Einzelbild herunterladen
 

BERLIN  Montag 11. April

1932

Der Abend

Erfcheint täglich außer Sonntag s.

Bugleich Abendausgabe des« Borwärts" Bezugspreis für beide Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 3,25 M. pro Monat ( davon 87 Vf. monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar oft being 3,97 m. einschließlich 60 Vf. Vostzeitungs, und 72 Vf. Postbestellgebühren.

Spätausgabe des Vorwärts"

10 Pf.

Nr. 169

B 85 49. Jahrgang

Anzeigenprets: Die etnsvaltige Millimeterzeile 30., Reklamezeile 2.-M. Ermäßigungen nach Tarif Voftscheckkonto: Borwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin   Nr. 37 538. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor! Redaktion und Erpedttton: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Bernsprecher: Dönboff( A 7) 292-297

Jetzt Preußen!

Der dritte Schlag! Schlagt Hitler  , wählt Braun- Severing!

Das Ziel, Hitler   im zweiten Wahlgang noch schwerer zu schlagen als im ersten, ist erreicht. Hindenburg   hat die absolute Mehrheit, er hat also seine Stellung gegenüber dem ersten Wahlgang noch verbessert. Die Mehrheit des deutschen  Boltes hat der nationalsozialistischen Demagogie eine unzwei­deutige Absage erteilt. Der Faschismus ist nach den Spiel­regeln der Demokratie, auf die er sich selber so gerne beruft, regelrecht geschlagen. Sorgen wir dafür, daß dieser zweiten Niederlage die dritte auf dem Fuße folgt.

Es gab Illusionisten, die sich einbildeten, die Front der Reaktion werde unter dem Eindruck des ersten Wahlgangs wie eine Schafherde auseinanderlaufen. Sie sind erstaunt und enttäuscht, weil Hitler   im zweiten Wahlgang noch rund 2 Millionen Stimmen zugenommen hat. Aber schon am 13. März hatten fast 14 Millionen Wähler von rechts gegen Hindenburg   gestimmt, nämlich 11,3 Millionen für Hitler und 2,6 Millionen für Duesterberg. Auch ohne die Katastrophe der Kommunisten fonnte Hitler mit rund 14 Millionen Stim men rechnen, wenn ihm seine Wähler noch vier Wochen lang treu blieben und wenn das Gros der Hugenberg- Leute zu ihm stieß. Ungefähr so ist es denn auch gekommen. Hitler  ist mit 13,4 Millionen noch um einige hunderttausend unter der Stimmenzahl geblieben, die er für sich erwarten mußte.

|

Das Ergebnis in Prozenten.

Das Wahlergebnis gestaltet sich nach Prozenten der abgegebenen Stimmen berechnet, wie folgt:

Hindenburg  Hitler Duesterberg Thälmann

13. März 49,6

10. April

53

4

36,8

30,1

6,8

+

10,2

13,2

.

·

82,9

86,2

Wahlbeteiligung

-

die Sozialdemokratie und ihre glänzend geschulte und diszi­plinierte Anhängerschaft.

Wer am 10. April für Hindenburg   ge­stimmt hat, muß am 24. April dafür sorgen, daß in Preußen die Regierung Braun­Severing bleibt.

Zweitens: Die Aussichten der Rechten, im Landtag zur Herrschaft zu kommen, sind durch die Niederlage der KPD. sehr verschlechtert und wahrscheinlich vernichtet worden.

