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Der trotzige Held.

Oer mimt auch nur solange den Geschwollenen, wie der im Hintergrund bloß zusieht! Englands Antwort an Irland . Verhandlungen nicht abgelehnt.

condou. 24 März.(Eigenbericht.) Die englische Note an Irland zur Beantwortung der Erklärung, dah Irland den Treueid nicht als Teil des Vertrages mit England ansehe, wurde am Donnerstag in Dublin überreicht. Die Note bezieht sich, wie aus Dublin gemeldet wird, nicht nur auf die Frage des Eides. Die englische Regierung stellt in ihr auch ihren Standpunkt hinsichtlich der Landannuitäten fest, ob- wohl Irland in dieser Beziehung noch keine offiziellen Schritte in London unternommen hat. Was bisher vorgeht, dürfte im wesentlichen em M a n ö v e» r i e r e n um die günstigste Position zu Verhandlungen sein. So scharf auch von einem überwiegenden Teil der öffentlichen Meinung Englands der einseitige Schritt Irlands abgelehnt wird, so finden sich doch selbst in der konservativen Presse keinerlei .Drohungen mit Gewaltmaßnahmen gegen Irland . Immerhin ist man sich dessen bewußt, daß Irlands starke wirtschaftliche Abhängigkeit von England der englischen Negierung«ine wirtsame Waffe m die Hand gibt. Wenn Irland au« dem britischen Verband« auetreten würde, so etwa argumentieren dieTime s". so müsse das von England mtt einem form säen P r o t« st und ohne bittere Worte hingenommen werden. Selbstverständlich gehe Irland dann der zahlreichen Bevorzugungen verlustig, die sein Handel

mtt England und die seine zahlreichen in England lebenden Staats- angehörigen genießen. Aber selbst diese Repressalien gegen Irland waren nur ein letzter Ausweg. Vielmehr ist anzunehmen, daß England durch seine Note den Weg zu Verhandlungen nicht versperrt hat. Im Unterhaus warsen mehrere Abgeordnete der Regierung überstürztes und oberflächliches Handeln in der irischen Frage vor. Irland sei«ine freie Nation und habe das Recht, Barträge abzuschließen und Verträge zu brechen. Dem Parlo- ment werde überhaupt keine Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben. Der Regierungsvertreter erklärt«, einer eingehenden Parlamentsaussprache stehe nasch Ostern nichts im Wege. An- schließend vertagte sich das Haus bis zum S. April. Ministerpräsident Macdonald der beabsichtigt hatte, während der Osterfeiertoge nach Lossiemouth zu fliegen, bleibt in London . Er wird sich als Vorsitzender des neu gebildeten Kabinettsausschusses für irische Angelegenheiten ein­gehend mit der irischen Frage befassen. Am Ostersonntag werden in sämtlichen irischen Städten re- publikäiilsche Masssensunbgebungen stattfinden, in denen zur Frage der Abschaffung des Treueides und der Einstellung der Zahlungen an England Stellung genommen werden soll.

