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BERLIN Freitcg 11. März

1932

Der Abend

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Nr. 120

B 60 49. Jahrgang

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Polizei in Alarmbereitschaft

Vollkommene Urlaubssperre- Anordnung des Preußischen Ministers

Der Soz. Pressedienst" meldet:

Der preußische Minister des Innern hat für die preußische Polizei ab Sonnabend 12 Uhr er. höhte Alarmbereitschaft angeordnet. Ers Leichterungen, Beurlaubungen usw. sind verboten. Für die 2andjägerei wird Urlaubssperre vom 12. bis 15. März verhängt. Für die Polizei und Landjägereischulen gilt gleichfalls ab 12. März mittags 12 Uhr, erhöhte Alarmbereitschaft.

Der Erlaß ist den Polizeibehörden bereits durch Polizei- Funkspruch bekanntgegeben worden.

Nazi- Feme aufgedeckt.

Bekenntnisse der Führer der Sprengstoff- Kolonne.

Ludwigshafen , 11. März. Im Zusammenhang mit den Meldungen über die Pirmasenser Sprengstoffaffäre veröffentlichte die Cudwigshafener Neue Pfälzische Landeszeitung" eine Meldung, wonach in Ludwigshafen gelegentlich einer Geheimfihung von ausgewählten SA- Centen ein Femeausschuß gebildet worden sei zu dem Zwed, mißliebige führende Persönlichkeiten anderer Parteien als Geiseln fest­zunehmen bzw. zu beseitigen. Den Mitgliedern diefes Aus­schuffes sei Schweigepflicht auferlegt worden, widrigenfalls fie um die Ede gebracht" würden.

Das Gaupreffeamt der NSDAP . Pfalz bestreitet diese Behaup­fung und bezeichnet fie als einen Racheaft eines ausgeschloffenen früheren SA. - Mitgliedes. Derartige Vorgänge hätten sich niemals in einer Ludwigshafener SA- Bersammlung abgespielt.

Die Neue Pfälzische Landeszeitung stellt zu dem Dementi der NSDAP . jetzt neuerdings fest, daß die von ihr gebrachte meldung rigtig jet. Bei der polizeilichen Bernehmung hätten die SA­Führer Schleichert und Bogel zugegeben, daß die E- wähnte Sihung stattgefunden habe. Die ganze Angelegenheit sei bereits dem Reichsgericht in Leipzig zugeleitet, von wo auch die weiteren Untersuchungen durchgeführt würden.

Auf des Vaters Spuren.

Auwi als Wahlredner für Hitler.

Der Vater hat sich gerne reden hören, sei es nun bei der Hunnenrede in Bremerhaven, sei es von der Kanzel oder von der Rednertribüne vor den Kruppschen Arbeitern. Aumi, der Sohn, eifert ihm nach, er hält jeßt Wahlreden für Hitler- im Stile des Baters.

Zur Erheiterung unserer Leser und um ihnen zu zeigen, wie es im Kopfe eines Hohenzollernsprößlings aussieht, geben wir einige Redeblüten des Herrn August Wilhelm, Prinz von Preußen, wieder. Er sprach in Potsdam:

., In dieser Stadt trete ich zum erstenmal vor ein erstaun= tes Publitum. Ich fomme in einer sehr schweren und ernſten Stunde zu Ihnen. Wenn wir jetzt nicht durchkommen, dann geht es uns schlecht."

*

... Warum hat denn Hitler in seinem Braunen Haus, in seinem Zimmer nur ein Bild zu hängen, und zwar das Bild Friedrichs des Großen? Weil er genau wie dieser große König das Preußentum wieder hochbringen will. Sollen wir uns nicht dankbar ermeisen? Wenn ich dies alles tapiert habe, mo man doch allgemein sagt, wir Brinzen find in einer dünnen Luft erzogen worden. fo müßten Sie es eigentlich auch verstehen."

