Nr. 3
1932
Nr. 123 49. Jahrgang
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Sonntag
Vorwärts
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13. März 1932
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Schlagt Hitler , wählt Hindenburg !
Heute gilt es, den Faschismus zu schlagen. Hitler darf nicht Nachfolger Friedrich Eberts und Hindenburgs werden!
Der Faschismus setzt seine Hoffnungen auf die Spaltung der Arbeiterschaft. Macht diese Hoffnungen zunichte! Keine Lauheit, keine Zersplitterung!
Heute von 9 Uhr bis 6 Uhr wird gewählt. Geht frühzeitig zur Wahl! Das Kreuz ins zweite Feld für Hindenburg .
Keiner darf heute fehlen, kein Mann, keine Frau. Wir schlagen den Faschismus!
Schlagt zu!
Hitler gibt angftschlotterude Erklärungen ab.
Poffe ein Ende!
Macht der
Der Lärm des Wahlkampfes ist jäh verstummt. Schlag. artig hat das große Schweigen eingesetzt, das der Ent. fcheidung vorangeht.
Sechsunddreißig Millionen deutscher Wähler und Wäh lerinnen oder noch mehr marschieren an. Sie marschieren gegen einander mit dem Stimmzettel in der Hand. Heute abend wird man ihre Stimmen zählen; gegen Morgen wird man wissen, wie das Bolf entschieden hat.
Bis dahin gilt es für jeden Sozialdemokraten feine Pflicht zu tun. Die Partei hat gerufen. Die Partei hat die Parole ausgegeben: Schlagt Hitler , darum mählt Hindenburg !" Diese Parole ist richtig, notwendig, logisch zwingend. Eine Bartet, der es mit dem Kampf gegen den Faschismus ernst ist, fonnte gar nicht und anders entscheiden. Die Parteigenossen werden heute- und wenn es zu einem zweiten Wahlgang tommen sollte, auch in den nächsten Wochen den Bemeis dafür liefern, daß in der bewährten Elitetruppe der deutschen Arbeiterklasse die alte Disziplin und die alte Schlagtraft vorhanden ist. Es hat noch feinen innerpolitischen Kampf gegeben, in dem es so um alles ging, wie in diesem. Anspannung aller Kräfte ist geboten, damit der Feind geschlagen wird. Jedes Versäumnis ist Gefahr, jedes Schwanken ist Verrat!
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Vor der Entscheidung den Mund recht, voll zu nehmen, das hat seine guten und feine schlechten Seiten. Ein großer Teil der Erfolge der Nazis ist auf die Wirkung zurückzuführen, die ihre Großsprecherei auf politisch ungeschulte Massen ausübt. Wenn immer gebrüllt wird, daß sich die Stimmenzahl verdoppeln, verdreifachen werde, wenn von 18 und 20 Millionen Hitler- Stimmen geredet wird, menn man verkündet: Hitler wird Reichspräsident", so wirkt das auf ein naives Schaubudenpublikum fuggeſtiv. und es glaubt an den Ruf des Schicksals.
Auf der anderen Seite bringen die großipurigen Ankündigungen die Gefahr mit sich, daß in dem Moment, in dem eine Enttäuschung tommt, eme schwere Lähmung eintritt. Gelingt es, der Nationalsozialistischen . Partei eine Niederlage beizubringen, fo wird das für die ganze Bewegung den Anfang vom Ende bedeuten. Denn eine solche Bewegung, die in kurzer Zeit aus dem Nichts emporgeschossen ist, ist nicht wie ein Baum, der seine Wurzeln tief ins Erdreich gefentt hat und allen Stürmen trogt, fondern eher wie ein Rohr, das schnell aus dem Sumpf heraufwächst, um vom nächsten Windstoß gefnidt zu werden.
fann genügen, um den Faschismus für Deutschland zu erledigen.
Die Nazis haben in diesem Wahlkampf schrecklich ge Logen, aber wenn sie aus vollen Baden ihren Sieg verkündet haben, fo haben sie damit nicht gelogen. Sie glauben wirklich an ihren Sieg heute oder spätestens in vier Wochen. Ja, Adolf Hitler glaubt so fest an seinen Sieg er schon Angst vor ihm hat
daß
Er erklärt sich darüber in der Berliner BS.- Korrespondenz.( Büro Sochaczewski.)
