Beilage
Sonnabend, 5. März 1932
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Geschichte der Woche: Gerhart Herrmann Mostar
Um eines Grabes willen
Ein Bostbeamter, der vierzig Jahre lang tren gedient hatte, mußte verhaftet werden, weil er sich in letzter Zeit an fremdem Geld vergriff. Er hatte die Unterschlagungen um eines Toten willen verübt
Manchmal sprechen sie im Postamt von der Inflation. Oh, sie entsinnen sich alle noch der Zeit, da man einige Billionen Gehalt in Empfang nahm; und wenn man damit zu Hause angelangt war, dann waren es noch immer einige Billionen, und es war trotzdem nur noch die Hälfte wert... Irgendwo lag ein Land, da gab es nicht Mark, da gab es Dollar, und der Dollar blieb immer Dollar, und weil er das blieb, darum blieb die Mark nicht Mart; warum es so war, warum Amerika so fern und sein Dollar so nahe und doch nie zu erreichen war, das war schwer einzusehen, aber es war eben so... sie entsinnen sich alle noch.
Was den betagten Oberpostschaffner Sörensen betrifft, so schweigt er allerdings bei solchen Gesprächen. Das macht: er fühlt sich ein bißchen schuldig, weil es ihm damals nicht im entferntesten so schlecht gegangen ist wie seinen Kollegen. Und das hatte er Henri zu danken. Henri, das war der Sohn; er hieß eigentlich Heinrich, aber seit er bei der Bank war, nannte er sich Henri; man konnte nichts dagegen sagen, denn die Bant war etwas vornehmes, und sie war es ja ausschließlich, die das Los des Vaters Sörensen crleichterte.
Nämlich Henri saß sozusagen an der Quelle. Er hatte die Stellung in seinem halb ausgewachsenen Konfirmandenanzug angetreten, und jetzt trug er längst Maßanzüge nach modernstem Schnitt. Er spekulierte mit Talent und Glück. Und wenn er auch das so er worbene Geld mit Grandezza auszugeben wußte für Speisen und Getränke und Kleider und Frauen: deshalb ließ er doch den Vater nicht darben oh nein. Er gab ihm genug von seinem Ueberfluß, mehr als genug. Er war ein guter Junge. Es war aber so, daß Sörensen auch immer ein guter Vater gewesen war, und daß er also das Recht hatte, des Sohnes Geschenke anzunehmen.
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,, Junge," sagte er zwar manchmal ,,, wie soll ich das alles bloß wieder gutmachen!"
Aber der Junge lachte: ,, Was willst du denn gutmachen? Mir geht's doch gut!"
So war das bei Sörensens, als noch Inflation war.
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Dann tam ein Tag, da war keine Inflation mehr. Mit einemmal. Es war verblüffend, wie das so von heute auf morgen aufgehört hatte. Im Postamt fanden sie alle, es sei gut so. Bater Sörensen fand das auch. Man wußte doch endlich wieder, was man am Ersten bekam.
Henri hielt mit seinem Urteil zurück. Er meinte nur lafonisch, man werde auch so wissen, wo man bleibe. Man müsse eben
andersrum spekulieren. Man habe ja in ja in der Inflation genug ge=
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lernt. Tatsächlich brauchte sich denn auch Henri teine Einschränkungen aufzuerlegen zumal der Vater jetzt immer öfter und bald ständig in der Lage war, die Unterſtüßungen des Sohnes abzulehnen. Einige Monate später allerdings gab es ein fleines Mißgeschick für Henri. Seine Stellung war ihm gefündigt worden; die Bank hatte sich einschränken müssen. Aber in Banffreisen war man der Auffassung, daß diese Einschränkungen nur vorübergehend sein wür den. Auch Henri glaubte das, auch sein Vater. Der junge Bantangestellte bemühte sich nur obenhin um eine neue Stellung. Es würde sich ja alles von selbst wieder machen. Aufs Stempelngehen verzichtete er zunächst. Der Betrieb auf den Stempelstellen hatte ihm nicht gepaẞt.
Jedoch die stille Zeit hielt an. Die Stille auf dem Geldmarkt wurde sogar beängstigend. Die Banken schränkten immer weiter ein. Es gab schon fast mehr stellungslose Bantbeamte als Angestellte. Einmal mußte Henri seinen Vater bitten, eine Schneiderrechnung zu bezahlen. Der Alte tat es gern. Aber Henri zog es nun doch vor, stempeln zu gehen. Man mußte die Kleinigkeit mitnehmen.
