Die Haussuchung bei Max Sklarek.
Oberbürgermeister Dr. Sahm rügt die Verteidigung.
Die heutige Berhandlung des Sflaret- Prozesses wurde mit längeren Erklärungen eingeleitet, die sich auf einen Brief des Oberbürgermeisters Dr. Sahm an den Vorsitzenden und auf die am Sonnabend von der Staatsanwaltschaft veranlaßte Hausfuchung Mag Stlateks bezogen.
Der Vorsigende gab zunächst den Brief des Oberbürgermeisters bekannt, in dem gerügt wurde, daß Rechtsanwalt Dr. Pindar in der
letzten Verhandlung bei der Vernehmung des. Stadtbankbeamten Banczus, als dieser die Frage bejahte, daß er noch in der Hauptprüfungsstelle beschäftigt sei, erwidert:„ Na, dann danke ich schön." Diese Kritik eines geschäßten Beamten, der Anwartschaft auf Beförderung habe, erachte er, der Oberbürgermeister, als fachlich für unzulässig und über die Befugnisse der Verteidigung hinausgehend. Oberbürgermeister Dr. Sa h m lege gegen diese Aeuße rung färsste Berwahrung ein, da die Person des Beamten in der Deffentlichkeit bloßgestellt worden sei.
Nach diesen Erörterungen erhob sich Rechtsanwalt Dr. Julius Meyer I, der Verteidiger Mar Stlarets, und verlangte Auskunft über die am Sonnabend durchgeführte aussuchung. Die Haussuchung, die sich auch auf die Person und das Krankenzimmer erstreďt hat, ist mit äußerster Rücksichtslosigkeit vorgenommen worden. 16 Kriminalbeamte mit zwei Staatsanwälten und einem Arzt sind in das Haus eingedrungen, allein sechs Personen in das Krankenzimmer des schwerkranten Mag Sflaret. Dieser wurde aus dem Bett geholt, seine Frau aus dem Zimmer gewiesen und seinem Sohn, einem Brimaner, der gegen die mittelalterlichen Methoden protestierte, wurde gedroht, ihn zur Wache zu bringen, wenn er nicht ruhig sei. Der Arzt hat sich bei der Untersuchung nicht als Mediziner, sondern als Gehilfe des Staatsanwalts gezeigt. Mar Sflaret ist burd) mehrere berühmte Aerzte attestiert worden, daß er schwer frant ist. Prof. Ringleb dagegen vertritt den Standpunkt, daß er beschränkt vernehmungsfähig ist. Ich beantrage deshalb. Prof. Ringleb hier als Zeugen zu vernehmen und den anderen|
Das Riesenhaus in der Sonnenallee.
Neukölln, Sonnenallee, eröffnet worden. Vorläufig iſt Am gestrigen Montag ist das neue Arbeitsamt in das gesamte Arbeitsamt Südost in das neue Getäude gezogen, und wahrscheinlich wird in den nächsten Wochen das Arbeitsamt Süd auch noch hineinziehen.
Aerzten gegenüberzustellen. Mit dem Ableben Mag Stlarets ist täglich zu rechnen. Er weiß gar nicht mehr, was um ihn vorgeht und er hat bei der Haussuchung Staatsanwaltschaftstat Dr. Weißenberg gar nicht mehr erkannt.