Die BS.- Korrespondenz hat nämlich die Erlaubnis befommen, Erklärungen, die Adolf Hitler dem ameritanischen Journalisten H. R. Kniderboder gegeben hat, zu veröffentlichen. Diese Art eines deutschen Reichspräsident schaftskandidaten, sich dem deutschen Volke mitzuteilen, ist ein wenig grotest, aber man hat sich schon an fie gewöhnt.
| haben Zatjachen geschaffen, die man nicht einfach dadurch abändern kann, daß man die Notverordnungen aufhebt und den Vertrag zerreißt. Diese Verordnungen werden dann rüdgängig gemacht werden, wenn wir etwas geschaffen haben. was an ihre Stelle treten fann, und der Versailler Vertrag wird dann erledigt fein, wenn auf einer neuen Sonferenz an feiner Stelle ein anderer Vertrag abgeschlossen wird.
Der große Führer hat etwas frühzeitig seinen eigenen Volksbetrug und den Volksbetrug, den seine Schüler verüben, entlorot. Er spricht schon die Sprache der- Novemberverbrecher!"
Nationalsozialisten und Kommunisten haben im Reichstag für die glatte Aufhebung der Notverordnungen geſtimmt. Die Sozialdemokraten haben erklärt, die Aufhebung sei erst möglich, wenn etwas geschaffen jet, was an ihre Stelle gesezt werden könne. Hitler desavouiert jetzt seine eigene Frattion und macht sich die Argumente der Sozialdemokraten zu eigen.
Adolf Hitler so läßt er uns über Knickerbocker und Sochaczemsti missen will sich nach seiner Wahl durch Auf lösung und Neuwahlen einen Reichstag verschaffen, mit dem er fonftitutionell und ohne Notverordnungen regieren fann. Und erst der Vertrag von Versailles ! Wo ist noch der Den Artikel 48 der Weg zur Hölle ist mit guten Vorfäßen Unterschied zwischen Hitler und einem„ Erfüllungspolitifer"? gepflastert will er nur anwenden, wenn tatsächlich eine Einen anderen Vertrag an Stelle desjenigen von Bersailles nationale Notlage" existiert ,,, wenn der Versuch eines gewollen wir alle. Den Hokuspokus mit dem Zerreißen" aber, waltsamen Umsturzes gemacht werden sollte oder wodurch der Vertrag mit einem Male erledigt sein soll, haben mir immer für einen hundsgemeinen frechen Volksbetrug gewenn die Polen in Deutschland einbrechen würden". Vor einem Generalstreit der Gewertschafhalten. Und siehe da! Auf einmal will auch Hitler nicht ten hat Hitler , wie er sagt, feine Bange. Denn die Führung mehr zerreißen! eines solchen Generalstreits würde legten Endes in die Hände der Kommunisten fallen, und dann würden die bürgerlichen Parteien, die mich jetzt bekämpfen, gezwungen sein, mich auf den Knien zu bitten, daß ich sie mit meinen Leuten gegen die Roten beschützen solle".
Adolf Hitler ist bereit, vor dem Reichstag den großen Eid auf die Verfassung von Weimar zu leisten, wie er schon den fleinen Eid auf sie als Regierungsrat geleistet hat. Er verspricht dem amerikanischen Journalisten, daß er jeden ,, gewaltsamen Umsturz" bekämpfen wird da wird er es bald mit seiner S2. zu tun bekommen. Wie aber steht es mit den Notverordnungen? Wie steht es mit dem Friedensvertrag von Bersailles?
Darüber sagte Adolf Hitler Herrn Knickerbocker folgendes: Ich werde feineswegs nun fofort alle tot verordnungen der Regierung Brüning rüdgängig machen und ich werde ebenso wenig fofort verkünden, daß nun der Bertrag von Bersailles zerrissen werde. Die Notverordnungen jowohl wie der Berjailler Vertrag
Hier ist zu sehen ein funstvoll aufgeblasener fleiner Demagoge, wie er, taum an der Schwelle zur Macht ange langt, das Schlottern friegt.
,, Hegel bemerkt irgendwo", schreibt Marr in seinem 18. Brumaire" ,,, daß alle großen weltgeschichtlichen Ereigniffe fich sozusagen zweimal ereignen." Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce."
Napoleon III. war fein Napoleon I. , und Adolf Hitler ist fein Mussolini . Die Farce braucht sich aber von der Tragödie nicht dadurch zu unterscheiden, daß sie weniger blutig und weniger grausam ist. Bielleicht besteht der Unterschied nur darin, daß ihr auch jeder Schein der Erhabenheit fehlt, so daß sich in das Grauen, das sie verbreitet, ein ungeheures Gelächter mischt.
,, Einer Nation und einer Frau wird die unbedachte Stunde nicht verziehen, worin der erste beste Abenteurer ihr Gewalt antun fonnte," heißt es in derselben berühmten Schrift.
Der deutschen Nation diese Schande zu ersparen, ist die Aufgabe der deutschen Arbeiterklasse. Und darum wird heute