Ein Rentner macht Bilanz. Geht es ihm gut oder schlech} mit 100 M. im Monat.
Dieser Tage hat ein 71Iähr>ger Altersrentner dem .Vorwärts� seine Haushaltsrechnung eingeschickt. Die Soll- und Habenseiten sind ebenso ehrlich wie peinlich zusammengestellt. USWI M. betrugen seine Ausgaben im vergangenen Jahr«. Oben- an unter A stehen die Anschaffungen für den Haushalt mit K3,Sö M. Zum Schluß unter Z steht der verbrauchte Zucker mit 3,4S M. Jeden einzelnen Pfennig hat unser Gewähremann aufgezeichnet und so stehen aus der langen Liste für Zeltungen tö.Sv M., für Partei 10, L6 M., für Unterhaltung und Theater 18.20 M.. für Grabpfleg« 27,33 M. mrö für Geschenke, die der alte Herr im vorigen Jahre ge- macht hat: 21,73 M. Die einzige dreistellige Ziffer auf der Auegabenseite des Vud- gcts ist die Wohnungsmiete mit 438,24 M. Für Brot hat er 38,39 M., für Semmeln 12,33 M. und für Kuchen 14,70 M. ausgegeben. Wenn die Butterhändler nicht fo engstirnig wären und gut« Lehren annehmen würden, etwa die, daß jeder Pfennig Preis- erhöhung einen Konsumrückgang zur Folge hat. dann könnten die!« Butterhändler aus der kleinen Haushaltsrechnung viel lernen. Neben dem hohen Verbrauch an Brot und Semmeln müßte doch eigentlich«in klotziger Betrag für Butter stehen. Weit gefehlt Für Butter hat Freund I. nur 13,09 M. ausgegeben, dagegen für Mar- melade und Pflaumenmus 33,62 M. Da haben wir schwarz auf weiß die Abwanderung von der Butter. Die Gewü.z- und Vor- kastrechnung mit 19.66 M. ist immer noch höher als die Butter- rechnung. Aber die Butterintereffenten haben eben halt ihre eigenen Gedanken über Möglichkeiten der Absatzsteigerung. Sie lieben den Krebsgang. Wen das Jahreseinkommen interessiert, der alte Herr hat es ebenso genau ausgeschrieben: Altersrente monatl. 32 40 M........... 628.80 M. Rente von der Reichsschuldenverwaltung jährt... 10.—. Zinsen aus aufgewerteten Hypotheken...... 62.20. Miete vom Untermieter«Faiiulie) monatl 40 M. 480.—, Von der Konsumsparkassc abgehoben....... 30.—» Einnahme..... 1�21.— M. Ausgabe..... 1196.�1, Borirag für 1932. 24.49 M. Nun würben sich Hunderttausende Berliner glücklich preisen. wenn sie soviel Geld zum Verzehr hätten. Hundert Mark sind an sich eine geringe Summe. Aber die Tausende und aber Tausend« von erwerbslosen Familienvätern, die haben ja nicht einmal diese 100 Mark; Zehntausende von Kurzarbeitern, die durch eine Post-
karte für einige Arbeitsstunden gerufen werden, wenn etwas zu tun ist, haben sie auch nicht und die im Gehalt abgebauten kleinen Ver- täuferinnen, die Näherinnen. Stepperinnen, sie hoben sie gleich- falls nicht. Diesen Menschen würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn sie 100 Mark netto im Monat hätten. Denn nicht nur gedrückte Erwerbslose schreiben uns Briefe, auch die, die noch Arbeit haben. Da heißt es in dem Brief e ner Frau, deren Mann A n g e ft e l l t e r Ist und Arbeit hat:„... es gibt wirklich Arbeitslose, die nicht wissen, wo sie in ihrer Verzweiflung hinsollen, aber hat schon jemand sich Gedanken gemacht über die verzweifelten Arbeitenden?" Die Frau, die selbst krank ist und der Pflege bedarf, zählt alles auf, was für die Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse notwendig ist. 270 Mark beträgt das Bruttogehalt des Mannes, der eine dreiköpfige Familie hat. 28 M. gehen ab für Sozialversicherung, 13 M. Fahrgeld für Mann und Tochter. 11,73 M. für Verband, Zeitung und Partei, 71,50 M. für die Miete(Neubau), 10 M. Abzahlung für rückständige Miete. 13,50 M. für Gas, Elektrizität und Feuerung, 8 M. für Stiefel- fohlen, das sind bereits 137,75 M. Von den übrigen 112,23 M. muß die Familie leben, sich kleiden. Schulhefte taufen, der Mann soll sein Taschengeld haben und schließlich die Pflege der tranken Frau." „Wer hilf uns?" fragt die Frau zum Schluß. Letzt werden die Berliner Erwerbslosen ganze Stöße von Briefen schreiben und sagen: gebt uns die 270 Mark brutto und wir sind wieder Menschen. So hat die in der Ueberschrift gestellte Frage, ob es einem Mann mit 100 Mark im Monat gut oder schlecht geht, nur allzu deutlich die düstere Wirklichkeit zum Hinter- grund.
