Polizei auf der Wacht.
Höchfte Alarmstufe in Preußen.
Der preußische Minister des Junern hat für die Tage vor und nach der Reichspräsidentenwahl entsprechend den Maßnahmen bei früheren Wahlen die höchste Alarmstufe der gesamten preußischen Polizei angeordnet. Soweit die Polizei nicht für den Straßendienst herangezogen wird, ist in den Kajernen Einfah bereit zu halten. Aehnliche Sicherheitsmaßnahmen werden in den übrigen deutschen Ländern getroffen werden.
Die Soziale Arbeitsgemeinschaft Deutscher Beamtenverbände im Deutschen Beamtenbund, die 400 000 Mitglieder vertritt, erläßt einen Wahlaufruf für Hindenburg . Der Aufruf ist unterzeichnet: Kugler, Schrader, Beetz, Gens, Hartmann, Schwerdfeger, Frenz, Arndt, Barkhof, Sperfeld, Reimer, Waldow, Swarat, Home, Giegel, Deppert, Prahl, Nicolaus, Hallmann, Schrecke, Hinze, Kolmfee, Ramossa, Kienast, Henze, Körber, Beyer, Schwarz, Geister, Liebe, Karnaz.
Der Hauptvorstand des Gewerkschaftsringes deutscher Arbeiter, Angestellten und Beamten- Verbände( Hirsch- Dunder) faßte den Beschluß, die Volkskandidatur Hindenburgs zu unterstützen.
" Frontgeist" im Sportpalast.
Die Matadore der Nazi- Kundgebung.
Die Hitleristen haben für den Sportpalast eingeladen. Auf ihren Plakaten fünden sie zwei Referenten an, deren Auswahl nach dem ,, Deserteur"-Geschimpf im Reichstag besonders eigenartig anmutet.
Referent Nr. 1 ist der unvermeidliche Joseph Goebbels mit der ehrgeiztranten Heimtriegerseele. War bei Kriegsausbrud fnapp 17 Jahre, bei Kriegsende 21 vorüber. Nicht einen Tag Soldat gewesen. Hat bis 1917 das Gymnasium, von da ab die Universität besucht. Entschuldigt sich mit einem leichten Körperschaden, wie er tausend andere nicht verhindert hat, an die Front zu gelangen.
Referent Nr. 2 ist der Landtagsabgeordnete Wilhelm Kube . War bei Kriegsausbruch 26 Jahre, bei Kriegsende 30 Jahre alt. I st nicht einen einzigen Tag an der Front gewesen, trug lediglich im Jahre 1917 einige Wochen als Garnisonssoldat Uniform. Die ganze übrige Zeit als Schriftleiter tonservativer Blätter vom Militärdienst befreit. Bezeichnet sich dafür im Landtagshandbuch mit besonderem Nachdruck als„ Sohn des Sergeanten Richard Rube".( Baterersag für eigenes Heldentum.)
Wenn Hindenburg wirklich, wie Goebbels behauptet, der ,, Kandidat der Kriegsdienstverweigerer" wäre, so müßte man an
DER HAUPTFEIND IST DIE SOZIALDEMOKRATIE!
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Der Reichskanzler hat an den französischen Minister präsidenten Tardieu folgendes Beileidstelegramm gesandt: ,, mit tiefer Erschütterung empfange ich soeben die Trauernachricht vom Ableben Aristide Briands und beeile mich, im Namen der deutschen Regierung Ihnen und der französischen Regierung aufrichtigstes Beileid zu
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ein Staatsbegräbnis zu bereiten, das am Donnerstagvormittag ftattfinden wird. Die Leiche wird im Außenministerium aufgebahrt werden, von wo sich der Leichenzug nach dem Friedhof bewegen wird.
