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In Leipzig   beginnt die Meffe

Ein Ueberblick/ Von Hugo Poetzsch

Die diesjährige Leipziger Frühjahrsmesse beginnt heute und dauert für die Mustermesse bis zum 12. März, einige der Spezialmessen, wie Textil, Möbelmesse usw. schließen früher. Die Leipziger Messen sind wohl die ältesten aller Messen, ihre Anfänge reichen bis weit in das Mittelalter zurüd. Das erste amtliche Dokument, das auf die Leipziger Messe hinweist, gehört der Zeit zwischen 1156 und 1170 an: es ist ein Privileg, das im besonderen auch ein praktisches abgekürztes Gerichtsverfahren gegen unpünktliche Zahler vorsieht. Ferner wird die Leipziger Messe in einem Schutz­brief des damaligen Landesherren Martgrafen Dietrich von Landsberg   vom Jahre 1268 erwähnt. In diesem versprach der Markgraf  , die zur Messe reisenden Kaufleute zu schüßen, selbst dann, menn er mit ihren Landesherren etwa in Fehde läge. In jener Zeit gewiß teine überflüffige Maßnahme, denn die vollgepadten Laftwagen der damaligen Handelsherren bildeten nur zu oft eine millkommene Beute für die ritterlichen Wegelagerer. Im Jahre 1497 ficherte Kaffer Magimilian I. den Leipzigern das Recht auf die drei jährlichen ,, Jahrmärkte".

Jahrmärkte?

In der Tat, aus kleinen Anfängen, aus Jahrmärkten, wie sie im Mittelalter in allen deutschen   Städten abgehalten wurden, hat fich die Leipziger Messe herausgehoben bis zu der heutigen Bedeu tung. Im Jahre 1507 erhielt Leipzig   dann das zweite große Messe­privileg, das den Leipzigern ihr Recht, Niederlagen und Stapel mit großen Warenlagern zu haben, bestätigte und bei des Reiches Acht und Aberacht verbot, fortan Jahrmärkte und Messen oder Nieder­Tagen in einem Umkreis von fünfzehn Meilen ringsum die Stadt Leipzig   aufzurichten. Was ganz besonders die Entwicklung Leipzigs  und seine Messen begünstigte, das war und ist seiine günstige Lage im Herzen Deutschlands  , am Schnittpunkt großer völferverbindender Handelsstraßen. Der Handelsverkehr zwischen den germanisch­romantischen West- und Mitteleuropa   und dem slawischen Osten und dem islamitischen Orient konzentrierte sich in Leipzig  . Vom Rhein  durch Westfalen   zog fid, eine der wichtigsten Straßen nach Osten hin bis Moskau  , westlich vom Rhein   lief sie über Paris   bis Spanien  . Sie hieß die hohe Straße" und sie führte ebenso über Leipzig  , mie die Kaiserstraße" vom Norden über Nürnberg  bis nach Rom  .

Hier in Leipzig   wurde der Austausch zwischen West- und Ost­europa bewerkstelligt. Vom Orient tamen Gewürze, Teppiche, Seide; Belze und Leder aus Rußland  ; aus den westlichen Ländern Textil­waren und andere Produfte; Felle, Rauchwaren, Hanf usw. wurden von Asien   her bis nach Spanien   hinunter gehandelt. So nahm die Leipziger Messe mit dem 12. Jahrhundert eine Entwicklung, die sie zur größten Messe Deutschlands   machte und von Beginn des 17. Jahr­hunderts an war sie auch als die

größte Messe Europas  

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anzusehen. Schon in früheren Jahrhunderten war der Verkehr auf der Messe vollkommen international Unter den Besuchern der Messe fehlten felbft Kaufleute für damalige Verhältnisse aus weit­ertfernten Ländern nicht; Türfen. Armenier, Perser, Tataren usw. waren regelmäßig auf der Messe. Der Grundpfeiler der Leipziger Messe ist aber mehr und mehr die heimische Industrie ge­worden. Den Spielwarenfabrikanten aus dem nahen Erzgebirge  und aus Thüringen   schlossen sich die von Nürnberg   und Fürth   an, den Metallwaren des Erzgebirges folgten die aus Remscheid   und Solingen  . Und ebenso ging es mit der keramischen Industrie, Porzellan usw., die ebenfalls schon frühzeitig um Leipzig   herum fich

entwickelte.

