Morgenausgabe
Nr. 158
A 80
49.Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Boltsblatt
Dienstag
5. Apríl 1932
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Adolf Hitler reist im Lande umher und hält seine Programmrede. Im Mittelpunkte dieser Rede steht der folgende Saz: Im November 1918 haben die heutigen Machthaber ein geordnetes großes Reich übernommen." Das ist eine Spefulation auf das furze Gedächtnis wie auf die Jungen, die den Krieg nur vom Hörensagen kennen und feine bewußte Erinnerung mehr an die Verhältnisse beim Kriegsende haben. Es ist für einen Politiker die dreisteste und schamloseste Lüge, die denkbar ist, eine Geschichtsfälschung, vor der selbst die berüchtigte Dolch stoßlegende, die längst erledigt ist, verblaßt!
Deutschland ein geordnetes großes Reich am Ende des Krieges? Der Zorn aller, die die letzten Kriegsjahre mit erlitten haben, muß sich gegen diese freche Lüge eines Mannes erheben, der alles wieder zerschlagen will, was in Deutschland nach dem Kriege als Wiederaufbauarbeit geleistet worden ist, immer wieder zerstört von politischen Abenteurern und Butschisten vom Schlage Hitlers !
Im November 1918 lag Deutschland am Boden, aus geblutet durch viereinhalb Jahre Krieg, und noch mehr ausgehungert durch viereinhalb Jahre Hungerblocade! Deutsch
gewalt. Wo Hitler heute Ordnung behauptet, herrschte ein Kampf der feudalen, militärischen und höfifchen Cliquen gegeneinander. Unfähige Reichskanzler und unfähige Diplomaten, Militärs, die den Staatsmännern in den Arm fielen, die das fommende Unheil verhüten wollten, dazu eine immer stärfer werdende Fronde und Sabotage gerade der Leute, die sich wie Herr Kapp nach der Revolution als ,, Retter" anboten!
Ein wohlgeordnetes großes Reich? Wie es damit ausfah, geht aus dem bekannten Briefe hervor, den der Januschauer schon im Jahre 1915 an Herrn von Loebell geschrieben hat:
Liebste Exzellenz Friz! Im Begriff, nach Bolen auf meinen Bosten zurückzukehren, danke ich Gott , die Schererei mit den Güter und der Zivilverwaltung los zu sein. Es ist auf dem Lande jetzt unerträglich mit den täglich wechselnden Verordnungen. Ich bestelle 500 Morgen überhaupt nicht, und so machen es viele, weil die Unsicherheit der Ernte und der Bestimmungen zu groß viele, weil die Unsicherheit der Ernte und der Bestimmungen zu groß ist. Die Sache mit den Kartoffeln ist jetzt einigermaßen vernünftig, von den Schmeinen wird die Hälfte in der Böfeltonne verfaulen. Die Erbitterung auf dem Lande ist sehr groß und wird sich nach dem Kriege entladen. Hinzu kommt, daß das Bertrauen zu der das Vertrauen zu der Obersten Zivilleitung längst fehlt, weißt Du."
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Der Oktober und November 1918 hat den völligen 3usammenbruch der alten staatlichen Ordnung gesehen, das Debakel der Herrschenden von damals, die ein großes Volk in das Chaos geführt haben. Ihre Schuld das Chaos, ihre Schuld das grenzenlose Elend der Kriegsfolgen, ihre Schuld, daß Deutschland aus der Reihe der Großmächte gestrichen wurde! Die Folge ihres Zusammenbruches, ihrer Unfähigkeit, ihrer grenzenlosen Mißwirtschaft war der Bertrag von Versailles !
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Bierzehn Jahre später aber lügt dieser blutige politische Dilettant und Phrasendrescher, in dessen Hirn die einfachsten politischen und geschichtlichen Tatsachen nicht hineingehen, dem deutschen Volke vor, Deutschland sei im November 1918 ein wohlgeordnetes großes Reich gewesen! Die Absicht der Lüge ist klar: es erfüllt ihn und seinesgleichen mit ingrimmigem Haß, daß danach im neuen Staate trotz der Gemalt von außen und trotz der Störungen im Innern wiederaufgebaut murde! Sie hassen uns, weil wir an diesem Aufbau teilgenommen haben, weil wir wiedergutmachen mußten, was das taiserliche Deutschland zerstört hat! Sie wollen die neue Ordnung niederreißen. Möge das deutsche
land war am Ende seiner Kraft militärisch, wirtschaftlich. Obersten Kriegsleitung in allen Kreisen immer mehr schwindet. Daß Bolk sich davor bewahren, daß es noch einmal auf den Tief
piychologisch. Die Grenze der Leidensfähigkeit seiner Be völkerung war erreicht. Noch im nächsten Jahre nach dem Movember 1918 starben Hunderttausende, Männer, Frauen, und vor allem Kinder, an den Folgen der Hungerblockade!