Die Nachmittagsverhandlung wurde völlig mit der Bernehmung des Zeugen, Stadtamtmann Bandczus, ausgefüllt, der schilderte, wie Direktor Schröder nach Der Aufdeckung der Unregelmäßigkeiten bei zwei Bezirksämtern zu den Stlarefs hingeschickt wurde, um zu revidieren und mit dem Ergebnis zurückkam, daß alles in Ordnung sei. Die Sflarefs hatten ihm nämlich die ertra zu diesem Zweck gefälschten Bücher vorgelegt. Schröder berichtete dann, wie der Zeuge weiter befundete, in einer Besprechung mit den Direktoren Hoffmann und Schmitt, daß alles in Ordnung sei, worauf Direktor Schmitt das sofort unterstrichen und gesagt habe:„ Wenn alles in Ordnung ist, dann geht es nicht an, daß Sie in so scharfer Form gegen unseren besten Kunden vorgehen." Rechnungsdirektor Neumann habe die Boriegung der Originalrechnungen verlangt und auch Bandezus war für eine weitere Auftlärung. Hoffmann habe aber zu ihm gejagt: Sie greifen ja nach Schlangen." Vorf.: Schmitt stellte also einfach feft, die Sache ist in Ordnung und man schlief weiter. Das ist doch haarsträubend. Als Sie weiter nachforschen wollten, fuhr Ihnen Hoffmann in die Parade. Der Borsigende fragte dann den 3eugen, warum er seine Ermittlungen, die den Berdacht auf die Eflarets schon sehr erkennen ließen, nicht Obermagistratsrat Dr. Brandes von der Hauptprüfungsstelle bei dessen Prüfung mitgeteilt habe, und fragte Bandczus: Wollten Sie die Sache etwa allein aufdecken, weil Sie den Lorbeerfranz fahen? Bandczus: Ich habe feinen Lorbeerkranz bekommen, sondern einen Nerven= zusammenbruch. Im weiteren Verlauf der Verhandlung fchob Leo Sflaret dann die Schuld für einzelne Vorgänge auf Mag Sflaret.
Todessturz einer Siebzehnjährigen.
Auf dem Fahrdamm nochmals überfahren!
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Ein graufiger Borfall spielte sich gestern mittag in der auten über die 17 Jahre alte Grita Strobal aus dem Teupiger Straße 96 ab. Dort stürzte sich aus noch unbe4.Stockwerk der elterlichen Wohnung auf die Straße hinab. Die jugendliche Selbstmörderin landete mit zerschmetterten Gliedern auf dem Fahrdamm. Im selben Augenblick passierte ein Lastauto die Stelle und die Räder des schweren Fahrzeuges gingen über die Unglückliche hinweg. Die Leiche ist beschlagnahmt worden.
Naziführer im Warenhaus.
Das neue Arbeitsamtsgebäude liegt immitten einer völlig unbebauten Gegend. Ein riesiger Komplex, der über zwanzig Häuser Straßenfront zählt. Im Keller des Gebäudes befinden sich die Umkleideräume für das Personal, einige Werkswohnungen, eine Kantine und verschiedene Stempelstellen. Zu ebener Erde ist die Krankenkasse, die Unterstützungskasse, und hier werden wahrschein- Wertheim hoher Besuch. Der persönliche Adjutant von Adolf Gestern nachmittag erschien in der Antiquitätenabteilung bei lich in nächster Zeit noch einige Facharbeitsvermittlungen hin- Hitler I. , der frühere Hauptmann und jetzige nationalsozialistische Wertheim hoher Besuch. Der persönliche Adjutant von Adolf tommen. Im zweiten Stock ist die gesamte, Arbeitslosenversicherung untergebracht und zwischen den einzelnen Bersicherungsabteilungen Käufer. Zuerst hätte man befürchten können, daß er seiner nationalReichstagsabgeordnete Göring , erschien als tunstverständiger ſizen auch gleich. die Arbeitsvermittler. Die Verwaltung und die Käufer. Zuerst hätte man befürchten können, daß er seiner nationalBerufsberatung teilen sich in den dritten Stock. sozialistischen Truppe, die die jüdischen" Warenhäuser durch das Einwerfen der Scheiben erstürmt, in persönlicher Tapferfeit zu weit
in Sachsen und seit 1738 in Preußen. Nur hat das nicht mehr Frang Drafe bewirkt. Denn Drake ist bereits 1596 von einer Fahrt nach Westindien nicht mehr zurückgekehrt. Elf Jahre früher hatte er die Kartoffel in England eingeführt. Er hätte noch älter als Methusalem fein müffen, um sie auch nach Preußen zu bringen. Damit entfällt die ganze schöne Geschichte, die sich in den Lesebüchern der Schuljugend um Franz Drafe und die Kartoffel rantt. Es erscheint also nicht mehr angebracht, daß die Kartoffelhändler Drafe ein Denkmal errichten.
Raubüberfall in Charlottenburg .
Bote niedergeschlagen.- 800 Mark geraubt. Im Flur des Hauses Schloßstraße 53 in Charlotten burg wurde am frühen Montagnachmittag der 22 Jahre alte Bote Erich Wilf von zwei jungen Burschen überfallen. Die Täter raubten eine Geldtasche, in der sich etwa 800 Mark befanden und suchten mit ihrer Beute das Weite. Von den Räubern fehlt bisher jede Spur.