Als Henri seine Stempelfarte zum erstenmal in Händen hielt und darauf las:„, Sörensen, Heinrich" da faßte ihn ein Ahnen an, als könnte diese Rückkehr von Henri zu Heinrich symbolisch sein, symbolisch und endgültig Aber er drängte die fruchtlosen Gedanken zurück und traf sich mit einer ihm bekannten Dame aus vornehmem Hause in einer teuren Konditorei, als wäre nichts geschehen. Es war ja eigentlich noch nichts geschehen.
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Wieder ein Tag da sagte Heinrich so obenhin: ,, Hör mal, Väterchen du hast früher manchmal so nett gefragt, wie du alles wiedergutmachen könntest weißt du noch? Es war ja nicht der Rede wert, was ich damals tun konnte, natürlich nicht aber jetzt hättest du eine bildschöne Gelegenheit..." Wieviel ist es denn?" fragte der Vater gut gelaunt.
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Der Sohn antwortete nicht direkt. Ich mache keine großen Sprünge, Väterchen, das weißt du ja. Bloß, verstehst du, wenn man sich mal an das bessere Leben gewöhnt hat, an gute Anzüge und dann kann man gute Lokale und nett angezogene Mädels und so sich natürlich nicht so von heute auf morgen umstellen. Es muß ja auch wieder anders werden, ich habe da eine glänzende Stellung in Aussicht. Also-"- und nun nannte Heinrich eine Summe, die den Alten blaß werden ließ.
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Junge," sagte er ohne Vorwurf, fast demütig ,,, das kann ich nicht. Denk doch mal, das sind doch eine ganze Reihe von Monatsgehältern... Wo soll ich's denn hernehmen..."
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,, Kannst du dir nicht die paar Kröten leihen? Du als Beamter friegst doch ohne weiteres Kredit. Ist doch klar. Für mich als Stellungslosen wäre das schwer, wäre das wohl überhaupt unmöglich." Bater Sörensen sah das ein. Er nahm Geld auf- zu einem ziemlich hohen Binsfuß. Er zahlte gewissenhaft ab. Der Tabat, den er rauchte, wurde schlechter, die Molle Bier, die er sich bisher hier und da geleistet hatte, unterblieb ganz. Sonst aber war ihm nichts anzumerken.
Nicht einmal, als er nach kurzer Zeit wieder Geld leihen mußte. Er aß schlecht, fleidete sich schlecht, sein Gesicht, das rund und rotbäckig gewesen war, bekam einen grauen Schein und viele Falten Ziemlich oft bat er um Vorschuß auf sein Gehalt, der ihm immer bewilligt wurde. Sörensen war bald vierzig Jahre im Dienst. Er hatte keinen Außendienst mehr, hatte nur im Amt Einein Vertrauensschreibesendungen und Wertbriefe zu fortieren posten also. Manchmal las er die Zahlen, mit denen der Wert der Briefe beziffert war, und seufzte. Eine folche Summe Junge war aus dem Schlimmsten heraus. Er überlegte, wie man
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und der
sich soviel Geld beschaffen könnte. Auf den Gedanken einer Unterschlagung tam er gar nicht.
Die Zeit blies mit bösem Atem auch in Sörensens friedliches Haus hinein. Es gab Mahnbriefe, es gab bald auch Gerichtsvoll zieher, die seinen Jungen mit Pfändungen verfolgten, die sich nicht, wie der Vater, vertrösten ließen. Sörensen ertrug es, ließ es bei sanften Vorhaltungen für den Jungen bewenden. Aber nachts kam es manchmal vor, daß er, der Mann, weinte.
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Dann jener Tag, der ihn, den sonst so ruhigen Beamten, zittern Dummmachte, der den noch kaum Grauharigen weiß machte. heiten hatte der Junge gemacht. Zum Revolver müsse er greifen, hatte er dem Vater erklärt, wenn die riesige Summe nicht gedeckt, nicht wenigstens abbezahlt wurde.
