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Dr. Alexander Szana:

An der Wiege der Menschheit

Hotel in Bagdad

,, Was kostet ein Zimmer mit voller Berpflegung?" Fünfzehn Rupien, mein Herr( und eine Rupie find 1,50 M.), unsere Preise find fix und überall angeschrieben, wir sind keine Natives, feine Eingeborenen, bei uns fann man nicht feilschen noch handeln, wir führen ein englisches Haus; lieber verzichten wir auf eine Kund­schaft, che wir auch nur zwei Annas nachlassen. Uebrigens be dauern wir lebhaft, wir sind ganz fomplett, wir haben kein einziges 3immer frei, alles ist besetzt, nur ein einziges Zimmer ist da, aber das können wir Ihnen nicht geben, denn das ist bestellt und für zehn Tage im voraus mit 150 Rupien beangabt."

,, Was kostet ein Zimmer mit voller Verpflegung?" ,, 12 Rupien, mein Herr, nicht zwei Annas weniger, bei uns ist europäische Bedienung, jedermann zahlt bei uns 12 Rupien, und wenn sie mit uns auf fünf Jahre abschließen, fönnen mir nicht

weniger verlangen. In ganz Bagdad sind wir die billigsten, die

besten, im Zentrum der Stadt."

,, Was kostet ein Zimmer mit voller Verpflegung?" ,, 10 Rupien, mein Herr, 10 Rupien, nie hat bei uns jemand weniger bezahlt als 10 Rupien, also, wollen Sie das Zimmer? Auf die

Newstreet hinaus oder auf den Tigris, auf die Beranda oder den Epeisesaal, auf den Palmengarten oder den Lichthof, ebenerdig oder im ersten Stod?"

geht von Zimmer zu Zimmer, und wenn ein Zimmer gerade frei ist, dann erbeutet er das Handtuch: etwas vorbenutzt, aber das macht nichts, denn ein vorbenutztes Handtuch ist noch immer besser als überhaupt kein Handtuch. Und auch das Leintuch ist oder scheint zumindestens vorbenutzt, aber es ist, genau wie die Decke, sehr praktisch, denn fleinere größere Luftlöcher sorgen für reichliche Ventilation. Und wenn man geschickt ist und die Decke geschickt auf das Leintuch, das Leintuch geschickt auf die Matratze legt, damit Loch auf Loch zu liegen fommt, dann kann man, ruhig im Bette liegend, Ruhe pflegen und doch die Vorgänge auf dem Fuß­boden genau verfolgen.

Es ist Januar und die Sonne scheint schön warm: aber für Bagdad ist es der kälteste Monat und im Speisesaal stehen, in unmittelbarer Nähe vorbenutzter Tischtücher, offene Becken mit

Kirche bis an das Fenster tasten, sehr interessant. Es ist nämlich unglaublich, wie melancholisch Kirchenglockenläuten macht, wenn es mit Regen und Wind zusammentrifft. Diese Klänge vertragen fich nicht. Glocken sollten, trotz allem, nur bei Sonnenschein läuten; es muß stille sein um Glocken.

Dies andere Ohr meiner Wohnung also midert die Skeptische, Wachsame, Kühle ab, das ihr das Türohr gibt; es macht sie fühlsam, hingegeben, traumstarf; fie liegt fünf Treppen über der Straße, aber doch noch tausend Treppen unter dem Himmel. Und die meta­physische Krönung ihrer Weltanschauung ist somit das Sichklarwerden darüber, daß die Menschen, die bei fünf Treppen noch Geräusche sind, bestimmt ebenfalls sehr schöne Musikstücke würden, wenn fie noch fünfhundert Treppen höher fletterten.

Wobei jedoch sofort noch anzumerken ist, daß Wohnungen solche Weltanschauungen nicht predigen; sie haben sie nur.

Marderjagd

Es war mitten im Winter. Der Schnee lag fast fniehoch, hatte aber schon länger gelegen, so daß die Bildspuren nur noch schlecht zu erkennen waren. Schon vor drei Tagen hatte ich die Spur eines starken Steinmarders am Waldrande entdeckt. Unermüdlich ver­

inbegriffen." ,, Aber," fügt der Kompagnon hinzu, den pflegen talischer Hotelküche. Von den Franzosen haben sie hier in Bagdad Bi uns fitt eine in de Schüne!"

