Entscheidung über Ortsgesetz. Wichtiger Tag im Rathaus/ Versagt das Stadtparlament? In der heutigen Sitzung des Sladkparlamenkes wird die zweite Aeratung des neuen Ortsgesetzes für Berlin zu Ende geführt werden. Die Abstimmuugen müssen heute vorgenommen werden. Bei dem Ortsgesctz, dos der Magistrat in gemeinsamer Beratung mit den Vszirksbürgermeistern geschaffen hat, handelt es sich um die Schaffung eines neuen Ortsstatutes, das in die komplizierte Ver- waltung der Reichshauptstadt Vereinheitlichung bringen und die voraussehung schassen soll für die so notwendige Verein- sachung der Verwaltungsmaschinerie. Die Sozialdemo- k raten haben im Rathaus verantwortungsbewußt an der Ge- sialtuug der neuen Ortssatzung mitgearbeitet und erklärt, daß sie den Entwurf des Magistrats für eine sehr brauchbare Basis für eine Neugestaltung der Zlrbeltsabgrenzung zwischen Zeutralverwallung und Bezirksämlern ansehen. Zn der letzten Sitzung des Stadtparla- mentes hat der sozialdemokratische Redner Erich Z tat au erklärt. daß die Sozialdemokraten der Magistratsvorlage nur dann zu- stimmen können, wenn durch die Behandlung in der Stadtverord- aetenvcrfammlung an den hauptgesichtspunkten des Entwurfes keine Veränderungen vorgenommen werden. Es ist zn hoffen, daß sich in der heutigen Sitzung eine Mehrheit für die Vorlage finden wird. Versagt nämlich die Stadtverordnetenversammlung, kommt sie zu keiner Einigung, dann greift die Aufsichtsbehörde ein, und das neue Orlsgesetz wird zwangsmäßig verkündet werden.
Die Ausbürgerung Trohkis. Ein niedliches Fälsch erst ück. Zugleich mit den vielen bekannten russischen Sozialdemokraten und Sozialrevolutionären im Ausland ist auch Leo Trotzky die sowjetrussische Staatsbürgerschaft diktatorisch aberkannt worden. Vorbereitet wurde diese Gemeinheit durch eine Behauptung der „Jswestja"' der Führer der österreichischen Sozial» demokraten, Adler, habe Trotzky in der Türkei besucht, was offenbar ein besonders schweres Derbrechen des Mannes wäre, der den Verteidigungskrieg der Sowjetrepublik gegen alle ihre Feinde mm siegreichen Ende geführt hat. Nun aber hat Friedrich Adler den Leo Trotzky seit dem Au»- bruch des Weltkrieges nicht mehr gesehen und ist noch nie in der Türkei gewesen. Die Nachforschung nach der Quelle der„Sswestija� führte zunächst auf eine Meldung ihres Berliner Spezialbericht- erstatters vom 16. Januar 1932. Da hieß es, daß Kautsky Trotzky mit Briefen bombardiert und ihm als De- lohnung die Bereitwilligkeit der deutschen Sozialdemokratie, ihm in Deutschland Asylrecht zu verschaffen, ver- sprochen hat. Da Trotzky sich die Sache noch überlegte, unternahm Adler persönlich eine Reise nach der Türkei , um mit ihm zu verhandeln. Wohl versuchen die Sozialdemokraten den Anschein zu erwecken, als ab alle diele Manöver nichts weiter als„persönliche Fühlungnahme" von Kautsky und Adler mit Trotzky bedeuten, ohne daß irgendwelche Beschlüsie der Sozialdemo- kratischen Partei dabei mitspielen. Aber es unterliegt keinem Zweifel, daß all das unter Beteiligung höchster In- st a n z e n der Sozialdemokratischen Partei vor sich geht. Das