Der Daily Herald" schreibt: ,, Briands Tod ist ein unerseybarer Verlust für Frankreich und für die Welt, denn Briand war ein erlauchter Kämpfer für den Frieden. Zweifellos hätte man
nehmen, daß die Nazi- Veranstaltung im Sportpalast der Propa dem schweren Verlust auszusprechen, der das ganze fran- feinen beruhigenden Einfluß gefühlt, falls die Ereignisse in Deutsch
zösische Volk getroffen. Neben der persönlichen Hoch schätzung, die ich für den großen Staatsmann empfinde, betrauere ich mit der deutschen Regierung in ihm den
Markwald bei den Spaltern gelandet.
Frankfurt a. M., 7. März.( Eigenbericht.)
Der fozialdemokratische Beztrfsparteitag für Hessen- Nassau nominierte als Spizenkandidat zum Preußischen Landtag Erit Rölting. Der bisherige Spigenfandidat Hans Martmalb. der nicht wieder aufgestellt wurde und in diesen Tagen infolge Benfionierung aus dem Mitarbeiterstab der Sozialdemokratischen Frankfurter Bollsftimme" ausgeschieden mar, hat gleichzeitig seinen Uebertritt zu den Spaltern um Seydewiß und Rofenfeld vollzogen.
Geständnis des Attentäters Stern. Anschlag im Auftrage einer Zerroriflengruppe?
Mostau, 7. März. Laut Mitteilung der Untersuchungsbehörden gehört Stern, der das Attentat auf den deutschen Botschaftsrat von Tmar. bowski verübte, einer Terroristengruppe an, die Terrorafte im Auftrage gewiffer ausländischer Staats bürger ausführte. Nach dem Geständnis Sterns hatte das Attentat den Zwed, eine Spannung zwischen der Sowjetunion und Deutschland hervorzurufen und dadurch die internationale Lage der Sowjetunion zu verschlechtern. Die Untersuchungsbehörden hoffen, daß die Untersuchung in den nächsten Tagen abgeschloffen
werden fann.
Nach den Erfahrungen der legten Moskauer Sensationsprozeffe, bei denen die toüsten Geständnisse" erpreßt wurden, wird man grundsätzlich allen derartigen aus der Falterkammer der GPU. stammenden Berlautbarungen fteptisch gegenüberstehen. Das endlich erreichte Geständnis entspricht durchaus der Mutmaßung, die die Sowjetbehörden von vornherein ausgesprochen hatten, und dient zugleich den propagandistischen Bedürfnissen
des Kremls.
Einstweilen wäre zu bemerken, daß die Lesart von dem Attentat im Auftrage einer Terroristengruppe mit dem Ziele einer Ber schlechterung der deutsch - russischen Beziehungen zwar nicht ausge fchloffen ist, aber der inneren Wahrscheinlichkeit entbehrt. Denn das gewählte Mittel des Attentats auf einen Diplomaten wäre für den angegebenen 3wed völlig untauglich. Man wird daher abwarten müssen, was die Untersuchungsbehörde an Angaben und Beweismaterial weiter vorbringt, bevor man ihrer Darstellung Clauben fchenken fann.
Th. G. Masaryk 82 Jahre.
Der Philosoph als Präsident.
Der Präsident der tschechoslowakischen Republit tritt mun in fein 83. Lebensjahr.
Noch jedesmal, menn feine Amtszeit um war, haben ihn die beiden Häufer des Parlaments mit immer größerer Mehrheit wieder. gewählt. Programmatisch find außer den Extremnationalisten aller Nationen der Republit auch die Kommunisten gegen ihn- mensch lich hat er feinen Gegner und politisch sind alle froh, diesen bedeutenden Mann an der Spize des Staates zu haben.
Der Universitätsprofessor Mafarnt war im alten Desterreich ein Kämpfer für die Rechte der arbeitenden Maffen. Als Staatspräsident sett er seine Kraft daran, dem Chauvinismus eingebildeten Siegertums die Anerkennung der Rechte der Minderheitsvöller abzutrogen
unseren beiden Völkern zu fördern und der Jdce des Friedens in der Welt zu dienen."
Eine Erklärung gleicher Art hat der Reichskanzler durch die Agence Havas an die französische Oeffentlich. feit gerichtet.
