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Nr. 127 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Verbrecherische Fahrlässigkeit.

Ein Jahr Gefängnis für Othegraven.

Das Schöffengericht Berlin- Schöneberg ver­urteilte den Kunstmaler v. Othegraven, dessen Leopard Na­nosch am 29. Januar d. 3. die 1% Jahre alte Erika tödlich und deren Mutter, Frau Scharries, leicht verlehte, wegen fahrläffiger Tötung und fahrlässiger Körperverlegung zu 1 Jahr Gefäng­nis und wegen Uebertretung der polizeilichen Borschriften über Halten von Raubtieren zu 150 Mark Geldstrafe. Die Entscheidung über eine Bewährungsfrist hat das Gericht sich vorbehalten. Der Antrag des Staatsanwalts hatte auf 1 Jahr 9 Monate Ge­fängnis und 4 Wochen Haft gelautet.

Das Urteil des Gerichts ist zu recht gefällt worden. Der Kunst maler v. Othegraven, der als Afrikaforscher sich in Raubtieren aus­fennen mußte, hat durch seine verbrecherische Fahrlässigkeit das Ehepaar Scharries um ein liebliches fleines Kind gebracht. Wie grob fahrlässig er gehandelt, ergab die Beweisaufnahme. Die Ver­fügung des Polizeiamis Charlottenburg- Tiergarten ließ feinen Zweifel darüber, daß die Anwesenheit des ausgewachsenen Raub­

tieres in einer Wohnung nicht geduldet werden könne. Was tat v. Othegraven? Beim Verlassen der Abtei in Treptow , in der Na­nofch in Verwahrung war, meldete er das Tier in Neukölln nicht ab und im Polizeiamt Schöneberg auch nicht an. Verbrecherisch fahrlässig war auch die Art der Befestigung des Raubtieres.

Eine eigentümliche Rolle spielte Frau Rinte vom Tier schutzverein. Als der Regierungsrat Bloch vom Polizeiamt Char­ lottenburg auf die stritteste Durchführung feiner Verfügung bestand und mit Erschießen des Tieres drohte, nannte sie in einem Briefe an ihn sein Verhalten barbarisch. Frau Ninte war es auch, die entgegen dieser Verfügung dem Kunstmaler die Wohnung in der Kaiserallee besorgte und bei der Anmeldung des neuen Mieters im Polizeirevier das Raubtier nicht erwähnte. Sie hielt das Tier für ,, rasend" zahm, obgleich es seine Krallen auch ihr in den Hals grub, als sie eines Tages in einem Pelzmantel das Zimmer betrat. Die Ohnmacht, in die sie damals verfiel, und die Narben, die sie heute noch schmücken, haben ihrer Liebe zu Nanosch feinen Abbruch getan.

Mieterbeisitzer müssen sein!

Mehr als 1000 Mieterfunktionäre fordern sie

Die Freie Vereinigung der Mieterbeisitzer bei den Mieteinigungsämtern und Amtsgerichten Groß- Berlins" hatte die bisherigen Mieterbeifizer zu einer Rundgebung in den Bürgersaal des Berliner Rathauses gerufen, um gegen die Beseitigung der Paienbeisiger bei den Mieteinigungsämtern zu protestieren.

Rechtsanwalt Dr. Alfred Michaelis sprach über" Die Not verordnung vom 8. Dezember und den Abbau der Laienrichter". Nach längeren Ausführungen über die mietrechtlichen Bestimmungen der Rotverordnung zitierte er den Artikel 2 diefer Notverordnung: Die Amtsgerichte und die Mieteinigungsämter entscheiden ohne Beisiger." Mit diesen paar Worten ist Die Laiengerichtsbarkeit aufgehoben worden, und das in einer Zeit, in der die Rechtspflege mehr denn je Laienrichter braucht. Dit find in der die Rechtspflege mehr denn je Laienrichter braucht. Oft sind es blutjunge Assessoren, die über das Schicksal von Familien zu entscheiden haben. Hier haben die Laienrichter bei der Urteilsfindung oft wertvolle Arbeit geleistet, da sie reiche Er fahrungen aus der Praxis des täglichen Lebens haben. Die Mieter­beifizer; die durch die Notverordnung beseitigt wurden, müssen da­hin wirken, daß diese Maßnahme wieder aufgehoben wird.

