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Morgenausgabe

Nr. 143

A 72,

49.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Bolksblatt

Freitag

25 März 1932

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Groener befürchtete SA  - Putsch

Ein Brief vom 8. März, der Severing zu Maßnahmen aufforderte. Bekanntgabe vor dem Staatsgerichtshof.

Die Hitler  - Partei hat gestern zwei Schläge erhalten, in| Die Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof. Kandidat für die Reichspräsidentschaft als auch als Vorsitzender bes Braunschweig   und in Leipzig  .

In Braunschweig   hatte Herr Klagges den Versuch mternommen, troß der Notverordnung über den Osterfrieden eine Hitler- Kundgebung stattfinden zu laffen. Auf eine Er­mahnung durch das Reichsinnenministerium hin hatte er mieder abgeblasen, dann jedoch, wie es heißt, auf besondere Anweisung von Hitler   hin, wieder versucht, diese ungesetzliche Rundgebung dennoch stattfinden zu lassen. Am Donnerstag: morgen fah es aus, als wollte Herr Klagges in Braunschweig  die Haltung topieren, die Herr Kahr in Bayern   im Herbst 1923 gegenüber dem Reich eingenommen hat. Diesem zwei­deutigen Spiel hat gestern das Reichsinnenministerium ein Ende bereitet, indem es kurz und ganz unmißverständlich Herrn Klagges zu erkennen gab, daß es gegen den Versuch einer Fronde gegen das Reich energisch einschreiten werde. Daraufhin hat Klagges am Donnerstagabend 10 Uhr an das Reichsinnenministerium telegraphiert, daß er die Rundgebung verboten habe.

In Leipzig   haben die Nationalsozialisten beim Staats­gerichtshof eine einstweilige Verfügung gegen Preußen be antragt Breußen follte verpflichtet werden, das bei beit Haussuchungen beschlagnahmte Material an die NSDAP. wieder herauszugeben. Dieser Antrag sollte dazu dienen, Die Aktion der preußischen Polizei als ein Wahlmanöver gegen die NSDAP  . hinzustellen.

Dieser Versuch ist gründlich verunglückt. Der Vertreter Preußens, Ministerialdirektor Badt  , gab dem Staats­gerichtshof Kenntnis von einem Briefe des Reichs innenministers vom 8. März, dessen Inhalt allein Anlaß genug zu der Haussuchungsaktion gewesen wäre, und der nach unserer Auffassung Anlaß für den Oberreichsanwalt fein follte, fich für die Treibereien der braunen Armee des Herrn Hitler   zu interessieren, und zwar etwas intensiver als im Falle Best.

Die außerordentlich schwere Belastung der braunen Armee des Herrn Hitler wird durch diesen Brief flargestellt. Die Oeffentlichkeit wird nun erkennen, daß die Dinge viel ernsthafter find, als bisher be fannt war, und wie dringend es notwendig war, daß die Polizei einschritt!

Gewisse Stellen in diesem Briefe des Reichsinnen­ministers, der zugleich Reichswehrminister ist, lassen erkennen, daß über den bloßen Bericht seines Gewährsmannes hinaus ihm Tatsachen bekannt sind, die diesen. Bericht stützen und die bereits zu amtlichen Gegenmaßnahmen gegen Putschabsichten geführt haben.

Nach der Bekanntgabe dieses Briefes nahm die Ver­handlung vor dem Staatsgerichtshof ein unerwartetes Ende: es tam überhaupt nicht mehr zu einem Spruch des Gerichtshofs, die Vertreter Hit­ lers   liegen ihren Antrag auf eine einst. weilige Verfügung fallen, und der Präsi dent des Reichsgerichts schloß die Ver­handlung. Es wurde sichtbar, daß die Bertreter Hitlers  furchtbar flein wurden, sie baten um direkte Verhandlungen mit den preußischen Vertretern. Sie fühlten, daß sie und ihre Partei eine schwere moralische Niederlage erlitten hatten.

