei der größten Ar­

beitersiedlungen wurden Erwerbslosenküchen eingerichtet, die von den Arbeitslosen und ihren Frauen völlig unentgeltlich bewirtschaftet werden. Nachdem der Verfuch als geglüdt be­zeichnet werden konnte, gingen auch andere Stadtbezirke daran, ähnliche Küchen ins Leben zu rufen. Die Siedler schloffen sich zu diesem Zmed zu einem Verein zusammen, in dem jedes Mitglied sich zur Leistung eines bestimmten Monatsbeitrages verpflichtete, um die finanzielle Grundlage für die Weiterführung der Küchen zu gewährleisten. Es wurde größter Bert auf eine besonders gute Zubereitung des Effens gelegt, das für 10 Pf. an alle Arbeitslosen, die sich um Berücksichtigung bemüht hatten, unabhängig selbstverständ­lich von ihrer politischen Zugehörigkeit, ausgegeben wurde. Der Herstellungspreis des Essens da alle Arbeit von den Erwerbslofen unentgeltlich geleistet wird, tommen nur die Materialkosten in Frage beträgt ungefähr 25 Pf. Die notwendigen Zuschußmittel wurden neben den Mitglieds­beiträgen der Siedler durch Spenden aufgebracht. Die Er

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schlag des englischen Admirals Kelly mit und dankte dem Rat für fenntnis der Notwendigkeit und der Verpflichtung, alles zu feinen Borschlag, den er begrüßte.

tun, um Volksgenossen vor dem Schlimmsten zu bewahren, und die Gewißheit, daß jede Mark und jeder Groschen unge­

chinesischen und japanischen Oberbefehlshabern an Bord des englischen Wiederaufnahme der Beziehungen Nanfing- Moskau schmälert dem Küchenfonds zugute kommt, führte zu einer

Admiralschiffes haben zur vorläufigen Anerkennung des Prinzips der Zurückziehung der beiderseitigen Truppen und der Errichtung einer neutralen Zone geführt. Der Bölkerbundsrat hat diesen Berein­barungen den Borschlag einer Konferenz aller interessierten Mächte in Schanghai hinzugefügt, für dessen Annahme die größte Wahr­scheinlichkeit besteht.

Ranting, 29. Februar.

Der Außenausschuß der chinesischen Nationalregierung hat be­fchloffen, die feit 1929 abgebrochenen Beziehungen zur Sowjetunion wieder aufzunehmen.

Die Diftatur in Polen .

Warschau , 29. Februar.( Eigenbericht.) Die polnische Diftaturregierung bereitet einen neuen Schlag gegen die Arbeiterschaft vor.

Auf Antrag des englischen Außenministers Sir John Simon fand am Montagnachmittag eine außerordentliche Ratssitzung statt, Ein neuer Schlag gegen die Arbeiterschaft in Vorbereitung. in der Simon mitteilte, daß er von seiner Regierung eine michtige Mitteilung erhalten habe Am Sonntagnachmittag habe auf Ein­ladung des britischen Admirals Kelly an Bord feines Flaggschiffes wegen der Einstellung der Feindseligkeiten eine Zusammenfunft stattgefunden. Zwischen den chinesischen Bertretern Wellington- Koo und General Bang fowie den japanischen Oberbefehlshabern Ad­miral Nomura und Admiral Matsuola sei in freundschaftlicher Weise die gegenseitige Zurückziehung der Truppen im Prinzip vereinbart morden. Es bleibe noch die technische Frage offen für die Kon­trolle der neutralen Zone und der Räumung burch die anderen Mächte. Das Ergebnis sei den Regierungen in Nanting und Tofio unterbreitet worden. Paul Boncour begrüßte die Mitteilung und unterbreitete dem Rat eine Entschließung, die folgenden Plan vorsicht:

1. Sofortige Einberufung einer Konferenz von Vertretern fämtlicher intereffierten Mächte in Shanghai zur endgültigen Einstellung der Feindseligkeiten und Wiedererrichtung des Friedens in der Schanghal- Zone.

2. Grundfrage der Aussprache sei, daß a) Japan weder po­fifische noch territoriale Absichten noch die Absicht habe, eine japanische Konzession in Schanghai einzurichten oder anderweitig die ausschließlichen Interessen Japans zu begünstigen, b) daß China an der Konferenz teilnehme unter der Vorausfehung der Sicherheit und unversehrtheit der internationalen 3one.

3. Boraussetzung für den Zusammentritt der Konferenz sei eine Regelung zur rafchesten Einstellung aller Kampfhandlungen, zu der die übrigen in Schanghai vertretenen Mächte jede Unter­flüßung leihen sollen.

Ju einem am Montag abgehalfenen Ministerrat wurden mehrere Gefehentwürfe angenommen, die eine weitgehende Zer­störung der sozialpolitischen Errungenschaften Polens bedeuten. An Stelle der bisher voneinander unabhängigen Angestelltenversiche rung, Unfallversicherung und krankenfaffen soll eine gemeinsame Sozialversicherungsanstalt treten. Die Berficherungslaffen für die Unternehmer follen bedeutend gesenkt werden. Um diese Maßnahme jedoch als Reform zu verschleiern, wird die Anstalt auch die bisher fehlende Alters- und Invalidenversicherung in fehr fleinem Umfang mil übernehmen. Ferner wird in Zukunft nicht mehr die gefehliche Verpflichtung für die Unternehmer bestehen, den Urlaub der Ar­belter und ihre Ueberstunden im bisherigen Umfang zu bezahlen. Auch der sogenannte englische Sonnabend, der fechsffündige Arbeits­tag, wieder abgeschafft. Alle Gesetzesprodukte dürften von der Re­gierungsmehrheit im Sejm ohne weiteres angenommen werden.