Genosse Gramse vom Bund deutscher Mieter­vereine betonte, daß die Tätigkeit der Mieterbeisiger eher zur Bewahrung als zur Gefährdung der Ruhe und Ordnung beigetragen hat, daß also feine Veranlassung bestand, sie mit Hilfe des§ 48 zu beseitigen. Die Notverordnung spricht von der Schaffung des fozialen Mietrechts. Aber das kann man nicht schaffen, wenn man vorher die dazu unbedingt notwendigen Laienbeisiger entfernt.

Genosse Thäle vom Reichsbund deutscher Mieter forderte ebenfalls die Wiedereinsetzung der Beisitzer, die wertvolle foziale Arbeit geleistet haben. Wir brauchen die Laienbeisiger nicht nur bei den Mieteinigungsämtern und Amtsgerichten, sondern auch bei den Landgerichten und beim Reichsgericht. Der Zentralvorsitzende Reimann des Verbandes der Mieter und Wohnungsuchenden schloß sich diesen Forderungen an.

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ROMAN

von

S.Rosenfeld

bruch

Aus dem Russischen übertragen von Werner Bergengruen . Wenn sie beieinanderstanden und sich unterhielten, dann wirkten fie in ihrer soliden und gesezten Art, ihrem zurück­haltenden und wortfargen Wesen nicht wie Landstreicher und Gefangene, sondern eher wie Fischaufläufer, dörfliche Bieh­händler oder Kaufleute, die sich in einer anständigen Herberge ein Stelldichein gegeben haben. Dieser Eindrud verstärkte sich besonders, wenn sie Tee tranken. Das Teetrinken war hier nicht nur eine Angelegenheit, die der Stillung des Durstes dienen oder das Brot hinunterspülen sollte. So figen Freunde, die sich wieder einmal zusammengefunden haben, lange bei einer Flasche Wein, der vielleicht fauer und minder wertig ist; aber bei diesem Wein rinnt die freundschaftliche Unterhaltung so wohltuend und warm, so voll von Erinne­rungen an alte Zeiten, von Zukunftsträumen, von Klagen über die Gegenwart. Sie tranfen ihren Tee, wie die Völker des Morgenlandes ihr Nargileh rauchen, wie fromme Nichts­fuer die Perlen des Rosenkranzes durch die Finger gleiten laffen, wie Chinesen in heimlichen Spelunken oder auch im eigenen Hause, auf Teppichen und Kissen ausgeftredt, ihr Opium oder Haschisch rauchen Oder wie die Juden, wenn fie auch noch so arm sind, sich an den feierlichen Schabbestisch feßen, auf dem vielleicht nur ein fleines Stückchen Fisch und eine Scheibe Schabbesgebäck liegen und dann selig die um­ständliche Prozedur des feiertäglichen Mahles abwickeln, eine Prozedur, deren Element nicht so sehr das Religiöse als viel­mehr das Traditionelle ist.

Sie tranten ausführlich ihren Tee, bis zu zehn Bechern, fie schwitzten, sie zogen die Kittel aus, knöpften die Hemd fragen auf, wischten sich den Schweiß mit großen Schnupf tüchern oder gar mit Handtüchern ab, gingen auf die Seite, um ,, nach den Pferden zu sehen", famen zurüd und tranten weiter. Und beim Tee rann das Gespräch, sie tauschten

Eine Entschließung, die diese Forderungen vertritt, wurde einstimmig angenommen. Es heißt darin: Die Hinzuziehung der von den Mieter und Bermieterorganisationen bestellten Beisitzer entsprach dem verfaffungsmäßigen Recht des Boltes auf Mitwirtung in der Rechtspflege und lag im Interesse einer sozialen Recht sprechung. Mehr als 1000 Mieterbeisiger Groß­Berlins, die seit vielen Jahren als solche tätig sind, fordern oie Wiedereinführung der sozial und kulturell wertvollen Laiengerichts­barkeit. Ein den Bedürfnissen aller Volksschichten geredyt werden des soziales Mietrecht hat zur unerläßlichen Voraussetzung, daß durch Mitwirtung von Laienrichtern eine soziale Rechtspflege ge­fichert wird."