Reisegeld hat Adler nicht aus eigener Tasche bezahlt. Als Quelle für diesen Reisebericht stützt sich die„Iswestija" auf eine Wochenschrift„D o r st o ß" die im Verlag der Zeitung der groß- industriellen reaktionären„Deutschen Allgemeinen Zei- tung" erscheint. Im Heft 2 des Jahrgangs ll vom 19. Januar 1932 steht ein Artikel:„Trotzky im Schlepptau der SPD .", von Heinrich Hell gezeichnet Cr beweist feine Kenntnis der Arbeiter- bewegung u. a. damit, daß er schreibt:„Der Retchstagsabge- ordnete Kautsky war e». der Leo Trotzky mit Vriefen bombar» vierte und für die etwas vorschnell angekündigte Einheitsfront zu gewinnen suchte." Er weiß nicht einmal, daß Karl Kautsky niemals in seinem Leben einem Parlament angehört hat, geschweige denn, daß er etwas von den scharfen Broschüren wüßte, die Kautsky und Trotzky gegeneinander im letzten Jahrzehnt geschrieben. Die Redaktion der„Internationalen Information" hat überdies von Karl Kautsky die ausdrückliche Bestätigung, daß er seit Kriegsanfang mit Trotzky auch nicht einen einzigenBriefgewechselthat. Der„Vorstob"-Artikel sagt weiter: Aber so einfach war Trotzky nicht herumzukriegen. Dazu be- durlte es noch einer Reife des österreichischen Genossen Alfred Adler nach der Türlei und dessen persönlicher Jnter- vention. Die.,Isw«stisa"-Korrespondentin, L i l i K a j t, ließ nun einfach den Dornamen Alfred weg. Dank dieser kleinen Weglasiung mußten die Leser nicht an den berühmten Jndividualpsychologen Alfred Adler , der aber nie als politischer Führer hervorgetreten ist, sondern an den Sekretär der SAI., Friedrich Adler , denken. So wird's gemacht. Das heißt doch nicht betrügen— corriger la fortune— das Glück oerbessern—, nicht wahr?
Im Hausflur ermordet Verbrechen an einem Kouragehändler/ 4000 Mar? Belohnung
3m Flur des Hauses Rlilastraße 2e, einer Seikenstraße der Schönhauser Allee im Norden Berlins , wurde gestern abend ein gemeines verbrechen verült. Der 37 3ahre alle Fouragehändler Julius Rieyerhardl, der kurz nach 21 Uhr aus seinem Geschäsl am Nordufer heimkehrte, wurde hinterrücks niedergeschossen. Der Täler erbeutete eine braune Aktentasche, in der sich etwa 930 AI. bares Geld, einige Geschäflspapiere und eine geladene Pistole befanden. Obgleich die Tat schon nach wenigen VI muten entdeckt wurde, fehlt von dem Täter biehür jede Spur. Julius Meyerhardt war Mitinhaber der Fouragehcmdlung Ge- b rüder Meysrhardt am Nordufer. Zusammen mit seiner Mutter wohnte der Erschossen« im 2. Stockwerk des Vorderhauses Milastr. 2. Gewöhnlich gegen 9 Uhr abends kam Julius M. nach Hause. Regel- mäßig führt« er die Tageseinnahmen in der braunen Aktentasche bei sich Von dieser Tatsache muß der Mörder irgendwie Kenntnis gehabt haben. Nachdem M. ahnungslos die Tür aufgeschlossen hatte, inut der tödliche Schuß abgegeben worden sein. Hauslewohner hörten kurz noch 21 Uhr zwar einen Schuß fallen, maßen dem aber keine besondere Bedeutung bei. Erst als um 21.15 Uhr ein Mieter keimkehrte und die Haustür offen fand, sah er M. in einer Blutlache tot im Hausflur liegen. Da das Gesicht des Kaufmanns stark mit Blut besudell war, nahm man