Schon heute morgen haben wir daran erinnert, daß die reaftionäre Rechte bei der Präsidentenwahl von 1925 nicht Die Rechte ist ohne die kommunistische Hilfe ohnmächtig. weniger als 14,7 Millionen Stimmen aufbringen konnte und Sie ist mit 36,8 Proz. eine Minderheit und wird auch in damals mit dieser Stimmenzahl gesiegt hat, während sie Preußen eine Minderheit bleiben. Ihre Spekulation geht diesmal geschlagen worden ist. Aber auch bei den Reichstags= dahin, mit Hilfe der kommunistischen   Bundesgenossen die wahlen vom 14. September 1930 sind für die Parteien rechts Regierung Braun- Severing zu stürzen und sich an vom Zentrum und der Bayerischen Volkspartei   14,5 Mil ihre Stelle zu setzen. Die Rechte ist darum lebhaft daran lionen Stimmen abgegeben worden. Es hat sich gezeigt, daß interessiert, in der KPD.   einen leistungsfähigen Bundes­diese Wähler der Rechten fast restlos für Hitler gestimmt genossen zu haben. Der aber ist, wie es scheint, seit dem haben, und das fennzeichnet den Radikalisierungsprozeß, der 10. April nicht mehr vorhanden. sich auf der Rechten vollzogen hat. Für uns, die Sieger des 10. April, besteht aber nicht der geringste Grund, ein Lamento darüber anzustimmen, daß die Schäflein Hugenbergs größten­teils zu Hitler   gelaufen sind und nicht zu Hindenburg  .

Deswegen bleibt es doch nicht weniger wahr, daß der 3ersegungsprozeß im Lager der geschlagenen Rechten im vollen Gange ist. Nach außen ist das binnen vier Wochen noch nicht sichtbar geworden. Nun- in zwei Wochen

wollen wir noch einmal sehen!

Der 10. April hat für die Landtagswahlen in Preußen, Bayern   und den anderen Ländern zwei sehr wichtige Vor­entscheidungen gebracht.

Erstens: Das deutsche   Volk hat mit einer überwältigenden Mehrheit.-63,2 gegen 36,8 Proz. eine schwarzweiß­rote Hakenkreuzregierung abgelehnt.

Diese Ablehnung ist gleichermaßen in Preußen erfolgt wie in Bayern  , Württemberg und den anderen Ländern, in denen am 24. April neue Volksvertretungen gewählt werden. In ganz Preußen, in allen Provinzen mit der einzigen Aus­nahme von Bommern  , bietet sich das gleiche Bild. In Bayern  und Württemberg ist es noch viel deutlicher. Unsere Aufgabe ist also nur, bei den Landtagswahlen den wirklichen Volks­millen, wie er sich gestern gezeigt hat, zur Geltung zu bringen und zu verhindern, daß er durch irgendwelche Schiebungen umgefälscht wird.

Die am 10. April geschlagene Rechte hat in den Regie­rungsstuben Preußens, Bayerns  , Württembergs usw. nichts zu suchen. Die bei den Reichspräsidentenwahlen auseinander­gefallene Harzburger Front hat ihre Regierungs­unfähigkeit bewiesen. Die Idee, Braun, Severing und Grimme etwa durch Frid, Kube und den Pastor Münchmeyer zu ersetzen, wird auf ewig eine verspätete Faschingsidee bleiben.

Hat die Harzburger Front ihre Regierungsunfähigkeit bewiesen, so haben auf der anderen Seite die Parteien, die im Kampf um die Reichspräsidentschaft die Hauptlast getragen haben, einen neuen Beweis dafür geliefert, daß politi­sches Können nur bei ihnen ist. Das gilt besonders für

Die grandiose Kavallerie des Reitergenerals Thäl= mann ist gestern nach allen vier Himmelsrich tungen auseinandergaloppiert. Ein Teil folgte dem be­währten Kommando und blieb effitreu. Der andere ritt mit

verhängten Zügeln zu Hitler   hinüber, der dritte führte die Pferdchen in den Stall, und der vierte schließlich tat das einzig Vernünftige, was in dieser Situation zu tun übrig blieb: er

Heute abend

um 8 Uhr sind alle im

Sportpalast!

Es sprechen:

Otto Braun  

Otto Hörsing  Otto Wels  

über den

Kampf um Preußen

folgte nämlich den Fahnen der Sozialdemokratie und stimmte

für Hindenburg  .

