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BERLIN

Dienstag

8.

#Der Abend

1932

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Nr. 114

B 57 49. Jahrgang

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Faschistensturm auf Arbeiterblatt

SA. Angriff auf die sozialdemokratische Greifswalder, Volkszeitung"

Greifswald , 8. März.( Eigenbericht.)

Nachdem bereits in der vergangenen Nacht Nationalsozialisten die Fensterscheiben des Gewerkschaftshauses und der kommunistischen Buchhandlung eingeschlagen hatten, unternahmen sie in der letzten Nacht

einen regelrechten Sturm auf die Büroräume der sozialdemokratischen Greifswalder, Volkszeitung".

Da seit einigen Tagen bekannt war, daß ein solches Attentat vor­gesehen war, hatte die Geschäftsleitung eine Wade in den Büro­räumen untergebracht. Es gelang ihr auch, den ersten An­fturm abzuschlagen. Daraufhin holten sich die Nazis Ver­ftärkung, so daß schließlich etwa 100 mann in einem Haufen auf das Geschäftshaus losftürmten. Die Wache, die nur aus 18 Mann bestand, konnte dieser gewaltigen Uebermacht feinen ausreichenden Widerstand entgegensehen. Es tam zu einem schweren Zu­fammenstoß, bei dem der Genoffe Gärtner Franz Freitag so schwer von den Nazis zugerichtet worden war, daß er in die Greifswalder klinik übergeführt werden mußte. Unter den Angreifern wurde der katasteramtstechniker Rudolf Martens und ein Student Gehrte erkannt. Die National­fozialisten schlugen mit Totschlägern und knüppeln die Schaufenster­fcheiben des Geschäftshauses sowie sämtliche Schaufästen ein. Die Polizei fonnte nicht rechtzeitig zur Stelle sein, da fie an einer anderen Stelle von den Nationalfozialisten in eine Schlägerei ver­widelt worden war, um ungestört diesen Ueberfall ausführen zu fönnen.

Bereits in der Nacht vorher wurde auch in Barth die Filiale des sozialdemokratischen Blattes ,, Der Vorpommer" in Stralsund zerstört. Es ist bekanntgeworden, daß Angehörige des Stur­mes 33 aus Berlin nach hier gekommen sind, um diefes Attentat auf die Geschäftshäuser der sozialdemokratischen Zeitungen zu in­fzenieren. Es hält sich auch jetzt noch eine Anzahl dieser Berliner Nazis in Greifswald auf. Auf dem Büro der Greifswalder Polizei liegt ein ganzes Arsenal von schweren Totschlägern und zurecht­gemachten Waffen vor; darunter befinden sich mit Eisendraht um­widelte knüppel, Revolver, Gummifnüppel, drei mit Eifen gefüllte Schläuche ufw. Die Polizei fonnte etwa 50 Nazis verhaften.

Bürgerkriegsgelüfte!

Die SA als der letzte Trumpf der Faschiffen. Wir haben kürzlich von einem vertraulichen Erlaß des Nazi propagandaleiters Goebbels an die Gauämter der NSDAP . zitiert, aus dem der Wille zum Staatsstreich offen hervorging. Darin wurde gefagt, daß wenn der Propagandasturm verpuffen würde, ohne die Mehrheit für Hitler zu bringen,

dann blieben als einzige Waffe nur noch die SA. und die SS., die für alle Eventualfälle bereit ständen. Wenn jedoch die politischen Formationen der Partei ihre volle Pflicht un, was Goebbels erwarte, dann bedürfe es des Aus. spielens dieses legten Trumpfes( SA. und SS.) nicht, dann sei der endgültige Sieg des Nationalsozialismus gesichert.

Herr Goebbels hat erklären lassen, daß es sich bei diesem der­traulichen Rundschreiben um ,, eine Fälschung" handle. Diese Me thode des Ableugnens ist zu abgenützt!

Dies Rundschreiben ist echt. So echt, daß nach unserer Ver­öffentlichung ein weiteres Rundschreiben erging, in dem alle Gau­

leiter aufgefordert wurden,

Nachforschungen darüber anzustellen, ob bei ihnen ein Exemplar verschwunden sei!

Im übrigen hat die Gauleitung Augsburg der NSDAP . den Sinn und Inhalt dieses Rundschreibens vertraulich an ihre Funktio­näre weitergegeben, und die Naziredner im Lande reden alle nach Dieser Richtlinie.

Schließlich zeigt die Berstärkung des erschreckenden Treibens der nationalsozialistischen Bürgerkriegsbanden, daß im Hitlerlager Die Bürgerkriegsgelüfte immer stärker werden!