Aunahri des Eisernen MoierKorns Heute um 15 Uhr versammeln sich In der Lehrter Straße die Kraftwagcu und Motorräder des republi» kanischeu Berlins . Es gilt mit modernen technischen Mittel« eine letzte großzügige Wahlpropaganda für die Kandidatur Hindanburgs durchzuführen. Die AutoS werden Gedenkmünzen an diese Wahl mit sich führen und an Zuschauer verteilen.
Die Hakenkreuzfahne in der Ltniversitai. Nazisiudeut wegen groben Unfugs zu 50 Mark verurteilt. Der Nazistudent Fritz H 1 p l e r hatte wieder mal Glück vor einem republikanischen Gericht. Cr war es. der am 19. Januar in der Universität anläßlich der Afta-Wahlen, einer Unternehmung der Hochschulhakenkrcuzler, durch das Fenster auf den mitilersn Balkon, der zum Vorhof führt, kletterte, eine große Hakenkreuzfahne entrollte und den versammelten Nazi- siudeittcn eine Rede hielt, um der Naziliste zum Siege Zu verhelfen: Er schloß mit einem„Hell Hitler!", die Kommilitonen echoten Heil Hitler ! Dann santz man ein Lied und begeisterte sich im dreimaligen „Deurschland erwache!" Der Studiosus Hipler, 22 Jahre alt, hatte sich gestern vor dem Schnellschöffengericht wegen Leitung einer nicht angemeldeten Versammlung, wegen Tragens eines verbotenen Ab- Zeichens und wegen groben Unfuges zu verantworten. Zlls Student des achten Semesters kam er zur Verhandlung wohl präpariert. Er hatte sämtliche Reichsgerichtsentscheidungen im Kopfe und wußte, worauf es ankommt. Also brachte er das Mätzchen vor. die Versammlung sei in keiner Weise verabredet und vor- bereitet gewesen, es sei das Ganze überhaupt nicht als V e r s a m m- lung von Menschen zu betrachten, die sich zu einem gemeinsamen
Zwecke zusammengefunden haben, sondern bloß um«ine zufällige Ansammlung, wie sie während der Clf-Uhr-Pause im Vorhof der Universität stets üblich ist. Cr könne also nicht wegen Redens auf einer verbotenen Versammlung bestraft werden. Allerdings straften die Aussagen der Polizeibeamten den Nazihelden Lügsn. Es feien etwa 1000 Studenten anwesend gewesen, sagten sie, e ne ähnliche Zahl sei sonst m der Elf-Uhr-Pause nie zu beobachten. Es konnte auch fönst keinem Zweife? unterliegen, daß der Student Hipler sich nicht die Mühe genommen hätte, die Fahne mit sich zu schleppen und vom Balkon aus. eine Rede zu halten, ohne vorher entsprechende Vorbereitungen getroffen zu haben. Der Staatsanwalt erachtete deshalb auch den Tatbestand einer verbotenen Versammlung für gegeben und beantragte sowohl wegen der Rede als auch wegen groben Unfuges die Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis. Das Gericht hatte sich aber von den Ausflüchten des Herrn Studiosus überzeugen lassen. Es verurteitt« ihn bloß wegen groben Unfuges, d�n es im Entrollen der Hakenkreuzfahne erblickte, zu 30 Mark Geldstrafe. Diese Handlung des Herrn Swdiofu». hieß es in der Urteilsbegründung, fei geeignet gewesen, die Ruhe und Ordnung zu stören, die Fahne sei auch außerhalb der Universität sichtbar gewesen, es sei ein grober Unfug, eine Parteifahne an der Universität zu hisien, an der Studenten verschiedener Rich- tungen studieren. Von einer verbotenen Versammlung im Sinne
des Gesetzes hätte man nur dann fprecha« können, wenn sie vom Angeklagten vorher vorbereitet gewesen wäre. Das sei aber nicht der Fall, es handle sich nur um eine Ansammlung von Menschen. Der Studiosus Hipler fand eben gutgläubige Richter.