,, 10 Rupien?" ,, Ja, Sahib, aber auch der Nachmittagstee ist unsere Klienten nicht in Anspruch zu nehmen, es steht ihnen nicht dafür, für eine Tasse Lee herzukommen, deshalb servieren mir ihn nicht, oder berechnen nur das Service extra, nur 12 Annas, eine dreiviertel Rupie. Doch Sie können jederzeit baden, denn in unseren Preisen ist das Bad auch enthalten. Das soll uns jemand in Bagdad nachmachen." ,, Aber," fügt der Kompagnon erläuternd hinzu, gegenwärtig ist die Heizung verdorben, wissen Sie, diese Engländer, die... unzuverläßlichsten Leute der Welt!" Bird

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das Bad noch während meines Aufenthalts in Ordnung sein?" Das hängt von Ihnen ab, Sahib, und den Engländern, ich sage Ihnen, sogar die orientalische Geduld muß reißen, wenn man mit Engländern zu tun hat. Ein zwei Schrauben, eine Pumpe, ein zwei Hähne, eine Heizung fehlen, nicht zu erwarten." ,, Wann haben Sie die Sachen bestellt?" ,, Das ist es eben, Sahib, wir haben noch gar nichts bestellt, demnächst wird auch der Herd in der Küche schlecht, da warten wir eben, wissen Sie, bis man voit den Engländern etwas erhält; es ist nicht gut, daran zu denken." Die europäische Bedienung fieht folgendermaßen aus: am Morgen läutet man, dreimal oder viermal, das ist alles eins, denn es fommt niemand, weil die Glocke nicht geht. Dann geht man zur Tür, die, im Kampf gegen die Hize, auf die innere Beranda

glühender Holzkohle und auf Stangen wird Brot geröstet. Toaſt folgte ich die Fährte auf meinen Schneeschuhen. Kreuz und quer zu machen, Brot zu rösten, ist keine besondere Kunst, aber auch ein englischer Kunstgriff: denn auf der einen Seite werden die kühlen ging sie durch die Felder, über Berge und Hügel, durch dichte Feld­Räume gewärmt, die zehn Monate hindurch gegen Sonnenglut an gehölze, durch Steinbrüche und Kiesgruben aber das Versteck des kämpfen müssen und zwei Monate hindurch ungemütlich sind, und Marders war nicht zu entdecken. Alle Mühe schien umsonst. Miß­auf der anderen Seite wird ein dem Europäer ungenießbares Brot mutig brach ich am vierten Tage die Verfolgung ab. Auf dem genießbar gemacht, werden viele tausend Meilen übersprungen und Heimwege kreuzte ich die Kreischaussee und traf dort den alten Große und Blackwelle Erdbeerjam täuschen das englische Home vor. Straßenwärter Schrader. Gaud'n Dag ooch, Junge, dat geiht jo Die Kost ist eine sonderbare Mischung englisch - französisch- orien- Bi uns fitt eine in de Schüne!" man schwinde opp den Dingern. Wull du nich' ne Marte scheiten? vielerlei Speisen, aber wenig, oder richtiger, wenigerlei Speisen, aber wenig, von den Engländern haben sie die reiche Auswahl an scharfen und schärfsten Saucen, um die dunkle Herkunft gar mancher Speise vergessen zu machen, und vom Orient haben sie die Mannig faltigkeit der Namen des Fleisches: den einen Tag Lamm, den anderen Schaf oder Ziege und Widder. Der Name macht aber nicht den Unterschied, denn heute oder morgen: es ist immer der selbe Hammel mit dem starken Geruch, den man aus dem Orient mit sich nach Hause nimmt und der immer und immer wieder mit unverminderter Schärfe aufsteigt, wenn die Erinnerung an ferne Länder wach wird.

Nur im Obst ist die Küche Europa weit überlegen. Und unter den Orangen taucht immer wieder eine besondere Frucht auf: man tommt geradezu in Versuchung, die Mama der Orange nicht ganz erlaubter Beziehungen zu einem Zitronerich zu verdächtigen: denn das Kind hat von der Mutter nur den runden Körperbau und die drallen Formen, vom Vater aber die gelblich grüne Farbe der Koleriker und den gallebitteren Geschmack.