*

Unser Feldmarschall, der aus seinem Hause Schwarzweißrot auszog um der Fahne Schwarzrotgold zu folgen, der figt iegt fest Das Gold ist nach Frankreich gewandert und die Fahne Rotschwarz ift geblieben. Wir haben Dich vor sieben Jahren troß vieler hinder niffe zum Reichspräsidenten gewählt und Du hast uns die Treue gebrochen. Jezt tönnen wir nicht mehr zu Dir halten. Ich habe meine Heimat in dieser Idee gefunden Wie oft habe ich bei nächtlichem Mondenschein dort oben por Sanssouci geftanden und mich gefragt: Handelst Du richtig, tuft Du recht?" Der Herr Auwi hat bei nächtlichem Mondenschein oben vor Sanssouci die Methoden naziotischer Verleumdung an­genommen; denn in dieser Potsdamer Rede führte er aus:

Der Rrrrevolutionär!

Und nun werde ich mal zeigen, wie ein unentwegter Revolutionär...

THAL MANN

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.. fich felbft in die Luft sprengt!"

Bei den Beratungen über den Hoover- Blan erhielten wir über Amerika und England die Nachricht, daß Frankreich, ehe überhaupt in die Verhandlungen eingetreten werde, die Bedingung stelle, daß Hitler ausgewiesen werde."

Das ist ganz einfach ein Wahlschwindel! Herr Aumi ift aber nicht nur auf Hindenburg, sondern auch auf Hugenberg böse. In Magdeburg redete er:

Flaute bei Hitlers.

Die Hessen haben einstweilen genug.

Frankfurt a. M., 11. März.( Eigenbericht.)

Im hessischen Bezirk Startenburg haben in den letzten Tagen fechs außerordentlich schlecht besuchte öffentliche Naziver= fammlungen stattgefunden. In Neu- Isenburg, wo die Nazis erst vor furzem mit fommunistischer Hilfe einen Wahlfieg erringen fonnten, waren in einem Saal, der 1500 Menschen faßt, nur knapp 250 Personen anwesend. Eine Naziversammlung in Bürgel bei Offenbach mußte ausfallen, da nur 8 Per­sonen erschienen waren. Auch eine Versammlung in Sprendlingen war nur von etwa 30 Einheimischen besucht. Dasselbe ist von Ber­sammlungen in den größeren Orten Egelsbach, Langen und Drei­ eichenhain zu berichten.

Bemerkenswert waren die Ausführungen des Bersammlungs­leiters der Naziversammlung in Sprendlingen. Dieser teilte mit, daß am Sonntag, dem 13. März, Punft 12 Uhr nachts, die Ent­scheidung fallen würde. Bis zu dieser Stunde habe Hitler die Repu­blit in feiner Hand. Die Eiserne Front werde dann wohl den Generalstreit proflamieren, aber sie tomme zu spät, denn 2 Minuten nach 12 Uhr feien bereits alle lebenswichtigen Betriebe, Rathaus, Bost, Eisenbahn, durch SA.- Mannschaften besett! Die Großspurig­teit haben sich die Herrschaften also noch nicht abgewöhnt.

Wahlreden im Rundfunk.

Wie bereits mitgeteilt, spricht Reichskanzler Dr. Brüning heute abend von 8.15 bis 9 Uhr. Dadurch ändert sich das Programm wie folgt: Das Konzert des Sirfonieorchesters der Schutzpolizei Berlin fällt aus. Die Ansprache des Reichspräsiden ten von Hindenburg an das deutsche Volt, die gestern auf Schall­platten aufgenommen wurde, wird Sonnabend um 20 Uhr zum zweiten Male übertragen.

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Vom Harzburger Kriegsschauplatz. Prinzen in der Retourtutsche Nicht Gegner, fondern Feinde

Duefterberg hat neulich den Nazis die Prinzen und Exzellenzen vorgeworfen, die bei ihnen herumwimmeln. Prompt ant­wortet Reventlow im Reichswart", beim Stahlhelm gäbe es der Prinzen sogar Stüder drei, von Fürsten und Exzellenzen gar nicht zu reden Stephani, heißt es weiter, habe den Nazis, indem er fie als römisch" bezeichnete, die deutsche Gesinnung ab gesprochen" Hier zeigte sich, daß Stahlhelm und Deutschnationale nicht nur politische Gegner feien, sondern Feinde.

