1932
Der Abend
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Nr. 151
B75 49. Jahrgang
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Reichsetat durch Notverordnung
75 Millionen für die Gemeinden
Die Haushaltsführung des Reichs für die Zeit
vom 1. April 1932 bis 30. Juni 1932 ist durch Berordnung In deutschen Landen viel gereift
des Reichspräsidenten vom 29. März 1932 dahin geregelt worden, daß die persönlichen Ausgaben im Rahmen des Haushaltsplans 1931 geleistet werden dürfen, und daß im übrigen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, in diesem Bierteljahr nur bis zu einem Fünftel der für 1931 bewilligten Beträge ausgegeben werden darf.
Als Reichszuschuß an die Gemeinden für die Erleichterung der Wohlfahrtslasten ist ein Betrag von 75 Millionen Mart vorgesehen.
Die Noiverordnung zur Regelung des Reichshaushalts tommt nicht überraschend. Das Etatsjahr 1931/32 läuft mit dem heutigen Tage ab. Eine Regelung des Haushalts durch Reichstagsbeschlüsse ist nicht erfolgt, die Notwendigkeit einer Notverordnung war also unmittelbar gegeben.
Die Notverordnung deat sich inhaltlich mit gesetzlichen Maßnahmen, wie sie sonst getroffen wurden, wenn der Reichstag und das fam iehr oft por zum 1. April das Haushaltsgefeh noch nicht verabschiedet hatte. Dann erfolgte eine provisorische Regelung durch Gejezz in demselben Sinne, wie sie diesmal durch Notverordnung erfolgt ist. Den Beschlüssen des Reichstags ist nicht mehr vorgegriffen, als dies nach Lage der Dinge geboten ist.
Wünschenswert bleibt, daß nun der Reichstag auch wirklich gleich nach den Landtags= wahlen zusammentritt, um das Haushaltsgesetz für 1932 bis zum 30. Juni fristgerecht zu erledigen. Ob der Bersuch gelingt, bleibt bei der grotesten Zusammensetzung, die die Wähler im September 1930 dem Reichstag gegeben haben, allerdings zweifelhaft, doch muß er gemacht werden.
Landvolk
Deutsche Volkspartei
Christlich Soziale
In Hugenbergs Geschäfte kommt in letzter Zeit ein geradezu verblüffender Schwung.
,, Gichere Niederlage."
Daß die Notverordnung zur Hilfeleistung für die Ge= meinden einen Betrag von 75 Millionen auswirft, ist zu begrüßen. Wir sehen dabei voraus, daß es sich um einen Hugenberg als schmollende Kassandra . ersten Quartalsbetrag handelt, dem weitere von gleicher Höhe folgen sollen. Eine fräftige Stügung der Gemeinden ist not- Ungeachtet aller Körbe wirbt Hugenberg weiter für die die wendig, wenn nicht die Aufrechterhaltung der fommu- nationale Einheitsfront". Sein zweiter Artikel, betitelt ,, Das neue nalen Fürsorge in Frage gestellt werden soll. Gleichharzburg", gilt der Auseinandersetzung mit den National falls als selbstverständlich setzen wir voraus, daß trotz der provisorischen Kürzung des ersten Etatsviertels um 20 Broz. die zur Auszahlung von Sozialrenten usw. nötigen Beträge voll zur Verfügung gestellt werden!
Reichstagspräsident Löbe hat den Aeltestenrat des Reichstages zu einer Sizung am Montag, dem 11. April, eingeladen. Die Sigung wird sich mit dem Termin des 3usammentritts des Reichstags schäftigen.
be=
Es ist anzunehmen, daß im Aleltestenrat lebereinstimmung besteht, daß ein Zusammentritt des Reichstags vor den Landtagswahlen am 24. April nicht zweckmäßig ist, und daß als frühester Termin der 26. April in Aussicht genommen wird. Ein früherer Zusammentritt würde die Parteien in der Wahlagitation erheblich behindern, zumal Wahlen nicht nur in Preußen, sondern auch in Bayern und Württemberg sowie in Anhalt und Hamburg stattfinden.