Zugend Witt schaffen. Ausste-Wng von Diumenarbsiten Erwerbsloser. Unsäglich Iraung ist heute das Los der Jugendlichen: sie wollen und können schaffen und dürfen es nicht. Der Eintritt ins Leben der Arbeit ist ihnen verschlossen, sie wissen nicht, was beginnen! Nach Maßgabe der vorhandenen Mittel wurden von Arbeits- ä m t e r n Lehrgänge in den verschiedenen Berusskategorien ein- gerickztet, die den jugendlichen Erwerbslosen eine praktische fachliche Betätigung bieten. Im Jugendheim des Gesamtverbandes. Engel- u f e r. wurde am gestrigen Tage eine Ausstellung von Arbeiten erwerbsloser Blumenbinderinnen gezeigt, die das Arbeitsamt Mitte auf Lsranlasiung des Gesamtverbandes m der Berufsschule für Gartenbau durchgeführt hat. Der Ausstellungs- räum gleicht einem Blumenhain: da gibt es prächtige Arrangements aller möglichen Topf- und Schnittblumen, riesenhafte Lorbeer- kränze, Billschmuck, Grabdekorationen und Fasiadenschmuck. Sehr hübsch wirken die Tischdekorationen, die zwar nicht mit kost- barem Porzellan auf schwerem Damast auswarten können, dakür aber zeigen, wie man mit allcreinfachsten Mitteln, Geschick und Ge- schmack arbeiten kann. Da ist ein. Ostertisch, in besten Mitte ein Riesenstrauß Osterglocken steht, kleine buntbemalte Ostereier und Weidenkätzchen ergänzen die Dekoration: daneben ein kleiner Kaffee- tisch mit frühlingshaftem Blumenschmuck, aus einem Körbchen stecken Schneeglöckchen und Veilchen die Köpfchen hoch. Der Tisch für ein Kapitänjubiläum zeigt ebenfalls hübschen Blumenschmuck, das Schiffsbild an der Wand ist reich mit exotischem Blattwerk geziert, als Erinneruna an ferne Länder. In seiner Begrüßungsansprache betonte Genoste R o ch o w s k t. Vorstandsm'tglied des Gesamtoerbandcs, daß alles daran gesetzt werden müste, den Jugendlichen durch Arbeitsbeschaffung Arbeits- freude zu vermitteln, sie mit allen Mitteln herauszureißen aus dem Chaos unserer Zeit und seinen asozialen Auswirkungen. Es war erfreulich zu hören, daß feit dem Oktober vorigen Jahres etwa 12000 jugendlichen Erwerbslosen durch solche Werk- kurse Beschäftiguiagsmöglichkett geboten werden konnte. Trostbr'eke an Tirrfkor von Der Direktor der Deutschen Bank und Discontogesellschast. von S t a u ß, erhiett in letzter Zeit mehrfach Erpresser- b r i e f e, in denen er und seine Familie mit dem To de be- droht wurden. Als Schreiber der BnVe wu'de nach wochenlangen Beo achtungen der 38jährige Arbett'lofe Weiß mann verhaftet. Weißmann hat u. a. auch den Chauffeur des Bant- direktors über die Gepflogenheiten feines Arbeitgebers au'gefragt. Cr hat sich ferner an Leute herangemacht, die aus ihren Woknun- gen herausgesetzt werden sollten und hat diese ausgeford rt. sich zu einem R a u b ü b e r f a l l aus den Bankdire'tor zi�mmnenzu- schließen. Di« Poli'ei steht vorläufig noch auf d:m Standpunkt. daß Weißmann, besten Forderungen überaus phantastisch waren. geisteskrank ist. In der?l?exan�erstraße koMefahren. Vor dem Hause Alexanderstr. 32 ereignete sich gestern mittag ein tödlicher Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Wäscheverleih- institutss der?9 Jahre alte Alses Conrad, wurde von einem Lastauto erfaßt upd überfahren. Mit schweren Verletzungen wurde der Verunglückte zur Rettung-sielle 13 gebracht, wo der Arzt jedoch nur noch den Tod feststellen konnte.
