Morgenausgabe
Jr. 170
A 86
49. Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
Dienstag
12. April 1932
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Die NSDAP. , die überführte und geständige Partei des Landesverrats im Kriegsfall.
Am 7. April hielt Reichstanzler Dr. Brüning in truppen von der Grenze weg nach der Heimat zurückzukom-| lichen Invasion zur Preisgabe der Landesverteidigung und Hamburg eine Rede, in der er sagte:
Bielleicht kommt bald die Zeit, wo man nicht mehr so ungestraft und hemmungslos auf das deutsche Bolf lostrommeln fann, ohne daß dieses Bolt alles zu wissen bekommt, was mit Unterlagen beglaubigt ist. Dann wird man das Wort Rational im Namen der Nationalsozialisten nur noch mit Gänsefüßchen schreiben.
Wenige Tage zuvor war amtlich gemeldet worden, daß die bei den Nationalsozialisten beschlagnahmten Dokumente Beweise für deren landesverräterische Absichten enthielten.
Gestern ist im Sporipalast von Dito Braun dasselbe Thema berührt worden, und zwar in einer Weise, für die das Wort sensationell viel zu schwach ist. Man muß das, was der preußische Ministerpräsident da zur Sprache gebracht hat, schon als eine Ungeheuerlichkeit bezeichnen, die lein Mensch für möglich gehalten hätte.
Otto Braun hat gestern im Sportpalast den Beweis für die landesverräterischen Absichten Hitlers und seiner Kumpane geführt.
Er hat diesen Beweis geführt unter Berujung auf beglaubigte Aeußerungen Adolf Hitlers selbst.
Unter atemloser Spannung der ungeheuren Bersamm lung führte Otto Braun folgendes aus:
Die beschlagnahmten nationalsozialistischen Dokumente bewiesen nicht nur die hodverräterischen Absichten der NSDAP., sondern auch ihre landesverräterische Gemeintgefährlichkeit.
Adolf Hitler müffe offenbar von dem Inhalt dieser Schriftftüde Kenntnis haben,
denn er fei in seiner Rede in Lauenburg in Pommern am 5. April auf ihn eingegangen., indem er dort folgendes gefagt habe:
Wenn man seiner Partei vorwerfe, daß sie sich einstweilen weigere, die deutschen Grenzen zu schützen, so müsse er allerdings sagen, daß er seine Kämpfer nicht für das System opfern wolle. Er werde die Grenze erst dann schützen. wenn die Träger des gegenwärtigen Systems beseitigt wären.
Die Wirkung dieses von Otto Braun vorgetragenen Zitats aus der Rede Hitlers auf die Riefenversammlung läßt sich schwer beschreiben. Es schien zunächst, als ob den Massen etwas die Kehle zuschnürte. Als aber dann Otto Braun mit äßendem Hohn fragte, ob denn nach Hitlers Meinung die Bolenander Grenze warten würden, bis er mit feiner Privatarmee nach der„ Bernichtung des Systems" an die Grenze zurückkehre, als er weiter die Frage aufwarf, was denn aus Deutschland geworden wäre, wenn die fozialdemokratischen Arbeiter im August 1914 nach dem Rezept Adolf Hitlers gehandelt hätten- da erst brach aus 18 000 Kehlen der Schrei aus, ein Schrei der Wut, der Empörung, der Verachtung!
Da waren alte Parteigenossen, die vor 18 Jahren trotz Dreiklassenschmach und Kaiserreden die Knarre auf den Rücken genommen und ohne Murren ihre Pflicht getan hatten. Da waren wohl auch viele, die an das freche Wort des Burschen Goebbels dachten von der Partei der De jerteure".
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"
Die Partei der Deserteure da steht sie!
mandieren, um ,, die Träger des Systems zu beseitigen". Was aber ergibt sich aus alledem?
Im Besitze der Regierung befinden sich Dokumente, aus denen hervorgeht, daß die National: fozialisten einen etwaigen Angriff auf die deut schen Grenzen als Gelegenheit zu einem Putsch benutzen wollen. Diese Dokumente find echt, denn Hitler selbst hat sich zu ihnen und ihren Absichten öffentlich bekannt.
zur Erregung eines Aufstandes im Innern aufzufordern.
Die öffentliche Debatte darüber ist eröffnet, ob eine Partei, die sich durch ihren Führer zu solchen Absichten befennt, noch den Anspruch erheben darf, sich eine deutsche Partei und national" zu nennen.
Die Debatte ist eröffnet. Der Versuch, sie durch eine Berschwörung des Schweigens abzuwürgen, wird mißlingen. Es wird der sogenannten ,, nationalen" Presse nicht mehr gestattet sein, alles zu verschweigen, was zuungunsten ihrer nationalfozialistischen Schützlinge spricht.
Jeder nationalsozialistische, jeder deutschnationale, jeder volksparteiliche Führer hat jetzt die Pflicht, sich zu dem zu äußern, was Hitler aus dem Inhalt der beschlagnahmten Dokumente bekanntgegeben und verteidigt hat. Aber mögen die ,, nationalen" Herrschaften sich drehen und menden wie sie wollen, Bolt und Geschichte werden ihr unDas Strafgesetz des Deutschen Reiches bedroht in den bestechliches Urteil fällen, und dieses Urteil lautet: §§ 89 und 90 Handlungen wie die beabsichtigten mit
Bersteht man jeßt, warum Brüning in Hamburg sagte, nach dem Bekanntwerden dieser Dokumente werde man das Wort National" im Namen der Nationalsozialisten" nur noch mit Gänsefüßchen schreiben?
lebenslänglichem Zuchthaus.