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geht, und ruft Jujjuf!". Dann meldet sich eine Stimme, die sagt hart an der persischen Grenze, den starrenden Schmutz und die

,, Yes, Sir". Es kommt aber wieder niemand, denn aus jedem Zimmer ruft eine Stimme ,, Jussuf", und bei dem starken Echo kann man vom Schall allein den Standort des Rufers ohnehin nicht finden. Bis sich das allgemeine Jussuf- Rufen gelegt hat, ruft man noch einmal: Jussuf! Jezt kommt ein Herr, in Unterhosen, nackten Beinen und Pantoffeln, etwas, nicht stark zerzaustem Haar. Das Mienenspiel beginnt, mit beiden Händen reibe ich mir Schuhe und Gesicht, puze symbolisch Anzug und Zähne. Jussuf versteht, ein Handtuch! Uebrigens ist es sehr lieb von ihm, daß er überhaupt fommt, er müßte gar nicht kommen, denn er heißt gar nicht Jussuf. Aber er kommt doch, er kommt und geht, geht auf Handtuchjagd,

Gerhart Herrmann Mostar:

und kann sie nicht finden; na, denn man los!" ,, Menschenskind, Schrader, die such ich schon drei Tage lang

ich mich schnell allein auf den Weg und war in einer knappen Schrader fonnte noch nicht nach Hause mitkommen; so machte halben Stunde auf seinem kleinen Gehöft, das einsam an der Land­straße lag. Seine Frau zeigte mir, wo sie den Marder vor einigen Tagen abends beim Mondschein über das Dach hatte springen sehen. Ich beschloß, mich an diesem Abend dort anzusetzen. Da es noch Zeit war, wärmte ich mich erst einmal hinterm Ofen auf, dünnen Kaffee schmecken. Inzwischen hatte der Alte Feierabend futterte meine letzte Stulle aus dem Rucksack und ließ mir den gemacht, und für mich war es Zeit zum Anstand. Ich bekam einen bequemen Sessel und genügend Decken, suchte mir einen windge­sollten. Zuerst fam eine ganze Zeitlang garnichts. Dann sah ich schützten Platz an der Hausecke und harrte der Dinge, die da kommen mitten auf dem Dunghaufen plößlich einen hellen Fled. War es der Marder? Der halbe Mond stand gerade hinter den Wolken. Das ungemisse Etwas fam langsam näher. Krampfhaft faßte ich meine Flinte es war bloß eine armselige Ratte. Langsam ver­rann die Zeit. Nichts war zu sehen. Es schlug halb Sechs. Die tiefe Stille schläferte ein. In Gedanken hatte ich meinen Marder

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schon auf den Knien und streichelte seinen prächtig seidenweichen,

braunen Balg.

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,, Europäische Hotels gibt es nur in Bagdad ", sagt Cooks Hand­buch, und hat Cook recht wenn man vom Speisefeben oder wenn man lieber will, vom Schweinejaal des Hotels Savoy in Ashar aus, Zeichen des Zerfalls sieht. Und wenn man dann das Land durch­Plötzlich hörte ich etwas hinter mir in einem schmalen Gange, bummelt, im Süden und im Norden mar, in rauchigen Lehmhütten der zum Garten führte. Ganz, ganz langsam drehte ich meinen der Eingeborenen Rast machte, um dem müden Motor Rast zu Kopf herum gönnen, und wieder durch Bagdad kommt, da sind schon vorbenutzte fernt der Marder im Schnee! Aber er mußte schon etwas gemerkt wahrhaftig, da saß ja vier Schritt von mir ent­Leintücher und gebrauchte Handtücher, Tischtücher von antiqua haben. Es schien, als wollte er jeden Augenblick nach rüdwärts rischem Wert, Schlösser, die weder auf- noch zugehen, aber Schlösser verschwinden. Regungslos blieb ich sizen und schielte zum Marder sind, eine Wasserleitung, die eine Wasserleitung ist, selbst menn sie hin, bis mir die Augen schmerzten. So nah und doch so fern! Auf fein schmuziggraues, aber doch edles Naß spendet, Inbegriff von europäischer Kultur und Zivilisation, und man glaubt es dem einmal sprang der Marder herum, huschte den Gang entlang und jauste in der Zaunecke hoch da riß ihn mein schneller Schnapp­braunen Eigentümer gerne, menn er sagt: Sahib, mir sind keine Ratives, feine Eingeborenen, denn wir führen ein englisches Haus." schuß herunter in die dichten Fliederbüsche, Steifbeinig vom langen