Früher wurden die Messen nicht wie heute in modernen Baläften abgehalten, sondern in den großen Höfen, wie wir sie in der Leipziger Innenstadt heute noch sehen können. Rechts und links befinden sich eine große Anzahl von Gewölben, zu beiden Seiten tiefe Keller. Hier luden die Kaufleute ihre Waren ab, hier wurde gehandelt und getauscht. Damals handelte man auf der Leipziger Messe auch mit Büchern, die heute von der Messe ziemlich ver­schwunden sind, etwa seit 1825, als man den Buchhändler= börsenverein gründete. Bon der Frankfurter   war der Bücher­markt auf Leinzig übergegangen, in der Hauptsache deswegen, weil in Frankfurt   sich die sogenannte Bücherfommission befand, die vom Railer Marimilian eingefeßt wurde. Sie hatte die Aufgabe, alle Bücher zu zenfieren und daraufhin durchzusehen, ob sie nichts Kegerisches enthielten. Die Meffen zogen auch allerlei fahrendes Volk

an. Bis zum Jahre 1570 durften Theaterspiele nur auf den Messen aufgeführt werden. Nach dem Dreißigjährigen Kriege spielten unter

Gottscheb die besten Künstlertruppen Deutschlands   in Leipzig  .

Von der Warenmesse zur Mustermesse.

Der Höhepunkt der Warenmesse wurde etwa um 1830 bis 1840 erreicht. Verkehr, Handel und Produktion hatten durch die Erfindung der Dampfmaschine, durch die Eisenbahnen ganz neue Formen an­genommen, waren andere Wege gegangen. Der deutsche 3011= perein wurde gegründet, die vielen Grenzen fielen wea. Das er­leichterte die Beschichtung der Messen, den Austausch der Güter über­haunt. Aber zugleich barg diefe Entwicklung den Todesfeim für die Meife in der bisherigen Form in sich. Die Eisenbahn ermöglichte ungefährdet große Barentransporte ohne persönliche Begleitung des Kaufmanns. Es erübrigte sich, von weither große Mengen Waren erst nach der Messe zu schaffen und immer größere Mengen mußten zum Verbrauch bereit sein. Das Institut der Musterreisenden fam auf: diefe boten nicht bloß zur Messezeit, sondern ständig den Käufern die Waren ihrer Firmen an. Viele Artikel, die bis dahin lediglich auf der Meffe behandelt worden waren, fielen fort. Die Zeit der Messen schien vorbei. In der Tat find in jener Zeit die meisten eingegangen. Auch die Leipziger   Warenmesse ließ fich als solche nicht mehr halten, aus der Warenmesse entwickelte sich die Muster messe

Der Verkäufer brachte jekt nicht mehr die ganzen Warenpartien, sondern nur die Muster zur Messe, nach denen der Einfäufer feine Waren bestellen konnte; die bestellte Ware geht dann vom Fabrikationsort direkt an den Besteller. Trotz der pünktlichen, forg­

famen und schnellen Beförderung von Waren durch Eisenbahnen, Post usw. erhält sich die Leipziger Messe als Mustermeffe und dehnt Post usw. erhält sich die Leipziger Messe als Mustermesse und dehnt sich immer weiter aus, sie ist durch alle diese vorzüglichen Verbin­dungen nicht zu verdrängen, weil nicht voll zu ersetzen. Nicht alle Waren lassen sich als Muster im Umherreisen mitführen. Man denke daran, daß wir heute in Leipzig   eine Technische Messe ( Maschinen), eine Baumesse( ganze Bauten werden vor dem Beschauer aufgeführt) haben.. Artikel, die einen großen Raum ein­nehmen; es gibt auf der Leipziger Messe eine große Anzahl Firmen, die mehr als 400 Quadratmeter Ausstellungsfläche nur für ihre Muster benötigen. Der Käufer kann hier die Artikel, die er kaufen will, in voller Aufmachung ansehen Ein Besuch der Messe erspart den Besuch von vielen Fabriken. Einkäufer und Käufer treffen sich hier, regeln ihre Geschäfte, halten mündliche Aussprache. Die Käufer erwarten alljährlich auf der Messe irgend welche Neuerung in ihrer Branche.

