Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN  Dienstag 5. April 1932

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Borwärts" Bezugspreis für beide Aus, aben 75 Vf. pro Woche, 3,25 M. pro Monat ( davon 87 p monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Vost bezug 3,97 m. einschließlich 60 Vf. Vostzeitungs­und 72 Vf. Postbestellgebühren.

Spalausgabe des Vorwärts"

10 Pf.

Nr. 159

B79 49. Jahrgang

-

Anzeigenpreis: Die einspaltige Millimeterzeile 30 D., Reklamezeile 2.-M. Ermäßigungen nach Tarif. Vostscheckkonto: Borwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin   Rr. 37 536. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor! Redaktion und Expedition: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Dönhoff( A 7) 292-297.

KP.- Deutschland  - gibt es das?

Alles geschieht nach Befehl aus Moskau  !

Die bolschemistischen Führer verfügen über ein Lager von Prima- Parolen für alle Situationen. In besonders er­regten Zeiten veranstalten sie so etwas wie einen Räumungs­ausverkauf. Nicht mehr ganz neue Parolen, dafür ein paar mehr mit Ertrazulagen. Besonders billig für Wieder­verkäufer.

Hinterdrein stellt sich regelmäßig heraus, daß die Parolen nicht das Papier wert gewesen sind, auf das sie gedruckt waren. Dann folgen ebenso regelmäßig endlose Artikel, in denen den Kommunisten vorgehalten wird, daß ihre Un­fähigkeit und ihr Versagen die Parolen kaputtgemacht hätte.

Wie ist dieses sich ständig wiederholende neckische Spiel möglich?

3war sagt man KPD.  , Kommunistische Partei Deutsch­ lands  . In Wirklichkeit gibt es aber gar feine Kommunistische Partei Deutschlands  . Das heißt, es besteht keine Kom­ munistische Partei  , die aus den Verhältnissen heraus, wie sie in Deutschland   gegeben sind, notwendig und daseinsberechtigt geworden ist. Der Bedarf des Proletariats nach einer poli­tischen, wirtschaftlichen, sozialen und fulturellen Wahr­nehmung seiner Interessen ist mit der Sozialdemokratischen Partei vollkommen gedeckt. Die bolichemistischen Führer ver­suchen diese Tatsache durch demagogisches Gehezze gegen die Demokratie und wüstes Geschimpfe auf die Sozialdemokratie zu verbergen.

Wäre eine Kommunistische Partei Deutschlands  neben der Sozialdemokratie möglich, dann müßte sie in der Eisernen Front gegen die faschistische Gefahr stehen. Für jeden, der, von der gegenwärtigen politischen Situation in Deutschland   ausgehend, seine taktische Entscheidung trifft, ist das eine zwingende Notwendigkeit.

Trozki sagt den Kommunisten: ,, Wenn der Faschis­mus zur Macht gelangt, wird er wie ein furchtbarer Tank über eure Köpfe und Wirbelsäulen hinweggehen. Rettung liegt nur im unbarmherzigen Kampf. Und Sieg kann nur die Kampfesverknüpfung mit den sozialdemokratischen Arbeitern bringen."

Bernünftige Kommunisten- aber nur im Memelland  !

Grzesinski   spricht in den Tennishallen.

Beratung über Braunschweig  .

Severing spricht in Effen.

Unter Vorsitz Groeners im Reichsinnenministerium. Riefenfundgebung der Eisernen Front. Heute mittag hat im Reichsinnenministerium unter Effen, 5. April. In einer überaus start besuchten Kundgebung der Eisernen dem Vorsitz des Reichsinnenministers Groener eine Be­ratung über die Zustände in Braunschweig   stattgefunden.| Front sprach am Montagabend in der großen Ausstellungshalle in Dieser Beratung soll ferner das bei den Haussuchungen Essen   der preußische Innenminifter Severing. Er ging u. a. durch die preußische Polizei beschlagnahmte Material auf die Notwendigkeit und Möglichkeiten der Arbeitsbeschaf­über das illegale Treiben der braunen Armee zugrunde fung ein und erklärte: Wenn wir Arbeitsmöglichkeiten im eigenen gelegen haben. Man erwartet, daß das Ergebnis der Cand schaffen wollen, dann müssen wir Selbstvertrauen wiederge­Beratungen im Laufe des Mittwoch sichtbar wird. winnen, das Vertrauen des Boltes und eines jeden einzelnen zu sich felbft. Dann können wir auch fordern, daß man uns in der Welt Vertrauen entgegenbringt. Die Wohlfahrtserwerbslosen in den Städten fönnten sich beglückwünschen, daß in den letzten Jahren in den zuständigen Behörden frühere Arbeiter gesessen hätten. Das zu belegen, werde in den nächsten Wochen noch Gelegenheit sein. Mit der Zurückwerfung des Faschismus müffe die politische und wirtschaft­liche Reaktion am 10. und 24. April geschlagen werden. Es gelte, wach zu bleiben, bis das größere Ziel der Zusammenarbeit mit den Bölkern der Erde verwirklicht werden könne. Arbeitsbeschaffung ohne Kampf bedeute letzten Endes nichts anderes als den Abbau der Zollmauern und der Mauern des Bölferhaffes.

