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Nr. 16S 49. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 10. April 1032
DieSA  ." des Mittelalters Nazi-Terror im Spiegelbild des Landsknechtswesens Alles schon da gewesen!
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Auch das Allllelaltcr hatte seine Nazis, seineSA.": das Condluechlslam. 3n jener Zeit, als das Rittertum   wir würden sagen: die alte Armee seine geschichtliche Rolle ansge- spiell Halle, trat die neue, eigenartige Erscheinung vor die Oesfent- lichkeit desheiligen römischen Reiches deutscher Nation". Galt es vordem unter den Kreisen, die sich für besonders bevorrechtigt hielten, den Rittern und Adligen, als selbstverständlich, dag das Kriegshand­werk nur von denEdelsten der Nation" ausgeübt wurde, so änderte sich diese Anschauung schnell, als das Rittertum seine Kriegsküchtigkeit eingebüßt Halle. 3eht tauchten plötzlich uralte, vor­christlich-germanische Ideen von der allgemeinen Wehr- Pflicht des Volkes wieder auf. Die Bürger und Bauern, bis- her verschmäht und über die Achsel angesehen, wurden unter der erstmalig anstaucheuden ParoleFür Kaiser und Reich" von den kriegslustigen Fürsten herangelockt. Und sie kamen, glücklich über die hohe Ehre, die ihnen zuteil wurde, für ihren obersten Kriegsherrn Leben und Gesundheit riskieren zu dürfen. Verbrecher, Abenteurer, Raufbolde. Aber die Truppe der.Landsknechte", wie man sie taufte, fam- melte sofort andere Element« um sich, als die Verfechter des Wehr- pflichtgedankens ursprünglich erhofft hatten. Die Bürger und Bauern, die bei ihrem Eintritt in die Landstnechtreihen Wams und Schuhe, Blechhaube und Harnisch  , Schwert, Spieß oder haken- büchse mitbringen mußten, blieben bald in der verschwindenden Minderheit, und das Gros der schlecht besoldeten Truppe bestand aus Existenzen, die nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hatten: wurzellose Wandergesellen: her- gelausenes Gesindel, Bettler. Verbrecher, Abenteurer, Raufbolde. Die französische   Ritterschaft, die vor Padua   zusammen mit den Landsknechten stürmen sollte, weigerte sich, Schulter an Schulter mit solchen Soldaten zu kämpfen... In Deutschland   selbst scheint es solche Bedenken nicht gegeben zu haben. Viele Adlige legten ihren Hochmut ab und gingen unter die Landsknechte: Mitglieder des Herrscherhauses wurden zu Söldnerführern, und sogar Kaiser Maximilian l. stellte sich einmal selbst an die Spitze einer Lands- knechtschar, mit dem Spieß auf der Schulter, und zog so in Köln  ein. Der Zweck heiligte schon damals die Mittel, und Maximilian dürfte nicht viel anders gedacht haben als heute der Exkronprinz, wenn er an die Seite des Braunauer Landsknechtsführers tritt.
Ein unnuh Volk." Die Blütezeit der Landsknechte war nur kurz. Schienen sie an- fangs unter nationalen Gesichtspunkten zu kämpsen, so wurde das Krtegführen bald zum Selbstzweck und zur gern wahrge- nommenen Gelegenheit, sich durch Raub und Plün- d e r u n g z u bereichern. Die Landsknechte scherten sich wenig darum, in wessen Diensten sie standen. Der Condottiere vermietete sich und sie an jeden Fürsten  , der sie haben wollte, und im Laus der Zeit waren dies immer mehr ausländische Herrscher. Dazu kam. daß die deutschen   Fürsten   gern eineInflation" veranstalteten, um sich den Luxus des Kriegführens erlauben zu können: sie ließen ..leichteres", minderwertiges Geld prägen und bezahlten damit die Landsknechte. Die aber wurden die schlechten Münzen nicht wieder zum vollen Wert los, und da bald auch die ausländischen Herrscher genug hatten von der Korruption, die sie mit den Landsknecht  - Haufen in Kauf nehmen mußten, so begann damit die Auflösung der Truppen. Run wurden die LandsknechteHaupt- beruflich" Räuber, Plünderer, Betrüger und so- mit eine entsetzliche Landplage. Eine zeitgenössische Chronik sagt:Ein unnütz Volk, das ungefordert, ungesucht Umlaufe und Kriege und Unglück sucht, ein unchristlich und verloren Volk, dessen Handwerk ist hauen. Stechen, Rauben. Brennen, Morden, Spielen. Saufen, ja, das sich an anderer Leute Unglück freut und mit jedermanns Schaden nährt." Klingende Münze mißtönendes Ende. Man braucht nicht weit zu suchen, um die Parallelen zwischen dem Menschenmaterial, das sich in den Landsknechthaufen sammelle, und dem. das heute die SA. der Nazis bildet, zu sehen, hier wie dort der Mißbrauch entwurzelter Existenzen: hier wie dort der Köder des Nationalismus, unter dem sich alles Negative so leicht entschuldigen läßt: hier wie dort die Spekulation aus das Austoben- dürfen niedrigster Instinkte: hier wie dort der selbstsüchtige End- zweck einzelner, die sich der Soldateskabanden so lange bedienen, als es ihnen in den Kram patzt. Man kann sich darauf verlasien. daß auch das Ende der SA. nicht anders sein wird als das der Lands- knechthausen: es wird in dem Augenblick beginnen und er ist nah!. in dem der versprochene Sold in unbrauchbarer Münze gezahU werden wird.