Es war seltsam, daß an diesem Tage, an dessen Morgen Heinrich gebeichtet hatte, ganz besonders viel hoch bewertete Sendungen durch des Alten Hände gingen. Fast jede konnte eine erste Anzahlung ermöglichen, die die Katastrophe verhinderte. Man tonnte es so machen, daß nichts herauskam. Er war vollkommen unbeobachtet. Er genoß das unbedingte Vertrauen seiner Vorgesetzten, feiner Kollegen. Auf ihn würde man zuallerlegt tommen. Hier waren irgendwelche toten, gleichgültigen Papierhülsen. Sie enthielten tote Scheine für Menschen, die man nicht kannte. Man konnte es so machen, daß man nur Briefe wählte, die an reiche Leute oder an große Firmen gingen, oder von solchen kamen. Was tat es denn, wenn einmal eine derartige Sendung verlorenging? Nicht einmal pleite würden sie machen. Aber sein Junge, sein einziger Junge, der nicht böse war, nicht dumm, nicht einmal schwach, der nur Opfer der Beit war der rang mit dem Freitod. Ein Handgriff seines Vaters tonnte ihn zum Sieger machen.
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Aber was standen da alles für Wände zwischen der zitternden Greisenhand und dem Stück Papier ! Alles, was man gelernt hatte, alles, was man verehrt hatte, alles, wonach man sich gerichtet hatte vierzig treue Beamtenjahre hindurch: Ehrlichkeit, Pflichterfüllung, Diensttreue, anständiges Menschentum es war gar nicht aufzuzählen. Dies Postamt hier, dies müchtern- geschäftige, summende
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Gebäude aus Stein und Holz, Tischen und Schaltern, viel Dunkel und wenig Licht durch die hofwärts gerichteten Fenster das war ihm zur Heimat, das war ihm gewissermaßen zur Mutter geworden. Das hatte ihn vierzig Jahre lang betreut, ihn genährt, ihn gekleidet, ihn scherzen und brummen sehen, mit immer gleicher, farger, aber verläßlicher Güte. Man durfte es nicht schänden. Man durfte nicht. Sörensen schändete es nicht.
Seinen Jungen fischte man zwei Tage später aus dem Fluß.
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Das Amt hatte einen sehr schönen Kranz gestiftet. Sonst gab es nicht viel Teilnahme. Man hatte nicht viel Umgang gehabt. Auch Heinrich hatte den seinen längst verloren, im gleichen Schritt mit seiner Wohlhabenheit.
Sörensen tat gleich nach dem Begräbnis wieder Dienst. Gewissenhaft, ausdauernd. Aber der Griff, mit dem er die Wertbriefe anfaßte, war so hart geworden, daß manchmal eine Ecke riß. Der Blic, mit dem er die Amtsräume streifte, glomm vom Haß. Diese Briefe, diese Räume waren die Mörder seines Jungen diese Briefe, diese Räume und er selbst
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Die Abende verbrachte er am Grab seines Sohnes. Alles, was er vom Gehalt erübrigen konnte, verwendete er für den Schmuck des Hügels. Er erübrigte fast alles, denn er darbte, er verkam faſt. Das Geld gehörte nicht ihm, gehörte dem Jungen, dem toten Jungen. Er hatte gutzumachen, das Amt hatte gutzumachen.
Das Grab sah fast prunkvoll aus. Aber dem Alten genügte es nicht. Es gab Gräber, die waren noch tausendmal schöner.
Jeden Abend, bevor der Alte das Amt verließ und zum Friedhof ging, bestahl er einen Brief, sorgsam, vorsichtig, mit einer bösartigen Geschicklichkeit. Am Wege vom Amt zum Grab lag eine Gärtnerei. Dorthin trug er das gestohlene Geld und faufte Blumen dafür, Blumen und Kränze in verschwenderischer Fülle. Er ordnete sie sorgsam auf dem Hügel. Dann saß er bis in die Mitternacht hinein. Langsam, schwankend ging er in seine leere Wohnung. Sein Magen schmerzte wie unter tausend Stichen Er bemerkte es faum und aß nichts. Er machte gut an seinem Jungen, er nahm Rache an sich und an seinem Amt.
Sie schrieben einen Brief mit fingierter Adresse, taten einen vorsichtig gekennzeichneten Schein hinein. Eines Abends, als er eben das Amt verlassen wollte, griffen sie Der Schein fand sich in seiner Geldtasche. Sie nahmen ihn fest.
zu.
Seinen Posten versieht ein anderer, der an feinem Toten etwas gutzumachen hat. Die Blumen auf Henri Sörensens Grab welten.