In der Nachkriegszeif

veranlaßte der große Warenhunger viele Städte, Messen abzuhalten. Biele find bald wieder eingegangen oder sie haben nur lokale Be­deutung erlangt. Auch die im Ausland erstandenen Messen, die als Konkurrenz gegen Leipzig   gedacht waren, haben keinen großen Auf schwung angenommen. Größere Bedeutung haben nur die

Berliner   Messen und Ausstellungen erlangt. Hier hat man sich in weiser Beschränkung auf Sonderausstellungen wie Funk, Auto usw. gelegt und diese haben sich bereits internationale An­erfennung errungen.

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Die heutige Bedeutung der Leipziger Messen mögen einige Zahlen nach den Mitteilungen des Leipziger   Messeamtes illustrieren: Die Leipziger Messen der letzten Jahre wiesen im Durch schnitt 150 000 bis 200 000 geschäftliche Besucher auf, davon einen beträchtlichen Prozentsaz aus dem Ausland.( Im Frühjahr 1931: 27 486 Ausländer.) Die Zahl der Aussteller betrug im Durchschnitt rund 10 000( darunter im Frühjahr 1931: 1154 Ausländer). Ein Bergleich mit der Zeit vor dem Kriege zeigt das ungeheure Wachsen in der Nachkriegszeit. Die Zahl der Einkäufer zur Frühjahrsmesse 1914 betrug 20 000, im Frühjahr 1930 aber 180 000. Die Zahl der Aussteller stieg in derselben Zeit von 4253 auf 9540. In den vierzig Messepaläften der Mustermesse in der Leipziger Innenstadt steht eine reine Ausstellungsfläche von 138 702 Quadratmeter zur Ver­fügung. Einzelne Länder, wie Desterreich und die Tschechoslowakei  haben ihre eigenen Meßpaläste, andere, wie Sowjetrußland und Chile   ihre Pavillons auf dem Meßgelände der Tertilmesse Diese, wie die Baumeffe, technische Messe haben ihre eigenen umfangreichen Gebäude. Der Verein deutscher   Maschinenbauer" hat eine eigene Halle für Textilmaschinenbau.

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Der Grad des Verkehrs auf der Leipziger Messe und der dort getätigte Warenumsag werden von der Volkswirtschaft oft als ein Barometer für die Wirtschaft überhaupt betrachtet. Hoffen wir, daß die diesjährige Messe einen günstigen Ausblick auf die kommende Zeit gewährt.

Halb Löwe, halb Tiger

Eine Begegnung im Museum/ Von Erna Büsing

Löwen   und Tiger  , diese beiden natürlichen Feinde miteinander zu versöhnen, haben sich schon oft die Menschen als reizvolle Aufgabe gestellt. In den sogenannten gemischten Raubtiergruppen hat man nach dem Gewöhnungsprinzip die Tiere miteinander arbeiten lassen. Doch darüber hinaus hat man es bereits zuwege gebracht, daß Löwe und Tiger miteinander Hochzeit feierten. Früher war das für den Tierhalter, da die Einfuhr an Großraubtieren nur sehr targ war, ein höchst kostspieliges Wagnis, da lei einer solchen Liebes­farg war, ein höchst tostspieliges Wagnis, da lei einer solchen Liebes spielerei die Tiere, leicht Schaden leiden können. Heute, wo jeder Birkus und jeder Zoologische Garten Raubtiere zieht, und man fast nicht mehr weiß, wie man den Raubtiersegen unterbringen soll ( man hat sogar Raubtiere erschossen, um die Futterkosten zu sparen), ist der Tierhalter selbstverständlich viel eher Experimenten zugetan. So sind jetzt wieder in Dresden   vier Bastarde aus der Mi­schung Löwe und Tiger zur Welt gekommen. Sie sind als inter­essante Schauftücke von den verschiedensten Zoologischen Gärten er= worben worden; das gleiche Schicksal hatten vor Jahren die H a gen beckschen Bastarde.

