Klassik ist Trumpf
Orchesterkonzerie
Lieber noch wird Altes und Aeliestes bearbeitet, eher erlebt man Erstaufführungen von Stücken, die vor drei Jahrhunderten entstanden, als daß man die schwerringende Gegenwart zu Wort kommen ließe: eine Gegenwart, die insbesondere für die großen Dirigenten(sie haben sich sozusagen in die unangreifbare Stellung der Klassik zurückgezogen) so gut wie gar nicht zu existieren scheint. Dabei wäre es gerade ihnen ein leichtes, für Neues einzutreten. gerade sie müßten uns auch hie und da andere Solisten vorführen, alz immer dieselben„zugkräftigen" älteren Semester, so verdient sie auch sein mögen. Nicht zulegt ist Fu r t w ä n g l e r hier gemeint, der das letzte philharmonische Konzert mit englischer Musik der Zeit um 1600 einleitete, mit zarten und kühnen Stücken von I r h n Bull, William Byrd und einem Anonymus(„Mägde- leins Sang",„Königsjagd" u. a.), die Max Ettinger für große Orchester eingerichtet hatte. Bei allen Qualitäten der vorsichtigen und feinfühligen Bearbeitung muß doch gesagt werden, daß die Orchestertechnik unserer Tage dieser Musik eher schadet als nützt; daß sie sie keineswegs deutlicher macht, sondern nur vergröbert und verzerrt, ihre Dimensionen ändert und ihr eigentliches Wesen— das in einer seltsamen Mischung von grandioser Polyphonie und pro- grammatischer Absicht, feierlicher und zierlicher, absolut-musikvlischer und gesellschastlich-gelundener Haltung besteht, in einem Durch- einander von Kraft und Schwäche, Flachheit und Tiefe— eher ver- dunkelt als erhellt. Eine Bearbeitung aber, bei der man(wie hier) die quälende Empfindung der Stilllberschneidung nicht los wird, ist kaum als gelungen anzusprechen.— Bertram, Eisner und O e b o r n spielten das E-Dur-Konzert Bachs für drei Klaviere und Streichorchester, ein prachtvolles Stück, in dem der äußere Anlaß(die ungewöhnlich« Instruinentenkombinaiion) durch künstlerische Kraft geadelt, durch innere Notwendigkeit überwunden ist. Schluß des Konzerts, Finale der philharmonischen Saison, war Beethovens Fünft« Sinfonie: flackernd und«tmas kraftlos im ersten Satz, erklang sie in immer großartigerer Steigerung bis zum „schicksalüberwindenden" Triumphgesang des letzten. Auch Klemperer ist klassisch geworden; auch er hat, wie
Kleiber, die Moderne in diesem Jahr schmählich im Stich gelasien (die Programme seiner Konzerte mit dem Staat-opernorchester ent- hielten nicht«in einziges Werk neuer Musik): auch er schließt mit Beethoven , feierlicher noch als Furtwängler: er zelebriert die Neunte Sinfonie. Vorher spielt Schnabel des Meisters Ee-Dur-Konzert, das er(unter getreulicher Assistenz des Dirigenten) trockener, un- romantischer, sogar ein wenig langweiliger macht alz«s eigentlich ist.(Sachlich Klavierspielen heißt nicht, darf nicht heißen: aus farbigen Werken die Farbe zu eliminieren.) Jp der Sinfonie wurde der Gegensatz zwischen der Vielseitigkeit dieser(über alle Worte großen) Musik und Klemperers Einseitigkeit allzusehr fühlbar: alles Starre, Gewaltige, Gewalttätige kam großartig heraus, alles Weiche, Zarte, Verschwelertde verkümmerte dagegen; so hatten die Ecksätze großes Format, so imponierte immerhin noch das diabolische Scherzo mit den wahrhast teuslichen kk-Schlägen in der Pauke — der langsame Satz aber war entzaubert, geheimnislo?. ohne verschwimmen- des