zunächst an, daß er in der Dunkelheit gestürzt sei und sich da- bei die Verletzungen zugezogen habe. Beamte des zuständigen Polizeireviers erkannten jedoch sofort, daß ein Derbrechen vorlag. Auf den Mordalarm erschien alsbald die Mordkommisston des Polizeipräsidiums am Tatort. Gerichtsarzt Professor Fränkel stellte fest, daß die Kugel in das linke Auge eingedrungen und an der rechten Schädelbasis wieder ausgetreten ist. Der Schuß- kanal verläuft durch das Gehirn, so daß der Tod auf der Stelle eingetreten sein muß. Noch in den späten Abendstunden wurde alles versucht, um durch Vernehmungen einiger Hausbewohner Licht in das Dunkel des Mordes zu bringen. Die Nachforschungen der Mord- kommission lasten bisher aber nur als einzig feststehende Tatsache die Zeit der Tat genau bestimmen. Dom Berliner Polizeipräsidenten sirtd 1000 TO. Belohnung ausgesetzt worden. Dieser Betrag ist lediglich für Personen aus dem
Publikum bestimmt, die zweckdienliche Angaben zur Aufklärung des Mordes machen können. Der Täter— vielleicht hatte er auch einen oder zwei Helfer— muß sich offenbar längere Zeit vor dem Hause aufgehalten oder im Hausflur verborgen gehalten haben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Passanten aus der Gegend verdächtige Personen gesehen haben. Alle Wahrnehmungen nehmen die Mord- kommission Bunge-Lissigkeit im Polizeipräsidium und sämtliche Polizeireviere in Berlin entgegen. Wie der Mord geschah. Die Mörder müssen Mcyerhardt im Hausflur aufge- lauert haben. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß kein Kampf stattgefunden hat und daß auf M. geschossen wurde, als er das Haus betrat. Alsdann haben sie ihn beraubt und sind geflüchtet unter Mitnahme der Pistole des Kaufmanns, die ein belgisches F. N.- Fabrikat, 7,65, ist. Meyerhardt trug diese Pistole in der gelben Lederhülle in seiner Manteltasche bei sich. Später wurde die Pa- tronenhülse gefunden, aus der die Todcskugel stammt«. Die benutzte Pistole ist eine Selbstladepistole mit 7,65-<sseschosten. Die Mörder haben ihm nach der Tat seine eigene Pistolk abgenommen und dabei die Ledechülle verloren. M. wurde von zwei seiner Angestellten, die den gleichen Weg wie er hatten, nach Haus« begleitet. Während der eine sich von chm an der Ecke der Graunstvaße trennte, veral> schiedete sich der andere an der Ecke d«r Gleimstraße. M. setzte dann seinen Weg allein fort. Vom Nordbahnhof bis zur Milastraße brauchte der Kaufmann gewöhnlich 10 bis 15 Minuten. Wie sich nun herausstellt«, haben seine beiden Begleiter unter- wegs nicht« Verdächtiges bemerkt und auch keine Ver- folger gesehen. Meyerhardt wird als ein gutmütiger Mensch ge- schildert. Es soll häufig vorgekommen sein, daß sich bei ihm am Nordbahnhof Arbeitslose meldeten, die er, sofern es chm möglich war, beschäftigte. Dieser Personenkreis um chn war recht groß. Alle wußten aber auch, daß er m seinem Schutze eine Pistole hatte. Di« Mörder müssen auch davon gewußt haben und haben auch ent- sprechend gehandelt. Sie haben M. gar nicht erst dazu kommen lassen, nach seiner Pistole zu greifen, sondern haben sofort auf chn geschossen.
