Der Tod in der Politif.
Bur Frage der Berjüngung der Parlamente.
Die Goethe- Gebentfeier in Beimar führte eine große Anzahl Teitender Bolitifer Deutschlands für kurze Zeit an die Tagungsstätte Der Deutschen Nationalversammlung, in die Räume, in denen vor Dreizehn Jahren die Verfassung der Republit geschmiedet und die schmerzlichen Verhandlungen um die Unterwerfung unter das Friedensdiktat geführt wurden. Auf der Bühne, auf der jetzt die unsterblichen Werte des größten deutschen Dichters ihre Auferstehung feierten, pereidigte der Präsident der Nationalversammlung Fehrenbach den ersten Präsidenten der deutschen Republi Friedrich Ebert . Beide find seitdem dahingegangen, mit ihnen der ehemalige Alterspräsident Banntuch, der Vorgänger Fehren bachs, Dr. David, die Bizepräsidenten auß mann von der Demokratischen und Dietrich( Prenzlau ) von der Deutschnationalen Partei, die damaligen Schriftführer Maximilian Pfeiffer vom Zentrum, Neumann- hofer von den Demokraten, Richard Fischer von den Sozialdemokraten, Maltewig von den Deutsch nationalen alle, alle find tot.
Aber auch in den Reihen der Parteiführer und bekannten Boliüfer von links nach rechts hat der Tod in diesen dreizehn Jahren unheimliche Ernte gehalten, und viele von denen, die damals an der neuen Berfassung mitgewirkt haben, dedt heute der Rasen, ebenso wie den Schöpfer des ersten Entwurfs, Hugo Preuß . Auf den Bänken der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei saßen damals der spätere Alterspräsident Bod, neben ihm Hugo Haase , Wurm, Eichhorn, Seger, 3ubeil und Frau 3ieß, die feitdem dahingegangen sind.
Auf der anderen Seite des Saales waren es die Charakterköpfe des chemaligen Kabinettschefs Dr. v. Delbrüd, der berühmte Jurist Dr. Düringer aus Baden, der Landbundführer von an derem Schlag Dr. Roeside. Frau Margarete Behm und Dr. Semmler, die ihren Parteifreunden Dietrich und Malfemit ins Grab gefolgt sind.
Besonders reiche Ernte hat der Tod seitdem in der Zentrums partei und bei den Sozialdemokraten gehalten. Das Zentrum verlor außer den oben schon erwähnten Führern nicht nur seine Eisheiligen Gröber, Spahn und Herold( der später auch einmal Alterspräsident war) und den sozialpolitischen Kaplan Site, fondern mußte auch viele andere Führer hingeben. Wir nennen nur Trimborn, Burlage , Erzberger , Müller( Fulda ), Mayer.( Schwaben ), Brentano di Tremezzo, Naden und Frau Dransfeld , bazu den bekannten bayerischen Geistlichen Liborius Gerstenberger .
Nicht minder groß ist die Zahl der Sozialdemokraten, die damals auf den Bänken der Nationalversammlung saßen und heute für immer aus den Sorgen. des Landes ausgeschieden find. Neben Ebert, David, Pfannkuch und Fischer, die wir schon erwähnten, Müller( Franken), Adolf Braun , der Bergarbeiter Sue, die Gewerkschaftsführer Legien und Silberschmidt. Der alte Moltenbuhr, der Hamburger Stolten, Dr. Quard Dr. Quessel, die in der Berfassungstommission mitarbeiteten, Saenger aus Bayern , Ged aus Baden. Hofmann aus der Bfalz, Binkau aus Sachsen , Beims aus Magdeburg , Giebel, Körsten, Frau Lodahl und Liesbeth Röhl
Die Staatspartet hat auch neven Hauzinan tyre duhrer Dr. Bayer und D. Naumann und Ludwig Haas sowie den aften Bahr, bie damals recht Heine. Boffspartel, ihren Gration Borsigenden einge und patetrele mon. perloren. Sier schließen fich dann die Männer an, die aus der Politik in die Diplo matie hinübergemed felt haben: Graf Brodborf Rangau, der in Weimar als Außenminister faß. Rauscher, ber Breffechef, Abolf in Weimar als Außenminifter faß, Raufder, der Bressechef, Abolf Röfter, ber Abgeordnete für Schleswig- Holstein
Schon biefe Liste der Toten würde für die Erneuerung des
Barlaments und feiner Führer reichlich Anlaß gegeben haben. Aber Das Schlagwort von der Ueberalterung und der notwendigen Ber jüngung des Parlaments ist überhaupt bet näherem Susahen recht oberflächlich. Es gibt im gegenwärtigen Deutschen Reichstag unter 577 Abgeordneten überhaupt nur 59, die über sechzig Jahre alt find, und unter ihnen nur noch sechs, die das 70. Lebensjahr überschritten haben, dagegen 167 Abgeordnete unter 40 und 171 zwischen 40 und 50 Jahren.