Kriminelle Wirischastssührung. Ein Schlußwort zu Favag und Schultheiß . Die Urteile in den großen Prozessen Favag und Schult» heiß sind in erster Instanz gefällt. Die Schuld der Ange- klagten hat ihre gerichtliche Sühne gefunden. Sie muß als unendlich milde erscheinen, wenn man sie an den Der- deerungen mißt, die durch die Schuldigen angerichtet wurden. Besonders kraß ist das Mißverhältnis im Falle Favag. Ein großer angesehener Dersicherungskonzern wird durch eine beispiellose betrügerische Mißwirtschast Hab- gieriger Hasardeure in Grund und Boden gewirt- schaftet: der restlose Zusammenbruch des Riesenkonzerns er- schütterts den deutschen Kredit im In- und Ausland und entfesselte damit jene schwere Vertrauenskrise gegenüber Deutschland , die zur heutigen Situation geführt hat. Die Angeklagten aber kommen mit Gefängnisstrafen von einigen Jahren ohne Ehrverlust davon. Im Falle Schultheiß ein ähnliches Bild der Miß- Wirtschaft. Eine tollkühne Generaldirektoren- Wirtschaft setzt sich über alle Schranken der Publizitäts- Vorschriften hinweg und bringt das Unternehmen in schwere Verluste, verglichen mit der gegenüber Favag gewiß ge- ringeren Schuld erscheint die dreimonatige Gefängnisstrafe mehr als milde. Ein Vergleich drängt sich auf. In England, einem Lande, dessen Behörden man sicher nicht übertriebene Ab- neigung gegen die Großkapitalisten vorwerfen kann, ereig- neten sich zwei Fälle, die große Aehnlichkeit mit den beiden deutschen Prozessen haben. In dem einen Fall, dem Prozeß H a t r y. handelte es sich um einen Großkapitalisten, der große Konzerne zusammengebaut und zusammengerafft hatte und, als ihm die Lust auszugehen drohte, Wertpapiere zu fälschen begann. Er wurde zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im anderen Fall, dem Prozeß Lord Kylsaet, handelte es sich um einen angesehenen Lord, Mitglied des Oberhauses, Beherrscher des größten britischen Schiffahrts- konzerns, der sich Bilanz- und Prospektoerschleierungen hatte zuschulden kommen lassen. Er wurde trotz seiner 76 Jahre zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Also betrügerische Handlungen hier und dort. Aber hier einige im Höchstfall vier Jahre Gefängnis, dort vier- zehn Jahre Zuchthaus. Bilanz- und Prospektverschleierungen hier und dort, aber hier drei Monate und dort ein Jahr Ge- sängnis. Wie läßt sich dieses Mißverhältnis erklären. Gewiß können in zwei verschiedenen Ländern nicht alle Gesetze und Strafen gleich sein. Aber man sollte doch meinen, daß schwere Verstöße gegen die gesetzlichen Verpflichtungen, denen ein Unternehmungsleiter als verantwortlicher Hüter wichtiger volkswirtschaftlicher Werte und Arbeitsgelegenheiten unter- liegt, in jedem Land äußerst streng geahndet werden müßten. Aber was erlebten wir bei diesen Prozessen, besonders beim Prozeß gegen Katzenellsnbogen? Das Gericht billigte Katzenellenbogen zu. daß er nicht zum Schaden der Gesellschaft zu handeln glaubte, obzwar seine waghalsigen Geschäfte letzten Endes doch mit schweren Verlusten für die Gesellschaft endigten. Es billigte ihm zu, daß er die Bilanzwahrheit gröblich verletzen durfte. weil er es angeblich im Interesse der Gesellschaft tat. Es schloß sich ohne Rot dem unmöglichen Standpunkt des Reichsgerichts an, daß Profpektbetrug im Falle der Ver- breitung des Prospekts durch die Presse genau so schnell ver- jährt wie Presseoergehen. Und dank dieser milden Aus- legung aller dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen durste dann die Strafe so milde auefallen, daß selbst der , Staatsanwalt Berufung einlegte. Wir ssnd die Letzten, die eine Gesundung der Wirtschaft allein von scharfen Strafbestimmungen und Strafverfolgungen erwarten. Aber die Milde des Gesetzes und die Milde des Gerichts erleichterten die Entstehung einer Atmosphäre, in der die Mißachtung des Rechtes und aller Grundbegriffe von kaufmännischer Moral zur Maxime des Handelns der Unternehmer werden konnten. Die Fälle Favag und Schultheiß sind noch in anderer Beziehung von besonderer Bedeutung. Sie zeigten nicht bloß das Versagen des Strafopparates des Staates, sondern auch das Versagen des staatlich vorgeschriebe- nen Kontrollapparats. Die Regierung hat in der Notverordnung über die Aktienrechtsreform die P u b l i z i- tätsvorschriften, speziell für die Aufstellung der Bilanzen wesentlich verschärft. Aber natürlich sind auch ' die eingehendsten Publizstätsvorschrrften gegenüber einer ge- wissenlosen Unternehmungsleitung so lange wertlos, als ihre Durchführung nicht genügend überwacht wird. Deshalb bleibt die innere Kontrolle der Unternehmungen doch die wichtigste Aufgabe, und ihr Träger ist in erster Linie der A u f s i ch t s- rat. Hier haben aber die Fälle Favag und Schultheiß gerade das schwerste Versagen offenbart. Bei der Favag hat der Aufsichtsrat. in dem die größten Banken vertreten waren, jahrelang einfach geschlafen. Die Rioalstät der Banken hat gerade dem unfähigsten Mitglied des Auf­sichtsrates den Borsitz ausgeliefert. So konnte es geschehen, daß der Aufsichtsrat keine blaffe Ahnung von den haarsträubenden Vorgängen hatte, die sich vor seinen Augen abspiesten, und bis zum vollständigen Zusammenbruch ein ahnungsloser Engel blieb. Eine noch schlimmere Rolle spieste der Auffichts- rat im Falle Schultheiß . Hier vollzogen die einzelnen Groß- danken, die im Äufsichtsrat vertreten waren, jede für sich mit Katzenellenbogen wichtige Kapitastransaktionen und hüteten sich ängstlich, ihre Aufsichtsratskollegen, die ja gleichzeitig ihre Konkurrenten waren, etwas davon wissen zu lassen. So konnte Katzenellenbogen nebeneinander mit Hilfe der Danat » dank und mit, Hilfe der Commerzbank eigene Aktien des Unternehmens aufkaufen, ohne daß die eine Bank von der anderen wußte. Natürlich war erst recht keine Rede davon. daß sie oder Katzenellenbogen selbst den Aufsichtsrat oder auch nur feinen Borsitzenden informierten, obwohl es sich um gewaltige und risikoreiche Millionenverpflichtungen Handeste, die die Gesellschaft mit diesen Geschäften einging. Die Institution des Auffichtsrats hat also vollständig ver- sagt. Und die Tatsache, daß in keinem der beiden Prozesse gegen ein Aufsichtsratsmitglied Anklage erhoben wurde, beweist, daß auch Strafdrohun- gen des Staates bei Aufsichtsräten, die ihre Pflicht vernach- lässigen, so gut wie völlig unwirksam sind. Die Rotoerord- nung über die Aktienrechtsreform versuchte nun, durch die Einrichtung einer unabhängigen Revisionsinstanz die Kontrolle der Untsrnehmungsverwastungen wirksam zu machen: Jede Aktiengesellschaft mit einem Stammkapital von mindestens 3 Millionen Mark ist verpflichtet, ihren Jahres- gbichluß regelmäßig durch unabhängige Prüfer revidieren zu

