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Oie Embsrufung des Landtage. Die Wahl des Ministerpräsidenten. Antrag der Regierungsparteien. Die preußischen Regierungsparteien haben im Preußi- schsn Landtag den Antrag gestellt, die Geschäftsordnungs- bestimmung über die W a h l d e s M i n i st e r p r ä.s i d e n- t e n zu ändern. Der Landtag wird am Dienstag zu dem Antrag der Regierungsparteien Stellung nehmen. Die preußische Verfassung bestimmt lediglich, daß der Landtag den Ministerpräsidenten wählt. Die Einzelheiten der Wahl regelt die Geschäftsordnung. Sie schreibt vor, daß nrm Ministerpräsidenten gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhallen hat. Hat im ersten Mahlgang kein Bewerber diese absolute Mehrheit er- halten, so findet Zwischen den beiden Bewerbern mit der höchsten Stimmenzahl Stichwahl statt. Gewählt ist dann, wer in der Stichwahl die höhere Stimmenzahl erlangt. Der Antrag der Regierungsparteien will die Stichwahl- bestimmung streichen. Gültig soll lediglich die Bestimmung bleiben, daß zum Ministerpräsidenten gewählt ist, wer mehr sUs die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hat. Voraussetzung für die Wahl des Ministerpräsidenten wäre also in Zukunft nur die absolute Mehrheit der Stimmen. Trotz langjähriger Beratungen der Geschäftsordnung ist ein neuer Entwurf im Landtag bisher noch nicht zur An- nähme gelangt. Es erschien indessen wichtig, die Bestimmung über die Wahl des Ministerpräsidenten noch durch den alten Landtag ändern zu lassen. Hier liegt ein wohlverstan den es demokratisches Interesse vor. Ein M i ß- trauensvotum kann nur mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl des Preußischen Landtags zur Annahme gelangen. Demgemäß soll in Zukunft auch die Bestimmung über die Wahl des Ministerpräsidenten ge- staltet werden. Es ist ein unerträglicher Zustand, daß ein Mißtrauen nur von einer Mehrheit des Landtags ausge- prochen werden darf, daß aber für die Wahl des Minister­präsidenten, d. h. eine positive Maßnahme von viel größerer Wichtigkeit, unter Umständen eine Minderheit aus- 'chlaggebend sein kann. Außerdem kann ein solches Mißverhältnis zwischen Mißtrauensvotum und Minister- Präsidentenwahl die Gefahr mit sich bringen, daß ein st ä n- dig sich wiederholendes Spiel mit Regie- rungs stürz und Mini st erpräsidentenwahl getrieben und damit jede positive parlamentarische Arbeit unmöglich gemacht wird. Es ist daher eine selbstverständliche Forderung, daß ein Kabinett die Geschäfte solange zu führen hat. bis eine Land- tags Mehrheit einen neuen Ministerpräsidenten gewählt und dieser sein Ministerium zusammengesetzt hat. Rur wenn diese Wahl aus einer Landtags m e h r h e i t beruht, hat ein lolcher neuer Ministerpräsident die Aussicht, im Amt zu blei- ben und nicht sofort wieder durch ein Mißtrauensvotum gestürzt zu werden. Die Annahme des Antrags der preußischen Regierungs- Parteien würde den gleichen staatsrechtlichen Zustand für die Wahl des Ministerpräsidenten herbeiführen, wie er in den beiden größten Ländern nach Preußen, in Bayern und Sachsen , aber auch in einigen anderen Ländern, wie z. B.