Nehmen wir aber als Maßstab die Mandatsbauer, von ber ja die politische Berjüngung" des Barlaments noch mehr abhängt, dann ergibt sich, daß unter fast 600 Abgeordneten nur 37(!) vor handen sind, die schon dem Borkriegsreichstag angehörten, wogegen 306 erst nach dem Jahre 1928 ins Parlament eingetreten find! Wie die Berhandlungen zeigen, macht sich hier schon eher das Gegenteil, nämlich die unerfahrenheit in Sachen parlamentarischer Beratungen und Gefittung, manchmal recht unangenehm bemerkbar..
Die llebersicht zeigt, daß die Parteien nicht nur ihre Senioren, sondern unzählige Führer in dem besten Mannesalter haben hergeben müssen.
Der Schüßengrabentrieg der Politik hat in den letzten dreizehn Jahren unter seinen Kombattanten nicht weniger Opfer gefordert als der Weltkrieg unter den Frontsoldaten. Er beweist auch, wie un berechtigt die Redensarten von den sicheren und ruhigen Pfründen sind, die man manchmal gegenüber den Politikern hört.
Die ernste Lage der Donauftaaten.
Bölferbundsrat zum 12. April einberufen.
Genf , 31. März. Der Generalsekretär des Völkerbundes hatte nach Rücksprache mit dem Bräsidenten des Völferbundsrates den Nat& m 12. Aprileinberufen. Der Beschluß geht auf den Bericht des Finanzausschusses des Völkerbundes zurück, in dem auf die außerordentlich cente Finanslage der Donaustanten hingewiesen
wird.
Mittwoch Konferenzbeginn in London .
Paris , 31. März.( Eigenbericht.)
Das französische Auswärtige mi feilt mit, daß zwischen der französischen und der englischen Regierung entsprechend der Ende voriger Woche von englischer Seite gemachten Anregung vereinbart worden ist, die Biermächtetonferenz zur Prüfung des Donaubundprojekts in det nächsten Woche nach London einzuberufen. Die englische Regierung werde die offiziellen Einladungen fofort an die beteiligten Mächte absenden. Frankreich werde auf der Konferenz, falls Tardieu von Paris nicht abfömmlich fei, durch Finanzminister Flandin vertreten.
Die Biermächtefonferenz über das Donauprojekt wird, wie offiziell mitgeteilt wird, am Mittwoch in London beginnen. Sie fann nicht länger als bis Sonnabend dauern. ba der englische Außenminister an diesein Lage nach Genf abreisen muß. Lardieu wird feinen am Sonntagabend beginnenden Besuch nicht bis zur Konferenz ausdehnen. Er läßt als franzöfifchen Vertreter Finanzminifter Flandin in London zurüd.
Der Einiger Hugenberg.
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So kommt doch endlich in meine komfortable Harzburg!"
Antrittsaudienz des neuen spanischen Botschafters beim Reichspräsidenten .
Gestern hat der neue Botschafter der spanischen Republik Luis Araquistain ŋ Quevedo sein Beglaubigungsschreiben dem Reichspräsidenten von Hindenburg in feierlicher Antrittsaudienz überreicht.
Die Ansprache, die er bei dieser Gelegenheit an das deutsche Staatsoberhaupt gerichtet hat, verdient im Gegensatz zu den meisten derartigen Reden ausführlich wiedergegeben zu werden, denn sie unterscheidet sich durch Ton und Inhalt wesentlich von den konventionellen und nichtssagenden Reden, die bei solchen Gelegenheiten gehalten zu werden pflegen. Der Botschafter führte u. a. aus:
um das ideelle Rüstzeug zu erwerben, dessen wir zur Umgestaltung unferes Landes bedurften. Aus jener bereits meit zurückliegenden Zeit bewahre ich eine una auslöschliche Erinnerung ebenso sehr wegen der herzlichen Gastfreundschaft, die mir hier zuteil wurde, wie auch, wegen des tief= greifenden Einflusses, den Ihre Kultur auf die Bildung meines Geistes ausübte. Bei meiner Wiederkehr komme ich denn also nicht als Fremder, sondern als alter Freund. der niemals im Wandel der Zeiten und der Geschichte vergessen hat, was er alles selbst und ebenso das neue Spanien diesem hervorragenden Lande schuldet."