4. Diefer Borschlag gelle nur der sofortigen wiederherstellung des Friedens in der Schanghai- Zone, ohne der Haltung des Völkerbundes oder einer anderen Macht gegenüber der chinesisch- der, japanischen Angelegenheit vorzugreifen.

Italien , England, Frankreich und Deutschland äußerten sich zu der Entschließung Boncours zustimmenb. In auffallend entgegen fommender Form erklärte Sato Japan, er sei leider noch nicht zu Mitteilungen über Details aus Schanghai autorisiert. Sobald er darüber Instruktionen habe, werde er sie mitteilen Den Plan des Rates nehme er an, vorbehaltlich der Zustimmung seiner Regie rung, der er sofort Kenntnis davon geben werbe. Javan fei zu feber Zusammenarbeit bereit und auch zu einer Round- Table- Kor ferenz der Mächte in Schanghai Es habe teine Absicht, eine japanische Ronzeffton zu errichten oder sonst aus der Situation Nutzen zu ziehen. Den- China teilte die Zustimmung feiner Regierung zu dem Bor­

Neue Zollrüftung für Deutschland .

Ein Obertarif neben dem allgemeinen Zolltarif. Auf Grund der im Dezember erteilten Ermächtigung hat die Reichsregierung die Einführung eines Obertarifs beschlossen. Der Obertarif gilt für Waren, die aus Ländern stammen, mit denen das Deutsche Reich nicht in einem handelsvertraglichen Berhältnis steht oder welche die deutschen Waren ungün­tiger behandeln als die Waren eines driften Candes. Die Can­auf deren Boden- und Gewerbserzeugnisse der Obertarif anzu­wenden ist, werden durch befondere Berordnung bestimmt. Der von der Regierung grundsätzlich beschlossene Obertarif wird allgemein höhere Säge neben den jezigen 3olltariffäßen vor. sehen, so daß ein Doppeltarif für die Einfuhr entsteht. Man spricht von einer Berdoppelung der Zollfäge für den Obertarif. In Wirt samkeit tritt der Obertarif nur gegenüber Ländern, mit denen kein Handelsvertragsverhältnis besteht. Das gilt für Kanada und Australien , aber auch für Polen . Der Obertarij iſt als Druckmittel gedacht, entweder um zu Handelsverträgen zu tommen oder um einer schlechteren Behandlung der deutschen Ausfuhr vorzubeugen. Aus diefer Maßnahme ist auch jetzt eine Bersteifung der protettio­nistischen Tendenzen in Deutschland zu befürchten. Das Drud mittel barf deshalb wirklich nur norbeugend angemandt werden.

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starten Gebefreudigkeit. In Frankfurt a. M. werden durch das Hilfswerk jetzt täglich annähernd 25 000 Menschen mit gutem Effen versorgt.

Als der Vorwärts" vor einigen Monaten Ernst Rahn, einen der Hauptförderer der Frankfurter gemein­nügigen Einrichtung, aufforderte, in einem Artikel die Or­ganisierung des Hilfswerks und die mit den Erwerbslosen­fühen gemachten Erfahrungen zu schildern, sollte das der Anstoß zur Schaffung ähnlicher Erwerbslosenheime in Berlin sein. Heute tann festgestellt werden, daß die Anregung auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Sozialdemokratische und auch bürgerliche Kommunalpolitiker erkannten den hohen Wert der Frankfurter Einrichtung, und so wurde kurze Zeit nach dem Erscheinen des Artikels die Notgemeinschaft Berlin zur Errichtung von Heimen und Küchen für Erwerbslose gegründet. In dem Vorstand der Not­gemeinschaft ſizen heute Anhänger der verschiedenen Partei­richtungen und Konfefsionen. Alle Beteiligten waren sich von vornherein darüber klar, daß der Plan mit Erfolg nur durch geführt werden kann, wenn völlige Ueberparteilichkeit und Neutralität in den Fragen der Religion und der Welt­anschauung geübt wird. Auch in den Heimen ist Ueberpartei­lichkeit oberstes Gebot.

Anfangs folgte man in Berlin bei dem Aufbau der Rüchen dem Frankfurter Beispiel, später beschritt man neue Wege und baute das Hilfswerk, den Anregungen der Er­werbslosen in sehr glücklicher Weise folgend, weiter aus. Man richtete nicht nur Erwerbslosenküchen ein, sondern schuf durch die Arbeit von Erwerbslosen wohnliche Heime, die be sonders alleinstehenden Jugendlichen und den alten Leuten die meist fehlende oder nur in primitiver Weise vorhandene Wohnstätte ersetzen sollen. Das erste Heim dieser Art ent­stand in Baumschulen meg. Eine Berliner Großbank ftellte die Räume zur Verfügung, andere Firmen und Privat­leute lieferten das notwendige Mobiliar, und die Arbeitslosen, die fich zu einer örtlichen Gemeinschaft zusammengeschlossen hatten, ließen aus verräucherten Büroräumen helle, freund­liche Wohnstuben werden. Der Maler, der Tischler, der Klempner, und nicht zuletzt der Radiobaftler traten in Funktion. Jede Altersgruppe betam ihr eigenes Zimmer, die Jungen sollten unter sich sein können, die Aelteren er­hielten ihre gemütliche Stube, ein Arbeitsraum für die Frauen mit Nähmaschinen wurde geschaffen, und als Glanzstüd des Heimes fonnte man sogar ein besonderes Musitzimmer ein­richten. Die Räume find jeden Tag geöffnet und allen Ar­beitslosen zugänglich. Durch das Entgegenkommen des Be­zirksamts mar es möglich, eine moderne, türzlich ſtillgelegte