Otto Brauns Gedenken.
Der preußische Ministerpräsident Dr. Braun äußerte sich zu dem Berliner Bertreter der Agence Hanas: Es hat mich tiefer füttert, daß jest nach Stresemann nun auch der andere uner. müdliche Borkämpfer für die deutsch - französische Verständigung, Aristide Briand , dahingegangen ist. Beide Männer haben ihr Bestes für die Idee der Aussöhnung unserer beiden Länder gegeben. Jegt sind sie nicht mehr. Die Sache aber, der sie mit Leib und Seele dienen wollten, ist nicht tot. Das Lebensintereffe Europas verlangt gebieterisch, daß die deutsch französische Berständigung Das wird die beste Ehrung auch des großen Toten
fommt.
Sozialistische Nachrufe.
Genf , 7. März.( Eigenbericht.)
Der Präsident der Abrüstungskonferenz, Arthur Hen derson . veröffentlicht zum Tode Briands folgende Erklärung:
,, Briands Tod wird in der ganzen Welt als eine schwere Bunde für die große Gache gefühlt werden, der er jo gut gedient hat. Er brachte für sein internationales Bert die feinste Blüte des franzöfischen Geistes mit. Seine Autorität in Genf beruhte vor allem auf dem Wissen feiner Kollegen, daß er ein großer Patriot war. Aber zu feinem Patriotismus fam eine Beite des Geistes und eine, Aber zu feinem Patriotismus tam eine Beite des Geistes und eine Stärke im Berstehen anderer Anschauungen, welche die Traditionen geschaffen haben, von denen der Völkerbund leben wird, Er hat geschaffen haben, von denen der Völkerbund leben wird, Er hat große Aufgaben hinterlassen, von denen nicht die geringste die Ergroße Aufgaben hinterlassen, von denen nicht die geringste die Erfüllung der Abrüstungskonferenz ist. Jedoch hat er auch, was noch viel wichtiger ist, die Inspiration feiner Bersönlichkeit und seiner einzigartigen Hingabe an die großen Ziele hinterlassen, für die er arbeitete. Jede Nation wird sein Andenken ehren als eines der größten Führer, den die Sache des Friedens durch den Bölferbund je gehabt hat."
Der französische Sozialistenführer Léon Blum äußerte sich gegenüber dem Pariser Korrespondenten des„ Soz. Pressedienstes" über den Tod Briands wie folgt:
,, Das Hinscheiden des großen französischen Staatsmanns bedeutet einen ungeheuren Berlust für Frankreich und für ganz Europa . Indem ich dies sage, denke ich weniger an alles, was Briand während seiner langen und fruchtbaren Tätigkeit als Staatsmann geleistet hat, als vor allem an das, was er in der Gegenwart in den Augen der Welt verkörpert hat: die Idee des Friedens und der Bölkerverständigung." Die Regierung hat beschlossen, dem früheren Ministerpräsidenten
Dreifacher Mord in Stockholm .
Stocholm, 7. März. Give der bekanntesten Persönlichkeiten Schwedens , der erst vor wenigen Monaten von dem Posten eines geschäftsführenden Direktors der Arbeitgebervereinigung zurückgetretene Hjalmar von Sydow , wurde heute nachmittag in seiner Wohnung ermordet auf gefunden. Er soll erschossen worden sein. Mit ihm find auch seine beiden Hausgehilfinnen er. mordet worden.
Briands Ministerschaften.