Helldunkel, ohne Hintergründe und ohne Tiefenwirkung. Chor und Solisten(Heidersbach, Klose, Kullmann und Ahlersmeier, der Philharmonische Chor) taten ihre Pflicht, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Bleibt von einem Kleiber- Konzert in der Phil- Harmonie zu berichten, in dem er Haydn feierte und Johann Strauß spielte(das trifft er wunderbar): ein Wiener Abend, der ihm und seiner bezaubernden Solistin Jarmila Nowotno viel Erfolg brachte. Einzig in einem von Marc Lavry geleiteten Konzert des Berliner Sinfonie-Orchesters war eine Erstausführung zu verzeich. neu:„Das Lied vom Kaufherrn Kalaschnikoff", ein Melodram mit Baritonsolo, Chor und Orchester(nach einer russischen Legende von Lermontow ) von Karl L a s i t e. Eine dem Genre nach Zweifel- hafte, in den Mitteln primitive, dem Gehalt nach wertlose Kompost- tion, deren Text von Toni Halbe-Halberstam recht und schlecht rezi- tiert wurde. Interessanter war Lawrys Ausdeutung von Rinstys berühmtester(inzwischen allerdings reichlich verblaßter) Jugend- arbeit„Antar", die sein unermüdliches und dankenswertes Eint-eten für russische Musik immerhin lohnten. A. W.
Oer Hofpset. Er ist in Goebbels auferstanden. Bor 200 Jahren gab es in Deutschland einen Beruf, der trotz der gewalligen Zunahme der Berufe seitdem außer Mode ge- kommen ist: das war der Beruf des H o f p o e t e n. Jeder bessere Potentat hielt sich einen solchen, der bei allen passenden und un- passenden Gelegenheiren die fürstliche Familie zu beweihräuchern hatte. In Preußen besorgte unter dem ersten Friedrich dieses Amt ein gewisser Besser, der beispielsweise unter dem 14. April 1701 ein unendliches Gedicht darüber los ließ, daß Seine Königliche Hoheit, der preußische Kronprinz— R e i t u n t e r r i ch t ge- nommen hatte. Für eine elende Reimerei auf das Krönungsfest zu Königsberg bekam Besser 2000 Taler.„Eine größer� Summe". bemerkt ingrimmig hierzu Eduard Engel in seiner„Deutschen Literaturgeschichte",„als je zuvor oder nachher ein deutscher Dichter von einem deutschen Fürsten auf einmal zum Geschenk be- kommen hat." Am sächsischen Hof wurde das reimende Lakaientum durch einen gewissen Ulrich von König vertreten. Er nahm sein Amt sehr gewissenhaft: Die Geburt eines jeden Prinzen feierte er mit 35 Druckseiten Reimerei, die einer Prinzessin dagegen nur m:t 30 Seiten. Als der Kurfürst August der Starke unter un- erhörter Verschwendung, während im Erzgebirge seine Untertanen verhungerten, ein großes Armeclager in Zeithain abhielt, verfaßte von König darüber ein„Heldenepos" von vielen tausend Versen im Stil von Homers „Ilms". Der schwülstige Hofpoet feierte darin die harmlosen Zeithainer Manöver wie die größten Siege des Altertums und der Neuzeit. Alexander der Große , Hannibal, Cäsar waren Knirpse gegen irgendwelche Prinzen, die eine Parade ab- genommen hatten. Dieser Poet bekam es sogar fertig, ein Prunk- gedicht auf den Kurfürsten(38 Druckseiten) mit der schlechthin nicht mehr zu überbietenden Schmeichelei zu schließen: Die Untertanen kennten nur eine Furcht,— nämlich ihren Herrn zu über- leben! Der Hofpoet Karl Alexanders von Württemberg aber, eines Vorgängers jenes Tyrannen Karl Eugen , der Friedrich Schiller aus dem Lande drangsalierte,— er bekam es sogar fertig, eine Geschlechtskrankheit seines Gebieters poetisch zu