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Eine der Steuerbeamten.
Der Borwärts hatte vor einigen Tagen Kritik geübt an der rigorosen Art der Steuereintreibung. Wir schrieben, daß diese Maßnahmen in den betroffenen Kreisen der Bevölkerung unbedingt Erbitterung auslösen müssen. Besonders heute wäre eine rücksichtsvollere Behandlung williger Steuerzahler angebrachter. Nun wendet sich der Bund Deutscher Reichssteuerbeamten e. V. in Berlin an uns. Der Bundesvorsitzende macht für seine rund 36 000 Mitglieder darauf aufmerksam, daß die Eteuerbeamten seit Jahr und Tag für eine sozial gerechte und mirtschaftlich tragbare Steuergesetzgebung und Steuererhebung eingetreten sind. Bor allem tönnen die Steuerbeamten nicht für die jezigen Borgänge verantwortlich gemacht werden, es liegen vielmehr bindende Vorschriften des Reichsfinanzministers über die Einziehung der Steuerrückgänge des Rechnungsjahres 1931 vor.
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In dieser Anweisung des Reichsfinanzministe riums an die Präsidenten der Landesfinanzämter, datiert vom 25. Februar 1932, heißt es: ,, Die Kassenlage des Reiches macht es erforderlich, daß die am 10. März fälligen Steuern auch wirklich und rechtzeitig gezahlt werden. Aufgabe der Kassen ist es deshalb, ihre Arbeiten so einzurichten, daß etwaige nicht rechtzeitig gezahlte Beträge sofort angemahnt und erforderlichenfalls eingezogen werden; denn bei der Etats- und Kaffenlage ist es von besonderer Bedeutung, daß die Beträge noch im Rechnungsjahr 1931 eingehen." Dann wird Anweisung gegeben, das Personal der Veranlagungsabteilungen vorübergehend zu verstärken. Alle erforderlichen Kräfte müssen angelegt werden, um die 190 Millionen Marf nicht gestundeter Steuer einzutreiben. Schließlich werden die Präsidenten der Landesfinanzämter ersucht, über diejenigen Finanzämter Bericht zu erstatten, die einen über dem Durchschnitt liegenden Rückstand an nicht gestundeten Steuern aufzuweisen haben.
Im Interesse der Objektivität bittet uns weiter der Bund Deutscher Steuerbeamten mitzuteilen, daß die Steuerbeamten nach wie vor überparteilich auf dem Boden der von den Beamten beschmorenen republikanischen Verfassung stehen. Das hat erst der Bundesvorstand in seiner Sigung vom 21. und 22. März wieder fundgegeben. Alle anderen Anschuldigungen müssen als große Ungerechtigkeit empfunden werden. Wir hatten nämlich an den befannten Beschluß des Gesamtvorstandes des Deutschen Beamten bundes erinnert, der es abgelehnt hatte, einen Aufruf für die Wiedermahl Hindenburgs herauszugeben. An diesem negativen Beschluß waren neben den Lehrern die Steuer- und die Zollbeamten beteiligt. Inzwischen haben nun verschiedene Beamtentverbände von sich aus Aufrufe für Hindenburg herausgegeben, so die Polizei-, die Gendarmerie, die Posts und Telegraphenbeamten, die katholischen Behrer und einige starte Gruppen, die besonders untere Beamte zufammengefaßt haben. Die Steuerbeamten sind leider nicht dabei zu finden. Im Gegenteil, unter den zahlreichen Beamten, die auf den Listen der NSDAP . für den Preußischen Landtag tandidieren, befinden sich drei Obersteuersekretäre und ein Steuerinfpettor. Und es ist weiter eine Tatsache, daß von allen Amtsstellen gerade die Steuer- und die Zollverwaltung am meitesten mit nationalsozialistischen Staatsfeinden durchsetzt ist. Biel Lärm um nichts!