Man darf annehmen, daß dieser Vorgang in Harzburg  nicht weniger Entsetzen erregen wird als in Moskau  . Die einigen hunderttausend kommunistischen  Ueberläufer zu Hitler   haben den Hakenkreuzkohl nicht fett gemacht, aber sie sind für die KPD.   eine moralische Kata­strophe. Der Rückgang der KPD.  - Stimmen um 25 Proz. verschlechtert in gleichem Maß die Aussichten der Rechten in Preußen.

Die Reaktion wird in Preußen ganz klein werden, wenn es gelingt, ihr die kommunistischen   Stelzen unter den Beinen wegzuschlagen. Die Führung der KPD  . will ihren schmutzigen Klassenverrat fortsetzen, indem sie den Kampf gegen die Sozialdemokratie ,, verschärft". Nun diese ,, Verschärfung" hat ihr in vier Wochen einen Berluft von 1,3 Millionen Stimmen gebracht. Das soll nur ein Anfang sein.

Die tommunistischen Arbeiter, die noch ehrliche Sozia­listen und Klaffenkämpfer sind, müssen den schmuhigen Ver­rat ihrer Führer wieder gutmachen, indem sie am 24. April für Braun und Severing slimmen!

Dies aber ist die Bilanz des 10. April:

Der Faschismus hat seine Durchbruchsschlacht verloren. Er ist steckengeblieben und zurückgeschlagen. Er wird niemals durchkommen. Seine unentbehrliche Hilfstruppe, die Kommu-­nistische Partei, ist noch schwerer geschlagen als er selbst. Die Sozialdemokratie geht mit erhöhtem Ansehen, mit geftähltem Selbstbewußtsein in den neuen Kampf. Schlagt Hitler  ! Wählt Braun- Severing!

Aufruf Hindenburgs.

Reichspräsident von Hindenburg   erläßt aus Anlaß seiner Wiederwahl folgende Kundgebung an das deutsche  Volk:

,, Mit Dank für das mir von dem deutschen Volke erneut

bekundete Vertrauen und mit dem Gelöbnis, auch weiterhin mit meiner ganzen Kraft dem Vaterlande und dem deutschen  Bolfe zu dienen,

nehme ich die auf mich gefallene Wiederwahl zum Reichspräsidenten   an.

Getreu meinem Eide werde ich mein Amt weiterführen im Geiste der Ueberparteilichkeit und der Gerechtigkeit mit dem festen Willen, unserem Vaterland zur Freiheit und Gleich­berechtigung nach außen, zur Einigung und zum Aufstieg im Innern zu verhelfen.

An alle deutschen   Männer und Frauen aber, an die­jenigen, welche mir ihre Stimme gaben, wie an die, welche mich nicht gewählt haben, richte ich die Mahnung: a t nun den Hader ruhen und schließt die Reihen! So wie schon einmal bei meinem Amtsantritt vor sieben Jahren fordere ich auch heute unser ganzes deutsches Volk zur Mitarbeit auf. Die 3 usammenfassung aller räfte ist notwendig, um der Wirrnisse und Nöte unserer Zeit Herr zu werden. Nur wenn wir zusammenstehen, sind wir start genug, um unser Schicksal zu meistern. Darum: In Einigkeit vorwärts mit Goff!

Berlin  , den 11. April 1932.

von Hindenburg."

Brünings Rücktrittsgesuch.

Schon eingereicht und sofort abgelehnt.

Dem internationalen Brauch entsprechend, wonach der Chef der amtierenden Regierung nach der Wahl oder Wiederwahl des Staats­oberhauptes sein Amt zur Verfügung stellen soll, hat Reichskanzler, Dr. Brüning bereits heute vormittag entsprochen und dem Reichs­ präsidenten   seinen Rüdtritt angeboten.

Wie nicht anders zu erwarten war, hat der Reichspräsident dieses Gesuch nicht angenommen.