Zum Schluß betonte der Leiter der Kundgebung, Genosse Lange, daß die Bereinigung der Mieterbeisiger bestehen bleibt und tatkräftig für die aufgestellten Forderungen arbeiten wird.

Haftbefehle gegen Verräter.

Gie decken immer noch ihre Nazi- Mitverschworenen. saffäre d

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Mittwoch, 16. März 1932

nichts Belastendes zutage. Bisher fonnte noch immer nicht fest­gestellt werden, wer der Betreffende war, mit dem Lange im Ber­ liner Gaubüro der Hafenkreuzler in der Hedemannstraße mehrfach verhandelt hatte. Zu diesem Teil der Untersuchung schweigt sich der verräterische Offizier beharrlich aus.

,, Nazi von öftlichem Aussehen."

Universitätsfrawallisten vom Schöffengericht verurteilt.

Bor dem Schöffengericht Berlin- Mitte fanden am Dienstag die Universitätskrawalle vom 29. Juni v. 3. ein viel zu ipätes gerichtliches Nachspiel. Ein stud. jur. Schliffermann wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt.

Im Anschluß an eine Protestfundgebung der Nazistudenten innerhalb der Universität fam es, wie erinnerlich, an diesem Tage zu schweren Ausschreitungen der Hakenkreuzstudenten gegen ihre linksgerichteten Kommilitonen. Drei Krawallbrüder wurden fest­gestellt. Der Senat sprach einen von den dreien, den 22jährigen. stud. theol. Frenzel, frei und verwies die stud. jur. Schlitter­mann und Simon von der Universität. Frenzel erhielt darauf von der Polizei wegen gemeinschaftlicher Körperver= legung einen Strafbefehl auf 6 Wochen Gefängnis, Schlittermann einen solchen auf 2 Monate Gefängnis und Simon auf 7 Wochen Gefängnis. Alle drei legten gegen die Strafbefehle Einspruch ein, über die das Schöffengericht Berlin- Mitte jezt zu entscheiden hatte. Interessant war die Aussage des Rektors Professor Deißmann1. Der Vertreter der Nazistudenten hatte ihn gebeten, die Protest­versammlung zu gestatten. Professor Deißmann verweigerte seine Erlaubnis dazu, erklärte sich aber bereit, die Protesterklärung unter der Bedingung entgegenzunehmen, daß die Studenten unmittelbar danach auseinandergingen. Er nahm dann tatsächlich die Protest­erflärung entgegen, die Nazistudenten dachten aber gar nicht daran, auseinanderzugehen. Bald hier, bald da fielen sie trotz der Anwesen­heit des Rektors und seiner Bedelle über ihre Kommilitonen her, obgleich die Führer der Hakenkreuzler erst vor wenigen Tagen ver­fprochen hatten, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Amüsant war die Antwort des Rektors auf die Frage des Borsigenden, ob es mög lich mar, festzustellen, mer Nazis, wer Kommunisten waren. Dos war ganz unmöglich", sagte er, es gibt Kommunisten mit blondem wallenden Haar und Nazistudenten von ausgesprochen östlichem Typus. Das Gericht sprach den Angeklagten Frenzel frei und verurteilte den stud. jur. Schlittermann zu einem Monat Gefängnis und den stud. jur. Simon zu 50 Mark Geldstrafe.

Ein Jahr Gefängnis für Rauh. Schwere Beftechung und trotzdem mildernde Umstände.