lassen. Die Anhänger einer gründlichen Aktienrechtsreform, j zu denen in erster Linie die freien Gewerkschaftenund dieSozialdemokratie gehören, mußten einen jähre- langen Kampf um die Einführung der Pflichtrevision führen. Die furchtbaren Erfahrungen dieser Wirtschaftskrise. das vernichtende Urteil, das die Geschichte über die deutschen Aktiengesellschaften ausgesprochen hat ein Urteil, das wesentlich härter ist als das Urteil der Strafgerichte , hat den Vorkämpfern der Aktienrechtsreform recht gegeben unh ihren Forderungen wenigstens teilweise zum Siege verhelfen. Beim Versagen auch dieser Kontrolleinrichtungen steht heute der Gesellschaft und dem Staat nur der umständliche und nicht immer gangbare Weg des Strafverfahrens offen. Der Staat hat noch keine Möglichkeit, etwa durch ein A k t i e n a m t selbst revidierend bei Aktiengesellschaften ein- zu greifen, wo ihm dies im gesamtwirtschaftlichen Jnter- esse notwendig erscheint. Nach dieser Richtung ist also die Aktienrechtsreform noch ein Torso geblieben, und hier bleibt für die Gesetzgebung noch ein wichtiges Feld. Ein düsteres Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte kst wenn man von dem noch bevorstehenden Lahusqn- Prozeß absieht mit den Prozessen Favag und Schultheiß zu Ende gegangen. An den Früchten dieser privatkapstalisti- schen Wirtschafts., führung" zehren wir noch jetzt und werden wir, wie zu fürchten ist. noch lange zu zehren haben. Ngr das eine Gute haben diese Borgänge gehabt: Sie haben auch dem Letzten, der es noch nicht wußte, die Augen darüber ge- öffnet, was es mit den vielgerühmten Segnungen der privatkapitalistischen Initiative und Wirtschaftsführung auf sich hat. und sie haben den Willen der Massen gestärkt, intensiver noch als bisher dafür zu kämpfen, daß die Wirtschaft immer stärker der Kontrolle und Führung durch die Allge- m e i n h e i t unterstellt wird. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist. wird es statt der Wirtschaftsstandale eine wirkliche Wirt- �schaftsführung geben.___ Rumänischer Gtudenienradau. Zahlreiche Schwer- und Leickiwerlehte. Bukarest . 24. Marz.(Eigenbericht.) In Bukarest , wo die Studenten fett Montag wegen Berjchär- fung der Studienordnung streiken, kam es am Dienstagabend und am Mtttwochnachmittag zu blutigen Zusammenstößen zwischen �Studenten und der Polizei. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche Schwer- und Leichtverletzte. Der Zustand mehrerer Gendarmen, die schwer« Schädelbrüche erlitten, ist hoff- nungslos. Am Mittwachnachmittag versuchten etwa JA) Studenten die Polizeipräfektur zu stürmen, um verhaftete Kollegen zu befreien. Die Studenten warfen Tränengasbomben: die Polizei antwortete mtt gleichen Abwehrmitteln. Di« llnioersität wurde von dem Rektor gesperrt. Protestkundgebungen in Iassy, wobei die Synagoge