Weltanschauung meiner Wohnung

Kaum einer der vielen Wohnungen, die ich bezog und verließ, wage ich den Besitz bestimmter Weltanschauungen abzustreiten. An Totalität und Klarheit waren diese Weltanschauungen sogar den­jenigen der meisten Menschen, in denen ich mich heimisch zu machen suchte, überlegen, und außerdem tamen sie bei Wohnungen häufiger vor. Denn fast jede Wohnung hat Eigenarten aufzuweisen, die ihr niemand geben wollte und niemand geben kann; der Architekt nicht, der sie baute, und der Mieter nicht, der sie einrichtete; Eigenarten, die weder durch Milieu noch durch Erziehung herzustellen oder ab­zustellen sind; solche Eigenarten eben, die leßten Endes Persönlich feiten ausmachen; Menschenpersönlichkeiten und Wohnungspersönlich

feiten.

Da ist zum Beispiel meine jetzige Wohnung. Ich habe mieder einmal entdeckt, wie unwesentlich alles das für sie ist, was der Ar­chitekt oder der bisherige Inhaber ihr aufzmang: daß fie fünf Trep pen hoch gelegt wurde, daß die Räume groß und winklig find, daß die Tapete hier blau und dort gelb und immer hell ist. Gewiß, das macht ihren ersten Eindruck aus; so ist ihr Körperbau, so ist sie angezoen, so fagt sie: Nehmen Sie Plag!" und Scheren Sie sich raus!" und Jetzt werde ich Kaffee trinken"; aber das Wesentliche fommt später, wenn man sie besser kennt; also viel später.

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abgegeben hat, in gehegtem Trippelschritt wieder hinunter; er hat teine Zeit; übrigens auch hier desto weniger Zeit, je Unangeneh­meres er brachte; die unangenehme Neuigkeit hat immer noch meniger Zeit als die angenehme.

All das weiß meine Wohnung; vielleicht war eben doch sie es, die ihrerseits den Architekten zwang, sie fünf Treppen hoch zu placieren: da kommt sowas seltener und weniger gern herauf. Vorsicht ist liberhaupt ihre starke Seite; eben, weil sie so gut hört. Leute, die scharf hören, sind noch besser gewappnet als Leute, die scharf sehen; Gesichter fann man schminken, Stimmen nicht. und wie ist diese Wohnung gewappnet, bis jemand, der sie betreten will, bei ihr anklopft! Einhundertundzwölf Schritte hat sie von ihm gehört; jogar wie er auf dem vierten Treppenabsatz verschnaufte, hat sie erlauscht. Sie weiß: da hezt jemand herauf, im unregel­mäßigen Schritt. Er ist nervös, wirr; also Ruhe, wenn du ihn empfängst, um die drohende Aufregung zu Anregung zu mildern. Oder es kommen gar zwei; sie unterhalten sich nicht; Verstand zu fammengenommen: es sind sachliche Menschen!( Oder sie sind lang­jährig verheiratet.) Auch schwankende Stimmung läßt sich feststellen: freudig, in regelmäßiger Eile, wird die erste Treppe genommen; dann wird's bedächtig, vielleicht kommst du ungelegen, was sollst du sagen; auf der fünften Treppe wird das überwunden. Ueberhaupt: Hemmungen liegen immer zwischen der zweiten und der vorletzten Treppe. Immer. Das weiß jede Frau. Und Freud auch.