Ob die geistige Vorbereitung auf sie bestraft werden fann, ist allerdings eine andere Frage. Uebrigens fommt es in diesem Augenblic weniger auf die juristische Bedeutung dieses ganz ungeheuerlichen Vorganges an als auf seine politische.
Die öffentliche Debatte darüber ist eröffnet, ob es einer Partei in Deutschland erlaubt ist, für den Fall einer feind
Die Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands , die Partei der lautesten nationalen Phrase, die Partei der rüdsichtslosesten Heze gegen alle deutschen Politiker, die ehrlich dem deutschen Volke dienen,
diese Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands findet ein unrühmliches Ende als die entlarvte, und geftändige Partei des offenen Landesverrats!
Braun und Wels rechnen ab.
24 Stunden nach der Reichspräsidentenwahl eröffnete gestern die| Braun, dem wahren Führer der Republik und der Arbeiterschaft. Berliner Sozialdemokratie den Wahlkampf in Breußen mit einer 3hm, dem Bolts- und Staatsmann und dem Menschen, ein dreiRiefentundgebung im Sportpalast. So furze Zeit nach den Stra faches Frei Heil. pazen einer eben beendeten Wahlpropaganda die Anhänger der Bartei wieder in solchen Massen zu versammeln, schien ein Wagnis. Es ist gelungen, und es mußte gelingen!
Schon um 7 Uhr war der ungeheure Raum völlig besetzt. Die später kommenden mußten sich mit Stehplähen begnügen, gegen 7.45 Uhr wurde der Saal abgesperrt.
Bünktlich zur festgesetzten Zeit betrat der preußische Ministerpräsident Genosse Braun an der Spizze der Fahnen und Bannerbelegation den Saal, umbraust von dem nicht endenwollenden Bei
fall der Massen.
Dann nahm Genosse Künstler das Wort zu seiner Eröff= nungsansprache.
,, Die Schlacht ist geschlagen, die neue Schlacht beginnt! So rufen wir Sozialdemokraten, die Männer der Effernen Front, 24 Stunden nach der Wahl des Reichspräsidenten . Bei uns gibt es fein Ruhen und fein Raften. Der Feind der deut schen Arbeiterschaft, der Faschismus, bleibt nach wie vor unser Hauptgegner.( Stürmischer Beifall.) Der 13. März und der 10. April waren der Anfang und nicht das Ende des Kampfes gegen Hitler und seine Banden. Genosse Künstler wandte sich dann an die kommunistischen Arbeiter und Wähler, an die er die Frage richtete, wie lange sie noch auf Geheiß Mostaus das frevelhafte Spiel, das mit ihren Intereffen getrieben wird, mitmachen wollen? Die Reaktion in Deutschland sammelt sich um Hitler . Arbeiter, die ihr ehrlich der proletarischen Sache dienen mollt: laßt euch nicht verheyen gegen sozialistische Arbeitsbrüder und Schwestern! Denkt daran, daß die Sozialdemokratie durch ihre Haltung bei der Reichspräsidentenwahl Hitler daran gemachen. Jetzt muß die profetarische Einheitsfront im Preußenwahlhindert hat, aus Deutschland ein größeres Klagges- Braunschweig zu tampf hergestellt werden.
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Achtzehntausendfach flingt der Ruf durch den Riesenraum; der Beifall und die Frei- Heil- Rufe erneuern und verstärken sich zu einem Orfan , als Otto Brann das Rednerpult betriff. Es hilft nichts, daß er abwehrt, er muß die Ovationen der sozialdemokratischen Massen entgegennehmen. Dann endlich fann er das Wort zu seinen Ausführungen nehmen.
Bon einem Beifall empfangen, der mehrere Minuten währte, nahm das Wort der preußische Ministerpräsident
Vor dem ersten Gang zur Reichspräsidentenwahl hat der Propagandaleiter des Braunen Hauses, Dr. Goebbels , von der Tribüne des Berliner Sportpalastes aus verkündet, Hitler wird Reichspräsident! Die Eiserne Front hat dies nicht gemollt. und Hitler ist deshalb nicht Reichspräsident geworden.( Stürmischer Beifall.) Aber in diesen Worten kamen der Hochmut und Größenwahn zum Ausdruck, die in der Nationalistischen Partei vorherrschend sind und nicht durch Verstand, sondern durch suggestive Schlagmorte politische Erfolge erzielen wollen. Dieser Größenwahn hat merkwürdige Formen angenommen. So hat Hitler in Köln an die Adresse des Reichspräsidenten von Hindenburg die Worte gerichtet, daß der würdige alte Mann beiseite treten müsse, damit er, Hitler, die vernichten könne, die hinter Hindenburg stehen. Wäre es ihm möglich, 20 Millionen, die sich zu Hindenburg befannfen, alle zu ver
nichten,
dann wäre die Glückseligkeit seines Dritten Reiches da. Aber erinnert nicht die hochmütige, etwas leutselige Herablassung, mit der Hitler vom Reichspräsidenten spricht, an einen anderen Mann der deutschen
Geschichte, an den Kaiser, der da verkündete:„ Wer sich mir ent
Hitler hat in seiner Dummheit aus der Schule geplaudert. Er hätte vielleicht versuchen können, die Dokumente der Borbereitung zum Kriegsverrat, die sich in den Hän den der Regierung befinden, zu verleugnen und abzuschütteln. Er hat sich mit diesen Dokumenten und ihren Berfassern soli darisiert, er hat sich öffentlich zu der Absicht bekannt, im Falle einer friegerischen Bermiclung im Osten seine Brinat Ind nun, ihr Männer und Frauen von Berlin , befennt euch zu Otto Mostou abgegudt, aber als vorsichtiger Mann macht er nicht Fünf