1932
Der Abend
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Nr. 169
B 85 49. Jahrgang
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Das Ziel, Hitler im zweiten Wahlgang noch schwerer zu schlagen als im ersten, ist erreicht. Hindenburg hat die absolute Mehrheit, er hat also seine Stellung gegenüber dem ersten Wahlgang noch verbessert. Die Mehrheit des deutschen Boltes hat der nationalsozialistischen Demagogie eine unzweideutige Absage erteilt. Der Faschismus ist nach den Spielregeln der Demokratie, auf die er sich selber so gerne beruft, regelrecht geschlagen. Sorgen wir dafür, daß dieser zweiten Niederlage die dritte auf dem Fuße folgt.
Es gab Illusionisten, die sich einbildeten, die Front der Reaktion werde unter dem Eindruck des ersten Wahlgangs wie eine Schafherde auseinanderlaufen. Sie sind erstaunt und enttäuscht, weil Hitler im zweiten Wahlgang noch rund 2 Millionen Stimmen zugenommen hat. Aber schon am 13. März hatten fast 14 Millionen Wähler von rechts gegen Hindenburg gestimmt, nämlich 11,3 Millionen für Hitler und 2,6 Millionen für Duesterberg. Auch ohne die Katastrophe der Kommunisten fonnte Hitler mit rund 14 Millionen Stim men rechnen, wenn ihm seine Wähler noch vier Wochen lang treu blieben und wenn das Gros der Hugenberg- Leute zu ihm stieß. Ungefähr so ist es denn auch gekommen. Hitler ist mit 13,4 Millionen noch um einige hunderttausend unter der Stimmenzahl geblieben, die er für sich erwarten mußte.
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Das Ergebnis in Prozenten.
Das Wahlergebnis gestaltet sich nach Prozenten der abgegebenen Stimmen berechnet, wie folgt:
13. März 49,6
10. April
53
•
4
36,8
30,1
6,8
+
10,2
13,2
.
·
82,9
86,2
Wahlbeteiligung
-
die Sozialdemokratie und ihre glänzend geschulte und disziplinierte Anhängerschaft.
Wer am 10. April für Hindenburg gestimmt hat, muß am 24. April dafür sorgen, daß in Preußen die Regierung BraunSevering bleibt.
Zweitens: Die Aussichten der Rechten, im Landtag zur Herrschaft zu kommen, sind durch die Niederlage der KPD. sehr verschlechtert und wahrscheinlich vernichtet worden.
Schon heute morgen haben wir daran erinnert, daß die reaftionäre Rechte bei der Präsidentenwahl von 1925 nicht Die Rechte ist ohne die kommunistische Hilfe ohnmächtig. weniger als 14,7 Millionen Stimmen aufbringen konnte und Sie ist mit 36,8 Proz. eine Minderheit und wird auch in damals mit dieser Stimmenzahl gesiegt hat, während sie Preußen eine Minderheit bleiben. Ihre Spekulation geht diesmal geschlagen worden ist. Aber auch bei den Reichstags= dahin, mit Hilfe der kommunistischen Bundesgenossen die wahlen vom 14. September 1930 sind für die Parteien rechts Regierung Braun- Severing zu stürzen und sich an vom Zentrum und der Bayerischen Volkspartei 14,5 Mil ihre Stelle zu setzen. Die Rechte ist darum lebhaft daran lionen Stimmen abgegeben worden. Es hat sich gezeigt, daß interessiert, in der KPD. einen leistungsfähigen Bundesdiese Wähler der Rechten fast restlos für Hitler gestimmt genossen zu haben. Der aber ist, wie es scheint, seit dem haben, und das fennzeichnet den Radikalisierungsprozeß, der 10. April nicht mehr vorhanden. sich auf der Rechten vollzogen hat. Für uns, die Sieger des 10. April, besteht aber nicht der geringste Grund, ein Lamento darüber anzustimmen, daß die Schäflein Hugenbergs größtenteils zu Hitler gelaufen sind und nicht zu Hindenburg .
Deswegen bleibt es doch nicht weniger wahr, daß der 3ersegungsprozeß im Lager der geschlagenen Rechten im vollen Gange ist. Nach außen ist das binnen vier Wochen noch nicht sichtbar geworden. Nun- in zwei Wochen
wollen wir noch einmal sehen!
Der 10. April hat für die Landtagswahlen in Preußen, Bayern und den anderen Ländern zwei sehr wichtige Vorentscheidungen gebracht.
Erstens: Das deutsche Volk hat mit einer überwältigenden Mehrheit.-63,2 gegen 36,8 Proz. eine schwarzweißrote Hakenkreuzregierung abgelehnt.
Diese Ablehnung ist gleichermaßen in Preußen erfolgt wie in Bayern , Württemberg und den anderen Ländern, in denen am 24. April neue Volksvertretungen gewählt werden. In ganz Preußen, in allen Provinzen mit der einzigen Ausnahme von Bommern , bietet sich das gleiche Bild. In Bayern und Württemberg ist es noch viel deutlicher. Unsere Aufgabe ist also nur, bei den Landtagswahlen den wirklichen Volksmillen, wie er sich gestern gezeigt hat, zur Geltung zu bringen und zu verhindern, daß er durch irgendwelche Schiebungen umgefälscht wird.