Zimt aus Moskau  

So stand in Thälmanns Moniteur zu lesen:

Da ist eine Familie Zint aus Berlin   gewesen,

-

-

das Jüngste ist schon hundert­

Was Trotzki für Deutschland   vergeblich anstrebt, ist im Memelland   Wirklichkeit geworden. Ja, mehr als das. Im Memelland   haben sich die Kommunisten, weit über den Rahmen der Eisernen Front hinaus, in eine nationale Front eingereiht, die von allen deutschen   Parteien, von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken, gegen den Gewaltakt der litauischen Regierung gebildet ist. In der Sigung des Memelländischen Landtags, am 17. Februar 1932, Die kam nach Moskau   ganz zerrissen und zerruppt, hat der kommunistische Abgeordnete Suhrau mit den Ver- Jetzt aber geht sie kavaliermäßig eingepuppt, tretern aller deutschen   Parteien gegen den Gewaltaft geredet Die Töchter in Seide, die Mama im Pelz! und gestimmt. Nach seiner Rede ging der Kommunist auf( ,, Den Hauptstoẞ richten wir gegen Severing und Wels!") die Abgeordneten der nationalen Parteien und der Sozial- Wenn der Schinken alle ist, fressen sie Gänsebraten, demokratie zu, mit den zufriedenen Worten: ,, a ,,, Wer hat uns verraten die Sozialdemokraten!") Freunde, wie haben wir das gemacht?!" Zweifingerdick auf die Frühstückssemmel Kaviar, Gut haben das die Kommunisten im Memelland   ge- Und steinalt werden sie Die Räumung der SA.- Büros. macht! Ihre Handlung war diftiert von der Not, alle Kraft zwanzig Jahr! Auszug aus der Hedemannstraße. gegen eine afute Gefahr zu richten, die an Größe alles über­ragt, was an Trennendem zwischen den einzelnen deutschen Kurz: das Moskauer   Klima ist für Berliner   sehr gesund. Entsprechend der gestrigen Anordnung des Polizeipräsidenten Nur merkwürdig die Eingeborenen kommen auf hat heute morgen im Parteihaus der NSDAP.   in der Hedemann­Parteien vorhanden ist. den Hund. straße die Räumung der in der Verfügung genau bezeichneten SA.­Familie Zint aus Berlin   kam direkt ins Paradies, Büros begonnen. Auf mehreren Lastwagen wurden Aften, Karto­theken, Möbel usw. verladen und abtransportiert. Während des Doch den Moskauern selbst geht es ziemlich mies Auszugs war Polizei in der Hedemannstraße anwesend, ohne aber Sie stehen noch immer vor den Läden Schlange, zunächst irgendwie in Aktion zu treten, bis dann um 12 Uhr die Bekommen wenig auf Karten- und das Wenige dauert lange. amtliche Feststellung getroffen wurde, daß der Anordnung des In den Torgsin- Läden häufen sich Delikatessen, Polizeipräsidenten   Folge geleistet worden sei. Die bekommen nur Fremde gegen Valuta zu essen. Der Rubel fällt rapid, die Preise steigen überall. Rings tönt das Wörtchen: ,, Lebensmittelkrawall". Und dann liest man über Familie Zint den Zimt, Und hat den Eindruck, daß hier etwas nicht stimmt...

Parolenschusterei aus Berlegenheit. Hätten sich die memelländischen Kommunisten auf bol­schemistische Parolen eingelassen, dann würde ihr Vertreter die anderen deutschen   Parteien beschimpft und seine Rede mit einer bolschemistischen Parole geschlossen haben. Etwa: ,, Hände weg von China  !" oder: Es lebe Sowjet- Deutsch­land" oder mit sonst einer der zahllosen bolfchemistischen Parolen.

Das geschieht in Deutschland  , wo den Kommunisten die Tattit von Moskau   befohlen wird. Darum heißt eine der finnlosen Parolen für den gegenwärtigen Wahl­( Fortsegung auf der 2. Seite.)

-

-

Jonathan.

Redeverbot für den Nazi- Bürgermeister von Koburg  . Der Staatskommissar für Koburg   hat ein Redeverbot über den Ersten Bürgermeister von Koburg  , Landtagsabgeordneten Schwede, der der Nationalsozialistischen   Partei angehört, verhängt. Das Redeverbot wird damit begründet, daß Erster Bürgermeister Schwede in einer Bersammlung die Wähler des Reichspräsidenten von Hindenburg   als ,, Geschmeiß und Geschwärl" bezeichnet hat.