Verlängerte Gültigteiksdauer der Arbeikerrückfabrkarken zu Osieru. Um den Ofterreistverkehr zu fördern, hat die Deutsche Reichsbahn auch die Güttigkeitsdauer der Arbeiterrückfahr- karten verlängert. Diese Karten gelten ebenfalls vom 23. März ab. Arbeiterrückfahrkarten, die in der Zeit vom 23. bis 28. März einschließlich gelöst werden, können zur Rückfahrt bis zum 4. April einlchiiehlich benutzt werden. Die Entfernungsgrenze von 230 Kilometer wird für die in der Zeit vom 23. bis 28. März gelösten Arbeiterrückfahrkarten ausgehoben.
Aus dem Russischen übertragen von Werner Bergengruen . In der Zelle war es finster, kalt und feucht. Es hieß also eine Stelle ausfindig zu machen, wo man sich etwas er- wärmen, sich vor der Nässe schützen und sich leidlich bequem ausstrecken tonnte. Das war nur möglich, indem man tastend in der Zelle herumkroch und die ausgestreckte Hand vor sich hielt, um nicht plötzlich mit dem Kopfe gegen die Wand zu stoßen. Ich erkundete also die Topographie der Zelle, und es blieb mir dann doch nichts anderes übrig, als in die Mitte zurückzuführen, denn es war immer noch das Beste, sich von den Wänden, den seuchten Ecken und dem Kübel möglichst fem zu halten Hinter allen Schmerzen und körperlichen Leiden meldete sich jetzt mit Macht der Hunger. Essen, Essen! Jndesien gab es keine Hoffnung aus Brot. Es war offen- bar Nacht. Wer sollte mir da Brot geben? Ich entschloß mich, an die Tür zu klopfen und nach dem Sanitätsunter- offizier zu oerlangen, um ins Lazarett gebracht zu werden. Oder wenigstens sollten sie mir einen Mantel zum Zudecken geben. Ich wollte auch um Brot und Wasser bitten. Ich pochte anfangs leise, dann lauter. Niemand kam. Endlich schlug ich aus Leibeskräften gegen die Tür. Keine Antwort. So verflosien wohl viele Stunden, während deren ich ab- wechselnd der Länge und Breite nach meine Zelle durchmaß. dann wieder kraftlos auf dem Boden lag. um nach einigen Minuten wieder verzweifelt aufzuspringen. Plötzlich hörte ich ein Geklapper an der Tür. und dann wurde sie endlich geöffnet. Im Vergleich zu meiner Zelle war der Korridor taghell. In der Tür stand der Aufseher. hinter ihm der Korridorposten, dann kam ein Gefangener mit einem Stück Brot und einem Kruge Wasser. Ich ver- langte, es solle der Sanitätsunteroffizier geholt und außer- dem mir ein Mantel-gebracht werden.
„Schön, wird besorgt", wurde mir geantwortet. Weg war er. Nach vierundzwanzig Stunden war er wieder da, brachte Wasser und Brot, wechselte den Kübel und sagte: „Schön, wird besorgt." So oerbrachte ich viele marteroolle Stunden voller Trost- losigkeit und Hunger und konnte dabei weder schlafen noch sitzen noch liegen. Die lastende, fast physisch empfundene Oeds und Ver- lasienheit drang in ununterbrochenem Ansturm auf inich ein. Ich bereute es tief, aus dem Auslande heimgekehrt zu sein, um meiner Dienstpflicht zu genügen und daraufhin un-'nqefochten in Rußland leben zu können. Nach Paris , Köln , Berlin , noch dem Louvre, dem Lurembourg— plötzlich Rekrutensammelstelle. militärische Borgesetzte, betrunkene Retruten, Arrestan» tentransport. Eskorte,„in die Presse". Hunger, Sieben- Kopeken-Rationen, Strafzelle. Und vor mir der Militärdienst. Wie hatte ich das nur tun können? Wenn meine Eltern gewußt hätten, was für Herrlich- keiten mich in Rußland erwarteten, dann härten sie nicht bei meiner Abreise ins Ausland so bitterlich geweint und sich so sehr vor einer Trennung für immer gefürchtet. Ach ja, die Eltern!... Wieviel