Der Abend
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B 81 49. Jahrgang
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Gestern abend in der achten Stunde fam es im Vorort Mockau zu einer schweren Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten, wobei von den Nazis mehrere scharfe Schüsse abgegeben wurden. Zwei Sozialdemokraten trugen Steckschüsse im Bein davon und mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bei einem zufällig vorüberfahrenden Personenkraftwagen wurden eine Scheibe und ein Reifen zerschossen; der Fahrer blieb unverletzt. Zwei an der Schießerei beteiligte Nationalsozialisten wurden festgestellt. Einer von ihnen hat ebenfalls so schwere Verlegungen davongetragen, daß er Strankenhaus gebracht werden mußte. In der Woh nung des anderen wurden drei Gewehre, ein Seitengewehr und verschiedene Munition gefunden. Der Mann wurde von der Politischen Polizei festgenommen.
Ueber die neueste Bluttat werden uns noch folgende Einzel
heiten berichtet:
Es mochte kurz nach 19.30 Uhr gewesen sein, als mehrere Grup pen Reichsbannerkameraden und Angehörige des SPD. - Schutzes auf dem Heimweg die Friedrichshagener Straße in Mockau passierten. An einem Gartenzaun lehnten im Versteck mehrere Nazis. Eie wurden rechtzeitig erkannt und zur Rede gestellt. Doch die Wegelagerer hatten bereits die Finger am Abzugsbügel des Schießeisens und dachten nicht daran, zu verduften. Sie blieben weiter im Dunkeln am Gartenzaun stehen und ließen auch die den Reichsbannerkameraden folgenden Gruppen des SPD. - Schutzes an sich vorüberziehen. Kaum hatten die letzten Angehörigen des SPD. Schuzes die Hitler - Buben hinter sich, da krachten schon die ersten Schüsse. Mehrere der Geschosse gingen zwar sehl, doch einige der Schüsse trajen Angehörige des SPD .- Schutzes. Drei der Republifaner wurden verlegt, davon zwei schwer. Der 32 Jahre alte Buchdrucker Rettig erhielt einen Oberschenkeldurchschuß, der 24 Jahre alte Maschinenarbeiter Albin Strunz einen Oberschenkelsteckschuß, ein dritter Genosse einen Streisschuß. Die beiden Schwerverletzten wurden mit dem Rettungsauto der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht. Reichbanner und SPD .- Schutz bemühten sich sofort, der Täter habhaft zu werden. Zwei der Strolche, die feige aus dem Hinterhalt geschossen hatten, gelang es zu fassen. Es sind die Nationalsozialisten or st Bäum ler und Arthur Breiz. Bäumler ist 17 Jahre alt, Breiz 24 Jahre. Der dritte der Hitler - Buben entkam. Die National= sozialisten gingen mit ihrem Trommelfeuer aufs ganze. Von dem mörderischen Kugelregen wurde sogar ein Privatauto getroffen. Ein Geschoß durchschlug eine Scheibe, das andere den Hinterreisen des Kraftwagens. Bon den Insassen wurde glücklicherweise niemand verletzt. In der Wohnung der Erneuerer Deutschlands wurde in einem Kleidergeschrank ein gebrauchsfertiges Infanterie. gewehr, Modell 98, gefunden. Auf dem Boden, versteckt in zmei Säden, mehrere Karabiner, eine größere Menge Munition und ein Seitengewehr.
Ein zweiter feiger Ueberfall.
Leipzig , 7. April .( Eigenbericht.) Auch in Connewiß haben Hitlers Braunhemden in nächt= ficher Stunde einen Ueberfall verübt. Hitlers rauhe Kämpfer" famen gegen 22.30 Uhr aus dem„ Eiskeller". Ecke Pegauer- und Auerbachstraße begegneten ihnen, die ungefähr 80 Mann zählten, vier Reichsbannerkameraden, die stadtauswärts gingen. Raum hatten die Hitlerbanditen die Reichsbannerleute erblickt, da umzingelten sie diese und schlugen ohne irgendwelchen Wortwechsel erbarmungslos auf fie ein. Wie immer hatten die Nazistrplche trotz Berhotes Schulterriemen und Koppel mit starken Metallschlössern bei sich. Diese Dinge benutzten sie als Waffen gegen die Reichsbannerfameraden. Nachdem sie zwei ihrer Opfer zu Fall gebracht hatten, bearbeiteten sie diese mit den Füßen. Blutend lagen die Reichsbannerkameraden ohnmächtig am Boden. Nun erst ließ das braune Gesindel von den Opfern ab und stürmte im Laufschritt dem Kreuz in Connewitz zu. Einem der Reichsbannerkameraden gelang es, die Polizei zu verständigen, die schließlich mit einem Streifenwagen erschien. Inzwischen hatten sich die Nazis in alle Winde zerstreut.
Eiserne Front
morgen
6 Uhr abends
Lustgarten
Justiz für Hitler.
Die„ Einstweilige" als Feffel für fritische Glossen. Kiel , 7. April .( Eigenbericht.)
dem Antrage Hitlers gegen den Hauptschriftleiter der„ Schles Das Amtsgericht Riel erließ heute vormittag entsprechend dem Antrage Hitlers gegen den Hauptschriftleiter der Schles wig- Holstein schen Bolkszeitung" Wurbs eine einstweilige Berfügung, in der der Zeitung
verboten wird, zu behaupten, daß Hitler den Bürgerkrieg bis ins letzte vorbereitet habe und daß seine Putschabsicht dahin ging, Waffen und Lebensmittel zu requirieren, öffentliche Gebäude zu besetzen und die Kaffen mitzunehmen.