Wilk ist bei der Lebensmittelgroßhandlung Später am Charlottenburger Ufer 2 angestellt. Am Montagvormittag besuchte er auf seinem Fahrrad mehrere Kunden und kassierte Rechnungen im Gesamtbetrage von 800 Mark ein. Bevor der junge Mann in das Geschäft zurückkehrte, um abzurechnen, fuhr er nach Hause, um Mittag zu essen. Als W. einige Zeit später wieder hinunterging, um sich auf sein Fahrrad zu sehen, wurde er im Flur von zwei jüngeren Burschen überfallen und niederge bort. Die Banditen schnitten dem Ueberfallenen die Geldtasche ab und flüchteten. Der ganze Vorgang spielte sich so überraschend ab, daß W. nicht einmal eine genaue Beschreibung der Täter geben fonnte. Die Kriminalpolizei hat die weiteren Nachforschungen auf
genommen.
Einlösung verfallener Fleischbezugsscheine.
Der Reichsarbeitsminister hat genehmigt, daß die verspätet eingereichten Abschnitte des 1.( rosa) und 2.( grau) Reich s= fleisch Bezugsscheins nachträglich eingelöst werden. Die Einlösung darf nur erfolgen, wenn der Antrag bis spätestens Ende Februar eingereicht worden ist. Die Einlösung wird in Berlin Dom Landeswohlfahrts- und Jugendamt durchgeführt auf Grund von Sammelanträgen, die durch den Bezirksverein des Deutschen Fleischerverbandes und die Konsumgenossenschaft einzureichen sind. Anträge einzelner Verkaufsstellen können nicht berücksichtigt werden. Auch diejenigen Fleischverkaufsstellen, die nicht dem Deutschen Fleischerverband angeschlossen sind, müssen ihre verfallenen Abschnitte durch diesen einreichen lassen. Die beiden Abschnitte des 3. Reichsfleisch- Bezugsscheins( braun) werden in der Zeit vom 21. März bis 26. März 1932 in den gleichen Einlösungsstellen wie bisher angenommen.
Im oberschlesischen Industrierevier wurde heute um 10.24 Uhr ein ziemlich heftiger Erd stoß verspürt, der zu den wildesten Gerüchten über ein neues Unglüd auf der Karsten- Zentrum- Grube. Anlaß gab, die sich aber glücklicherweise nicht bestätigten. Die Erdbewegung beschränkte sich auf das oberschlesische Industriegebiet.
Zuchthausstrafe um nichts.
Wegen Amts unterschlagung und Unterdrückung amtlich anvertrauter Urkunden wurde der Postaushelfer H. vom Schöffen
Borläufig geht bei der Arbeit alles noch ein wenig durchein vorausgestürmt sei. Der Obernazi Göhring aber hatte nur Kultur- gericht Berlin- Mitte zu einem Jahr 3uchthaus und 50 M.
anter, mas ja kein Wunder ist, wenn man bedenkt, daß das Amt über 30000 Unterstützte betreut und mit mehreren hunderttausend Aften umgezogen ist. Drehtüren und Glasscheiben sind die hauptsächlichsten Merkmale für den theoretisch sehr gut durchdachten Bau. Ob sich alles Neue bewähren wird, muß erst die Praris lehren.
Gefängnis für klante. Bom Schöffengericht Berlin- Mitte wurde am Montag ber berüchtigte Berliner Bettfonzernschwindler Klante megen Betruges, schwerer Urkundenfälschung und Ver= gebens gegen das Rennwettgefez zu neun Monaten Gefängnis und 100 M. Geldstrafe perurteilt. Klante ist bereits achtmal auf diesem Gebiet vorbestraft.
4]
von
ROMAN S.Rosenfeld
bruch
Aus dem Russischen übertragen von Werner Bergengruen .
Ja, mein Junge, der Kerl aus Nowochopersk hängt dir wohl um Halse heraus? Aber was er erzählt, das hat schon feine Richtigkeit. Das kommt auf dem Lande häufig vor. Da sind die alten Kerle noch munterer wie die Bullen! Kaum ist der Sohn aus dem Hause,- nichts mie über die Schwiegertochter her! Und so ein Frauenzimmer hat naürlich Angst, sich gegen den Alten zu sperren. Da kommt es dann ebenjo. Kannst in jedem Dorf nachfragen, überall wird man die die selbe Geschite erzählen. Ich habe lange in Sibirien gelebt, da gibt es das in jedem Hause."