Oer abgeschnittene Philisterzopf. Dich'erschicksal als HöibilS. „Das erste Gesetz der Freundschaft soll sein: das einer des anderen Freund ist. Hat dein Freund an sich, das nichts taugt, so sollst du ihm das nicht verhalten und es nicht entschuldigen gegen chn: aber gegen den dritten Mann mußt du es verhalten und ent- schuldigen. Mach« nicht schnell jemand zu deinem Freund, ist«r's aber einmal, so muß er's gegen den dritten Mann mit allen seinen Fehlern sein." Wie viele junge Menschen kennen diese schönen Sätze aus einer schönen Betrachtung, die Claudius über die Freundschaft schrieb?„'s ist leider Krieg, und ich begehre, nicht schulo daran zu sein"— nein, auch dieses Gedicht gegen den Krieg ist nicht populär geworden. Matthias Claudius . Vater von ackt Kindern. Abkömmling einer Landpfarrerdynastie, war Zeit seines Lebens ein kleiner Philister: aber er war auch zertlebens ein großer Dichter und ein aufrechter Mann. Daß die Funkstund« diesen Claudius in einer Hörfolge zeigte, war schön, wenn sie auch um der Wahrheit willen ihm seinen etwas tomischen Phllisterzopf nicht ganz hätte abzuschneiden brauchen. Das Manuskript von Dr. Bruno Adler ver- mittelte sehr geschickt einen biographischen Ueberblick und gab dabei einen Eindruck von dem Dichter Claudius , dessen Lyrik zum Schönsten gehört, was wir auf diesem Gebiet besitzen. Leider hatte das Manuskript einen wesentlichen Mangel: um der chronologischen Treue willen fing es mit einem frommen Aufakt an, der für manche Hörer Ursache geworden sein mag, die Sendung abzuschalten. Sehr schade, da auch die Form, in der sie dargeboten wurde, oortreff» lich war.— k. Devkfche Urfaust-Aufführvng In Oxford . In Oxford gab gestern im Rahmen der Goethe-Festlichkeiten d'e zum Besuch nach England gekommene Schauspielertruppe vom Aachener Stadttheater �um erstenmal den Urfaust in deutscher Sprache. Die Londoner Blätter loben die einfach« Szenerie und die ausgezeichneten Leistungen der Mitwirkenden. Di« Vorstellung wird am 7. März in London wiederholt werden.
Gelbstzeugnisse Verdis. Aus neuen Vriefen des Meisters. Die Verdi-Renalssance, in deren Zeichen die Bühnen aller Länder stehen, wirkt sich nicht bloß in dem Ansteigen der Aus» führungsziffern feiner Werke aus, sondern auch in dem gesteigerten Interesse, das die Forschung dem Leben und den schriftlichen Auf- Zeichnungen des Meisters entgegenbringt. Bereits im vorigen Herbst ist der wichtige Briefwechsel zwischen Verdi' und seinem nahen Freunde aus der Turiner Abgeordnetenzeit, dem Grafen Opprandini Arrivabene, erschienen, der unter anderem bedeut- same Bekenntnisstellen enthält, die des Komponisten ablehnende Haltung gegen das Eindringen des Symphonischen in die Oper dartun und-sich mehr als gegen Wagner selbst gegen seine Jünger und die Erfülle? der„Zukunftsmusik" wenden. Bezeichnend dafür ist eine auf Pucoim» Oper„Villi" bezüglich« Briesstelle:„Oper bleibt Oper und Symphonie Symphonie, und ich halte es für falsch, einer Oper einen symphonischen Lappen aufzuflicken nur um des Vergnügens willen, das Orchester tanzen zu lassen." Nunmehr hat es die Academia d'Italia unternommen, die noch in Verdis Haus zu S. Agata di Basseto bewahrten unveröffent- lichten Auszeichnungen und Briefwechsel des Meisters wissenschaftlich zu ordnen, zu katalogisieren und zu ver- öffentlichen: dadurch wird manches bisher Unbekannte aus Wesen und Werk des Meisters erschlossen werden. Carlo Totti, der in seiner großangelegten zweibändigen Lerdi-Biographie bereits aus dieser Quell« schöpfen