Ein früherer Zusammentritt ist auch nicht notwendig, weil der Reichsetat bisher noch nicht einmal von der Reichsregierung fertiggestellt morden ist. Das wird frühestens um die Mitte des Monats April geschehen. Dann geht der Reichsetat an den Reichsrat, der ihn troz größter Beschleunigung taum vor Mitte Mai erledigen kann. Dem Reichstag wird also der Etat vor Pfingsten kaum noch zugehen können.
Tardieu und Flandin reisen mit ihren Beratern schon am Sonntagvormittag nach London , um, ohne Rücksicht auf die englische Sonntagsheiligung, noch am gleichen Tage die Besprechung mit MaeDonald aufzunehmen.
Wie der deutsch - polnische Handelsvertrag. so scheint auch der polnisch russiche Handelsvertrag vergeblich auf seine Ratifizierung warten zu jollen; fie schment in sunbestimmter Serne
ozialisten. Hugenbergs Ausführungen sollen eine Art Revanche fein für all die Grobheiten, die der große Einiger von seinen Harz burger Bundesgenossen a. D. in den letzten Monaten stillschweigend hat einstecken müssen, aber der schmollend- lehrhafte Ton gemahnt mehr an eine sanfte Geliebte, die die sadistischen Mißhandlungen eines brutalen Liebhabers durch leichte Klapse erwidert. Das Bitterste sagt Hugenberg den Nazis über den zweiten Wahlgang der Präsidentenwahl; er schreibt:
Es kommt mir selbstverständlich nicht darauf an, ob der eine oder andere von uns am 10. April für Adolf Hitler stimmt oder nicht. Denn das ist praktisch ganz gleichgültig, weil die Mehrheit für Hindenburg im zweiten Wahlgang sicher ist. Aber der nochmalige Versuch, gegen diese feststehende Tatsache anzurennen, ist nach meiner Auffassung Kraftvergeudung. Jeder Parteiführer muß wissen, wieviel Kraft und Geld( typisch Hugenberg! Red. d.„ B.") er bei den verschiedenen Würfen des Spiels einzusetzen hat. Darüber tann niemand dem anderen Borschriften machen. Vor allem kann niemand, wenn ihm eine Niederlage sicher ist, vom anderen verlangen, daß er sich freund lichst an dieser Niederlage beteiligen soll. Hugenberg erteilt dann den nationalsozialistischen Führern weise ehren darüber, daß es mit Gefühlspolitik allein nicht getan jei, für er sicherlich den heißen Dank der Belehrten ernten wird. Am Schluß berichtet Hugenberg über seine bisherigen sammlerischen Erfolge. Wir vermelden sie mit seinen eigenen Worten:
Der Osterfriede.
Stahlhelm möchte außerhalb des Gesetzes stehen. Magdeburg , 31. März. Der alljährlich vom Stahlhelm abgehaltene Bismard Rommersabend, der am 2. April in Bad Salzelmen in diesem Jahre stattfinden sollte, ist von der Ortspolizeibehörde Magdeburg verboten worden.
Zu diesem Verbot wird von der Pressestelle des Polizeipräsidiums folgendes mitgeteilt: Das Verbot des Bismard- Kommersabends mußte erfolgen, weil der Stahlhelm eine politische Vereinigung ist und der Kommersabend zu einer Zeit abgehalten werden sollte, an der der Osterburgfriede, der ja erst am Abend des 3. April zu Ende geht, noch besteht.
Frids Ministerschaft brachte ein Defizit von zehn Millionen! Weimar , 31. März.( Eigenbericht.)
In der heutigen Landtagssigung brachte Staatsminister Ba u m den Etat für das Rechnungsjahr 1932 ein. Die Nationalsozia listen, die bisher gestreift haben, waren wieder erschienen. Sie und die Kommunisten verlangten gemeinschaftlich, daß ihre Anträge auf Auflösung des Landtages mit auf die Tagesordnung gesetzt werden sollten. Dem wurde jedoch widersprochen, so daß die Anträge nicht mit zur Berhandlung kamen.