Die am 10. April geschlagene Rechte hat in den Regierungsstuben Preußens, Bayerns , Württembergs usw. nichts zu suchen. Die bei den Reichspräsidentenwahlen auseinandergefallene Harzburger Front hat ihre Regierungsunfähigkeit bewiesen. Die Idee, Braun, Severing und Grimme etwa durch Frid, Kube und den Pastor Münchmeyer zu ersetzen, wird auf ewig eine verspätete Faschingsidee bleiben.
Hat die Harzburger Front ihre Regierungsunfähigkeit bewiesen, so haben auf der anderen Seite die Parteien, die im Kampf um die Reichspräsidentschaft die Hauptlast getragen haben, einen neuen Beweis dafür geliefert, daß politisches Können nur bei ihnen ist. Das gilt besonders für
Die grandiose Kavallerie des Reitergenerals Thäl= mann ist gestern nach allen vier Himmelsrich tungen auseinandergaloppiert. Ein Teil folgte dem bewährten Kommando und blieb effitreu. Der andere ritt mit
verhängten Zügeln zu Hitler hinüber, der dritte führte die Pferdchen in den Stall, und der vierte schließlich tat das einzig Vernünftige, was in dieser Situation zu tun übrig blieb: er
Heute abend
um 8 Uhr sind alle im
Sportpalast!
über den
„ Kampf um Preußen
白 舶
folgte nämlich den Fahnen der Sozialdemokratie und stimmte
Man darf annehmen, daß dieser Vorgang in Harzburg nicht weniger Entsetzen erregen wird als in Moskau . Die einigen hunderttausend kommunistischen Ueberläufer zu Hitler haben den Hakenkreuzkohl nicht fett gemacht, aber sie sind für die KPD. eine moralische Katastrophe. Der Rückgang der KPD. - Stimmen um 25 Proz. verschlechtert in gleichem Maß die Aussichten der Rechten in Preußen.
Die Reaktion wird in Preußen ganz klein werden, wenn es gelingt, ihr die kommunistischen Stelzen unter den Beinen wegzuschlagen. Die Führung der KPD . will ihren schmutzigen Klassenverrat fortsetzen, indem sie den Kampf gegen die Sozialdemokratie ,, verschärft". Nun diese ,, Verschärfung" hat ihr in vier Wochen einen Berluft von 1,3 Millionen Stimmen gebracht. Das soll nur ein Anfang sein.
Die tommunistischen Arbeiter, die noch ehrliche Sozialisten und Klaffenkämpfer sind, müssen den schmuhigen Verrat ihrer Führer wieder gutmachen, indem sie am 24. April für Braun und Severing slimmen!
Dies aber ist die Bilanz des 10. April:
Der Faschismus hat seine Durchbruchsschlacht verloren. Er ist steckengeblieben und zurückgeschlagen. Er wird niemals durchkommen. Seine unentbehrliche Hilfstruppe, die Kommu-nistische Partei, ist noch schwerer geschlagen als er selbst. Die Sozialdemokratie geht mit erhöhtem Ansehen, mit geftähltem Selbstbewußtsein in den neuen Kampf. Schlagt Hitler ! Wählt Braun- Severing!
Aufruf Hindenburgs.
Reichspräsident von Hindenburg erläßt aus Anlaß seiner Wiederwahl folgende Kundgebung an das deutsche Volk:
,, Mit Dank für das mir von dem deutschen Volke erneut
bekundete Vertrauen und mit dem Gelöbnis, auch weiterhin mit meiner ganzen Kraft dem Vaterlande und dem deutschen Bolfe zu dienen,
nehme ich die auf mich gefallene Wiederwahl zum Reichspräsidenten an.
Getreu meinem Eide werde ich mein Amt weiterführen im Geiste der Ueberparteilichkeit und der Gerechtigkeit mit dem festen Willen, unserem Vaterland zur Freiheit und Gleichberechtigung nach außen, zur Einigung und zum Aufstieg im Innern zu verhelfen.
An alle deutschen Männer und Frauen aber, an diejenigen, welche mir ihre Stimme gaben, wie an die, welche mich nicht gewählt haben, richte ich die Mahnung: a t nun den Hader ruhen und schließt die Reihen! So wie schon einmal bei meinem Amtsantritt vor sieben Jahren fordere ich auch heute unser ganzes deutsches Volk zur Mitarbeit auf. Die 3 usammenfassung aller räfte ist notwendig, um der Wirrnisse und Nöte unserer Zeit Herr zu werden. Nur wenn wir zusammenstehen, sind wir start genug, um unser Schicksal zu meistern. Darum: In Einigkeit vorwärts mit Goff!
von Hindenburg."
Brünings Rücktrittsgesuch.
Schon eingereicht und sofort abgelehnt.
Dem internationalen Brauch entsprechend, wonach der Chef der amtierenden Regierung nach der Wahl oder Wiederwahl des Staatsoberhauptes sein Amt zur Verfügung stellen soll, hat Reichskanzler, Dr. Brüning bereits heute vormittag entsprochen und dem Reichs präsidenten seinen Rüdtritt angeboten.
Wie nicht anders zu erwarten war, hat der Reichspräsident dieses Gesuch nicht angenommen.