Das Neue Spanien, bas ich zu vertreten die Ehre habe, besigt ganz besondere Gründe zur Freundschaft und Gr fenntlichkeit Deutschland gegenüber. Ich beziehe mich dabei nicht nur auf die ausgezeichneten kulturellen und Handelsbeziehungen, his amischen beiden Ländern bestehen, und für deren Aufrecht erhaltung und Verstärkung tchy metne beften Bemühungen einsehen werde. Ich beziche mich auch auf andere weniger greifbare und meniger belante Beziehungen( fe haben dazu geGeheimnisvolle geistige Einflüffe 3 führt, daß die im Jahre 1873 ausgerufene erste Spanische Republik das Werf einer Gruppe non Denfern war, die aus einer gewissen entlegenen Strömung deutscher Bhtin ophie heraus den ethischen Antrieb für ihre politische Attion
empfingen.
Auch in der Republik von 1931 sind die Spuren Ihrer Kultur deutlich erkennbar, und zwar nicht nur in der gelftigen Bildung vieler Männer, die heute die Spanische Republir leiten, sondern fogar in der Berfaffung, die wir fürzlich verkündeten und für die wir fruchtbare Anregung in Ihrer Weimarer Berfaffung fanden, ganz besonders bei dem großen politischen Problem, einen organischen Ausgleich zwischen den geschichtlich nicht immer zu vereinbarenden Grundsätzen von Freiheit und Autorität und von Demokratie und praktischer Wirksamkeit zu finden. Diese Einflüsse, Herr Präsident, dürfen nicht als Erscheinung bloßer Nachahmung betrachtet werden. Denn gerade die tul turellen und staatspolitischen Notwendigkeiten dieser spanischen wiedergeburt find es, die sich mit jenem Typus des mo dernen Staates decken, der im Gegensatz zum tassischen liberalen Staat hier in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahr hunderts austommt, und dessen wesentliche Funktion darin besteht, in die soziale Entwicklung mit dem Ziele einer Unterordnung der individuellen Initiative unter das Gemeinwohl einzugreifen.
Troß gewisser landläufiger Ansichten über den angeblichen spani schen Individualismus steht dieser Typus des neuen Staates, der sich in verschiedenen Formen über die ganze Welt ausbreitet und den Vorrang der Interessen der Allgemeinheit vor den Interessen des einzelnen darstellt, mit der grundfählich ethischen Natur des spanischen Charakters im Einklang und bildet ein startes ibe elles Band zwischen beiden Bölkern.
In der Erwiderung des Reichspräsidenten heißt es:
Enge freundschaftliche Beziehungen verbinden Deutschland und Spanien seit langen Jahren sie haben sich auf politischem, fulturellem und wirtschaftlichem Gebiete zum Rußen und Vorteil unserer beiden Länder lange Zeit hindurch auswirken. tönnen. Deutschland hat die Gesinnung der Gerechtigkeit und der Achtung, die ihm Spanien in der schweren Zeit des Weltkriegs und der bint gewiß, daß diefer Geist der gegenfeltigen Achtung und Nachkriegszeit entgegengebracht hat stets dankbar cupfunden. Freundschaft auch in der Zukunft die Beziehungen der beiden Staaten beherrschen wird, und hoffe zuversichtlich, daß fo verbunden das deutsche und spanische Bolt dem gemeinsamen Siele der Gestaltung einer glücklichen Sutunft Europas zustreben merden.
Ich begrüße es ganz besonders, daß Sie, Herr Botschafter, schn in Ihrer Jugend unser Land und deutsche Wesensart tennen und verstehan gelernt haben. Sie haben diese after persönlichen Be ziehungen zu Deutschland soeben noch dadurch besonders hervorgehoben,
daß Sie die Freundlichkeit hatten, sich der deutschen Sprache zu bedienen.
Ich danke Ihnen für diese Aufmerksamkeit.
Die freundlichen Wünsche, die Eure Erzellenz namens des spanischen Bolles, des Herrn Präsidenten der spanischen Republik und der spanischen Regierung überbracht haben, nehme ich dankend entgegen und ermidere sie aufrichtig. Ich heiße Sie, Herr Botschafter. im Namen des Deutschen Reichs herzlich willkommen."
