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Rr. 131 49. Jahrgang,

2. Beilage des Vorwärts

Freitag, 18 März 1932

,, Nicht mehr bauen?"

Legenden um den Wohnungsbedarf/ Es muß gebaut werden/ Es fann billig gebaut werden.

Wer das von uns veröffentlichte Arbeitsbefchaffungs| den Wohnungsbau ausüben. Für den gegenwärtigen programm des Reichswirtschaftsrats durchfah, wird Wohnungsbedarf sind die Feststellungen aber zu feinem großen Erstaunen festgestellt haben, daß dort zwar für| bedeutungslos, was von Kahn ausdrücklich gesagt worden ist. Hausreparaturen ein verhältnismäßig großer Boften eingesetzt ist, Das einzige neue Argument Namragtis ist lediglich, aber für den Wohnungsbau selbst nicht eine Mart. daß man bei der Untersuchung der Bevölkerungs.tendenzen einen Ueber die Notwendigkeit von Hausreparaturen ist nun tein Wort Unterschied zwischen Stadt und Land machen muß, und zwar des zu perlieren Aber ist das ein Grund, um in einem großen Arbeits- halb, meil sich der Rückgang der Geburtenzahl in den Städten schon beschaffungsprogramm den Bohnungsbau vollständig zu ignorieren? früher bemerkbar machte als auf dem Land. Nawragti meist nach, Dentbar, aber nicht entschuldbar wäre es, daß der Reichswirt- daß schon von 1905 ab in den Großstädten ein bedeutender Abfall schaftsrat es unterlassen hat, den Wohnungsbau in sein Arbeits in der relativen Geburtenhäufigkeit auftrat; und das muß zur beschaffungsprogramm aufzunehmen, weil er befürchtet. daß sich die Folge haben, daß schon von jetzt an die Heiratshäufigkeit in den privaten Mittel, die neben den öffentlichen Mitteln jedenfalls er­zum mindesten in den Großstädten sich ungünstiger forderlich wären, gegenwärtig nicht würden auftreiben lassen. Wir entwideln muß, als es fonft zu erwarten wäre. Aehnliches gilt halten diese Befürchtung für unbegründet und weisen darauf hin, auch für die Sterbezahl. daß im Gesezentwurf der sozialdemokratischen Reichs= tagsfraktion für 1932 auch, die Wege aufgezeigt werden, die beschritten werden müssen, um die an sich augenblidlich gemiß fpör lich fließenden Quellen des Kapitalmarites für diefe 3mede zu erschließen.

Das Allerbedenklichste aber ist es, daß es falsche Pro­phelen gibt, die die Einstellung des Wohnungsbaus

direkt zum Programm erheben.

Es gibt eine mächtige Interessentengruppe, für die eine folche For­derung eine Tugend", nämlich ein Geschäft ist. Das find die Sausbeliger. Sie befinden sich in der Lage des Monopplisten, der ein Intereffe daran hat, daß das Angebot der von ihm feil gehaltenen Ware möglichst perfnappt wird. Die Haus­befizer erbliden in der Einstellung des öffentlichen Wohnungsbaues nicht nur eine günstige Aussicht dafür, daß der Leerstand von Woh­rungen der heute allerdings im wesentlichen auf die Häufer mit Großpohnungen beschränkt ist völlig aufhört, sondern darüber hingus noch die Wohnungsmieten fräftig in die höhe schnellen

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Diefe Perfpeftive wird auch ziemlich unverblümt in einem Budh angedeutet, das von der Hausbefizerorganisation herausgegeben und zu dem ihr rühriger Vorsitzender Humar ein Vorwort ge­fchrieben hat. Es heißt. ,, Benölterungsaufbau, Wohnungspolitik und Wirtschaft" und hat den gelehrten Herrn Dr. Nawragti zum Verfasser. Dieses mit einem großen statistischen Apparat.arbei­tende Buch fordert ganz offen die Wiederherstellung der freien Wirtschaft im Wohnungswesen, das Aufhören der öffentlichen Bautätigkeit, die Aufhebung der Zwangsmieten für Altwohnungen, eine entsprechende" Senkung der Hauszinssteuer und die Ber­mietung der Neubauwohnungen unter Zugrundelegung der Ge ftehungskosten. Leiper vergißt der gelehrte Autor nur über seinen Dielen Berechnungen eine Schäßung darüber, mie hoch sich bei feinem Programm die Mieten in den Alt und Neubauwohnungen für die proletarischen Familien fteffen würden. Daß bei brutaler Wohnungspolitik per fubjektive Bedarf" an Bohnungen gebedt wäre, glauben wir freilich auch. Die Nachfrage wäre nämlich tot­gefchlagen.