.Immer feste öruff!4

»Der Anlauf war nicht stark genug, daran lag's!*

d-nten ausbauen will, ist völlig unberechtigt. Abgesehen davon absr stellt sich dtsnationale Opposition" doch so sisgssgswiß, als ob sie im neuen Preußischen Landtag die Mehrheit er- �ingsn würde. Sie könnte dann in jedem Fall die politische Macht übernehmen. Aber sollte die Wut über den Antrag nicht doch aus Schwächegefühl entspringen, das durch laute Prahlereien nur mühsam verborgen werden soll? Heinrich Cunow . Zu seinem 70. Geburtstag am AI April. Muten in tiefschürfenden ethnologischen Studien feiert Genosse Heinrich Cunoro am 11 April seinen siebzigsten Geburtstag. Aus seinen völkerkundlichen Studien und aus den ihnen ent- sprossenen wissenschaftlichen Werken, die den wissenschaftlichen Ruf Cunowz begründeten und zur Verleihung einer Pro- l c s s u r an ihn führten, tritt aber nur eine Seite der so viele Gsbiele umspannenden Persönlichkeit Cunows zutage. Cunow ist nicht nur ein hervorragender Gelehrter, sondern auch ein eifolgroicher Lehrer, ein wirklicher Pädagoge, der sich als solcher vor allem an der sozialdemokratischen Berliner Bildungs- schule bewährte und den Entwicklungsgang vieler Schüler dieser Anstalt richtunggebend bestimmte. Mit dem Gelehrten oerband Cunow stets den Poll Hl er. Das wissenschaftlich Erkannte wollte Cunow eben in wirtschaftliche, politische und soziale Praxis umsetzen. Schon frühzeitig wird die gewandte politische Feder Eunows imVorwärts" fichtbar. mit dessen leitendem Redakter» Wilhelm Liebknecht er in enge Fühlung getreten war. Lange LHre ist er dann alz Redakteur im ..Vorwärts" tätig gewesen. Seine gründlichen nationalokono- mischen und soziologischen Kenntnisse befähigten Cunow für die Lei- tung der wissenschaftlichen Zeitschrift der Sozialdemokratie: der Reuen Z» i t", die er von 1S17 bis zu ihrem Eingehen allein redigierte. Als preußischer Abgeordneter hat Cunow . auf dem Gebiete des Schul- und Hochschulwesens manche wertvollen An- regungen gegeben. Diese entstammten seinem reichen, unioersalen Wissen.. das.vor allem in folgenden, bei I. H. W. Di etz er- ichiensnen Schriften niedergeschlagen ist!Die sozial« Ver» i a s f u n g.des Z n k a r« i ch s s",Die Parteien der Großen Französischen Revolution und ihre Presse".Die Technik- in der Urzeit".Der Ur- sprung der Religion und des Gottesglaubens", ..Die Marxsche Äeschichts-, Gesell schafts- und Staatstheorie" Bände),Allgemeine Wirtschafts­geschichte" Bände). Wir Möschen dem früheren Kollegen Cunow noch viele Jahre fruchtbarer geistiger Tätigkeit!

Hetzblatt verboten. Dar Obervräsident dar Provinz Sachsen hat das Verbot der nationalsozialistischenNauen Krsiszeitung" rn Vad Liebenwarda, das bisher für fünf Tage aus- gesprochen war. um weitere vier Wochen ver- l ä n g« r t. Das Verbot wird damit bagründet, daß Verlag und Schriftleiwng in ihrer Sonderausgabe den Reichspräsidenten be- schimpfen, und in böswilliger Weise verächtlich machen.

»Also nochmal Volldampf voraus!*

Bums!!!

Justiz sabotiert Staatshoheit. Ein unglaubliches Ltrteil in Hannover .

Die hannoversche Justiz war erst kürzlich Gegen- stand einer Debatte im Preußischen Landtag. Tag für Tag könnte die Liste politischer Skandale in der hannoverschen Justiz sortgesetzt werden. Am Sonnabend aber haben Richter ein Urteil gefällt, das nicht nur jedem Rechtsglauben Hohn spricht, sondern einen I u st i z s k a n d a l darstellt. Oberpräsident R o s k e hatte kürzlich verfügt, daß die Verbreitung von Nazizeitungen, wie es von Hitler während des Osterburgfriedens angeordnet war, sine Umgehung der Burgfriedenverordnung bedeute und infolgedessen zu unter­binden sei. Der Reichsinnenminister hat dieses Verhallen durch eine Erklärung ausdrücklich gebilligt. Dagegen hatte das hannoversche Naziorgan eine cinstweutge Verfügung er­wirkt. Nach einer skandalösen Verhandlung, die auf die Beschwerde Noskes hm stallfcmd und in der der Nazi- anwall sogar eine Haftstrafe gegen den Qbsrpräjidsnten be» antragte und sich zahlreiche Ausfälle gegen die Ragisrung lelltets, ohne daß der Vorsitzende Richter einschritt, wurde am Sonnabend folgender Urteilsspruch gefällt.: Die einstweilige Verfügung vom 2. April 1ZK2 wird mit der Maßgab» bestätigt, daß das Verbot auch für den Teil nicht gilt, daß sich bei der Werbeverteilung aus be- sonderen Gründen(Begehung strafbarer Handlungen, Störung der öffentlichen Ordnung und dergleichen) Anlaß zu politischem Ein­schreiten ergibt." Noch toller als dieses Urteil, das einen Eingriff der Justiz in die staatlichen Hoheitsrechte darstellt, ist die Urteils- begründung. Unter vielem anderen finden wir darin Sätze wie die folgenden: .... daß der Oberpräsident trotz erkannter Ungefetz- l i ch k e i t seiner Maßnahmen diese getroffen und durchgesetzt habe, ... daß es dem Oberpräsidenten von Anfang seines Vorgehens an in erster Linie daraus angekonnnen ist, durch schonungslos« Aus- Nutzung staatlicher Machtmittel die ihm mißliebige Werbung politisch Andersdenkender zu unterdrücken.... Entweder hat der Oberpräsident über den Sachoerhalt der hier strittigen Wer- lmng falsch berichtet oder der Innenminister hat trotz richtigen Be- richts den oben als unhaltbar gekennzeichneten Standpunkt... ein- genommen und aufrechterhalten. Im letzteren Falle liegt die Wik l- kür beim Innenminister, nicht beim Oberpräsidenten....