Aristide Briand war am 28. März 1862 in St. Nazaire geboren. Als junger Rechtsanwalt bereits trat er in der sozialistischen Bewegung als glänzender Redner und schlauer Taftifer start hervor. Er war sozialistischer Abgeordneter und neben Jean Jaurès leitender Redakteur der Humanité". Da 1904 der Weltkongreß zu Amsterbam ben Sozialisten die Teilnahme an bürgerlichen Regierungen verbot, Briand aber 1905 in das Kabinett Sarrien eintrat, schieb er aus der Partei mit anderen aus, die sich dann Unabhängige Sozialisten" nannten. Als Unterrichtsminister führte er die Trennung von Staat und Kirche durch. Er war fünfund 3wanzigmal Minister, elfmal Ministerpräsident. Regierungsmaßnahmen bei Streifs führten zu heftigen Konflikten zwischen der parlamentarisch- gewertschaftlichen Arbeitervertretung und Briand . Doch konnte er einmal mit Recht und stolz vor der Kammer feine Hände erheben mit den Worten: ,, Kein Tropfen Blut ist an ihnen!" Er hat nie die Waffen der Staatsgewalt gegen Bürger eingefeßt. Sein Eintreten für den unschuldig verfolgten Hauptmann Dreyfus, feine Ministerschaft im Kriege und der Kampf seiner letzten Jahre für Versöhnung und Frieden find noch in aller Gedächtnis.
Tod und Trauer.
Briand war vor einer Woche von seinem Landgut Cocherel nach Paris zurückgekehrt, da er sich etwas matt fühlte und sich von einigen Spezialisten untersuchen lassen wollte. Die ersten Tage feines Pariser Aufenthalts verliefen völlig normal. Erst vor zwei Tagen verschlechterte sich sein Zustand derart, daß die Aerzte ihm die größte Ruhe auferlegten und sich seinem Plan, nach Cocherel zurückzutehren, widerfetten.
Als Briands Tod befannt wurde, begab sich der Präsident der Republik nach der Avenue Kleber, wo er sich vor der Leiche Briands verneigte. Die Präsidenten der Kammer und des Senats, Minister präsident Tardieu und die übrigen Minister, zahlreiche hohe Beamte, Barlamentarier und Diplomaten folgten. Auch der deutsche Geschäftsträger Forster trug sich in die in der Wohnung ausgelegte Ron dolenzliste ein.
In der Kammer wurde die Nachricht furz vor Beginn der Nachmittagssigung bekannt. Sie löfte unter den Barlamentariern große Bestürzung aus. Niemand hatte ein so schnelles Ende Briands er wartet. Gleich zu Beginn der Sigung fündigte der Kammerpräsident den Tod Briands an und fügte, während sich die Abgeordneten von ihren Pläzen erhoben, hinzu:
,, Es wird genügen. Ihnen heute zu sagen, in welchen Zustand tieffter Trauer uns dieses Ereignis versett. Morgen werde ich Gelegenheit haben, dem Gedächtnis des Berstorbenen die gebührende Ehre zu erweisen. Ich schlage der Kammer vor, die Sigung zum Zeichen der Trauer aufzuheben."
Ministerpräsident Tardieu schloß sich im Namen der Regierung den Worten des Präsidenten an. Er erklärte:
,, Der Tod Briands föst in uns allen die tiefste Bewegung aus. Der Ruhm, den Aristide Briand der franzöfifchen Tribüne verlichen hat, seine Anteilnahme an der harten Aufgabe ber Organisation der Welt nach dem schredlichsten Kriege, den die Menschheit je erlebt hat, müßten allen denjenigen, die ihn bekämpft haben. eine respektvclle Erinnerung auferlegen."
Die Kammer vertagte sich dann auf neun Uhr abends.
Die Regierung hat befchloffen, dem früheren Ministerpräsidenten ein Staatsbegräbnis zu bereiten, das am Sonnabendnachmittag erfolgen wird. Am Donnerstag wird die Leiche nach dem Außenministerium übergeführt werden, wo sie in einem zu einer Totenfapelle umgestalteten Gaal aufgebahrt und zur Besichtigung freigegeben werden wird. Am Katafalt vor dem Gitter des Außenministeriums wird Tardieu im Namen der Regierung das Anderden des toten Staatsmannes ehren. Der Leichenzug geht dann nach dem Kirchhof von Passy, wo der Sarg provisorisch beigesetzt wird. Später erfolgt die Ueberführung nach Cocherel, wo er nach dem letzten Willen Briands beigesezt wird.