Wie der Präsident des Reichsgerichts mitteilte, sollen die Parteien über einen Ausgleich verhandeln. Ueber den Inhalt dieser Verhandlungen ist bisher nichts bekannt, aber es läßt sich unschwer voraussehen, worum es dabei geht: Preußen hat nicht den mindesten Anlaß, unter den ob­waltenden Umständen auch nur in einem Punkte von seiner bisherigen Haltung abzugehen. Soweit unter dem beschlag nahmten Material Dinge find, die für den Fortgang der Untersuchung nicht mehr wichtig sind, werden sie zurück gegeben werden, während das gravierende material in der hand der Behörden bleibt. Es ist sehr grapie rendes Material in der Hand der Behörden, und den Nationalsozialisten wird sehr bald die Lust zu Täuschungs. manövern vergehen!

Leipzig  . 24. März.

Im meiteren Verlauf der Verhandlung des Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich   in der Streitfache NSDAP  . Preußen wurden auf Anregung des Borsigenden zunächst die Prozeßporaus­fegungen erörtert. Zu der Frage, ob der Staatsgerichtshof eine einstweilige Verfügung in Verfassungsstreitigkeiten innerhalb des Landes erlaffen dürfe, erflärte Ministerial direttor Dr. Badt, daß die preußische Regierung nach wie vor auf ihrem ablehnenden Standpunkt beharre, auf den fich neuerdings auch das Reich, ebenso der Bayerische   und Thüringische Staatsgerichtshof ge­stellt hätten. Zur Frage der Parteifähigkeit und Sachbefugnis führte Rechtsanwalt Dr. Frant II aus, Adolf Hitler   sei fowohl als

Der Wortlaut des Groener: Briefes.

Der Brief des Neichsinnenministers Groener an die prensische Staatsregierung hat folgenden Wortlaut:

Cine Person, die mit den Vorgängen bei den Natio. nalsozialisten und insbesondere bei den Sturmabteilungen vertraut ist, hat mir mitgeteilt: In den Sturmabteilun gen seien in lester Zeit Beobachtungen zu machen, die zu besonderer Vorsicht Anlaß gäben. Zunächst habe man mit auffälligem Interesse dafür gesorgt, daß für alle SA.  - Leute die vorgeschriebene Ausrüstung beschafft würde, danu habe man sich, besonders in Schlesien  , mit großem Eifer bemüht, die Waffenlager der Reichswehr  au erfahren. Zwar habe die Reichswehr   besondere Vor jichtsmaßregeln getroffen, wie z. B. die getrennte Lagerung von Gewehren und Schlössern, aber auch das zur leberwindung dieser Schwierigkeiten Gebotene sei beranlaßt worden. Besonders bedenklich mache auch die Feststellung, daß an wichtigen Stellen die Führer, die nicht ehemalige Offiziere waren, plötzlich durch ehemalige Offiziere ausgewechselt worden seien. Alles das lasse darauf schließen, daß mit einem Sandstreich zu rechnen sei. Frid, Goebbels   und Straßer hätten die letzte Chance gehabt, sich legal in den Sattel zu sehen. Sollte sich nach Beendigung der Wahl herausstellen, daß der Sieg Hitlers  ausgeschlossen sei, so sei mit einem Losschlagen zu rechnen. Ich gebe davon Kenntnis mit der Bitte um ent­sprechende Veranlassung."

Nationalen Deutschen   Arbeitervereins zu München  , der mit der Partei identisch sei, attiv legitimiert. Die Partei als solche und die nationalsozialistische Reichstagsfraktion feien zweifellos ebenfalls attiv legitimiert. Der Landtagsabgeordnete Stube set als unmittel barer legitimierter Wahlleiter am Ausgang des Streitverfahrens be fonders legitimiert und intereffiert.

Bevor die Vertreter der preußischen Regierung zu dieser Frage Stellung nahmen, warf Reichsgerichtspräsident Dr. Bumte die Frage auf, ob die Sichtung des Materials inzwischen so meit vorgeschritten sei, daß mit der Freigabe gerechnet werden tönne. Seiner Ansicht nach tönne heute der Hauptpunkt nicht geflärt werden. Die verlangte einstweilige Verfügung bezwecke auch nur, das für die Durchführung der Wahl erforderliche Material freizu bekommen. Wenn in dieser Hinsicht positive Zusagen von der preu Bifchen Regierung gemacht werden könnten, erübrige fich vielleicht der Antrag auf einstweilige Verfügung.