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Sigen stand ich auf. Der alte Schrader fam herausgestürzt: 20 liggt hei denn?" ,, Da hinten in der Ede" rief ich ihm freude strahlend entgegen. Flink wie ein Wiesel, so schnell, wie ich es dem Alten nie zugetraut hatte, froch er in die Büsche und zog meinen Marder an der Rute heraus. No aber, dat is jo unse Katt! Mutter fumm mal schnell her! Wahrhaftig, gude doch, dat is wirklich und wahrhaftig unse Katt!"

Ich weiß nicht mehr, wie es fam, daß ich so schnell verschwun= den war. Der alte Schrader aber grüßte mich lange Zeit nach diesem Vorfall nicht mehr.

Stadtförster H. Borchert( Bad Sachsa ).

Auf dem Themsegrund

Wenn man von Tauchern hört, so stellt man sich darunter die Helden der Tiefsee vor, die nach untergegangenen Schätzen suchen. Es gibt aber auch Männer, die diesen Beruf alltäglich und unter weniger romantischen Umständen ausüben. Zu diesen Tauchern, deren Arbeit nicht minder interessant ist, gehören die Lumpen­sammler", die regelmäßig den Boden der Themse nach brauchbaren Gegenständen durchsuchen, die in den Fluten dieses viel befahrenen Stromes verloren gingen. Sie haben es in mancher Beziehung schwerer als die Tiefseetaucher, denn sie arbeiten blind", wie z. B. Austin in einer englischen Zeitschrift ausführt. Sie sehen nicht von dem Augenblick an, da die Wogen über ihren Kopf zu­sammenschlagen, bis sie wieder emportauchen, und das dauert drei bis vier Stunden. Auf dem Grunde, in pechschwarzer Dunkelheit, tasten sie mit nackten Händen in dem schleimigen Bett der Themse nach Gegenständen, die das Bergen verlohnen, und meist sind es nur verlorene Anker oder Zugketten, angefaulte Taue oder Schiffs= lampen, die sie erbeuten. Aber es gibt auch wichtige Funde, die ihnen unvermutet in die Hände fallen. So erzählt ein Taucher, daß er einmal nach einem Anker herunterging und auf einen kleinen Dampfer stieß, der seit sechs Jahren verloren war. Ein andermal festen Verpackung. Sechs dieser Autos waren in der Dunkelheit von einem Schiff heruntergerutscht und nur fünf wieder aufgefischt, das sechste kam zwei Jahre später durch den Fund des Tauchers zutage. Am schwierigsten ist das Bergen von Segelbooten, die mit ihrer ganzen Tafelage gesunken sind. Sie sind so schlüpfrig wie ein Aal, und man kann in der Dunkelheit mit den Händen sie nur schwer abtasten. Auch Flugzeuge, die in die Themse gestürzt waren und dann nicht mehr gefunden werden konnten, sind von diesen Themse­tauchern schon durch Zufall geborgen worden. So ist das Suchen nach Abfall" im Themsebett ein ebenso anstrengender mie spannen­der Beruf, der so manche lleberraschungen bringt, aber sich letzten Endes doch lohnt.