Auf dem Korridor schrie eine Kommandostimme: ,, Antreten zum Appell!"
Wir stellten uns in zwei Gliedern auf. In die Zelle fam der diensthabende Inspektor, hinter ihm der Gruppenauffeher. Się musterten flüchtig die Gefangenen und entfernten sich wieder, ohne eine Frage gestellt oder ein Wort gesprochen zu haben.
Irgend jemand äußerte sich anerkennend über die 3ustände im Gefängnis.
..hier läßt es sich aushalten, man famm nicht flagen. Schleifen tun fie einen nicht, und anschreien für nichts und wieder nichts auch nicht.
,, Meinetwegen, schreien sie also einen nicht an. Aber dafür geben sie einem nichts zu freffen. Mein Brot habe ich schon am Vormittag verdrückt, jezt fann ich wieder bis morgen lauern."
Was dentst du denn überhaupt? Kriegst Brot, fag Dankeschön! Bart nur, am Sonnabend friegst du was geschentt, ein Milchweißbrof."
Wißt ihr, Kinder, in Sibirien gibt es anständig zu fressen! zu Mittag Mischniasch mit Brot, in die Suppe ge brodt, und Hirfebrei, bei Gott !"
bedürfnisse, er wollte zusammen mit einem Freund billige Antiquitäten einkaufen. So blieb der jüdische" Warenhausbetrieb Wertheim zum Glück noch einmal von dem Schicksal verschont, das ihm schon immer angedroht wurde. Im Gegenteil, Herr Göhring benahm sich, da er nicht im Reichstag, sondern in einem Warenhaus war, durchaus manierlich. Heil Hitler!
" Der rettende Puffer". In einer Schlußnofiz zu dem Artikel ,, Der rettende Buffer hieß es, daß vor zweihundert Jahren der englische Seefahrer Franz Drate die Startoffel nach Deutschland gebracht habe. Hiervon ist soviel richtig, daß die Kartoffel tatsächlich erst seit 200 Jahren in Deutschland angebaut wird. Genau seit 1717
Geldstrafe verurteilt. Gegen ihn richtete sich schon lange der Verdacht, daß er Briefe beiseite schaffe. Er wurde beobachtet und auf frischer Tat abgefaßt. H. hatte Briefe von der Stempelmaschine zum Sortierraum zu bringen und hatte auf diesem Wege einen Brief an sich gebracht, den er heimlich öffnete. Es war aber nichts darin. Als er merkte, daß er beobachtet wurde, zerInitterte er den Brief und warf ihn in einen Papierforb.
Die Firma Hermann Zieh teilt uns mit, daß im Gegensatz zu der Mitteilung eines Berliner Abendblattes das 50jährige Geschäftsjubiläum der Firma erst im Monat April stattfindet.
Warum erst Sibirien ? In Samara gibt es nach der wurde von Stadt zu Stadt geschleppt, überall dahin, wo er Kohlsuppe unter allen Umständen Erbsen."
feine ausgefallenen Dinger gedreht hatte. Er hatte gefälschte Medikamente aller Sorten und Bezeichnungen verlauft. In Schachteln, Flaschen, Luben, in allen möglichen Verpackungen hatte er den Leuten weiß Gott was für einen Dred angehängt, nur feine Arznei.
Als er mir davon erzählte, sah er mir gerade ins Geficht und gestikulierte lebhaft mit den Händen:
,, Glauben Sie mir als einem Ehrenmann, alle meine Arzneien sind gewesen unschädlich! Warum will man mich bloß verfnaden? Was habe ich denn getan, möchte ich Sie fragen?"