verherr- lichen und die„Wunden auf dem Schlachtfeld der Liebe" den Wunden des Krieges gleichzustellen. Bis vor kurzem durste man meinen, daß dieser kriechende By- zantinismus einer längst überwundenen Vergangenheit angehöre. Aber er ist wieder o u s e r st o n d e n. Man lese das tägliche Gslobhudel des„Angriff" über Adolf Hitler , und man wird zugestehen, daß der Diktator in spe in der Person des Skribenten Josef Goebbels einen Hofpoeten gefunden hat, der jeden Vergleich mit den Besser und von König a u s h ö l t. Es gibt keine Tugend auf der Welt, die Adolf Hitler nicht besitzt: Er beschenkt als unerkannter Wohltäter die Armen, er läßt die Kindlein zu sich kommen, er trinkt nicht, er raucht nicht, feine einzige Erholung ist schwärmerische Einsamkeit in der Natur. Dauernd wird der Mann, der noch nichts geleistet hat außer Agitationsreden, über die größten Tatmenschen der Weltgeschichte gestellt: Wa» ist die Reichsgründung Bismarcks gegen die— freilich einstweilig wieder um zehn Jahre vertagte— Gründung des Dritten Reichs durch Adolf Hitler !— Hindenburg war es zwar, der die Schlacht bei Tannenberg geschlagen hat, aber Adolf Hitler ist laut Josef Goebbels der„Retter Ost- preuhens". Alle Taten der Vergangenheit, sie versinken gegen die Taten, die Adolf Hitler — uns verspricht! Wir zitieren ein paar beliebige Sätze aus dem Hofpoetenschmus des„Angriff": „Kinder mit goldenen Locken strecken dem Führer Blumen entgegen... vchlaft ruhig, deutsche Matrosen, im Grunde des Meeres, und du, deutscher Musketier, auf fremdem Boden! Das Deutschland , für das du dein Leben gabst, es lebt(schreibt Goebbels , der im Krieg zu Hause blieb)... Man muß mit solchem erdgebundenen Menschen der pommerschen Scholle sprechen, muß solch einen Händedruck fühlen und solch einen Blick sehen, wenn er ganz schlicht, im langsamen breiten Tonfall seiner Heimat sagt: „Ich glaube an Hitler ." Bald werden wir erfahren, daß auch die pommerschen Bauern wie die Untertanen weiland Augusts des Starken nur die eine Sorg« kennen, daß sie Hitler vielleicht überleben könnten. Bon der Hofpoeterei des achtzehnten Jahrhunderts hat Goethe geschrieben: „Es war eine wäsfrige, nulle Epoche." Was wird einmal über die Hitler-Byzantinerei geschrieben werden?
Adolf , der Starke. Ctr bestellt schon jetzt seinen Grabstein? In Regensburg hat Phrasen-Adolf sich über sein künftiges Leichenbegängnis geäußert. Wir zitieren wörtlich nach dem Monitur seines Leibpoeten Goebbels , dem„Angriff": „Wenn ich einmal tot bin", schloß Hitler in atemloser Span- nung seine Rede,„so soll mich diese unsere Fahne decken und auf meinem Grabstein soll stehen: Hier liegt ein Mann, der sein Leben lang gefochten yat, der von vielen gehaßt wurde, weil sie ihn nicht verstanden, der von anderen geliebt wurde und der niemals ein Kompromiß schloß, der niemals mit den Feinden in Deutschland paktierte, niemals schwach wurde und der dle ein- mal hochgezogene Fahne geyalten hat. bis zum letzten Alemzuge." Wir schlagen vor, diesen Leichenstein vom„niemals schwach Ge- wordenen" und vom„letzten Atemzug" s ch o n j e tz t auszustellen, und zwar— am Odeonsplah in München , oersehen mit dem Datum des g. November 1923, dem Datum des Tages, an dem Adolf der Starke vor einem MG. und zehn Mann die Flucht im Auto ergriff, während 16 seiner Anhänger starben.