Vom Günstling zum Diktator
Das Leben Manuel Godoys/ Von Georg Schwarg
Das Zeitalter der großen Französischen Revolution Als Staatsmann und Wirtschaftspolitiker ist Godoy völlig un zog in der großen Politit sichtbar die Summe aus den veränderten Produktionsverhältnissen Europas , wo neben der Bedarfswirtschaft immer mehr die Warenwirtschaft sich herausgebildet hatte. Alle Umwälzungen jener Zeit waren nur das durch längst bestehende gesellschaftliche Zustände erzwungene Fazit. Die blutigen Rämpfe, die so schmerzlich die Länder erschütterten und zerrissen, entfesselte nicht das emporgekommene Neue, sondern das Alte, das oben bleiben
wollte.
Entsprechend den verschiedenen Graben ihrer tapitalistischen Entwicklung fallen die historischen Epochen der einzelnen Länder zeitlich nicht ganz zufammen. Dennoch ist mit dem Kapitalismus die Geschichte zur Weltgeschichte geworden, da die Bewegung jedes Landes die Bewegung aller anderen Länder mit beeinflußt. Kapitalismus und Weltmarkt sind unlösbar verknüpft.
Das Spanien um die Wende des 18. Jahrhunderts ist in der Populär- Historie merkwürdig wenig behandelt worden. Hans Roger Madol gebührt mit seiner Biographie Godoys*), des ersten Diktators unserer Zeit", Anerkennung dafür, daß er das höfische Spanien jener Zeit zeigt. 3war gehört leider Madol nicht zu jenen Geschichtsschreibern, die ganz klar die Zusammenhänge der realen Daseinsbedingungen mit ihrem ideologischen Ueberbau durchschauen, und darum kann er das, was er zeigt, und das, was er nicht zeigt, nicht genau voneinander abgrenzen. Dafür aber ist er ein so ausgezeichneter Schilderer von Persönlichkeiten und menschlichen Beziehungen, daß die von ihm so lebensvoll dargestellten Gestalten doch die eigentlichen Kräfte der Geschichte durchleuchten laffen. Während in Frankreich die bürgerliche Klasse ihren großen staatlichen Sieg erkämpfte, wurde Spanien absolut regiert. Wer regierte es? Der plumpe, fast schwachsinnige Nimrod Karl IV. von Bourbon? Seine Gattin, die verwüstete, macht- und glanzhungrige, lüsterne Marie Louise, Prinzessin aus dem Hause Parma ? Nein, Manuel Godoy , der Sohn eines armen Landedelmannes, der seine Karriere als einfacher Gardebuforps begonnen hatte, war, ausgerüstet mit allen Machtmitteln persönlicher Diktatur, der absolute Herr Spaniens .
Der
Schon mit 25 Jahren hatte Godon über das Bett der Königin es zum Premierminister und unbeschränkten Herrscher Spaniens als Herzog von Alcudia gebracht. Seine zwei mächtigen Widersacher, immerhin Politiker von Format und Berdienst, Floridablanca und Aranda, waren dabei auf der Strecke geblieben. Schlamm, aus dem er aufstieg, verhinderte nicht, daß Godon von dem ganzen tiefverschuldeten Land als der wundertätige, starte Mann gefeiert wurde. Die Kirche fah in ihm den Sieger über die freimaurerischen Ideen Arandas, und die Kirche, das war in Spanien die Popu
larität.
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Unnötig zu erwähnen, daß alle Titel und Auszeichnungen Godons er erhielt sogar den Orden vom goldenen Vließ, der eigentlich nur Mitgliedern souveräner Familien vorbehalten war- nicht ohne reichlichste Dotation an Schlössern, Palästen, Leibrenten gewährt wurden. Godoys erste Regierungshandlungen galten der Rettung Ludwigs XVI., den der Nationalkonvent gefangengesetzt hatte. Diese, wie alle seine späteren Unternehmungen, die außenpolitische Stellung Spaniens zu behaupten, mißlang. Godoy gelingt nur, und immer wieder über seinen Einfluß auf das Königs| paar, die Macht im Lande zu behalten. Eine Macht, die darin ihren vorzüglichsten Ausdruck findet, daß er aus mißglückten. aus mißglückten. schwächlichen, diplomatischen und Kriegshandlungen persönlichen Gewinn an Geld und Macht preßt.