Im Dezember 1930 hat eine große Berliner Nachrichtenforrespondenz die Mitteilung von einer Unterschlagung in Höhe von 200 000 Marf bei der Oristrantentatie in Breslau gebracht. Der Hauptverband Deutscher- krantentaflen, Bezirk Ober- und Niederschlesien , i, in Breslau teilt uns mimnehr folgendes mit: Am 18. Jamuar d. I. war auf Beschluß des Landgerichts Breslau der Verwaltungsdirektor Kirchhoff aus dem tatfächlichen Grunde nicht hinreichenden Verdachts außer Verfolgung gesetzt worden. Gegen diesen Beschluß hatte der Staatsanwalt des Landesgerichts Breslau Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Wieder wurden erneut Zeugen in diesem Verfahren vernommen. und wieder konnte gegen Kirchhoff nichts Ehren rühriges oorgebracht werden. Heute können wir die erfreuliche Mitteilung machen, daß der Senat beim Oberlandes= gericht Breslau die Beschwerde des Staatsanwalts auf Kosten der Staatskasse zurückgewiesen und Genossen Kirchhoff damit endgültig außer Strafverfolgung gesetzt hat. So endete ein seit fünfviertel Jahren geführtes Unetrsuchungsverfahren gegen Kirchhoff, das die Standalpresse meidlich nüßte, um von ,, Korruption in sozialdemokratisch geleiteten Krankenkassen" reden zu können.
Die Einführung der Sommerzeit in Frankreich findet in der Nacht vom 2. auf den 3. April statt. Am 2. April, 23 Uhr, werden sämtliche Uhren um eine Stunde vorgestellt, so daß von diesem Zeitpunkt an westeuropäische und mitteleuropäische Zeit wieder ausgeglichen ist...
pubiskle
latiEin Blick in die Winkel der Weltstadt sid
Am Freitagabend lebt der Aleg. Da mischen sich zwischen all die mißmutigen, schlechtgelaunten Menschen, die mit leeren Taschen und fadem Zungengeschmack Stammgäste sind, die heute einmal aufgeräumten, noch im Betrieb Stehenden, die für schwer erarbeiteten fargen Lohn einmal über die die Stränge schlagen. Nicht einmal aus Leichtsinn, nein aus purem Ueberdruß vom etlen Alltag, wo man nichts hört als Abbau. Da nimmt man einfach mal Reißaus und geht in die Kneipe, wo die Jazzband donnert, daß man sein eigenes Wort und das des Nachbars nicht mehr versteht, wo die Luft
in dicken blauen Schwaden längst undurchsichtig geworden ist, wo es vor den Augen flimmert und in den Ohren dröhnt, das richtige Tohuwabohu für einen, der einmal für ein paar Stunden nicht denken will. Denken heißt ja doch bloß Sorgen machen...
In den verschiedenen„ Quellen“ und„ Klausen “ und„ Eden" hat die Stimmung so gegen Mitternacht einen bacchantischen Charakter angenommen. Aus dem musikalischen Inferno der hemdsärmeligen Hauskapelle ist nur mehr das schrille Quäfen des Sagophons herauszuhören, des Refrainfängers Stimmbandstärke tann dem allgemeinen Fortiffimo unmöglich trogen, es versinkt und er trinkt, wie das grelle Lachen der Mädchen, wie die schüchterne Bitte des„ Kunstzeichners", wie der humorige Ausruf des Wizzblait
händlers.