Das Gericht erklärte in seiner Begründung, daß das Beweismaterial der letzten Tage den Verdacht rechtfertige, daß bei nicht wenigen örtlichen Organisationen der NSDAP . illegale und revolutionäre Bestrebungen im Gange find. Es müsse aber angenommen werden, daß Hitler diesen Bestrebungen fernsteht. Dafür spreche sein Zeugeneid in dem Prozeß gegen die Ulmer Offiziere und auch seine neuerliche eidesstattliche Versicherung, die Hitler im Hotel Kaiserhof zu Berlin abgefaßt habe. Seine in öffentlichen Reden gemachte Angabe, daß nichts ohne sein Wissen in der Partei geschehe, tönne nicht gegen ihn gedeutet werden, denn hier handele es sich offenbar nur um - selbstbewußte Rede wendungen!
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Hitler wird nunmehr binnen sechs Tagen vor dem Landgericht zu Kiel gegen den verantwortlichen Redakteur der ,, Bolkszeitung" flagen müssen und dann auch nicht verhindern können, daß sowohl er als auch die Vertreter der preußischen Regierung als 3eugen vor Gericht werden erscheinen müssen.
Haut den Lukas!
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MILLIONEN STIMMEN
Kundgebungen der Eisernen Front.
Hamburg , 7. April. Mit zwei großen Severing- Rundgebungen richtete gestern die Eiserne Front den letzten Appell an die Hamburger Wählerschaft zur Wiederwahl Hindenburgs . In der Hauptversammlung bei Sagebiel sprach vor dem Minister der Hamburger Polizeijenator Schönfelder, dessen Ausführungen über das Reichsbanner starke Beachtung fanden. Das Reichsbanner, die Schutztruppe der Republik , sagte Schönfelder, ist eine Armee von Männern, die das Waffenhandwerk nicht lieben, es aber aus dem Kriege kennen. Die Regierung braucht nur den Arm zu erheben, und es steht zum Schuße der Republit bereit. Schönfelder forderte im weiteren Verlauf seiner Rede Maßnahmen des Reiches gegen die SA . Es gebe kein zivilisiertes Land der Erde, daß eine solche Privatarmee dulde. Es sei höchste Zeit, daß das Reich eingreife; die Länder könnten in dieser Hinsicht allein keinen Wandel schaffen.
Minister Severing, von Reichsbannerleuten in den Saal getragen, wurde mit einem Beifallssturm empfangen. Seine einstündige Rede war erneut eine eingehende Auseinandersegung mit der Person Hitlers und seiner Partei. Nach dem Erfolg des 13. März, führt er u. a. aus, liege die große Gefahr darin, daß die Hindenburg - Wähler in Selbst zufriedenheit verfallen. Es gehe jetzt aber nicht um einen größeren Erfolg am Sonntag, sondern darum, daß man am 24. April zeige, daß nicht nur der Zauber eines Namens und einer Persönlichkeit, sondern publikanische Erkenntnis die Wahl bestimmt.
Die Republik und die Republikaner hätten lange geschlafen, es sei ein Verdienst des Nationalsozialismus, die Republikaner muntergemacht zu haben. Zugleich gebe Hitler seinen Gegnern heute die besten Waffen gegen sich selbst in die Hand. Der Widerspruch zwischen feinen früheren Forderungen und den Aeußerungen im KnickerbockerInterview sei nie mehr fortzuwischen. Hitler spiele heute die Rolle des Schreiners im Rüpelspiel des„ Sommernachtstraums". Ver der Masse mime er den Löwen. Vor der Auslandspresse beteure er, er jei gar kein Löwe. Deutschland wählt Hinden burg , erklärte Severing, weil es politische Stabilität haben will und muß.
Stüzel ruft zur Selbsthilfe auf.
München , 7. April .( Eigenbericht.)
In seiner Etatsrede wandte sich der bayerische Innenminister Dr. Stübel im Landtage heute mit aller Schärfe gegen den Wahlterror der Nationalsozialisten. Er versichertz, daß die Wahlfreiheit unter allen Umständen geschützt und jeder Terroratt im Reime erstidt werde. Vor allem werde am 10. April und 24. April nicht gestattet sein, daß„ Alarmbereitschaften zusammengezogen werden, obwohl die Regierung wisse, daß nirgends in Bayern derartige Umsturzversuche gelingen könnten. Zum Schluß richtete der Minister einen ungewöhnlichen Appell zur Selbsthilfe an die Bevölkerung. Als Polizeiminister müsse er öffentlich aussprechen, daß es besser wäre, wenn ein großer Teil der Bevölkerung nicht immer nach der Polizei rufe, sondern selbst durch bestimmte und unerschrodene Maßnahmen, also durch ein gewisses Maß von Zivilcourage die neumodifchen und undeutschen Kampffitten des Rechtsradikalismus zurüdweife.
603 490 Berliner suchen Arbeit. Ende März 3575 weniger als Mitte März.
Der Arbeitsmarkt im Bezirk des Candesarbeitsamts Brandenburg weist in der Zeit vom 16. bis 31. März eine geringe Besserung auf. Die Zahl der Arbeitsuchenden ging von 865 350 auf 851 403, mithin um 13 947 personen zurüd.
In der Berliner Metallindustrie wurden einige Betriebe stillgelegt und damit eine größere Anzahl Arbeitskräfte, darunter sehr viel weibliche, arbeitslos. 3m Baugewerbe wurden neue größere Bauvorhaben fast gar nicht in Angriff genommen. Der Aprilumzug bot zwar eine gewisse Beschäftigungsmöglichkeit, brachte jedoch keine Entlastung des Arbeitsmarktes.
In Berlin werden 128 724 Arbeitslose von der Arbeitslosenversicherung unterstützt, 157 246 von der Krisenfürsorge und 231 502 find Wohlfahrtserwerbslose.