P

STRESEMAN

Zum Tode Briands

Briand bei seinem Berliner Besuch am Grabe Stresemanns

Wahlsieg in Neckarsulm

Ein glänzender sozialdemokratischer Erfolg.

Bei der Dezemberwahl zum Gemeinderat in Nedarfulm war ein| gebungen der Eisernen Front überfüllt sind, kann die sozialdemo­Stimmzettel abhanden gekommen. Das Versehen hat das Zentrum fratische Frankfurter Bolfsstimme" mitteilen, daß national. dazu veranlaßt, beim Minifterium eine Nachwahl zu beantragen. Um letzten Sonntag war jetzt in jenem Wahlbezirk der Stadt­Nedarfulm eine Nachwahl Der Erfolg war ganz auf feiten der Sozialdemokratie. Mit glänzendem Elan und in fieghafter 3ähigkeit haben die Nedarfulmer Sozialdemokraten die Nachwahl zu einem überraschend großen Wahlfieg gestaltet. Die Sozial­ demokratische Partei erhielt am letzten Sonntag 2454 Stimmen( bei der Wahl im Dezember 1349), das Zentrum 3916( 3670), die Demokraten 623( 1281), die Naitonal­fozialisten 715( 936), die Kommunisten 164( 316).

Das Erwachen.

Die Hessen haben die Nase voll.

Frankfurt a. M., 8. März.( Eigenbericht.) Im Gegensatz zu den Siegesfanfaren nationalsozialistischer Zeitungen steht eine sehr starte Versammlungsmüdigkeit im Nazi­lager. Während in Hessen und Hessen- Nassau alle Kund­

sozialistische Versammlungen in der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts außerordentlich schwach besucht sind. Die ,, Volksftimme" zählt zwölf kleinere und größere Orte auf, in denen früher Hunderte von Nazianhängern ben Dar­legungen der Hakenkreuzprediger lauschten und in denen jezt wenige Dutzende und manchmal nur ganz wenige Personen der national­fozialistischen Versammlungsaufforderung gefolgt find. So waren in einer Ortschaft mur sechs Personen erschienen, die von vier Poli­ziſten geschützt" wurden. Diese Beobachtungen werden auch be­stätigt durch den nationalsozialistischen hessischen Landtagsabgeord neten Klostermann, der sich in einer schlecht besuchten Bersammlung in Bieber bei Offenbach am legten Sonntag bitter darüber beklagte, daß alle seine Versammlungen in Oberhessen in den letzten Wochen miserabel besucht gewesen seien.

Komischer Faschismus!

Die KPD. demonstriert gegen ihre eigene Dummheit. Die Kommunisten demonstrieren heute nachmittag mit polizeilicher

Hindenburg- Rede im Rundfunt pollher Genehmigung im Bulgarten.

Am Donnerstag um 19,30 hr. Reichspräsident von Hindenburg wird am Donnerstag um 19.30 Uhr von seinem Arbeitszimmer aus eine etwa viertelstündige Rund­funtansprache halten, die auf alle deutschen Sender und möglicher­weise auch auf die englischen und amerikanischen Sender übertragen

werden wird.

Bekanntgabe der Wahlrefultate.

Da damit zu rechnen sein wird, daß am Wahlsonntag die ersten Resultate schon früher als bei fonftigen Wahlen bekannt sein werden, wird die Funkstunde statt um 8 Uhr abends bereits um 7 Uhr abends den Bericht über den Verlauf des Wahltages geben und dann an­fchließend von 7.15 Uhr ab mit der Bekanntgabe der Wahlresultate beginnen. Das Orchesterkonzert, das für 8.15 Uhr vorgesehen ift, beginnt ebenfalls um 7.15 Uhr.

Teddy Thälmann wird eine Rede halten. Er wird ver­tünden, daß es ganz gleichgültig ist, ob Hindenburg oder Hitler gewählt wird, denn Hindenburg und Hitler seien nur zwei verschiedene Formen des Faschismus.

unter einer von ihnen beiden ist es möglich, daß die Kommunisten Es gibt also in Deutschland zwei Formen des Faschismus". im Mittelpunkt der Reichshauptstadt unter freiem Himmel demon­ftrieren.

Teddy Thälmann wird behaupten, es sei gleichgültig, welche Form des Faschismus" in Deutschland regiert. Aber jeder ein­zeine Kommunist, der ihm zuhört, wird durch seine bloße Anwesen­heit im Luftgarten Thälmanns Behauptung widerlegen.

Mit anderen Worten: Die KPD. wird heute nachmittag im Luftgarten gegen ihre eigene Dummheit demonstrieren.