Da sizt einer, der entschieden nicht hierher gehört; weder äußer lich noch innerlich past er in den Rahmen. Sein Anzug ist zwar armselig, aber nad) Maß gearbeitet, seine Hände sind lang und schmal und schön geformt, schade, daß sie halb erfrieren mußten; er sieht und hört um fid), ohne im geringsten anwesend zu sein. So oft eines der Mädchen, mit mehr oder weniger Temperament behaftet, ihr Glück bei ihm versucht, lächelt er so merkwürdig, daß einen die Gänsehaut überläuft. Keine hat sich noch zu ihm gesetzt, obwohl Schüchternheit doch nicht ihre hervorstechende Eigenschaft ist; gleich, nach dem ersten anknüpfenden Sah dreht sich eine jede achselzuckend von ihm ab. Am großen Spiegel steht eine üppige Blonde, sie hat gerade einen heftigen Wortwechsel mit ihrem Beschüzer hinter sich und ist wütend. Jezt geht sie einmal zu dem eigentümlichen Herrn, das wär' doch gelacht, wenn sie es nicht schaffte, dem wenigstens eine Molle und eine Zigarette zu entreißen. Sie macht es ohne Vorrede und sißt gleich. Der Mann sieht ihr mit starrem Lächeln ins Gesicht, spricht feinen Ton, gibt teine Antmort, bohrt bloß seine Augen in die ihren. Da wird's auch ihr ungemütlich, und sie zieht Leine...
Wertvolle Kunstschäße spurlos verschwunden.
Von einem Schloß in der holländischen Ortschaft Breu telen ist dieser Tage eine Kunstfammlung geraubt worden, die einen Wert von mehreren Millionen Mark repräsentiert. In der Hauptsache sind aus den Räumen des Schlosses äußerst tostbare Gemälde verschwunden. Es befinden sich darunter Werte von Cranach , Ter Brogh, Peter Oliver, Cosway usw Außerdem fielen den Tätern altertümliche Ringe, Elfenbeinschnitzereien und andere Kostbarkeiten, die zum Teil aus den Tropen stammen und einen unersetzlichen Wert darstellen, in die Hände. Die holländischen Behörden haben sich jetzt auch an das Berliner Polizei präsidium gewandt, da vermutet wird, daß vielleicht ein Teil der Millionenbeute auf dem Berliner Kunstmarkt auftauchen wird, oder daß die Banditen, um ihren Raub in Sicherheit zu bringen, ver suchen werden, über einen deutschen Hafen nach Uebersee zu entkommen.
Auf die Wiederbeschaffung der Antiquitäten oder für Mitteilung aus dem Publikum, die zur Festnahme der Täter führen, ist eine Belohnung von 10 000 Gulden ausgesetzt worden.
Ein falsches Lindbergh- Baby.
Wie erst jetzt bekannt wird, hatte Potsdam in diesen Tagen für eine Stunde eine Sensation: Ein zur Zeit in Berlin weilender amerikanischer Student glaubte im Vorortzug BerlinPotsdam in dem 17 Monate alten Söhnchen einer Krankenschwester Käte B. aus München - Gladlach das geraubte Lindbergh- Baby wiederzuerkennen, und bei der Ankunft in Potsdam alamierte er die dortige Bahnhofswache, die die Krankenschwester, die inzwischen
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Im rückwärtigen Teil eines Lokals ist Feststimmung; da sizzen an zwei aneinandergeschobenen Tischen ein paar Spendierer, um= ringt, umfast von einer großen Mädchenschar. Die Stimmung iſt auf dem Höhepunkt angelangt, die eine schürzt den Rock und tanzt Cancan, die andere singt, nicht schön, aber laut ,,, von der Liebe der Matrosen", assistiert von der Hauskapelle, die gleich einer schützenden Wand dies fröhliche Eiland von der nüchternen Außenwelt abschließt. Site" schreit jetzt einer aus dem vorderen, gänzlich leergewordenen Raum, worauf die Musikmacher schleunigst wiederum ihren Podest erklimmen, um sich der Allgemeinheit zu widmen. Alles, was an Weiblichkeit neu hereinkommt, gravitiert, nach rudwärts, solange, bis da ein heftiger Konkurrenzfampf zu entbrennen beginnt. Eine kleine Dicke mit der Stupsnäse hat sich scheinbar zur Faporitin hinaufjongliert, ihr Wort gilt; was sie bestellt, wird serviert, wen sie anfaucht, der muß verschwinden. Sogar die statiöse Blonde, die bereits auf des einen Schoß gelandet war und gerade mit Bonne und viel Geschrei einen Negerkuß verspeiste, mußte das Feld räumen. Die war nun gerade feine von den lengstlichen und hatte einen schönen fräftigen Faustschlag auf der Stupsnäßigen Arm gelandet, trotzdem aber konnte sie da nichts werden.