Zärtlichkeit. Liebe, Eürsorge, schlaflose Nächte hält dieses Wort umfchlosien! efundheit, Ernährung. Erziehung, Schule. Zukunft, wieviel sorgende Gedanken, wieviel Mühe, wieviel Aufregung be- deutet das alles! Welche Opfer an Leben. Gesundheit, Ruhe und versönlichem Glück... für die Kinder! Unwillkürlich trugen mich meine Träumereien in die Vergangenheit zurück, in die weit hinter mir liegende Kind- heit, die beste, die einzig wirklich schöne Zeit meines Lebens. Wundervolle Sommertoge fielen mir ein, Sommertage im glühenden und gleißenden Sande in Mariupol am Strande des Asowfchen Meeres. Flimmernde Sonne, heißer Sand und irische grüne Wellen, aus denen wir Jungen uns für lange Stunden nicht lösen konnten! Und das Kahnfahren auf den Flüssen Kaltschik und Kol- mius! Wir trieben unfern Kahn quer über den Fluß und dann mit einem Schwunoe mitten hinein in das Schilfdtckicht am anderen Ufer, gegenüber der Stadt! Hier fing schon das Gebiet der Donkosaken an. Die Erwachsenen hatten uns erzählt, daß es hier an der Kalka, wie der Fluß in alten Zeiten hieß, eine ruhmvolle Schlacht mit d-n Tartaren gegeben ß-ttte. D!» Kinderie"!? erbebe t'ei dem Gedanken an die Größe der Lergangenheft und die
Historische Bedeutsamkeit der Gegend: es war davon die Rede, daß man hier auch jetzt noch altertümliche Waffen an- treffen konnte. Piken, krumme Säbel. Helme und Ring- panzer, und solche Erzählungen mußten alle Romantik, die ln jungen Herzen schläft, erregend wachrufen. Und dann die Fahrten mit dem Vater auf der Segeljacht, die Dampferfahrten durch das Asowsche und das Schwarze Meer! Und der Jahrmarkt von Pokrowfk mit seinen Zirkussen, Panoramas. Karussellen, seinem bunten Flatter- schmuck und seinen Eisoerkäufern! Und wenn erst in der Hafenstadt, wo der Voter als Leiter einer Dachziegelnieder- läge tätig war, einer der französischen Dampfer seine Mar- seiller Dachziegelladung löschte! Wie viele herrlichen Erinnerungen aus glücklicher, ferner Kinderzeit, wie viele nie wiederkehrende LUndersreude, nie wiederkehrende Jahre... Und dann die Iünglingsjahre mit ihren Träumen vom Schönen, vom Kampfe gegen Grausamkeit und Gewalt, für Freiheit und Glück! Ich hatte fünf Tage in der Strafzelle verbracht. Meine Augen, vom Licht verwöhnt, blinzelten unwillkürlich und füllten sich mit Tränen. Burstein, iinmer noch gelb und stoppelbärtig, brach in Tränen aus. als er mich_ sah. Der Mann ohne Gedächtnis klopfte mir freundlich, brüderlich auf die Schulter und sagte: „Bist schon ein Mordskerl, bei Gott ! Wirklich sin Mordskerl! Warte nur. Bruder, wir werden uns schon gut miteinander einleben." Und dabei klopfte er mir noch einmal auf Schulter und Rücken. Burstein sagte zu mir: „Glauben Sie mir, so wie der Mensch wul leben, so habe ich gewollt, Sie gesund und lebendig wiederzusehen. Soll ich so leben!" Dann besah er mich genauer und schilderte entsetzt, wie hohlwangig ich geworden war, und wie viele braune und grüne Flecke mein käss'ges und schmutziges Gesicht a'�wles. Als ich mich auszog, stellte er an meinem ganzen Körper große blaue Fleckn und blutunterlaufene Siellen fest, besonders auf dem Rücken und den Armen. Sogar Sikorski schien sich aufrichtig zu freuen und trak- tierte mich mit Weißbrot und einer ausgezeichneten Wurst. Ich hatte ein quälendes Verlangen nach Schlaf oder wenigstens nach r'�igem Lieaen ain de,- Rrits�-. Die andern aber warnten Mick: ich riskierte die Rückverfetzung in die Strafzelle, wenn ich mich hinlegte.(Fortsetzung solgt.)