Eine insame NaziZüge. Derleumdung gegen den Reichstagspräsidenten Gen Löbe Braunschweig. 7. April. (Eigenbericht.) Eine infame Hetze gegen den Reichstagsprästdenten Lobe hat das nationalsozialistische Mitglied des bminschweigischen Landtages Schneider inszeniert. Er verösfentlicht im Gandersheimer Kreis- blatt, in der„Braunschweigischen Landeszeitung" und im hiesigen Naziblättchen eine Erklärung, worin die Sozialdemokratie als P a r- tei der Krlegsdien st Verweigerer beschimpft wird. Diese Bezeichnung wolle Schneider so lange aufrechterhalten, bis die Sozialdemokratie offiziell gegen den Reich stagspräsidenten Lobe Stellung genommen hätte, der wiederholt erklärt habe: „Er sei jederzeit bereit, der kämpfenden deutschen Reichswehr den Dolch in den Rücken zu rennen, auch wenn diese im Der- teidigungskriege stände." Diese ungeheuerliche Verleumdung wird von der gesamten braunschweigischen Rechtspresse j n F e t t d r u ck gebracht Wenn der Abgeordnete Schneider sich auch hinter der von der heutigen braun- schweizer Landtagsmehrheit in solchen Fällen beibehaltene I m m u- n i t ä t versteckt, sa wird gegen die verantwortlichen Re- d a k t e u r« dennoch das Notwendige veranlaßt werden können.
Neues von gestern. Achtzig Lahre zeitgenössische Bilder. Gustav Hartlaub , der Direktor der Mannheimer Kunst- halle, hat einen äußerst gliicklichen Einfall gehabt: er hat aus illustrierten Zeitschriften und Witzblättern die interessantesten Blätter ausgeschnitten und, auf große Kartons gebllebt und mit Unter- schriften oersehen, zu einem Panorama deutscher Zeitgeschichte zu- sammengestellt. Im Obcrlichtsaal des Kunstgewerbe- museums, Prinz-Albrecht-Straße, ist diese Ausstellung zu sehen, und niemand sollte es versäumen, sie zu betrachten. Denn obwohl Hartlaub den zeitgebundenen Charakter dieser Tausende von Blättern betont, die nur zeigen, was das Publikum und daher die Redaktionen zwischen 1840 und 1914 interessant, komisch oder anbetungswert gefunden haben, so besteht doch kein Zweifel, daß wir es mit einem kulturgeschichtlichen Dokument von erstem Rang zu tun haben. Die Zeiten,„wie sie sich selbst sahen", erscheinen uns in ihrem Bildsrspiegel ganz und gar so, wie sie wirk- lich gewesen sind. Die Fülle der Geschichte ist überwältigend, und es ist nur schade, daß man Kulturhistorisches und Politisches nicht getrennt hat, weil beides sich ganz unabhängig von einander ent- wickelt hat. Wer das Historische vorzieht,-das für uns die Hauptsache be- deutet, kann von den zahllosen Kuriositäten und tollen Sprüngen absehen, die Technik, Kunstgewerbe, Mode, Theater, Unterhaltung usw. kaleidoskopisch darbieten: in ihnen besteht zweifellos der amü- saniere Teil der Sammlung. Wesentlicheres bedeutet doch für uns die Anschaulichkeit der Zeitgeschichte vom Vormärz an über 1848 und die Aera Bismarck, von 1870 bis zu Eulenburg, Marokko und schließlich Sarajewo . Hier kann man den atemberaubenden Ganz der jüngsten Geschichte sich abrollen sehen an Hand von wohl- frisierten, aber um so vernichtenderen Tatsachenberichten loyaler Illustratoren, wie von der unabhängigen Begleitmusik der Satire, die sich von dem zahmen„Kladderadatsch" bis zur ätzenden Schärfe und Treffsicherheit des„S i m p l i c i s s i m u s" steigert. Gerade die Zeit Wilhelms II. bildet ja den Höhepunkt, well die Bildreportage der untertänigen Jllustrationsblätter ständig und mit geistreicher Pointierung begleitet wird von der grimmigen Kritik des großen Münchener Wochenblattes. Hier sollte jeder Arbeiter durch eigene Anschauung einen Kursus in der Politik nehmen, die uns zu den glorreichen Zeiten zu Versailles und Hitler auf direktestem Wege geführt hat. Es ist schade, daß die außerordentliche Sammlung der Mannheimer Kunsthalle verbleibt; sie sollte öffentlich, zu allen Zeiten sichtbar, als politische Lehrstätte dem Volke zugänglich gemacht werden. f- seh-