vor über 100 Jahren in das Berliner Museum für Natur­ kunde   gekommen. Er ist Jahre alt geworden. Er hat den Kopf einer Löwin mit den Ohren eines Tigers, jedoch fehlen außen die weißen Flecken. Der schwarze, bei Tigern ülliche Längsstreifen ist auf dem Rücken unterbrochen, er ist in der Färbung besonders träftig, wo die Querstreifen ansehen. Der Schwanz erinnert an den des Tigers, doch ist er zum Schluß start verhornt. Er hat jedoch teine Quaste. Die Schnurrhaare sind nicht allzu lang; fie tönnen am Wagengitter abgestoßen sein. Das Fell fühlt sich löwenmäßig an; denn der Tiger ist geschmeidiger und weicher. Oder sollte diesem Bastard, der dem berühmten dritten Geschlecht angehört, das Fell als Wärmeschutz so dicht gewachsen sein? Wagenheizung hat man damals nämlich noch nicht gefannt. Ebenso war die Fütterung seinerzeit nicht die richtige, weil den Raubtieren durchweg ausge­blutetes Fleich verabreicht wurde. Heute aber weiß man, daß aus­geblutetes Fleisch nicht alle Nährwerte enthält, die das Tier un­bedingt braucht.

Der Bastard Nr. 1 ist ausgestopft nach damaliger Methode. Er steht nicht in der Schausammlung, sondern in einem der wissenschaft. lichen Säle. Ueber turz oder lang wird der Kustos der Säugetier­fammlung, Dr. Kohle, ihm wohl das Fell über die Ohren ziehen laffen; da heute ein ausgestopftes Tier tatsächlich seine Auferstehung feiern muß. Es darf nicht mehr so spreizteinig und verkehrt stehen, wie der Präparator es vor 100 Jahren hinstellte. Und für die wissenschaftliche Sammlung stopft man auch nicht mehr jedes Tier aus, sondern hängt nur noch das Fell auf, um Raum zu ersparen. Wir sind tatsächlich sehr viel weiter gefommen in der Haltung der lebendigen Tiere und ihrer späteren Verwertung für die Museen. Dennoch dürfen nicht die Menschen vergessen werden, die Vorarbeiten geleistet haben und zu ihnen gehört ganz bestimmt van Afen mit

Heute ist immer viel Geschrei um ein solches Tier und ein gut Teil der Presse, ganz und gar auf Sensation eingestellt, möchte von jedem Tier den Anschein ermeden, es sei das erste in seiner Art. Darum ist es angebracht, einmal des ersten Abkömmlings eines Löwen   und einer Tigerin zu gedenken. Ihn zog fein Zoologischer Garten, sondern die van Akensche Menagerie. Sie ist sehr gut gewesen und hat damals das zoologische Wissen erheblich er­weitert. Hat doch kein Geringerer als Dr. H. Lichtenstein, föniglicher Geheimer Medizinalrat und Professor, zu einem Buch Sat Sadh fein als Dr. 5. aus, sondern hängt nur noch das fell auf, um Raum zu die erläuternden Bemerkungen geschrieben, das 1830 erschien und Tierbilder enthielt, die C. 2. Müller in der van Akenschen Me­nagerie nach dem Leben gemalt hatte.

Der berühmte Bastard, von dem hier die Rede sein soll, ist seiner Menagerie.

Letzte Nachrichten

Zur Krife der Staatsthealer

Zu den Bressenotizen über eine Reorganisation der Staats­theaterverwaltung bemerkt der Amtliche Preußische Pressedienst folgendes:

Durch die Notverordnungen, die den Wegfall der Staatstheater in Kassel  , Wiesbaden   und des Schiller- Theaters zur Folge haben, ist eine Lage geschaffen, die die Anpassung der gesamten Theater verwaltung an die verminderten und veränderten Aufgaben not­wendig macht. Eine Aenderung in der Leitung der General­intendanz und der Oper fommt nicht in Frage.