Ein derartiges Vorgehen von Beamten, die in leckender Stellung tätig sind, ist widerrechtlich und stellt sich als eine zum Schadenersatz verpflichtende unerlaubte Handlung im Sinne der Z§ 823 ff. BGB. dar.... Es entspricht anerkannter Rechtsprechung, daß gegen Willtürmaßnahmen von Beamten der ordentliche Rechts- weg offen steht.... Ob der Staat es ist oder ein Privater, der mit widerrechtlichen Eingriffen droht, kann dabei seoenfalls keinen Unter­schied machen, wenn die staatlichen Eingriffe, die für den vorliegen- den Fall oben als glaubhaft angenommen worden sind sich als eindeutige Willkürmatznahmen darstellen Wenn aljo die Machtstellung der staatlichen Behörden dazu mißbraucht wirb. sachlichen Erwägungen fernstehende Absichten um jeden Preis durch- zusetzen...." Oberpräsidsill Noske teilt zu'Diesem Urteil von Razi- richtern sblgenDes mit:Gegen die Entjchetdung in Sachen Der ernstSZetligsn Verfügung, oie am Sonvabsndmovgen eine hannoversche ZivWammsr erlassen hat, üt bareits die B e rufung beim O b e r l a nd e s g er ich t eingÄgt. Wsz-m der ganz ungewöhnlichen Begründung des Urteils finden zur Zeit Erörterungen zwischen dem Herrn preußischen Minister des Innern und dem Lustizminister statt. Der Innenminister hat die Begründung des Urteils auf schnellstem Wege an- gefordert." Der sozialdemokratischeVolkswille" bemerkt zu dem UrteilsspruchDem Gericht fehlt jede Kompetenz in der Streitsache, die nur auf dem Verwaltungswege zu ent­scheiden ist. Es ist interessant, daß eine preußische Behörde. denn um eine solche handelt es sich bei dem Gericht, trotz der Beschwerde des Staates ihre Kompetenz überschreitet.»>n gegen den Staat zu urteilen. Eine Unmöglichkeit wäre es, wenn nach diesem Urteil, das von allen bier in Hannover gefällten das unbegreiflichste ist. der preußische Justizminister den Dingen in der hannoverschen Justiz noch weiter seinen Laus läßt. Hier wird geradezu Sabotage an der St a a t s- a u t o r i t ä t verübt, wie sie sich keine Staatsgewalt gefallen lassen kann. Oberpräsident NoskesindetinHannover nicht nur keinen E h r e n s ch u tz, sondern er wird auch inderDurchführungseinerRegierungsmaß- nahmen gehindert. Welcher Richter hätte sich derartiges im alten Staat erlauben dürfen?