Als Staatsminister Baum( Landbund) mit seiner Rede begann, verließen die Nationalsozialisten geschlossen den Sizungssaal und fehrten erst wieder zurück, als der Minister mit seiner Rede fertig war. Baum stellte fest, daß die Rechnung für das Jahr 1930 mit einem Fehlbetrag von über 10 Millionen Mark abschließt. Im Rechnungsjahr 1930 war Frid thüringischer Minister. Die Nationalsozialisten haben aber während Fricks Ministertätigkeit in ganz Deutschland in Versammlungen, in ihrer Presse usw. behauptet, Frick habe den Thüringer Etat für das Rechnungsjahr 1930 ausgeglichen und die Schulden Thüringens beseitigt. In Wirklichkeit sind während Frids Ministertätigkeit die Schulden des Landes Thüringen von 120 auf 130 Millionen Mart angewachsen. Der Landtag vertagte sich wieder bis nach den Preußenwahlen, weil die Abgeordneten während der Wahlbewegung tätig sein wollen.
Nazi- Terror gegen Polizei.
Die Zustände in Braunschweig werden immer toller. Braunschweig , 31. März.( Eigenbericht.) Nazi- Klagges feht seinen Berfolgungsfeldzug gegen republikanische Polizeibeamte rüdfichtslos fort. So hat er jetzt ein Disziplinarverfahren gegen den Polizeimeister Hardt angestrengt. Hardt ist erster Vorsitzender des braunschweigischen Polizeibeamtenverbandes. Er hat als einziger Beamter den von Klagges vorgelgten Revers nicht unterschrieben, nach dem er nicht mehr Mitglied des Landesverbandes sei. Klagges gibt als Grund für das Disziplinarverfahren an, daß Hardt die kommunistischen Zersehungsbestrebungen(!) innerhalb der braunschweigischen Polizei gefördert habe, weil er als erster Borsitzender des Landesverbandes der Polizeibeamten zugelassen habe, daß zur Generalversammlung des Verbandes neben anderen Parteivertretern auch ein Vertreter der KPD. eingeladen worden sei.
Weiter ist der Polizeiwachtmeister Eime aus der braunschweigischen Polizei entlassen worden, weil er eine abfällige Aeußerung über die Nationalsozialisten gemacht haben soll. Diese Aeußerung wird von Eime aber energisch bestrittefn. Sie fonnte ihm auch nicht bewiesen werden. Sein Ein
Ich habe f. 3t. den Reichsausschuß für das deutsche Volks begehren" zur Bekämpfung des Young- Planes auf die Beine gestellt. Am Tage nach dem Bolfsentscheid brach der von Herrn Schiele geführte Reichslandbund in Borbereitung des Kabinetts Brüning aus, Anfang April 1930 die National- pruch bei klagges blieb erfolglos. Nachdem Eime sich zur fazialisten.
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Ich habe nicht aufgehört, an der Zusammen schweißung der Nationalen Opposition zu arbeiten, und fie im Ottober 1931 in der sogenannten Harzburger Front nochmals vereinigt. Eine Woche später hatten sich die National jozialisten schon wieder aus ihr entfernt.
All das hat den großen Schweißer Hugenberg nicht entmutigt. Er schweißt jetzt zum dritten Male mit dem gleichen negativen Erfolg Die neue harzburg, von der er träumt, ist schon vor ber Einmeihung eine Ruinel
Hamburger Schuhpolizei gemeldet hatte, wurde Braunschweig von Hamburg um Auskunft über Eime ersucht. Die braunschweigische Polizei teilte durch ihren nationalsozialistischen kommandeur Selle mit, daß Eime starke Bindungen zur PD. habe". Diese Behauptung ist unwahr. Eime hat nie Beziehungen zur Kommunistischen Partei gehabt. Das Ersuchen der hamburgischen Polizei, ihr die Personalatten zur Verfügung zu ftellen, lehnte die braunschweigische Polizei a b. Man tann ihr in dem Falle den Vorwurf machen, daß sie eine unwahre Auskunft gegeben hat,