durfte, hat aus ihr besonders interessante Auf- tlärungen für die Frühzeit gewonnen. Einen sehr bedeutsamen Teil der jetzt erschlossenen Dokumente bildet der Briefwechsel Verdis und seiner Frau Giuseppina Strepponi mit ihrem neapolitanischen Freunde Cesare de Sanctis und seinem Sohn Peppino; er wurde von der Akademie, wie bereits berichtet, dem Museum der Mailänder Scala überwiesen. Die frühesten dieser Briefe knüpfen an den„Troubadour ", die letzten an den„Falstafs' an. Als de Sanctis einmal die Vermutung aus- spricht, Verdi sei mit einer Vertonung de»„Faust " beschästigt, erwidert ihm dieser:„Ich bewundere den„Faust", aber ich möchte chn nicht vertonen: denn ich habe ihn zwar tausendmal durchstudiert, aber die Gestalt des Faust nicht als geeignet für die Vertonung gefunden." Im Mittelpunkt des Briefwechsels stehen jedoch die auf Wunsch der Zensur vorgenommenen Aenderungen am Textbuch de«„Maskenballes" Das Libretto dieser Oper, die 1358 in Neapel aufgeführt werden sollte, war von Somma nach tlcnbes „Gustav III. " verfaßt worden, fand aber nicht die Billigung der ! Zensur. Als Berdi das neue Textbuch sah, raste er vor Wut:>n den > Randbemerkungen des Textbuche» entlud sich all sein Zorn, und sein Widerhall tönt aus den interessanten Erörterungen, die der Meister � darüber in dem Briekwechsel mit de Sanctis gepflogen hat. So l schreibt er einmal:.Diese Aenderung der Periode und Wortfolge ' raubt der Dichtung und der Musik ihren Charakter. Die Farbe, die j letzte Abtönung sozusagen, des musikalischen Gemäldes wird dadurch i falsch." Der Page ist in einen Krieger umgewandelt worden; was i für einen Sinn hat dann noch Oskar« Ballade? Das Wort !„Sterben" ist durch„Schlafen" ersetzt. Verdi schäumt:„Ich habe olle erdenkliche Harmonie und allen Nachdruck auf das Wort „Sterben" gelegt: wle konnten Sie nur diese Zeile ändern?" Und er schließt:„Ein Meister, der seine Kunst und sich selber in Ehren hält, kann und darf sich niemals so weit herabwürdigen, solche fremden Eingriffe hinzunehmen, die den sichtbarsten dramatischen Grundsätzen ins Gesicht schlagen und sein künstlerisches Gewissen verletzen."_ „Zetichen Gebert." Rose-Theater. Der tragischen Verwicklung gehen Willi Wolfs und Martin Zickel , die Bearbeiter de» bekannten Georg Herrmann'schen Romans, aus dem Weg« Iettchen heiratet am Schluß ihren christ- lich�.. Doktor Kößling, oder wenigstens besteht di« Aussicht. Die Liebe zu dem alternden Jason ist kaum gestreift. Die ausgewählten Szenen geben charakteristische Momente des Roman » charakteristisch vor allem für«ine etwas demütige Stimmung. Der betulich« Humor Georg Herrmanns wird mit Rücksicht auf di« Vühnenwirukng ver- dickt und manchmal possenhaft aufgetrieben. Das jüdisch« Milieu,
das Berlin der ZOer Jahre, mag die Bearbeiter gelockt haben, aber in die ziselierte Zeichnung des Romans sind dicke Striche hinein- gesetzt worden. Ein breit angelegtes episches Werk ist nicht be- friedigend zu dramatisieren, besonders wenn es sich um die Stllisie- rung aus ein Singspiel handelt. Walter Kollo schreibt eine hübsche melodiöse Musik, die weich dahinfließt und den sentimentalen Stoff stellenweise noch sentlmen- taler macht. Ein Walzer zeigt Beschwingtheit und Einfälle. Im ganzen eine liebenswürdige und kultivierte Komposition, die der Dirigent Max Schmidt mit aller Delikatesse betreut. Man führt das Singspiel aus und denkt wemger an den Roman. Es fehlt im Grunde die Atmosphäre der Dichtung. Lustspieltyp«» erscheinen, Typen und nicht Jndividuatitäten in saftiger