Zwei blaffe Mädchen in der Edfe.
Da wußte man bei Gott nicht, was das sein soll; sie sahen nicht rechts, fie sahen nicht links, fie waren still und brav und so schrecklich elend. Jede hatte ein Töpfchen Bier vor sich stehen, leise unterhielten sie sich miteinander, und als ein stark Angefäuselter die eine ins magere Aermchen kniff, da hatte sie ein so zart- verlegenes Lächeln, daß der rauhe Don Juan darob selbst in Verlegenheit geriet und durch den Ober ein Schmerzensgeld in Gestalt eines fleinen Korn hinüberschickte.
Der Flötift ist flerbenemüde.
Das Musikertrio in einer dieser Amüsierstätten sieht in frassem Widerspruch zu der ganzen Szenerie. Drei biedere alte Männer im speckigen Smoking trommelten, fiedelten und bliesen, was ihre armen alten Finger und Lungen noch hergoben. Der Flötist war schon ganz ab, andauernd zog er die Uhr, wischte fich den Schweiß und japste. Da erschien ein Pseudodirigent, der mit heftig schwantendem Stab die drei Alten hochriß. Und wieder donnerte die Musit, gröhlte der Gejang, freischte Frauenfachen. Zahltag am Aleg...
schon in einem Omnibus Platz genommen hatte, zur Feststellung ihrer Personalien zur Wache brachte. Hier ergab sich dann bald, daß es nicht das Lindbergh- Baby, sondern der kleine Rolf B. aus München- Gladbach war, der aber tatsächlich große Aehnlichkeit mit dem Kind des Ozeanfliegers hat. Nachdem durch Rückfrage in Berlin , wo die Krankenschwester zur Zeit gemeldet ist, sich die Richtigfeit ihrer und ihres Kindes Personalien hatte feststellen lassen, wurde die zu unrecht als„ Entführerin des Lindbergh Babys". Verdächtige wieder auf freten Fuß gefeßt. Die von anderer Seite stammende Mitteilung, daß sie noch weiter unter polizeilicher Beobachtung bleibe, trifft nach Auskunft der zuständigen Stetten in Potsdam nicht zu.
Das Kleeblatt- ein politisches Kabarett.
Vier junge Schauspieler unter Führung von Theo Maret haben eine Wahlrevue zusammengestellt, mit der sie in den nächsten Wochen landauf, landab im Sinne der Eisernen Front und der Republik wirken werden. Am Freitag gaben sie im ehemaligen Residenztheater eine Probe ihres Könnens. Es ist anzuerkennen, daß das Kleeblatt an Abwechslungsmöglichkeiten aus pier Menschen herausholt, was nur herauszuholen ist. Sie singen und sie tanzen, sie mimen Orchester und Kientopp, parodieren das Radio, und selbst der Schnellzeichner ist nicht vergessen. Bei einer etwa zweistündigen Vorstellung können natürlich nicht alle Teile gleich gut ausfallen, aber hinter allem sigt Schwung und guter Wille. ,, ins Im ersten Teil gefiel besonders die auch bildlich Schwarze" treffende Abfertigung des beliebten Militärfilms, wobei der vorgetragene Tert im Schattenspiel eine wirksame Stüze fand. Den Höhepunkt bildete ein Sketch, in dessen Mittelpunkt der auch politisch große Adolf in Person steht, und der einem guten sehr wirksamen Einfall von Franz Kappe sein Entstehung verdankt. Nur einige Längen mären zu streichen.
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