Die Krise des Deutschen Theaters gelöst. Das Rätselraten um Reinhardt und die Zukunft seiner Theater. das in ergötzlichen Rösselsprüngen die letzten Wochen in den Ber - liner Boul'ewardblättern geübt wurde, scheint seinem Ende entgegen- zugchen. Es heißt jetzt, daß der bereits wiederholt angekündigte Vertrag mit Rudolf Beer und Harlheinz Martin definitiv zu- stände gekommen ist und diese beiden vom 1. Sepetmber ab das Deutsche Theater übernehmen werden. Es wird weiter verlautbart, daß Max Reinhardt demnächst nach Berlin kommen und offiziell seinen Segen der neuen Direktion erteilen und seine Regieabsichten mitteilen wird. Ueber die kapitalistischen Hintergründe dieser ganzen Vorgänge erfährt die Oeffentlichkeit leider weniger. Erst wenn es zum Krachen kommt, werden meist solche Dinge publik. Inzwischen ist auch über das Schicksal der früher zum Rein- hardt-Pachtbetrieb gehörenden Theater am Kurfür st en» dämm entschieden worden. Dr. Moritz Lederer der Leiter der Reibaro, übernimmt sie vom 1. September an. Es werden bereits großartige Pläne angekündigt, doch wird man gut tun, wie bei allen Theaterankündigungen, die Entwicklung selbst abzuwarten
Eislers„Vauernrevo;ution"freigegeben Bor wenigen Tagen hatten wir Gelegenheit, uns ausführlich gegen die Beschlagnahme der Chöre op. 14 und op. 19 Rr 2 von Hans E i s l e r zu wenden, vielgesungenen Kompositionen(dar- unter die„Bauernrevolution" nach einem Text von 1525), die aus Anordnung des Innenministeriums laut Notoerordnung von der Leipziger Polizei eingezogen worden waren. Wie uns der Leipziger Polizeipräsident mitteilt, ist nun die Beschlagnahme— offenbar in Beachtung unseres energischen Protestes— aufgehoben worden. Wir hosien, daß sich dies nicht nur auf die„Bauernrevolution". sondern auf sämtliche der eingezogenen Chöre bezieh"
Kabarett der Komiker. April-Vrogramm. Die erste Kabarettoper„Rufen Sie Herrn P l i m!". dies« diese prachtvolle Parodie auf die moderne Oper, in der Mischa Spokiansky zu dem Warenhaustext von Robitschek und Mar- cellus Schiffer eine sehr belustigende Musik geboten hat, kann schon das Jubiläum der 51. Aufführung registrieren. Sie ist immer noch die große Nummer des Programms und wird es voraussichtlich nach lange bleiben und Harald P a u l s e n. Albert Peters, Hans F o r r o w und nicht minder Maria Ney und Irene E i s i n g e r weitere Erfolge bereiten. Max Adalbert zeigt seinen unverwäst- lichen Berliner trockenen Humor mit allerliebste» kleinen Anzüglich- leiten in Dymows zeitgemäßer Groteske„Die Bank wird be- stöhle n", wobei natürlich der Einbrecher(Harry Hardt ) geneppt wird. Dazu gibt's ein reichhaltiges Baricteprogramm. Die M e l o i l l e s oerstehen sich nicht nur auf ihr Handwerk als Jongleure, sondern wissen auch Laune in ihre Nummer zu bringen. Seltsame Gliederoerrenkungen zeigen die„Lowe, B u r n o f f und W e n s l e y", die in ihrer Tanzparodie für ihre Partnerin beinah« bedrohlich werden. Die große Kunst, sein Publikum zum Lochen zu bringen, versteht Hans K o l i s ch e r mit seinem Witz- und Anekdoten- feuerwerk und seinen Schlagerparodien aufs beste. Dazu gibt's süße und auch zigeunermäßige Geigenklänge von G e c z y s und den unübertrefflichen Conferencier Hellmuth Krüger , der das sonst unpolitische Programm mit ebenso aktuellen wie witzigen Einfällen würzt.'' ck.