Stimmt, ich bin selbst in Samara gewesen." ,, Ach, ihr mit eurer Frefferei! Bartet nur ab, bis ihr nach Kurst tommt. Da werdet ihr schon eure Grüße friegen!" Das Wort Kurst dämpfte den Eifer des Gesprächs. Es fiel mir ein, daß ja in Kurst der Gouverneur Muratom refidierte, ein mütender Erzreaktionär, der den ganzen reaktionären Abschaum des Gouvernements um sich zu sammeln pflegte. Was aber der eine Häftling vorhin vom Sonnabend geschenk gesagt hatte, das war feineswegs in die leere Luft geredet. Schon seit vielen Jahren fand sich im Kiemer Durch gangsgefängnis jedesmal bei Abgang eines Transports ein alter Mann ein und verteilte große Milchweißbrote an die Gefangenen. Jeder bekam eins für sich. Ich kam nicht ganzheitlichen Schaden zufügt. dahinter, wer dieser alte Mann war und warum er sich ge= rade diese Form der Wohltätigkeit ausgesucht hatte; aber aus allem, was über ihn geredet murde, ließ sich ungefähr entnehmen, daß er einen Sohn hatte, der entweder im Gefängnis faß oder im Gefängnis gestorben war. Und darum wandte der Alte alle seine Herzensgüte und wohlwollende Fürsorge den Gefangenen zu und versorgte fie regelmäßig mit diesem schneeweißen Gebäd.
Nachdem das neue Begleitkommando uns im Geschäftszimmer des Kiemer Gefängnisses übernommen hatte, wurden wir auf den Hof geführt. Einige Gefangene brachten von der Straße her Körbe mit appetitlich duftenden Weißbroten heran. Hinter ihnen erschien ein kleiner, grauhaariger alter Mann. Sein ruhiges und gütiges Gesicht fah blaß und kränklich aus. Er trat an einen der Körbe und begann die Milchweißbrote zu verteilen. Als ich an die Reihe tam, sah er mich freundlich an, und ob ihn nun meine Jugend rührte oder mein Soldatenmantel, jedenfalls nahm er geschwind zwei Milchweißbrote aus dem Korbe und drückte sie mir in die Hände.
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Die anderen machten sich über diese Szene lustig. Die Augen im blatternarbigen, breitgebauten Gesicht des alten Tippelbruders lächelten pfiffig und gutmütig.
Hast Glück gehabt, mein Junge, er gibt einem felten zmei Stüd. Das ist so ein Gottesmann, will mit ein paar Groschen für seine Seele forgen, für hundert Milchweiß brote mill er ins Paradies."
well in diesem
Drei Tage vor unserem Abiransport aus Riem tamen ein paar Neue aus anderen Zellen zu uns. Unter ihnen mar ein rothaariger und dicker Mensch namens Burstein. Er
Er schien fest davon überzeugt, daß ein Kranfer nur darum eine Arznei einnimmt, damit sie ihm feinen gesund
,, Bon meiner Arznei ist noch feiner gestorben, so wahr als ich bin gesund und möchte wiedersehen meine Kinder! Ich bitte Sie, warum verfnadt man mich? Das möchte ich doch fragen!"
Burstein war redselig. Er kannte einen Haufen russischer Sprichwörter und Redensarten, fohlte sie aber so durcheinander, daß sie völlig absurd wirkten und nur Gelächter herDorriefen. Als der alte Mann in Kiem mir die zwei Milchweißbrote gab, sagte Burstein: ,, Na, schließlich gibt ja auch ä schlechter Fisch seine paar Floden Wolle, als man pflegt zu fagen."
Als mich später in der Eisenbahn eine Migräne padte, da geriet Burstein in redlichen Zorn:
Denken Sie doch, wie ärgerlich! Mein Leben lang habe ich immer mit mir herumgeschleppt ä ganze Kollektion Meditamente, und ausgerechnet jetzt habe ich nichts bei der Hand!" Ich antwortete schwach: Was sollte ich denn mit Ihren Medikamenten, wenn sie doch gefälscht sind?" ,, Glauben Sie mir als einem Ehrenmann, die hätten Ihnen bestimmt nicht geschadet!"
Ein paar interessante Dialoge gab es zwischen Burstein und dem alten Tippelbruder:
,, Ein tomischer Kerl bist du, Jude! Hättest du mit richtigem Rhizinusöl gefchachert oder sagen wir meinetwegen mit Nitroglyzerin oder mit dänischen Königstropfen, da fäßest du bei dir zu Hause und fein Hahn frähte danach! Aber du mußt ausgerechnet zerriebene Ziegelsteine verschärfen!" ,, Was reden Sie da? Sie verstehen ja nichts von Ge fchäften. Glauben Sie denn, man fann etwas verdienen mit richtigen Medikamenten?" ( Fortsegung folgt.)