Man sieht, in der Harzburger Front ist die richtige Brüderlich­feit ausgebrochen. Nur immer auf die Köpfe! Schade um jeden

,, Ehrlich wäre es gewesen, wenn Hugenberg sind selber als vielleicht aus dem Spitznamen erklären, den er in seiner eigenen Partei habe. Sie nennen ihn nämlich den Eilberfuchs."

Kandidat aufgestellt hätte. Daß er es nicht getan habe, könne man Schlag, der daneben geht!

Sieh, fieh, das ist ganz interessant: Hugenberg der Silberfuchs! Goll das heißen: ein Fuchs, der obendrein noch die Gilbertaler hat? Was werden die Brüder Friedrich Wilhelm und Oskar dazu sagen, die beim Silberfuchs

Dienst tun?

Aber das hat er wieder vom Bater. Der ist auch schon beim Reden in sämtliche Fettnäpfchen getreten!

Kein Aufschub der Landtagswahlen.

Eine Ertlärung Hindenburgs.

Auf Anfragen hat der Reichspräsident folgende Erklärung veröffentlichen laffen:

Vergnügte Jdioten!

Wer Reichspräsident wird, fümmert sie nicht.

Die kommunistische Zeitung Berlin am Morgen leistet sich in einer Betrachtung der gestrigen Thälmann- Bersammlung folgendes:

Hier in dem bis zum Ueberquellen gefüllten Sportpalast fonnte man sehen, daß es den Berliner Arbeitern bewußt ist: es geht nicht um die Frage, wer auf dem Präsidentenstuhl der deutschen Bürgerrepublit fihen wird, sondern um die Mobilisie­rung zum großen entscheidenden Kampf, dessen Etappe die Präsidentenwahl ist.

Hier ist das flare Geständnis, daß die Kommunisten gar nicht baran benten, Herrn Hitler beim Befteigen des Präsidenten­ftuhls auch nur die geringsten Schwietigteiten zu bereiten. Ber auf dem Präsidentenstuhl der deutschen Bürgerrepublik fizt das läßt sie vollkommen falt. Benn erst einmal der Faschismus regiert, wenn sich die KPD. in alle Löcher vertrochen haben wird, daß auch zahlt einen Taler! teine Schwanzipige mehr sichtbar ist, dann beginnt wer's glaubt, ,, ber große entscheidende Kampf". Was bis dahin passiert, fümmert die guten Leutchen nicht. Es gibt eine alte Operette, in der ein Chor vergnügter Idioten immer

Die Behauptung, daß ich die Absicht hätte, die Landtags wahlen in Preußen und anderen Ländern durch Notverordning hinauszuschieben, ist eine breifte Wahllüge. Als Hüter der Berfassung und als über dem Kampf der Parteien stehendes Reichsteine oberhaupt ist es für mich eine selbstverständliche Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß die Wahlen zu den gesetzmäßigen Terminen statt­von Hindenburg. finden.

Im Anschluß an dieje Kundgebung des Reichspräsidenten wird von der preußischen Staatsregierung darauf hinge wiesen, daß fie bereits vor drei Tagen als Auflagenachricht über sämtliche preußischen Sender amtlich hat mitteilen lassen, daß die Gerüchte, nach einem Wahlsiege des jezigen Reichspräsidenten von Hindenburg würde eine Berschiebung der Preußenwahlen in Frage fommen, auf unwahrheit beruhen. Keine verantwort­liche Stelle in Preußen denke daran, oder habe jemals daran gedacht, die Preußenwahlen zu verschieben.

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wieder den Kehrreim singt:

Was geht das uns an? Das geht uns gar nichts an! Das ist auf jeden Fall Uns tuttegal!

Den Kommunisten sei empfohlen, an Stelle der Internationale diesen Schlußgefang einzuführen. Tert und Noten werden gern zur Verfügung gestellt.