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Run passiert das Merkwürdige, daß das sonst sehr pernünftige Berliner Tageblatt" in einem Leitartikel mit der alarmie­renden Ueberschrift Nicht mehr bauen! Arbeitsbeschaffung an der falfdjen Stelle ausgerechnet für dieses Buch. Reflame macht und ohne den Bersuch einer Nachprüfung seiner Argumente der Legende

Städten

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noch immer bleibt also die Tatsache bestehen, daß, wenn im laufen­den Jahre 200 000 Wohnungen mit öffentlichen Unter­stützungen gebaut werden sollten, taum der laufend ent fte hende 3umachsbedarf an Wohnungen befriedigt wird­unabhängig von der Verteilung auf die einzelnen Stadtgrößen und auf das flache Land, die für die Aufstellung des Wohnungsbau­programms an sich nur sekundäre Bedeutung hat. Es bleibt be­stehen, daß der drängende Rachholungsbedarf an Wohnungen noch immer unbefriedigt bleibt, ganz zu schweigen davon, daß ein ge­wisser Leerstand von Kleinmohnungen notwendig ist, wenn die Freizügigkeit der arbeitenden Bevölkerung nicht auf dem Bapier stehenbleiben soll.

Wenn man bei diesen unwiderleglichen Feststellungen nur immer mieder auf den Leerstand von Reubauwohnungen hin­Folgt aber daraus, daß heute schon ober auch nur in weist, um damit zu beweisen, daß der subjektive Wohnungsbedarf" den nächsten Jahren keine Wohnungen mehr in den größeren bereits gebedt ist, so darf daraus nur der Schluß gezogen werden, Städten gebaut merden sollen? Eine solche Schlußfolgerung märe daß zum Teil etwas am Bedarf vorbeigebaut wurde, d. h. man pöllig unbegründet, wird auch von Nawragti taum gehat teilweise zu lange den Bau größerer Wohnungen fortgesetzt magt, und es blieb dem Berliner Tageblatt" vorbehalten, papft und den Kleinwohnungsbau vernachlässigt. Gerade deshalb hat der licher als der Papst und unsozialer als der wissenschaftliche Inter sozialdemokratische Gesezentwurf, ausschließlich den Bau effenvertreter der Hausbefizer zu sein. Selbst wenn man nam einfachen Kleinmohnungen verlangt, die angesichts der lich annähme, daß der Anteil der größeren Städte an dem 3u start gesunkenen Bautoften, zu niedrigen Mieten erstellt werden machs an Haushaltungen, den das Statistische Reichsamt tönnen. für das ganze Reich für das laufende und die nächsten Jahre auf 250.000 jährlich schäßt, allmählich wieder sinfen sollte, so bleibt doch noch ein ungeheurer Wohnungsbedarf in diefen Städten bestehen.

Noch immer muß die Zahl der wohnungslosen Haushalte auf einige Hunderttausende gefchäht werden, noch immer geht die Zahl der abbruchreifen. Wohnungen, die nur wegen der Woh­nungsnot noch weiter bewohnt werden müffen, in die Hundert­faufende.

Unmögliche Schiffahrtspläne!

Reichsgelder für Hapag- Lloyd- und ohne Kontrolle?

Die deutsche Großschiffahrt ist seit Monaten sanierungs­reif. Daß die Sanierung nur mit Reichsgeldern durchgeführt werden tann, steht fest. Was aber danon bisher befannt geworden ist, muß den Widerspruch der Oeffentlichkeit hervorrufen, trotz aller Dementis über ,, unzutreffende Kombinationen".

Drei Gründe find es, die die Hapag- Lloyd- Union in die heutige schmierige Lage gebracht haben: Der fatastrophale Rüdgang des Weltverkehrs das Wettrüsten zwischen Bremen und Hamburg und wieder einmal eine Feichtfth nige Finanzpolitit Der Nordlloyd hat das Geschäftsjahr 1931 mit einem feinen Betriebsgeminn abgeschlaffen; aber für den starf erhöhten Ab. fchreibungsbedarf ist nichts verdient. Die Hapag hat sogar im Betrieb einen Berlust erlitten. Nun ist die Hapag an die deutschen Banten mit mehr als 90 Millionen Mart, der Lloyd mit mehr als 40 Millionen Mark kurzfristig verschuldet. Die Banten sind nur bereit, die Kredite zu 6 Prozent zu verlängern.

Die Hapag - Llond- Union braucht aber, um ihren Betrieb fort­führen zu können, mehr als 90 millionen Mark neues

Borschub leiſtet, daß kein eigentlicher Bohnungsbedarf vorhanden kapital. Diefen Betrag follen Reichsstellen hergeben, nach:

und öffentliche Wohnungsbauförderung überflüffig ist.

