Nr. 121 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Gestern nachmittag stand Berlin im Zeichen der Eisernen| gen über den Straßen abgeworfen, die wie weiße Friedenstauben Front. Die Massen der vielen Zehntausende marschierten zum noch lange in der klaren Winterlust flatterten, ehe sie von den Lustgarten, um gegen den Faschismus zu demonstrieren. In den Händen der Menschenmassen in den Straßen aufgefangen wurden. Abendstunden lauschten Millionen auf die Worte, die der Reichsfanzler für die Kandidatur Hindenburgs an das deutsche Volk richtete. Das Straßenbild Berlins aber spiegelt von Tag zu Tag mehr den großen entscheidenden Wahlkampf deutlich wieder. Ueber die Parteiparolen der Hitler, Thälmann und Duesterberg hat die Volksparole, Deutschland vor dem Chaos zu bewahren und deshalb Hindenburg wiederzuwählen, unendlich stärkeres Gewicht. lleber die Straßen hinweg, von allen Säulen, allüberall mahnt die Parole, Volk und Staat zu retten und sich für Hindenburg zu entscheiden. Am 300, um die Gedächtniskirche herum, leuchtet vom Himmel die mahnende Inschrift: Wählt Hindenburg ! Die Wirkung der großzügigen Propaganda auf weiteste Kreise der Bevölkerung, die bisher noch schwanken, ist unbestreitbar. Man sieht ein, daß, mehr als die marktschreierische Werbung für Hitler, mehr als die engstirnig parteipolitische Propaganda für Thälmann , die starken, nüchternen und fachlichen Argumente sprechen, die in diesem Kampfe von der Parole Hindenburg ausstrahlen. Der 13. März wird zeigen, daß auch in Berlin , wie überall im Reiche, Republik und Demokratie über Faschismus und Bolschewismus siegen werden.
Der„ Sturmvogef", die Flugorganisation der Werktätigen, hatte gestern seinen gesamten Flugpart in den Dienst der Propaganda gestellt. Während 10 Flugzeuge in den Provinzstädten eifrig warben, umkreisten 5 Flugzeuge, Hindenburg gekennzeichnet, die Riesendemonstration der Eisernen Front im Luftgarten. Man genoß wie am Sonntag aus der Bogelperspektive das grandiose Bild des Aufmarsches der Arbeiterorganisationen, die sich vor dem Platz zu gewaltigen schwarzen Massen zusammenballten. Tausende von Flugblättern wurden mit eigenen Abwurfvorrichtun
Kreuz ins zweite Feld.
Reichspräsidentenwahl
Adolf Hitler
C
+
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So sieht der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Reichspräsidenten am morgigen Sonntag aus. Dein Kreuz gehört ins zweite Feld.
WÄHLT HINDER URG
Scheinwerfer- Leuchtschrift am Bahnhot Zoo.
Jeder muß wählen!
Vor allem bei alten Senten und politisch im all gemeinen uninteressierten Frauen wird, gewiß nicht ohne bestimmte Absicht, das Gerücht verbreitet, daß, wer sich in die Listen des Hindenburg - Ausschusses für den Wahlvorschlag Hindenburg eingezeichnet habe, dadurch bereits seine Stimme für Hindenburg abgegeben habe und deshalb am 13. März nicht mehr zur Wahlurne zu gehen brauche. Ja, es wird sogar erzählt, daß, wer im Jahre 1925 sich bereits für Hindenburg entschieden habe, dadurch der Mühe eines neuen Ganges zum Wahllokal enthoben sei. Die einmal abgegebene Stimme gelte fürs ganze Leben.
Das ist selbstverständlich eine ganz grobe bewußte Irreführung. Nur wer am 13. März in seinem zuständigen Wahllokal auf dem amtlichen Stimmzettel, der ihm dort eingehändigt wird, sein Kreuz in den Kreis neben den Namen Hindenburg setzt, hat damit seine Stimme für die Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten abgegeben. Alles, was gewesen ist, ist null und nichtig.
Selbstverstümmler- Ohnesorge.
Erste Instanz verurteilt- zweite spricht frei. Es ist doch wahrhaftig schön, leichtgläubige und wohlmollende Richter zu finden. Was tuts, daß die erste Instanz einem bescheinigt, daß er ein Lump ist, der seinen politischen Gegner wissentlich falsch beschuldigt, ihm einen Schnitt in den Hals beigebracht zu haben, während er in Wirklichkeit, um als Held zu erscheinen und eine Versicherungsprämie zu bekommen, sich den Schnitt selbst zugefügt hat die zweite Instanz ist eben voller Zweifel, ob Der Lump wirklich ein Lump ist und ob doch nicht irgendein Gegner durch irgendeinen Zufall dem Helden" den Hals hatte durchschneiden wollen. Der ehemalige Kommunist, der 31jährige Maschinenschlosser Frizz Fedde, zur fraglichen Zeit Nazi und SA.- Mann, hatte in der Straftammer unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Ohnesorge solche zweifelerfüllte und wohl
Was sagt der Bär?