Er will sich als Sklave verkaufen. In der amerikanischen Zeitung„Daily Enterprise", die im Staate Kentucky erscheint, findet sich nach einer Mitteilung des „American Mercury" ein Inserat, das ein bezeichnendes Licht auf die sozialen Verhältnisse in Amerika wirft. Ein Mann will sich darin als Sklave verkaufen, da er offenbar nur davon die Mög- lichkeit erwartet, bei der heutigen großen Arbeitslosigkeit Unter- kunft und Ernährung zu finden. Cr gibt in der Anzeige ganz offen zu, daß dies allein sein Ziel sei. Die Anzeige, die ein eigen- artiges Kulturbild unserer Zeit ist, lautet folgendermaßen: „Sklavenhalter gesucht. Ich suche einen Sklavenhalter. Ich bin ein körper- lich kräftiger Mann, verfüge über beste Zeugnisse und bin sehr arbeitswillig. Ich will mich selbst in die Sklaverei verkaufen, um aus diese Weise meinen Lebensunterhalt zu finden. Da ich bisher genug zu essen gehabt habe, so bin ich nicht schwach und aus- gehungert, sondern befinde mich im preiswürdigen Zustande. Angebote an..." Wenn es sich nicht um die Anzeige eines Witzboldes handelt, �dann erzählt der Wortlaut dieses Arbeitsangebotes Bände von der un- geheuren Not, die in Amerika herrscht, wo es bekanntlich keine Fürsorge für Arbeitslose gibt. Die Fraseologie des Textes ist seit- samerweise völlig den Anzeigen aus den Zeiten der Silaverei in Amerika angepaßt.
Ein neues synihettsches Malaria-Mittel. In Weiterentwicklung der P la sm o ch i n- Arbeiten ist durch die Zusammenarbeit von Dr. Mietzsch, Dr. Maus und Dr. Kikuth in de» Forschungslaboratorien der JG..Farbenindustrie in Elberfeld in einer A t e b r i n genannten Verbindung ein neuer Fortschritt erzielt worden. Dr. Kikuth, Professor Eioli und Dr. Peter machen in der„Deutschen Medizinischen Wochenschrift" nähere Angaben über diese neue Entdeckung: Das 1924 dargestellte Plasmochin ver- nichtct die E e s ch l e ch t s f o r m e n der Malaria-Parasiten, unter- bricht dadurch den Uebertragungszyklus Mensch-Mücke-Mensch und ist daher zur Sanierung gegen die Infektion mit Malaria besonders geeignet. Das neue Präparat Atebrin wirkt gegen die u n g e- s ch l e ch t l i ch e n Formen der Malaria-Parasiten. Da diese die Ur- fach« der akuten Krankheitserscheinungen bei der Malariainfektion des Menschen sind, gelingt es nunmehr, auch sie durch einen syn- thetisch dargestellten Arzneistoff erfolgreich zu behandeln. Die Kam- bination von Atebrin und Plasmochin ermöglicht es jetzt, zur The- rapie der Malariainsektion nur noch synthetisch bergestellte Arzneistoffe zu verwenden. Spielplauänderung. Im Schillertheater werden Sonnabend statt Ostern„Die Geschwister" und der„Zerbrochene Krua" gegeben. Die für heute angesetzte Premiere von„Maria Stuart ' im Theater des Westens ist auf Dienstag verlegt worden.