Breite und Behaglichkeit. Die Regie Paul Roses entgeht nicht immer der Gefahr des Ueberbetonens. Erich Wilde stellt einen feinen Eli Gebert hin und Beatrice Haag er fingt das Jettchen mit schöner Weicher Stimme.?. Leb. „Mann über Bord." llfa-palast am Zoo. Unwillkürlich drängt sich ein Vergleich zwischen Bancroft und Iannings auf. Beide sind große, rvoirllungefähige Darsteller, beide können herzerfrischend urwüchsig fein, und beide können ganz elemen- tar zum Miterleben zwingen. In„Mann über Bord" stellen die Amerikaner Bancroft bei- nahe als Naturereignis heraus. Ihm liegt seine Rolle sehr gut, und darum ist es schade, daß er sein Können an ein unübertrefflich kitschige» Manuskript verschwenden muß. Zwei erste Ossizier« derselben Schifahrtslinie, die auf verfchie- denen Dampfern fahren, leben in beständigem Streit. Ihr Zu- sammentreffen, ganz gleich, in welchem Hafen es stattfindet, endet mit einer solennen Keilerei. Das ist nicht gerade bei Schiffsoffizieren üblicher Brauch, aber es ist ganz glaubhaft geschildert. Schlimm wird es erst, als ein Mädchen zwischen die beiden Händelsüchtigen tritt. Sie ist Sängerin in einer Animierkneipe, trotzdem natürlich eine«cht amerikanische Filmlllie. Sie will nach Rio. Rafserty will sie an Bord schmuggeln, bricht aber sein Versprechen, als er über Nacht Kapitän geworden ist. Jed Graves, sein Rivale, wird sein erster Offizier unid der schmuggelt sie an Bord. Als Rafferty davon erfährt, oe.läßt er bei Nebel die Brücke und prompt erfolgt ein Zusammenstoß. Er verliert sein Schiff heuert auf einem elenden Kasten an. Mit diesem Seelenverkäufer rettet er sein ehemaliges Schiff aus Seenot, als Jed Graves dessen Kapitän ist. Nir gut, daß nach Art der Backfischliteratur von ehedem der Film mit einer in Aussicht stehenden Heirot schließt, sonst wäre den Zuschauern nämlich vor lauter Heldentaten noch ganz schlimm geworden. Rowland V. Lee ist der Regisseur des Grauens und der großen Sturmkatast. ophen. Fabelhaft ist es gemacht, wie die Schiff« im Nelel zu Gespenstern werden und wie sie beim Orkan ein Spiel- ball der Wellen sind. George Bancroft und William B oy d sind zwei Kerl«, wie das Publikum sie liebt und der amerikanische Film sie haben will. Jesste Royce L a n d i» ist noch schlimmer als ihre Rolle.«. b. Vruao Tauls Arbeiten für Moskau . Prof. Bruno Taut , der Berliner Architekt, der eine Dozentenstelle an der Technischen Hoch- schule in Berlin-Charlottenburg verwaltet und nun einen Ruf nach Rußland erhallen hat, soll dort im Auftrage der Mostauer Sowjets einen Teil der Gemeindebauten entwerfen und einen anderen Teil in der Durchführung beaufsichtigen. Taut hat sich diesen neuen Ausgabenkreis selbst gewählt und hat auch die Auswahl seiner Mit- arbeiter selbst zu bestimmen. Tonfilmseminar der Schule Reimann . Am 1. März hat das neuerricbtete Tonfilm-Seminar der Schule Reimann in Berlin leine Arbeit begonnen. Die Leitung hat Constantin 1. David. In einem „Technikum" wird das Technische systematisch gelehrt und im„Prak- tikum" die Lehrzeit zum Abschluß gebracht.— Trick- und Werbefilm werden besonders berücksichtigt. Di«»iichste Premler« der StaatSoper ist die Oper in zwei Akten „A n d r o m a ch e", Text und Musik von Herbert W i n d t. Andre Eermai» spricht au« Anlaß de» Goethe-Jahre» über„Bot- t i n a v. Arnim" cdie Freundin Goeibe-) Donnerstag, S Uhr. im Hotel Esplanade, zugunsten der erwerbslosen Studenten. Im Theater im Palmenhan« beginnt Sonnabend, Ri Uhr. ei» kurzes Sastspiel des Deutsch -Jübischen Theater,:.Si«ch«<