EN
Sonnabend, 12. März 1932
wollende Richter gefunden. Das Gericht erster Instanz hatte dem Mann fein Wort geglaubt: ausgerechnet als er im Walde ein Bedürfnis verrichtete, wurde er vom politischen Gegner und zwar von einem kommunistischen Kollegen, mit dem er zusammenarbeitete,
überfallen und in den Hals geschnitten. Mit der blutenden Wunde fuhr er zur Hedemannstraße, meldete sich hier als Held und zur Unterstützung an und erst von hier aus rief man die Polizei an. Die NSDAP . hat den Helden aus der Partei ausgeschlossen, meil auch sie dem Ueberfall auf ihn feinen Glauben schenkt. Der Held beschuldigte aber einen Arbeitskollegen des Attentats auf ihn. Die erste Instanz quittierte die wissentlich falsche Anschuldigung mit einem Jahr drei Monaten Gefängnis, die Kammer unter Direktor Ohnesorge sprach ihn gestern frei.
Obgleich der Sachverständige Herrn Fedde als einen Mann schilderte, der zu einer Selbstverstümmelung wohl fähig sei und es durchaus nicht für gänzlich ausgeschlossen hielt, daß man sich auch Schnittwunden solcher Art selbst zufügen kann, kam das Gericht zum Ergebnis, daß es nicht mit absoluter Sicherheit erwiesen sei, daß Herr Fedde nicht überfallen worden sei, er könne sich auch in der Person des Täters geirrt haben. Es wird der NSDAP . nichts anderes übrig bleiben, als den, eld" wieder in Gnaden in ihre Reihen aufzunehmen und ihn in die Liste ihrer Märtyrer einzutragen.
Flugboot landet auf Flugplass.
Schneelandung eines Dornier- Wal in Oberwiesenfeld.
Auf dem Münchener Flugplah Oberwiesenfeld gab es gestern mittag ein nicht alltägliches Ereignis: Kurz nach 1 Uhr landete auf dem mit einer dichten Schneedede überzogenen Platz ein normales Flugboot, an dem weder Hilfsräder, noch Schneefufen angebracht waren und das mit seinem Bootsrumpf sicher und glatt auf der Schneefläche auffetzte.
Es handelte fich um den zweimotorigen Dornier Bal D 1422 unter Führung des Chefpiloten Wagner der Dornier Werte, der von Friedrichshafen tam und auf diese Weise unter Ersparung der Rosten für einen Eisenbahntransport nach dem Deutschen Museum in München übergeführt wurde. Dieser DornierBal ist nämlich ein Veteran der Luft und kommt deshalb ins Museum, weil mit ihm zahlreiche berühmt gewordene Flugexpeditionen durchgeführt worden sind. Mit dieser 1920 gebauten Maschine versuchte Amundsen 1925 den Nordpal zu erreichen, verfuchte der englische Flieger Courtnen 1927 die Ueberquerung des Atlantif, unternahm Wolfgang von Gronau in den Jahren 1928/29 Flüge nach Island und Finnland , um im August 1930 mit diesem Wal von List auf Sylt über Island und Grönland nach New York zu fliegen. Bei der geftrigen Ueberführung nach München dürfte es sich um die erste Landung eines reinen Flugboots auf einem fonstruktion des für Schnee- und Eislanbungen geeigneten DornierLandflugplatz handeln, die nur durch die besondere BootsWals ermöglicht wurde.
Nach diesem seinem letzten Fluge wurde dieser Beteran der Luft abmontiert und auf einem Fahrzeug zum Deutschen Museum gebracht, wo er feine wohlverdiente Ruhe als hervorragendes Schaustück genießen wird, sie
Der Verrat des Schupoleutnants. Die Untersuchung in Berlin noch nicht abgeschlossen. Der Berliner Schupoleutnant Cange, der zusammen mit dem Wachtmeister Schulz- Briefen und dessen Braut Gertrud Müller wegen Hochverrats feffgenommen wurde, ist gestern im Polizeipräsidium nochmals verhört worden.
Die Bernehmung hat jedoch nichts wesentlich Neues ergeben, Lange behauptet nach wie vor, daß er den Hafenkreuzier, mit dem er im Gaubüro in der Hedemannstraße verhandelt habe, nicht näher tenne. Während Lange ganz offen seine Sympathien zur NSDAP . zugibt, stellt der beschuldigte Wachtmeister Schulz- Briesen jede Verbindung mit den Nationalsozialisten in Abrede. Dem gegenüber steht aber das bisherige Untersuchungsergebnis der Polizei, wonach der Wachtmeister mit verschiedenen Kameraden Fühlung gesucht hat, um sie zu pflichtwidrigen Handlungen zugunsten der Nazis zu verleiten. Die Festgenommenen befinden sich sämtlich im Gewahr sam des Polizeipräsidiums. Die Angelegenheit ist dem Reichsanwalt, entgegen anderslautenden Nachrichten, noch nicht übergeben worden, da die Untersuchung in Berlin noch weiter geht.
Besonderer Dant gebührt noch den Schupobeamten, die durch ihre Aufmerksamkeit hinter das Komplott des Trios gefommen maren und der vorgesetzten Dienststelle von ihren Wahrnehmungen Mitteilung machten.
JUNO 6 20
JUNO
JOSETTI JUNO
raucht Juno
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