Für die Antwortrede des Reichspräsidenten ist nach altem ausschließlich das Auswärtige, Amt perantwortlich. Während Botschafter Araquistain eine Ansprache hielt, die sich durch ihr hohes geistiges Niveau ebenso auszeichnete wie durch die Herzlichkeit ihres Tones, hewegt sich die in der Wilhelmstraße aufgesetzte Erwiderung innerhalb des üblichen trocken- fonventionelln Rahmens. Sie ist typisch für den bürokratisch- reaktionären Geist, der im Reichsaußenministerium seit dem Tode Stresemanns und insbefonders feit der Ernennung des Herrn von Bülow zum Staatssekretär herrscht. Wie sollte auch eine Regierung, die sich selbst nicht innerlich zur Republik und zur Demokratie bekennt, den Mut haben, das Bekenntnis des neuen spanischen Botschafters zur Demokratie und zu dem Vorbild der Wei marer Verfassung mit eben solcher Eindeutigkeit zu beantdes Spaniers überhaupt nicht einzugehen, dafür aber durch Anspielungen auf die spanische Neutralität während des Weltkrieges den Eindruck erwedt, als fönnte man in Deutsch land den Sturz der Bourbonen - Monarchie noch immer nicht verschmerzen.
Ein solches Band erhoffen wir auch von der Aktion beider Staaten, im Rahmen unserer nationalen Eigenheiten, auf inter - worten? Man hat es deshalb vorgezogen, auf diese Hinweise nationalem Gebiet. Ueber seine Grenzen hinaus hat Spanien feine anderen Ambitionen als die,
bescheiden aber mit Begeisterung an der Erhaltung und Größe dieses wunderbaren und jarten Wertes so vieler Jahrhunderte der Zivilifiation, wie es Europa darstellt, dessen einer Cdstein Deutschland ist,
und zwar unter aufrichtiger Mitwirtung an der internationalen Organisation eines gesicherten und gerechten Friedens mitzuarbeiten. Hierzu verpflichtet uns die spanische Berfaffung, als sie doch die Grundsäße des Bölferbundpattes in fich aufgenommen hat. Weiter wollen mir zu einer internationalen Rationalisierung der Wirtschaft gelangen, um durch eine gemeinsame Aftion das entsetzliche und allgemeine Bro blem der Arbeitslosigkeit zu lösen und viele Ursachen der Gegnerschaft unter den Bölfern zu beseitigen. In der Ueberzeugung, daß sich viele nationale Schwierigkeiten nur auf internationalem Bege überwinden laffen, hegen mir, Herr Bräsident, die Hoffnung, bei dieser Aufgabe die wertvolle Unterstügung Ihrer Regierung zu finden.
Und jest wollen Euer Erzellenz mir einige perfönliche sorte gestatten. Zu Beginn dieses Jahrhunderts gab es auch in meinem Lande eine Sturm und Drangperiode, wo sich ein Teil unserer intelleftuellen Generationen über Europa zerstreute und die Rettung Spaniens in der Erneuerung unferer Kultur und unserer Zechnit juchte. Ich hatte damals, gerabe vor 20 Jahren, das Glüd, einer jener Bilger des Wiffens zu fein, bie nach Deutschland tamen,
Mit Genugtuung stellen wir fest, daß der Mann, der als Botschafter der spanischen Republit eine so herzerfrischende, geistvolle und tapfere Antrittsrede gehalten hat, ein Sozialist ist. Um so peinlicher wirkt die bürokratische Leistung der zünftigen Diplomaten in der Wilhelmstraße.
In Barcelona murden in einer Geheimversammlung 58 Syndikalisten verhaftet. Sie sollen geplant haben, die Erinnerungsfeier am 14. April für die Ausrufung der Republit zu stören. Man rechnet mit meiteren Verhaftungen.
Der Gesandte Volens in Bern und ständige Bertreter beim Böllerbund und Internationalen Arbeitsamt otat ift am Don nerstagnormittag nach langer Krankheit im Alter pon 49 Jahren in Bern gestorben. Sofal hatte an allen Arbeiten des Bölkerbundes feit dessen Gründung persönlichen Anteil. Als Mitglied des Berwaltungsrates des Internationalen Arbeitsamts hat er stets für die Intereffen der Arbeiter großes Verständnis gehabt. Dit wußte er sich selbst gegen die Oberstenregierung in Warschau durchzusetzen. Die 15. Internationale Arbeitskonferenz 1931 wählte ihn einstimmig zu ihrem Präsidenten. Die 2rbeitervertreter erklärten damals ausbrüdlich, daß fie für die Person und nicht für das Land, bas Gofal pertrete, stimmten