Das Potsdamer Schöffengericht verurteilte den Stadtbauinspektor Rauh vom Hochbauamt in Potsdam wegen schwerer und einfacher Bestechung unter Zubilligung wildernder Umstände zu insgesamt einem Jahr einem Mo­nat Gefängnis. Dem Angeklagten wurde die Fähigkeit, öffent­liche Aemter zu befleiden, auf die Dauer von zwei Jahren ab­gesprochen. Die gezahlten Bestechungsgelder oder deren Wert än Höhe von 6500 M. fallen dem Staat zu. Die Mitangeklagten, Wer­ner und Herbert lie aus Potsdam , wurden wegen Be­stehung zu je 2000 Mart verurteilt. Rauh, der bisher in Haft war, wurde auf freien Fuß gesetzt. Die mildernden Um­drücklich hervorhob, nicht etwa darin gefunden, daß der Angeklagie die Bestechungsgelder dem Stahlhelm zugewendet hat, sondern weil er fich jahrelang als tüchtiger Beamter bewährt hat, bis er vor vier bzw. fünf Jahren zu strauchein anfing. Daß Rauh große Summen dem Stahlhelm gegeben habe, tönne nach An­sicht des Gerichts den Angeklagten in feiner Weise entschuldigen. Die Führerschaft im Stahlhelm bringe gewisse Untoften mit fich. Wer die Mittel dazu nicht habe, müsse die Finger davon lassen und sich nicht zu strafbaren Handlungen hinreißen lassen.

In der Hochverratsaffäre der Berliner Schupo beamten ist gestern im Laufe des Tages gegen den beschuldigten Leutnant Lange und den Polizeiwachtmeister Schulz Briefen vom Untersuchungsrichter in Moabit Haftbefehl erlassen worden. Die gleichfalls der Mittäterschaft beschuldigte Buchhalterin Gerstände wurden, wie der Vorsitzende, Landgerichtsrat v. Horn, aus­trud Müller und der Oberleutnant a. D. Schlüter, zur Zeit Weinhändler, sind wegen mangelnden Tatverdachts wieder frei­gelassen worden.

Lange hatte behauptet, daß Schlüter, der vor einigen Jahren aus der Schußpolizei ausschied, mit ihm zusammen den ganzen Plan zur Beschaffung der Pläne der Polizeiunterkünfte und der Waffen- und Munitionslager verabredet und zum Teil auch aus­geführt habe. Der frühere Polizeioffizier Schlüter bestritt das ent­schieden, und eine überraschende Haussuchung bei Sch. führte auch

Erinnerungen aus an alte Gefängniszeiten, Rutenstrafen, I besonders die reichgewordenen Hocker warmer Freundschaft Fluchten, Ansiedlungsrayons, sibirische Dörfer. Sie sprachen bekümmert von verschollenen oder ums Leben gekommenen Freunden; sie erörterten neidvoll das Geschick anderer, die es verstanden hatten, sich ein gesichertes Leben aufzubauen, zu Wohlstand, Familie, Haus und Hof zu gelangen.

Manche von den alten Kriminalverbrechern, die ihre 3wangsarbeits- und Zwangsansiedlungszeit hinter sich hatten, faßten Fuß in einem reichen Dorf, fingen einen Handel an, machten einen Laden oder eine Herberge auf, wurden reich und lebten durchaus häuslich. Natürlich waren diese reichen ,, Hocker " Gegenstand der Mißgunst und des verhohlenen Neides seitens der Erfolglosen, denen es ihr Leben lang nicht glücken wollte, aus den ewigen Mißgeschicken, Gefängnissen, Transporten, Verdächtigungen und Verhaftungen hinaus­zufinden, also furz: feitens der alten Tippelbrüder.

In ganz Rußland gab es damals mehr als dreimal hunderttausend Verschidter und zwangsweise Angefiedelter. Mit Anbruch des Frühlings pflegte ein Drittel dieser un geheuren Arme Reißaus zu nehmen. Nur wenige von ihnen, findige und gewandte Burschen, gelangten nach Rußland , manche andere verstanden es, sich auf irgendeine Art in Sibirien einzurichten, alle übrigen aber, die eigentlich feine anderen Hilfsmittel hatten als das warme Sommerwetter und die Unterkunftsmöglichkeiten, die ihnen der Urwald bot, ftrolchten in großen Schwärmen umher und nährten sich von der Jagd; oft kamen sie auch aus dem Urwald auf die Land­Straßen, erschienen plötzlich in Dörfern und Anfiedlungen, stahlen und raubten.