s zerstört und zahlreiche Wohnungsfenstern und Ladentüren singe- schlagen wurden, führten zu schweren Zusammenstößen mtt der Staatsgewall, wobei auch scharf geschossen wurde. Die Zahl der Schwerverletzten beider Kampfparteien ist erheblich.

Gozialistenrazzia in Memel . Riesenstrafe für eine Wahlrede. Memel . 24. Marz. Frühmorgens hat die Polttische Polizei mehrere Führer der Arbetterpartei verhastet, darunter zwei Mitglieder des aufgelösten Landtags, die Stadtverordneten Suhrau, Szardening. Marien, Reu- mann, Pippir« und der Buchdrucker Rößler. Bei sämtlichen Ver- hafteten wurden Haussuchungen vorgenommen. Dem Borsitzenden der Landwirtepartei. Rillergutsbesttzer Conrad, hat der Kriegs- kommandant 500 Lit Strafe, ersatzweise zwei Wochen Gefängnis. auferlegt, da er in einer Versammlung gegen das neue Direktorium gehetzt" habe Dies« Arbeiterpartei ist nicht identisch mtt der Sozialdemokratie: sie hat im Landtag mit allen Deutschen gegen Simaitis gestimmt. WahlrechlSdreh geplant? Memel . 24. Marz. Es wird mtt einer neuen Auslegung des Artikel 76 des Sejm - Wahlgesetzes gerechnet. Die Reststimmen sollen nicht mehr, wie bisher, den Parteien zusallen, welche die meisten Stimmen auf- gebracht haben, sondern sie sollen auf eine Minderheiten- partei vereinigt werden können.

Die Bekämpfung der Hehpreffe. Ttene Zeitungsverbote. Steltin. 24. März. Die Pressestelle des Oberpräsidiums in Stettin teilt mtt: Der Oberpräsident der Provinz Pommern hat aus Grund der Verorh- nungen zur Bekämpfung polttifcher Ausschreitunzen vcm. Marz und 10. August 1931 dieBelg arder Zeitung", dieKos- liner Zeitung", dieNaugarder Kreiszeitung" und d!«Norddeutsche Presse" in Neustettin aus die Dauer von fünf Tagen mtt Wirkung vom 26. März ab verboten Das Verbot ist erfolgt wegen der Veröffentlichung einer Er- klärunz Adolf Httlers zum Vorgehen des preußischen Ännenministe'-s gegen die Nationalsozialistische Deutsche Arbetterpartei Frankfurt a. All. 24. Marz. Der Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau hat die hier erscheinend« deutschnational«Frankfurter Post" wegen Ver­gehens gegen die Verordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen für die Zeit vom 26. bis einschließlich 31. März verboten. Das Verböt erfolgte, weil dieFrankfurter Post" ein« Erklärung Hitlers über die vor kurzem statt- gefundenen polizeilichen Durchsuchungen der Geschäftsräume der SS., und SA.-Formatione« der NSDAP , veröffentlicht hat.