1932
Der Abend
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Nr. 134 B 67 49. Jahrgang
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Reichshilfe für Reedereien
77 Millionen zur Stüßung der Groß- Schiffahrt
Die Reichsregierung hat beschlossen, daß das Reich für die in Not geratenen deutschen Reedereien und Schifffahrtsunternehmungen einen Gesamtbetrag von 77 Millionen Mart garantiert, wovon 7 Millionen auf die Trampreedereien, der Reft auf die übrigen entfällt. Borausfehung für diese Hilfsaktion ist, daß die alten Kreditgeber und die Geschäftsführung der Reedereien gewiffe Unterlagen dafür schaffen. Die alten Kreditgeber haben fich bereit erklärt, die bis Ende März dieses Jahres laufenden Konfortialkredite von 140 Millionen Mart zu einem niedrigeren Zinsfuß zunächst bis Ende Februar 1933 weiterlaufen zu laffen. Der Zinsfuß entspricht dem Reichsbankdiskont. Für die Kredite in ausländischer Währung von rund 67 millionen Mark find die Bestimmungen des Stillhalteabkommens maßgebend.
Die Borstände der Hapag und des Norddeutschen Lloyds find übereingekommen, ihr Aktienkapital im Berhältnis von 10: 3 3ufammenzulegen, d. h. bei jeder der beiden Gesellschaften auf 48 Millionen Mart. Außerdem bleibt ein Refervefonds von 4,8 millionen und eine Spezialreserve von 24 Millionen bei jeder der beiden Gesellschaften bestehen. Die feit dem Borjahre eingeleiteten Sparmaßnahmen der beiden Gesellschaften werden verstärkt durchgeführt, so daß Minderausgaben von 65 millionen Mart erreicht werden sollen.
Ein neues Bantenfonsortium, an dem jedoch die Bank für InBuftrieobligationen, die Reichspoft und die Reichsbahn nicht beteiligt find, foll weitere Sredite von 46,4 millionen Mark zu den für die allen Kredite vereinbarten Sätzen zur Verfügung stellen. Dafür werden entsprechende
Sicherungen gegeben in der Verpfändung von Schiffswerten,
fn der Uebereignung von Wertpapierbefik u. a. m. Jn den Bilanzen der beiden Gesellschaften find nicht enthalten die Ansprüche auf 144 Millionen Mark Freigabegelder( für die im Weltfrieg in USA . beschlagnahmten Schiffe) und auch nicht die Restzinsbeträge von 34 Millionen Mart für frühere Freigabegelder, die erst im laufenden Jahr durch den zu erwartenden Spruch des Obersten Gerichtshofes zahlbar werden. Diese Ansprüche werden im Ausmaß der Auszahlung der Reichsbeihilfe dem Reiche übergeben werden. Der fünftige gmeinsame Berwaltungsrat von Hapag und Cloyd foll aus 30 Mitgliedern bestehen, von denen acht der Zustimmung der Reichsregierung bedürfen. Zur Sicherung der Uebersicht über die Maßnahmen der Geschäftsführung behält sich die Reichsregierung vor, unter den Mitgliedern des Aufsichtsrates einen besonderen Berfrauensmann zu ernennen.
Durch eine besondere Abwradprämie bis zu 23 Millionen Mark follen die Reedereien in den Stand gefeht werden, beim Wieder aufleben der Konjunktur rasch Schiffbauaufträge zu erteilen, da ein großer Teil des gegenwärtigen Schiffsparks den zeitgemäßen Ansprüchen an Schnelligkeit nicht mehr genügt.
„ Geverings faschistischer Kurs." Entdeckung bei der KPD. - Alter Unsinn in neuer Auflage. Bor der Präsidentenwahl vom 13. März hat die„ Rote Fahne " an die Arbeiterschaft die Parole ausgegeben:„ Die Hauptgefahr ist nicht Hitler , die Hauptgefahr ist Severing!"