Die wirtschaftlich tüchtigen und erfolgreichen Hoder", die von jeher im Ruf hartherziger Egoisten, unerbittlicher Blutsauger und heimtüdischer Berräter ihrer ehemaligen Freunde und Gefährten standen, machten oft Jagd auf die Flüchtlinge, denen es nicht gelungen war, einen Unterschlupf im Urwalde zu finden. Vom Kopf bis zu den Füßen be­waffnet, ritten oder fuhren sie umher, legten Hinterhalte, organisierten förmliche Kesseltreiben und brachten nach Räuberart mitleidslos Dugende von Unglücklichen um. Sie fingen auch Lebende, so viele fie fonnten, lieferten sie den Behörden aus und ließen sich dafür die für jeden eingebrachten Flüchtling ausgesetzte Belohnung zahlen. Die Behörden waren mit dieser Pragis natürlich von Herzen einverstanden: sie hatten an diesen freiwilligen Hütern der gefeßlichen Ord­nung ja ihre treuen und zuverlässigen Bundesgenossen. lleberhaupt erfreuten sich die wirtschaftlich selbständigen und

und Protektion bei den Behörden. Bon den ,, Hockern" habe ich nie anders sprechen hören auch in ihren eigenen Kreijen nichtais von gemeinen, blutdürftigen, bestechlichen und zu jedem Berbrechen bereiten Leuten. Es fam auch sehr häufig vor, daß reisende Kaufleute oder andere Personen, bei denen fich Geld vermuten ließ, ausgeraubt und ermordet wurden, wenn sie bei ,, Sodern" einkehrten. Die Habsucht der Hocker -sogar solcher, die bereits begütert genug waren, um ihr Leben in aller Behaglichkeit hinbringen zu fönnen, fannte feine Grenzen. Kam zu ihnen ein Flüchtling, der Geld hatte, jo nahmen sie ihn in Schutz, versorgten ihn mit Essen und Trinken, stellten ihm Pferde zur Weiterfahrt zur Verfügung, nur um möglichst hohe Summen aus ihm herauszupressen.

Mit dem Einsegen der Winterfröfte nahm die freie Herr­lichkeit der Flüchtlinge ein Ende. Biele famen scharweise in die Stadt, geradenwegs zum Gefängnis, wo sie ihren Bissen Brot und ihr Dach über dem Kopf hatten; zu diesem 3wed gaben sie sich als Paßloje aus und rüdten mit ihren Namen nicht vor Frühlingsbeginn heraus. Biele andere, die sich vom Komfort des Gefängnisses weniger angezogen fühlten, zogen in die besiedelten Gebiete, plünderten Dörfer und ließen es auf regelrechte Kämpfe mit den Hodern an­kommen. Manche zogen einzeln oder gruppenweise von Dorf zu Dorf und bettelten um ein Stück Brot, aber da man bei ihnen meist schlimme Absichten vorausfegte, so tamen fie damit nicht weit und gerieten oft den Behörden in die Hände. Wenn die große Kälte einfeßt, dann fand man überall auf Landstraßen und Seitenwegen, in der Nähe der Ansiedlun­gen, manchmal sogar in den Höfen der Bauernhäuser die froststeifen Leichen Berhungerter und Erfrorener. Man hat beren in Sibirien nach Tausenden gezählt, wie viele aber mögen im Urwalde umgekommen sein, ohne daß man sie je gefunden hätte?

Ich hörte den alten Tippelbrüdern zu und gewann aus ihren fnappen, abgerissenen und manchmal verworrenen Er­zählungen immerhin eine Borstellung vom Leben in den Gefängnissen, Zuchthäusern, Zwangsanfiedlungen und Ber­schickungsorten. Ueber ihr persönliches Leben und die hinter ihnen liegenden Verbrechen sprachen sie felten, kurz und widerwillig. Sie neigten dazu, einen Schleier über ihre Ber­gangenheit zu breiten, und in der Tat hatte wohl jeder von ihnen ein Geheimnis zu hüten, vielleicht ein blutiges Ber brechen oder gar eine ganze Kette von Untaten zu verheim­( Fortfegung folgt.) lichen.