Oer unbeliebte Autoruf. Die Chauffeure hören nicht auf die Anrufe. Der Berliner   Autoruf, der nach langjähriger Stillegung und nach langwierigen Perhandlungen von der Innung vereinigter Droschkenbesitzer durch Inbetriebnahme von 40 Säulen vor einiger Zeit wieder eröfsnet worden ist, hat schon wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Diesmal liegt es daran, daß ein großer Teil der Ehauffeure der Einrichtung gegenüber sich ablehnend verhält. Die Innung vereinigter Kraftdroschkenbesitzcr, die dem Magistrat und den Behörden gegenüber die Garamie übernommen hat, hatte von jedem Fahrer die Abnahme eines Schlüssels zur Bedienung der Säulen bei einer Gebühr von 2 Mark verlangt. Es hat sich
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nun herausgestellt, daß insgesamt in Berlin   höchstens 12<X> Schlüsiel für die Bedienung der Autoruffäulen abgenommen worden sind. Die anderen Fahrer erklären, daß die 2-Mark-Gebühr für den Schlüssel zu hoch sei. Auch ein Berliner   Krasrdroschkenunternehmen. das allein 1400 Wagen im Berkehr hat, hat sich bisher nicht entschließen können, seine Chauffeure mit den Schlüsseln zu versehen, die ihrerseits selbst die Ausgabe scheuen. Man kann jetzt öfter beobachten, daß zwar der Autoruf von Interessenten benutzt wird, daß aber die Fahrer sich zum Teil seelenruhig das Läuten anhören, sich aber nicht melden, so daß die ganze Autorufanlage illusorisch wird. Falls sich die Situation beim Autoruf nicht ändert, ist zu de- fürchten, daß die Anlage, für die die Innung Gebühren an den Magistrat und die Post zahlen muß, wegen Unrentabilität abermals außer Betrieb gesetzt werden muß. Bemerkenswert ist dabei, daß sich in anderen Städten der Auto ruf bewährt hat und der- artige Schwierigkeiten, wie in Berlin  , nicht aufgetreten sind.
Raubüberfall im V-Zug. Vier Reifende beraubt. Die Tater verhaftet. valeuce(Rhoues, 9. April. Aus den O-Zug Marseille   Gens, der vm 4.08 Uhr in Valeuce eintraf, wurde ein Raubüberfall verübt. Zwei junge Burschen zwangen kurz vor valeuce vier Reisende eines Abteils t. Klasse unter vorgehaltenen Revolvern, Ihnen ihre Wert­sachen auszuliefern. Die Opfer sind zwei Franzosen, ein Schweizer   und der Direktor der österreichischen Bundesbahnen. Seefehlner aus Wien  . Seefehlner ist von den Räubern durch einen Schuß am Kops verletzt worden: ihm wurde eine Kassette mit Geld und Wertsachen geraubt. Die gesamte Beute dürfte sich auf etwa 6000 Franken belaufen. Zwei Kilometer vor Valence   zogen die Räuber die Notbremse und entkamen zunächst, wurden jedoch kurze Zeit später von der Gendarmerie se st genommen. Es handelt sich um einen 18jährigen Matrosen des vor Toulou ankern- denJean Bart  ", der sein Schiff ohne Urlaub verlasien hatte, und um einen gleichfalls 18 Jahre alten Angestellten aus Paris  . Man fand bei ihnen die Revolver und insgesamt etwa S000 Franken. Sie erklärten, sich erst im Zug« kennengelernt zu haben und gaben den Ueberfall zu. französischer Segler vermißt. Acht Rettungsboote mit 25 Menschen vermißt. London  . S. April. Nach einer Funkmeldung des britischen Dampfers D e e r p o o l" hat dieser Dampfer vier Matrosen des französischen   TegelschiffesR o u z t c" aufgenommen, das auf 54.S8 Grad nördlicher Breite und S.S2 Grad west- licher Länge bei stürmischem Wetter untergcgange« ist. Acht Rettungsboote, in denen sich SS Mann befanden, werden noch vermißt. DieRouzic" war in Saint M a l o nach Saint Pierre und Miquelou in See gegangen. Verbrecher ohne Heimat. Argentinischer Kreuzer irrt auf den Weltmeeren umher. Bor kurzem war der argentinische Hilfskreuzer .E h o c o" mit 700 des Landes verwiesenen Sträflingen auf Fahrt gegangen, um die Sträflinge in den Häfen jener Länder abzusetzen, in denen sie das Staatsbürgerrecht hatten. Die französischen  und polnischen Hasenbehörden hatten das Anlausen des Kreuzers und das Landen der Verbrechen verhindert. Nur die spanischen  Behörden aus Las Palmas   und die italienischen in Genua   hatten diejenigen ihrer Staatsangehörigen, die noch im Be- sitz gültiger Papiere waren, an Land gelassen. Ein Versuch, in Hamburg   anzulaufen, war ebenfalls mißlungen, da vorbestraft« Deutsche   nicht an Bord desChaco" sind. Nunmehr hat der argen- tinische Außenminister gngeordnet, daß die Papiere der Ausgewiesenen an Bord desChaco" unter keinen Umständen mit dem Visum zur Rückkehr noch Argentinien   versehen werden dürfe». Was nun aus denSträflingen werden soll, ist voll- kommen ungewiß, da sich an der Haltung der betreffenden Länder wohl kaum etwas ändern wird. Rur   einer ganz kleinen Anzahl von Sträflingen, die in Argentinien   rechtsgültige Ehen mit Argentinierinnen eingegangen waren, wird die Rückkehr gestattet, das heißt, sie werden sofort nach dem im Feuerland gelegenen Zuchthaus Ushuaia   geschafft werden.