In Berlin hat diese Parole die durchschlagende Wirkung gehabt, daß troz stärkerer Wahlbeteiligung die Kommunisten 54000 Stimmen weniger erhielten als bei den letzten Reichstagswahlen. Im ersten Schreden hat die„ Rote Fahne" daraufhin bolichemistische Selbsttritit" verheißen. Das Wesen der boliche. wiftischen Selbstkritik scheint darin zu bestehen, daß man die didsten Batten im eigenen Auge nicht entdeckt. Würde die Rote Fahne" wirklich Selbstfritit treiben, so müßte sie zugestehen, daß es vollendeter Unsinn war, den Arbeitern Dorzufchwätzen, daß Severing für sie gefährlicher sei als Hitler . Solche frummen Gedankengänge fönnen wohl im Gehirn eines verstiegenen Kaffeehausrevolutionärs entstehen, aber bei der natürfichen und gesunden Dentweise der Arbeiterschaft finden sie keinen
Eingang.
Inzwischen hat Severing die Illustration dazu gegeben, inmiefern er die Hauptgefahr" bildet. Er hat jene umfassende Polizei attion, gegen die Verschwörerbande der Nazis eingeleitet, die das ganze Hitler- Lager wie einen Schwarm aufgescheuchter Nachtvögel in die hellste Aufregung verfeit hat. Troz allen Geschreis, das von den Ertappten und ihrer Presse erhoben wird, trog ihrer Versuche, durch Einwirkung auf Reichsstellen die preußische Attion lahmzulegen, arbeitet der preußische Innenminister
Bolschewistische Selbstkritik
Die Rote Fahne" verheißt angesichts des fommu nistischen Stimmenrüdgangs in Berlin , Hamburg usw. ,, bolfchewiftische Selbstkritik"
PAROL
SOW
„ Siehst du, Sozialfaschist, auf diesem Wege falle ich jedesmal in dasselbe Dreckloch. Und nun werde ich dir beweisen, warum es der richtige Weg ift".
mit ruhiger Festigkeit weiter, und die nächsten Tage dürften zeigen, daß die preußische Aftion fein blindes Umbertappen war, jon dern das bisher peinlichst verborgen gehaltene Geheimtreiben der Hitlerschen Privatarmee entschleiert hat.
Katzenellenbogens Glück.
Mildes Urteil- Strafe bereits verbüßt.
In dem Prozeß gegen Katzenellenbogen und Genoffen wurde heute um 1½ Uhr das Urteil verkündet:
Kahenellenbogen und Templin werden wegen fortgefehten Vergehens gegen§ 314 des Handelsgesetzbuches( Bilanzverschleierung) verurteilt, und zwar Kahenellenbogen zu drei Monaten Gefängnis und 10 000 Mart Geldstrafe und Templin an Stelle einer an sich verwirften Gefängnisstrafe von einem Monat zu 10 000 Mark Geldstrafe und zu einer weiteren Geldstrafe von 10 000 Mart. Das Verfahren wegen prospettbetruges wird eingestellt. Von der Anklage der Untreue wird kahenellenbogen freigesprochen. Die gegen Katzenellenbogen verhängte Gefängnisstrafe gilt als durch die Untersuchungshaft verbüßt. Die Angeklagten Dr. Sobernheim, Kuhlmey und Funte werden freigesprochen.
Zusammenstoß im Tunnel. - 7 Zote und 27 Verletzte. Neapel , 19, März.
Um Freitagabend ereignete sich ein schweres Eisenbahnunglüc auf der Untergrundbahn von Neapel , wobei fieben Menschen getötet und 27 mehr oder weniger schwer verletzt wurden.
Die Untergrundbahn von Neapel verbindet den Hauptbahnhof mit Fuerigrotto und mit dem Bahnhof, von wo aus die direkten Schnellzüge nach Rom abgehen. Infolge Unvorsichtigkeit des Maschinenpersonals stießen am Freitagabend zwei Arbeiterzüge in voller Fahrt zusammen.
Stegerwald und die Nazigefahr.
Wirtschaftsfrise ist Bertrauenstrije.