Da gab es zunächst den Umstand zu entdecken, daß diese Woh nung das darstellt, was die Physiologie oder die Psychologie, ich kenne mich da in den Grenzen nicht aus, also die Psychophysiologie einen akustischen Typ nennt. Sie nimmt die Eindrücke von draußen Nach all dem hätte sich meine Wohnung eigentlich, im Besitz mehr durch das Gehör auf, als durch das Geficht; ihr eines Dhr ist dieses Türohres, zu einem wachsamen, beinahe gefährlichen, über­die Tür zur Treppe; es hört unheimlich fein. Die Schritte der Her- legenen Skeptiker entwickeln müssen, und der Skeptiker wäre zu befand er einen funkelnagelneuen amerikanischen Kraftwagen in seiner auffletternden vernimmt sie schon vom Hochparterre ab. Der erste stimmen als derjenige, der sich, fünf Seelentreppen hoch einquartiert. Eindruck, den sie von einem Menschen empfängt, richtet sich also nach Aber da ist noch das zweite Ohr meiner Wohnung, gleichzusetzen seinem Treppensteigen; es ist ein akustischer Eindruck, so deutlich, dem anderen, dem Herzohr der Fünftreppenmenschen: ihr Fenster daß es nicht so sehr viel ausmacht, wenn es der einzige bleibt, wenn ohr. Dem obliegt es, auf all das zu achten, was jenseits des der Heraufkommende auf einem andern Treppenflur zu steigen auf Psychisch- Menschlichen liegt; auf das Dingliche, Natürliche, ja jogar hört. Ohne somit die Neugier einer Portierfrau oder die Bissigkeit denn es ist ein Schrägfenster!. auf das Himmlische. Der Archi­eines Bachhundes zu haben, weiß diese Wohnung, wer ihre Haus- teft hat sich gewiß gesträubt, hier ein Schrägfenster hinzusetzen, bei genossen besucht. Ich ertappe mich oft bei dem Gedanken: Arme dem sich ein hineinregnen nie ganz vermeiden läßt, aber meine Professors im dritten Stod! Es gibt Konventionsbesuch, vielleicht Wohnung hat es ihm aufgezmungen mit jenem stärksten Zwang, sogar Verwandte!" Dann ist jener Menschentyp die Treppe heran- der so stark ist, daß das Denken nicht ausreicht, ihn zu merken. Und geklommen, der Stufen jo gleichgültig und regelmäßig flopft mie gerade der Regen, der Regen auf schräge Fenster! Regen gegen Steine, und den ich den Briefträgertyp nenne, weil er seine immer Steilfenster ist unerquidlich, schlägt nur mal so gegen das Glas, gleichen und gleichgültigen Besuche in den seelischen Briefkastenschlitz unwirsch, haltlos, rausboldig; aber in dies Fensterohr klingt er hin­des Empfängers wirft, amtswurfchtig, nodürftig franfiert, häufig ein wie das vielbeinige Krabbeln eines gutartigen, gemütvollen wie Drucksachen. Oder es kommt der Zeitungsfrauentyp, eine an- Käfers, der dem lieben Gott aus der Hand entwischt ist, und wenn genehmere Variation des ersten, weil er die Haft und das Feminin- es ein starter Regen ist, dann ist das ein gewaltiges und dennoch immer- Interessierte der Presse hat. Sein Heraufgehen erfolgt müh immer weiches Trommeln, nicht das bellende Kalbfellschlagen eines sam und stöhnend; er bringt Neuigkeiten, das ist immer belastend; Kriegsheeres, sondern das rauschende Trommeln auf die mit einem nur wenn er unangenehmes bringt, hat sein Keuchen ordentlich mystisch hallenden Samt bespannten Tambourins einer jenseitigen Zempo, man hört geradezu jene infame, ganz im immer eitlen Unter- Friedensdemonstration. Wunderschön ist es auch, wie dies Regen­grund des Seelischen schwingende, ganz leise und doch intensive trommeln den gellenden Wind zu Boden schlägt; meine Wohnung Freude, die auch der beste Mensch empfindet, wenn er als erster weiß daher ganz genau, wozu fie manchmal pudelnaß wird: damit eine unendlich traurige Neuigkeit bringt, etma: ,, Du, der N. N. hat sie nicht umgeblasen wird. Und umgefehrt freilich. sich aus dem Fenster gestürzt..." Dieser Typ raft, sobald er sich

llebrigens ist das Wesen der Glocken, die sich von einer nahen

Belgien das dichtstbevölkerte Land der Erde! Nach einer amerikanischen internationalen Bevölkerungsstatistik stellt Belgien das dichtestbevölkerte Land der Welt dar. Mit 691,6 Personen auf die Quadratmeile hält es den Reford vor Holland mit 599,4, Eng­land mit 489,9, Deutschland mit 353.2, Japan mit 347,2 und 3talien mit 343,6 Personen.

Wirtschaft: G. Alingelhöfer; Berantwortlich für Politik: Victor Schiff; Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton : Dr. John Schikowski; Lotales und Sonstiges: Frig Karstädt, Anzeigen: Th. Glode; sämtlich in Berlin . Verlag: Vorwärts- Berlag G. m. b. H., Berlin . Drud: Vorwärts- Buchdruckerei und Berlagsanstalt Paul Singer u. Co., Berlin G. 68, Lindenstraße 3. Hierzu 2 Beilagen,