Lustizbämmerung. Ein Spaziergang durch die Ziechtspflege. ..Justizdämmerung" ist die wichtigste und intereflanteste Justiz- schrift, die im letzten Jahrzehnt erschienen ist. An Hanh von Do- kumenten, die der Oeffentlichkeck bisher meist unbekannt sind, wird die justizpolitische Entwicklung von der Kabinecks- justiz in den alleren Zeiten Der preußischen Monarchie, über die Ciicheitsjustiz der wilhelminischen Zeit, die unabhängige Justiz seit 1913 bis zur SA.-Just!z des Dritten Reiches gezeigt. Aus der Fülle des Materials seien erwähnt die Kapitel: Wie Ehefpräsident Grol- man auf dem 5)ofball angeschnauzt wird: Zenlrumsführer Ober- landesgerichtspräsrdent Spahn wird zum Rapport bestellt: 89 Haus- suchungen wegen Ordensschachers 699 Seiten Bericht an den Justizminister: der Landgerichtsdirektor als JNtzuisitor ohne Porte- feuille: Ehefpräsident Tigges,der beste Mann der deutschen Justiz"; ein Untersuchungsrichter oho« Glacehandschuhe : Mißbrauch'der Im­munität zur Richterhetz«: Justizsadotags durch Richterablehnung: Atomisisrung' der Iifftiz: Meineid aus Furcht vor Terror: Miß- brauch von Recht und Gesetz: die SA.-Leute des Barreau. Es fol- gen spannende Darstellungen der großen Wirtschafts- und Korrup- tionsskandale: der Raiffeisen-Skandal, Uralzeffs Echmuckkästlsin. Komiptionsragout. Schließlich wird durch Dokument««in üper- raschender Einblick in die Justiz des Drillen Reiches gegeben: Pr«u- ßischsr Richtervsrein gegen Spitzelberichte: Abschied vom unabhängi- gen Richter; nur. der Pg. darf recht haben; ohne Pension auf die Straße: die Galgenaspiranten von morgen: Durchorganisation d«s Ueberwachungssystems usw- Jeder Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Berwaltungsbeavts. der das Buäj w..dis. Hand bekommt, wird es verichsingen, jeder andere wird es mck höchster Spannung und größtem Interesse lesen, weil«s ihn im Innersten packt und aufwühlt.(Pslksfunk-Verlag ®. m. b. H., Berlin SW. 68. Brosch. 1,S9 M.)

Der Jagdschein. Ein unzurechnungsfähiger Nozianwalt. Bor kurzem ist ein vom preußischen Staatsminister mm gegen einen nationalsozialistischen Rechtsanwalt geführter Bsleidigungs- prozsß zu Ende gegangen, der die Oeffenckichkell interessieren dürfte. Der Rechtsanwalt Wolf Wilberg in Breslau verteidigte im November 1939 einen nationalsozialistischen Wanderredner vor dem dortigen Schöffengericht wegen Vergehens gegen das Gesetz zum Schutz der Republik. Cr benutzte m seinem Plädoyer eben die Redewendungen, um dcretwillen sein Mandat unter Anklage gestellt war,, dazu, um anschließend in derIch"- und.,Wir"-Fprm dos Programm der NSDAP , zu entwickeln und sich mit dem Verhalten der derzeitigen Reichs- und Staatsregierung auseinanderzusetzen. Dabei gebrauchte er nach der eidlichen Aussage des damaligen Vor- troters der Staatsanwaltschaft, der nunmehr als Zeuge vernommen wurde und der die Ausführungen des Angeklagten mitgeschrieben halle , Wendungen, die schwere Beleidigungen des preußischen Staotsministeriums darstellten, so z. B machte er dem Staate- Ministerium den Vorwurf der bewußten Berletzimg der Verfassung. Wie der Amtliche Preußisch� Pressedienst mitteill, wurde der An- geklagt» trotzdem vom Schöffengericht Sagan in der Hauptoerhand- lung freigesprochen, und die Berufung der Staatsanwallschaft wurde von der Großen Strafkammer des Landgerichts Glogau mit denselben Gründen verworfen. Die Begründung des Freispruchs und die Verwerfung der Berufung waren freilich sehr wenig rüdw- lich: beides geschah nämlich in Anwendung des Z S1 StGB., aHa wegen Unzurechnungsfähigkeit.

VW Im tschechoslowakischen Aarpathorußland, so ist jetzt auch im rumänischen Huzulenland eine schwere Hungersnot ausgebrochen. Durch das Aufhören der Waldarbock hat dieses beckel- arme Bergvölkchen ihren einzigen Erwerb verloren