Ein wohlgeordnetes großes Reich? Hitler denkt dabei wohl an die Ordnung, die durch die Brotfarte bezeichnet wurde, jene„ Ordnung", die der Ausdruck der Unfähigkeit war, die Bevölkerung zu versorgen? Oder denkt er an das Schieber- und Buchererwesen, an die Kriegsgewinnler übelsten Angedentens? Wir fönnen uns denken, daß unter seinen Anhängern mancher ist, der sich nach dieser Ordnung zurücksehnt!
Die Industrie erloschen, Produktion nur noch für den unmittelbaren Kriegsbedarf, die Männer im Heere, die Frauen unter Einsaß ihrer Gesundheit schuftend in Männerberufen, die Kinder in immer schlechter werdenden Schulverhältnissen, aus der Familie gerissen, abgezehrt, in Fezzen, hungernd das nennt dieser gedankenlose Maulheld ein geordnetes großes Reich!
Das Land seit Jahren hermetisch vom Ausland abgeschlossen, feine Produktion, fein Handel, eine Verarmung ohnegleichen, und dazu eine täglich wachsende gigantische Schuldenlast für den Krieg, die die Staatsfinanzen vollständig zerrüttet hat. Im November 1918 betrug die Kriegsschuld des Deutschen Reiches 120 milliarden Mart, eine unge= heuerliche Summe, deren Bedeutung im Lauf des Kampfes der deutschen Regierungen nach dem November 1918 gegen die Reparationen klar geworden ist. Diese 120 Milliarden Mark Schulden des ,, mohlgeordneten, großen Reiches hat das deutsche Bolk in der Inflation bezahlt bezahlt durch Hunger, Elend, durch die Vernichtung des Mittelstandes. Die Schuldigen- das ist die Leitung des ,, wohlgeordneten großen Reiches" vor dem November 1918!
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,, Das Volk ist herrlich, aber der Kopf ist faul!" schrieb schon im Herbst 1914 der Großadmiral des wohl geordneten" Kaiserreichs, Herr von Tirpit, in sein Tagebuch. Seine Erinnerungen wie die der anderen Paladine Wilhelm II. geben ein eindringliches Bild des chaotischen Durch einanders, des Intrigenkampfes aller gegen alle, der an der Spitze des wohlgeordneten Reiches" tobte, während man dem Volk nationale Einigkeit" predigte. Jst Hitler wirklich so grenzenlos unwissend, von all diesen Dingen nichts zu wissen Oder beschwindelt er seine Hörer bewußt?
punkt des November 1918 herabfintt, auf das Niveau des großen wohlgeordneten Reichs", das damals nach Hitler Deutschland dargestellt hat!
Wir fämpfen, um Deutschland davor zu bewahren! Mir haben dafür Sorge getragen, daß die Geschicke Deutschlands nicht Dilettanten und Lügnern vom Schlage Hitlers ausge liefert werden! Wir haben Preußen als festen Kern des neuen Staates, des staatlichen Wiederaufbaus Deutschlands ausgebildet und befestigt.
Dagegen fämpfen sie mit Haß und Gemeinheit, mit Lüge und Verleumdung. Es wird ihnen nicht gelingen, abermals das Chaos über Deutschland zu bringen!
Schlagt Hitler ! Wählt Hindenburg ! Mit Braun- Severing für Preußen!
Terrorversuche gegen Eiserne Front gebrochen.
Am Sonntag tam es in Altona zu blutigen Zusam menstößen, die durch S.- Horden herbeigeführt wurden. Dazu ist folgendes nachzutragen:
alle nur erreichbaren SA.- Stürme von auswärts nach Altona dirigiert.
Neben dem der Polizei gemeldeten Aufmarsch des Altonaer Sturmes wurden alle verfügbaren Na zistürme aus Hamburg , aus dem Kreise Pinneberg , dem Kreise Steinberg und dem Kreise Stormarn zusammengeholt; aus Elmshorn traf eir Sonderzug mit SA. - Leuten ein. Außerdem waren KoIonnen von Kraftwagen und Autobussen aus Quickborn , 33ehoe und Bad Bramstedt eingetroffen. Nach dem Ummarsch wurden die Nazistürme planmäßig auf den Anmarschwegen
Zum Sonntagnachmittag war in Altona ein Aufmarsch der Eisernen Front angekündigt. Auch die Nationalsozia Dem mirtschaftlichen Chaos entsprach die völlige liften veranstalteten einen Propagandamarsch, der ihnen aber 3errüttung von Regierung und Verwaltung. offenbar nicht die Hauptsache war, sondern mit dem sie nur den Die Ordnung", die Hitler lügnerisch behauptet, bestand in 3wed verfolgten, den Aufmarsch und die Kundgebung der Eisernen einem vollständigen Durcheinander, verursacht Front unmöglich zu machen. Eine solche Absicht mit den Altonaer durch das persönliche Regiment eines gekrönten Dilettanten, Nazis durchzuführen, wäre natürlich vergebliches Bemühen gewesen. durch ein Gegeneinanderarbeiten von Zivilgemalt und Militär- Man hat deshalb entgegen den der Polizei gemeldeten Absichten der verschiedenen Gruppen der Eisernen Front
Am Freitag, dem 8. April 1932, um 6 Uhr abends
Eiserne Front im Lustgarten