William Unger   gestorben

Innsbruck  , 5. März. Der Radierer William Unger  ist heute im Alter von 94 Jahren gestorben. Mit Unger ist der letzte und berühmteste der Reproduktions­graphiter aus dem 19. Jahrhundert dahingegangen. Die Welteren unter den lebenden Kunstfreunden werden sich an seine gewaltigen Radierwerke mit Bergnügen erinnern, in denen er eine Uebersetzung berühmter Gemälde in die Schwarz- Weiß- Form der Radierung gab. So hat er die Meisterwerfe aus den Wiener   Museen( Belvedere  , Liechtenstein  ), aus Braunschweig  , Haarlem  , Amsterdam  , Kassel   und anderen Sammlungen radiert, höchst sorgfältig in der Uebersezung der Farbtöne in die Valeurs zwischen schwarz und weiß. Unger hat auch die Arbeiten lebender Künstler von Stud bis Liebermann in solchen Reproduktionen selbständig verarbeitet; am besten und berühmtesten aber find immer die nach alten Meistern ausgefallen, seine Sastia" nach Rembrandt   hat Weltruhm genoffen. Mit dem Aufkommen der modernen Reproduktionstechniken verlor diese müh­fame und kostspielige Art der Nachbildung allmählich ihren Sinn. Sie hat in der Zeit des Barocks ihren Höhepunkt erlebt, die Stecher des 17. und 18. Jahrhunderts genießen noch heute in Sammler treifen höchstes Ansehen, und mit Recht. Im 19. Jahrhundert er­

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lebte diese Kunst einen durch die Verbreitung von Zeitschriften und Sammelwerken bedingten Aufschwung. Auch William Unger   hat zunächst den Kupferstich gepflegt, erst allmählich tam er zu der leichteren und geschmeidigen Technik der Radierung, in der er sein Bestes geleistet hat.( Die heutige Erneuerung des echten Kupfer­ftichs, an sich ein höchst bedeutendes Kunstereignis, hat mit dieser Reproduktionskunst nichts zu schaffen.) Unger wurde 1837 in Han­ nover   geboren, er studierte die graphischen Verfahren in München  und Düsseldorf   und wurde 1872 an die Wiener Akademie berufen, der er bis 1918 angehörte. Seither lebte er bei seiner Tochter in Innsbruck  , wo er nun im höchsten biblischen Alter gestorben ist.

Blumen im Winter

Paul F. Schmidt.

Da der Winter bisher sehr milde war, haben in geschützten Lagen schon einzelne frühblühende Sträucher Blüten entfaltet, aber es wird wohl noch Winter nachfolgen und dieser vorzeitigen Bracht ein Ende bereiten. Die einzige bei uns auch im Winter ständig blühende Pflanze ist die Christ- oder Schneerose, botanisch Nieswurz genannt. Sie blüht vom Dezember bis März, oft unterm Schnee, da und dort auch in den Weinbergen. Mörike und andere haben zum Preis der zarten, aber unentwegten Tochter des Winters ihre Harfen geſtimmt:

,, Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der Sonne; Dir wäre tödlich anderer Blumen Wonne, Dich nährt, den feuschen Leib voll Reif und Duft, Himmlischer Kälte balsamische Luft."

Der erste Verkünder des Frühlings aber ist der Seidelbast, der im Walde und auch in Anlagen zu finden ist. An den schwellen­den Knospen ist schon ein erster rötlicher Schimmer zu sehen, und wenn die milde Witterung anhält, wird bald, glizern auf es in dem Winterhaine rechts und links vom edlen Schmuckgesteine", wie der schwäbische Bauerndichter Christian Wagner in Warmbronn   das Leuchten des Seidelbafts im fahlen Winterwalde poetisch verklärte.

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