Sieht man nun bei Namrazki näher zu, fo bemerkt man mit Staunen, daß Nawragti im wesentlichen

olle bevölkerungsstatistische Kamellen als neue Weis­

heiten

anpreift. Es ist schon lange befannt- besonders seit dem aus gezeichneten Buch von Ernst Kahn Der internationale Geburtenstreit", daß der Geburtenüberschuß ständig zurüd­geht und sich in berechenbarer Zeit in einen Sterbeüberschuß ver­mandeln wird, daß der starte Prozentsaz der Eheschließungen nur eine vorübergehende Erscheinung ist und dementsprechend der Woh nungsbedarf, soweit er dieser wichtigsten Quelle entspringt, allmah lich zurüdgehen muß. Gestritten wird nur darüber, mit welchen Größen man pie einzelnen Fafioren in Rechnung stellen fann. Die Tendenz als solche ist unbestritten und wird natürlich in einigen Jahren, vor quem vom Jahre 1940 an, einen starten Einfluß quf

dem man öffentlich noch vor turzem jeden Gedanken an Subpen­tionen mit gutgespielter Entrüstung abgeleugnet haite.

Zunächst hatte Hapag- Lloyd bis zum 1. April einen Kredit von 26 Millionen Mark erhalten, fast ausschließlich von der Reichs­freditgesellschaft. Dieser Kredit muß verlängert merden; denselben Betrag soll ein Bankentonsortium( unter wesentlicher Beteiligung öffentlicher Banken) neu geben. Für beide Kredite, 52 Millionen Mart, wird das Reich die Bürgschaft übernehmen.

DDR

Wenn es also einen dringenben Bedarf gibt, ber ein Arbeitsbeschaffungsprogramm recht. fertigt und beffen Befriedigung eine Borqusa fegung für die Wiederbelebung der Wirtschaft ist dann ist es in allererster Linie der Klein­wohnungsbedarf. Es muß mit öffentlicher For derung gebaut, und es tann billig gebaut werden. Bormärts also! Mieter und Wirtschaft brauchen

es!

lorene Zuschüsse zahlen, damit etwa 300 000 Tonnen Schiffs­raum als altes Eisen ausrangiert werden, tönnen. Diese Summe ist über Erwarten groß fie soll die Möglichkeit gewähren, neue und moderne Schiffe zu bauen! Wahrlich eine tolle Sache: weil zuviel Schiffe vorhanden sind, werden 300 000 Tonnen kaputt ge­schlagen und sofort neue gebaut, obwohl niemand weiß, melche Entwicklung die Weltschiffahrt nehmen wird! Für die Förderung des Kleinwohnungsbaues hat man kein Geld und hier?

Damit die Abschreibungen auf Schiffe und Aktien vorgenommen werden fönnen, soll das Kapital von Hapag und Lloyd im Ver­hältnis 10: 3 zusammengelegt werden, wodurch 227,5 Millionen Mart frei werden.

IInd was erhält das Reich für die( wenigftens teil­meife) gefcheniten 40 Millionen Mart, für die Bürgschaft für 52 Millionen Mart? Nichts! Nicht einen Kontrollposten in der Berwaltung! Die Gesellschaften werden nicht einmal zur Fusion gezwungen; der Aufsichtsrat wird vereinigt, aber jede. Gesellschaft behält ihren Vorstand. Das geht abfolut nicht! Steuergelder zur Sanierung erforderlich sind, dann nicht ohne Kon­trolle. Was dem Privatapitalrecht ist, ist dem Staat und dem Steuerzahler billig.

Wenn

Die Reichsbanf am 15. März. nur geringe Entlastung.- Der Einfluß der Präsidentenwahl. Neue Devisenabgaben

Der Reichsbantausweis vom 15. März zeigt nur eine geringe Entlastung gegenüler der Vormoche. Die Wechselbestände ver ringerten sich um 4 auf 3264,3, die Lombarddarlehen um 18,3, auf 200,2 Millionen Mart. Die Reichsschahmechselbestände haben um 4,4 auf 38,6 millionen Mark zugenommen. Die fremden Gelder quf dem zinsfreien Girofonto vermehrten sich um 25,6 auf 344,5 Millionen Mark.

Die Reichspp st, die ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Schiffahrtslinien hat, wird 10 Millionen Mart beisteuern ob als Borschuß auf die Postbeförderung oder als verlorenen Zu­schuß, ist zweifelhaft. Die Bant für Deutsche Industrie- Die geringe Entlaffung der Reichsbant muß gegenüber der bis­obligationen foll ebenfalls 10 Millionen Mart hergeben. Aus herigen Entwidlung auffallen. Aber es gibt Gründe genug dafür. diesen Beträgen soll vor allem der am 1. April fällige Holland - Der Hauptgrund ist ein politischer, nämlich die Angst vieler Kreise Kredit in Höhe von 17 Millionen Marf abgelöst und die dafür vor den Folgen eines Hitler- Sieges bei den Präsidentenwahlen. Bei verpfändeten Hamburg - Süd- Attien ausgelöst werden. den Spartassen haben sich in den Wochen vor dem 13. März die Schließlich soll das Reid 20 millionen Mart verGinleger wieder Gelder geholt. Biele Industriefirmen und Banken

Rauchen Sie lieber

eine Zigarette weniger, aber dafür

eine gute

Klasse 4

Bergmann Klasse

Haus

5 Stück 20

Allen Packungen liegen bei:

Bergmanns Bunte Bilder von Walter Trier . Wertvolle Stickereien nach Prof. Poetter.

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