Paris , 19. März.( Eigenbericht.) Reichsarbeitsminister Stegerwald hat dem Berliner Korrefpondenten des Petit Journal" eine Unterredung gemährt, in deren Berlauf er interessante Erklärungen über die Lage in Deutschland und über die deutsch - französische Zusammenarbeit abgab.
lofigkeit in Deutschland aus. Er erklärte, daß die SchwanDer Minister sprach sich zunächst über die große Arbeitstungen der Außenpolitit, die Furcht vor einer neuen Inflation und vor allem die Ausdehnung der Schutzollmaßnahmen in Europa nicht erlaubten, auf eine bedeutende Verminderung der Zahl der Arbeitslosen zu rechnen. Die Reichsregierung habe ein umfangreiches Programm für öffentliche Arbeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aufgestellt, aber es
Das könnte sogar möglicherweise auf fommunistische Arbeiter Eindruck machen. Zwar nicht auf die blind folgenden Partei chose, denen man, um ein Bort der ehemaligen Führerin Ruth Fischer zu gebrauchen, fogar unwidersprochen die Refehle das Geld zur Ausführung. gierung des Mondes empfehlen darf, wohl aber auf jene Wählermassen, die mur gefühlsmäßig, aus der Unzufriedenheit der Krise und der Verbitterung der Arbeitslosigkeit heraus Thälmann gewählt haben. Um dies zu verhüten, erscheint die Rote Fahne am Sonnabend mit der Schlagzeile Geverings faschistischer Kurs in Preußen". Wahrhaftig, wenn man in die Geheimnisse der Faschisten hineinleuchtet, so ist das ein faschistischer Kurs". Und dann folgt im Innern des Blattes eine Karikatur auf die Polizei attion Severings, wie sie im Angriff" nicht schöner stehen fönnte. Die Unterschrift läßt Severing verfichern, daß er nur Spaß mache, damit die SPD. - Arbeiter an feinen Kampf gegen den Faschismus glauben...
Fremde Kapitalien feien notwendig. Allein folange das Bertrauen im Innern des Landes wie im Auslande nicht wieder hergestellt sei, fönne man nicht auf den Zufluß fremder Kapitalien rechnen.
Unftillbare Sehnsucht der fommunistischen Führer ist, einen rid oder einen lagges auf dem Stuhle des preußischen Innenministers zu sehen. Unter einem von ihnen würde fogar die Rote Fahne" sofort eine sehr zahme und gemäßigte Tonart finden, wenn ihr Erscheinen überhaupt noch möglich wäre. Aber es scheint uns doch besser, den Kommunisten diese Sehnsucht nicht erst zu erfüllen.
Auflösung der bremischen Bürgerschaft abgelehnt. Die bremische Bürgerschaft hatte sich in der Freitagssigung mit dem Auflösungs antrag und einem Mißtrauensantrag gegen den Senat zu beschäf: die Auflösung der Bürgerschaft abgelehnt. Abgelehnt wurde tigen. Nach eingehender Aussprache wurde furz nach Mitternacht auch der Antrag, dem Senat das Mißtrauen auszusprechen.
Das Anwachsen des Nationalsozialismus habe die Wiederherstellung des Bertrauens verhindert. Das Ergebnis der Wahlen vom 13. März zeige jedoch, daß der Bormarsch der Hitlerbewegung nicht so groß sei, daß die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands dadurch endgültig gefährdet werde. Wenn die Nationalsozialistische Partei illegale Mittel anwende, werde die Reichsregierung die notwendige Energie zeigen.
Die deutsch französische Zusammenarbeit, be tonte der Minister, sei nötig, um Europa seine dominierende Stellung in der Weltorganisation wiederzugeben. Leider gebe es noch viele Hindernisse, die die Entspannung zwischen das Reparationsproblem. Deutschland sei in der Hauptsache ein Frankreich und Deutschland verhinderten. Eines der wichtigsten sei Industrieland, das für die Bedürfnisse seines Wirtschafts. lebens bedeutend größere Kapitalien als ein Aderbauland braucht. Durch den Krieg und die Inflation seien der deutschen Wirtschaft 100 bis 150 Milliarden Mark entzogen worden. Ein Land, das sich in einer solchen Lage befinde, könne dem Ausland nicht die Zinsen einer politischen Schuld von 35 Milliarden zahlen und zugleich für die Bedürfnisse seiner Wirtschaft im Ausland große Privatschulden aufnehmen, für die gleichfalls hohe Zinsen gezahlt werden mußten. Die Staatsschulden Englands und Frankreichs tonne man, obgleich