Ministerialdirektor Dr. Badt erklärte hierzu, die Sichtung sei noch nicht beendet, es sei aber Anmeifung gegeben worden, alles Material, das für das Ziel der Polizeiattion nicht in Frage tomme, herauszu geben Diese Beschränkung sei auch bereits in der Anweisung vom 15. März an die Landeskriminalstellen verfügt worden. Die Behinderung des Wahlkampfes sollte, danach ausdrücklich ausge­Behinderung des Wahlkampfes follte, danach ausdrüdlich ausge fchloffen werden. Auch follten die Durchsuchungen nicht in Goy­büros, die ja die Vorbereitung zur Wahl vorzunehmen hatten, son. dern in Büros der SA.  - und SS.- Formationen vorgenommen merden. Die preußische Regierung müsse der Behauptung wider fprechen, daß die Polizeiaktion nur eine Tarnung fein sollte, um die Partei im Wahlkampfe zu hindern. Starteien und dergleichen feien nur an zwei Stellen beschlagnahmt morden.

Der Brief Groeners.

Ministerialdirektor Dr. Badt erklärte nach längeren weiteren Auseinandersegungen, der tontrete Anlaß zu der preußischen Polizei­altion sei ein Brief des Reichswehrministers und Innen­ministers Dr. Groener vom 8. März an den preußischen Innen­minister.

Diesem Brief zufolge habe eine Persönlichkeit, die mit den Verhältnissen in der SA.   genau vertraut sei, dem Minister Groener mitgeteilt, daß in der SA.   in der letzten Zeit Wahrnehmungen zu machen seien, die zu Besorgnissen Anlaß gäben. So habe man besonders

Lappo verboten!

Svinhufoud wird energisch.

Helsingfors  , 24. März.

Der Innenminister hat den Lappoorganisationen bis auf weiteres ihre Tätigkeit untersagt, da die Unter juchung der Vorgänge bei Maentsaelae   ergeben habe, das die Handlungen der Lappobewegung ungesetzlich gewesen seien. Die Polizei hat heute in Verbindung mit der Untersuchung vier weitere hervorragende Mitglieder der Bewegung verhaftet.

Die Regierung und Staatspräsident Svinhufoud haben bei dem jüngsten Butschversuch der Lappoleute mehr Energie gezeigt als bei früheren Unternehmungen dieser ab­getafelten Offiziere, denen zu folgen militärfüchtige Bauern geistig anspruchslos genug find. Mit dem althergebrachten, in schwachen Nachbarländern Sowjetrußlands noch besonders wirksamen Mittel des Bolschemistenschredens haben diese Abenteurer die Bauern am Zügel, reden ihnen ein, die par­lamentarische Demokratie müsse meg und die Bauern müßten allein das Land beherrschen- welche Herrschaft natürlich von den Herren Offizieren und Oberlapponern zu höchsteigenem Nuzen und Bergnügen auszuüben wäre. Bon Zeit zu Bett muß man einer folchen Terrorgruppe immer Beschäftigung

geben, teils um sie zu üben, teils um fie von der hohen Noi­wendigkeit ihres Bestehens zu überzeugen. Anderswo dienen dazu Judenpogrome auf feudalen Straßen oder Feuerüber­fälle auf Moskowiterlokale in Finnland   mußten die Arbeiterheime und sozialistischen Druckereien in den entlegenen Landstädtchen herhalten. Der feine Sport, wehrlose Einzel­menschen zu überfallen und unter Brügeln an die Sowjet grenze zu farren, ist außer Mode gekommen, seitdem der damalige Generaloberst Ballenius sogar den früheren Staats­präsidenten Stahlberg einer solchen Prozedur unter­worfen hatte.

Jetzt werden auch die sonstigen Aktionen verboten. Ob das Betätigungsverbot mit der gewiß hinzugefügten Straf­drohung für Zuwiderhandlung ausreichen wird, bleibt abzu­warten. Vielleicht ist ein folches Verbot fogar besser als eine Auflösung, die die Betroffenen sich und ihren Freunden als Märtyrer der großen Sache erscheinen läßt. Neben dem Verbot dürften aber die Berhaftungen von appo­führern eindringlich zur Besinnung und Einkehr mahnen!

Schließlich wird das finnische Volk doch, inne werden, daß es nicht den Ruffifizierungsversuchen des Zarismus helden­mütig widerstanden und sich nicht von Sowjetrußland- mit Lenins   Zustimmung getrennt hat, um fich von einem Teil feiner felbft tyrannifteren zu laffent