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Das
bedeutend, auch die Art, wie er einen leinen Teil seiner Einkünfte als Förderer von Wissenschaft und Künsten für seinen Ruhm und Nachruhm anlegt, zeugt dafür, daß Godoy unfähig ist, über die zerfallende Macht, von der er als Parasit lebt, hinauszudenken. einzige, was er meisterhaft versteht, ist das Spiel auf dem Instrument der Fürsten gunst. Alle seine Macht und sein Glanz stammen einzig und allein von Gnaden des Fürstenpaares. Dessen Schwäche und Schwächen werden Godoys Größe. Dieser König und diese Königin sind an innerer Fäulnis des Charakters und des Geistes faum zu überbieten. Nur eine Despotie, die selbst nicht mehr an sich glaubt, der nichts anderes als der Haß gegen die Volfsherrschaft Antrieb gibt, die einem strupellosen Günſtling alle Macht ausliefert, kann fo direktionslos zwischen Bündnissen, Kriegserklärungen, Gebietserweiterungen und Eheschließungen aus Staatsraison hin und her pendeln.
Für solchen Hof der mit den grellen Farben üppiger Festlichfeiten übertuschten Weltuntergangsstimmung, für Menschen von solch aufgebläht- hohlem, bombastisch unsicherem Eigendünkel ist Godoy der richtige Mann. Aeußerlich biegsam, dabei tückisch eigensinnig und schamlos feige. Ein Wollüstling von jener Brutalität, die für übersättigte Frauen unwiderstehlich ist. Ein Staatsoberhaupt, das von der ganzen Regierungsmaschinerie nur den pruntvollen Pomp und die persönliche Intrigue begriffen hat.
So sieht die Feudalherrschaft auf ihrem Abstieg aus: Gaben und Fähigkeiten, wie dieser Höfling sie aufzuweisen hatte, genügten, um sechzehn Jahre lang das Schicksal eines Boltes zu lenten, um als Premierminister und Generaliffimus eine Prinzessin zu heiraten und sich mit der Hoffnung zu schmeicheln, auch auf das eigene Haupt eine Krone setzen zu dürfen, um alle Neider und Gegner in den Staub zu treten. Das Legalitätsprinzip, auf dem Godoy fußt, wird von ihm so völlig in sein Gegenteil verkehrt, daß nicht nur alle Dekrete des Königs Godoys Gegenzeichnung tragen müffen, um gültig zu sein, sondern, daß die Bastarde Godoys und Marie Louises, Franscisco und Isabella, obgleich jedermann von Godoys Baterschaft unterrichtet ist, als königlicher Prinz und königliche Prinzessin anerkannt werden.
Immer noch höher stieg Godon auf der Leiter der Ehre, deren höchste Sprosse schon längst von ihm erreicht schien. Für ihn wußte das Königspaar immer wieder neue Aemter und neue Auszeich nungen zu schaffen. Noch 1807 darf der Prinz de la Paz, wie Godon seit einem wenig glorreichen Friedensschluß mit der franzöfischen Republik genannt wurde, auf die Königsfrone Por tugals rechnen. Die für ihn neufreierte Stellung eines Chefs, der Artillerie und der Genietruppen allein begriff einen Gehalt von fünfzigtausend Talern.
Es ist typisch für die politische Unreife Spaniens , daß der große Ruck, der 1808 mit dem König, der Königin, Godoy , das goldbehängte Götzenbild eines kraftlosen Despotismus zerschmetterte, nicht die Republik herbeiführte, sondern nur den angestammten Thronfolger, Ferdinand VII. , Godons erbittertsten Feind, auf den Thron sette. So steil wie sein Aufstieg, ist nun auch Godoys Sturz. Napoleon läßt ihn, troz aller listigen Hof- und Familiendiplomatie, über die kalte Schulter gleiten und zermalmt damit die tönernen Füße dieser pompösen Diktatur zu Staub Als Vierzigjähriger beginnt Godoy die lange zweite Hälfte seines Lebens, die im untätigen, verschrullten Exil unter armseligen Umständen abläuft. ,, Die Demokratie muß die Grundlagen aller Diktatur untersuchen", sagt Madol in seiner Einleitung zur Biographie des *) Godoy , Das Ende des alten Spanien . Der erste Diktator Usurpators. Er hat recht; wir müssen nur hinzufügen: Die Demo. unserer Zeit. Universitas- Verlag, Berlin . tratie darf nicht bei der Untersuchung stehenbleiben.