to�enmer: AUSflUg SN ck?« Wie viele Tage rvir zusammen wanderten— wir zählten sie I klein« unanständige Rers«, die er im Erziehungsheim von den
nicht, sie gingen ein in die Unendlichkeit, wie wir eures Tages ver gehen werden. Wir wanderten und genossen unsere Freiheit, dachten nicht an das Morgen und freuten uns unserer Kameradschaft. Dieser Junge, den ich eines Tages aufgelesen hatte aus der Landstraße, als er nicht mehr weiter konnte, schien mir anvertraut wie ein Vruder. Er war aus einer Erziehungsanstalt entlaufen, in der er, da er seine Ellern nie kennengelernt hatte, seit seiner frühen Kindheit lebte. Er kannte nicht das, was wir„Freiheit" nennen, aber die menschlichen Instinkte waren eines Tages doch stärker als die Gewohnheit. Er ging, mit nichts anderem als einem dünnen Anzug ausgerüstet, aus und davon, um das kennenzulernen, wovon die Iüngens erzählten, die erst im Aller von vierzehn bis sechzehn Jahren in die Anstall eingeliefert wurden. Aber diese Freiheit, die er nur vom Hörensagen kannte, war ein Zustand, für den man ihn nicht erzogen hatte. Er oerstand es nicht, sie so zu gebrauchen, um aud) nur drei Tage leben zu können. Als ich ihn traf, lag er in einem Groben neben der Landstraße, seine von der Kalte geröteten Glieder zitterten und seine Augen waren matt von den Tränen dreier einsamer Nächte und verrieten deutlicher seinen Hunger, als es ihm auszusprechen möglich war. Ich fülleite chn mit den Vorräten, die ich noch in der Tasche hatte Das trocken« Brot und die alten Semmeln, die ich im legten Dorfs vom Bäcker bekommen hatte, schmeckten ihm besser als jemals die beste Sonntagskost im Erziehungsheim. Wir wanderten gemeinsam weller. Ich sagte ihm nicht, daß ich nur einen Sommer der Freiheit vor mir hatte, daß die erst« herbstliche»Kälte mich zurücktreiben würde in die Geborgenhell der großen Stadt, zurück in die Wärme und Sattheit der Bürger, und daß die kurzen Monate sommerlichen Bagabundierens nur dazu dienten, mir das Gleichgewicht zu erhallen, mich fähig zu machen, die geborgene Unfleiheit zu ertragen, in der Erinnerung an die Freiheit des Hungers und der Kälte. Sollte der Junge in.dieser Freiheit zugrundegehen? Sollte dieiez Kind, das er fast noch war. von dem nächsten Lastwagen mit- genommen und der nächsten Äendarmeriestation übergeben werden, die ihn dann schleunigst in das Heim zurückbringen würden? Sollte er an seinen ersten Ausflug in die Freiheit mll Angst und Schrecken zurückdenken und voll Bangen seiner Entlassung entgegensehen, die er mit seiner Volljährigkeir erwartete? Wie würde er dann der legal gewonnenen Freiheit gegenüberstehen? N�in, er dürfte nicht diese Erinnerung an die Freiheit beHallen. Cr sollte an die Freiheit denken, wie an ein Gut. um das zu kämpfen und zu leiden es sich lohnt, Es war. als wollte mich die Natur in diesem Bemühen unter- stützzii. Wir wanderten an sonnigen Tage auf Sellenwegen, ab- seits von der Landstrahe, von Dorf zu Dorf. Unsere Rationen waren oftmals kärglich, aber wir verschmähten es nickst. Rüben auf dem Felde zu stehlen, um unseren Hunger zu befriedigen und unseren Durst an der Quelle zu löschen. Wir lächelten den Mädchen im Dorfe zu, wenn wir an den Sonntagabenden vor dem Wirtshaus standen, ich klimperte aus der Mandoline und mem kleiner Schütz- ling sang. Und wie sang er. Sein« kindliche Stimme klang rein und ftoh, wenn er die kleinen Voltslieder vortrug, die von den Mädchen auf- dem Dorf» unh auf den Hinterhöfen der großen Städte >0 gern« gehört werden. Wir bekamen für unsere Ständchen kleine Münzen und etwas zu essen und dursten in der Scheune schlafen, nachdem man uns durchsucht hatte, ob wir auch teme Streichhölzer besaßen. Die Mädchen lächelt»» uns an und einmal..gab ihm eine von ihnen einen Kuß.„Er sieht ja so unschuldig- aus,"- jagte sie-, Mein klein«? Freund.adsr schmeckte de». Kuß mit der Zunge nach und machte«in beglücktes Gesicht. Aber die Männer boten uns Bier an und riefen uns zu:„So, nun mal was Saftigesl" Und in unbekümmerter Unschuld sang mein Freund zu der Melodie, die ich etwas schuldbewußt klimperte,
anderen Jungens gehört hatte. Di« Mädchen schlichen dann beiselle in den Schatten der Bäum» und kreischten an den besonderen Stellen laut aus. An solchen Tagen hatten wir die größten Einnahmen. Dann setzten wir uns absslls an einen Tisch und tranken ein Glas Bier, das uns der Wirt schenkte, und sannen in die monderfüllt« Nacht. Die Erde strahlle die Wirme des Tages zurück und wir fühlten uns wunderbar geborgen. Es kamen aber auch Tage, an denen wir nicht vor dem Wirts- Haus singen und in der Scheune schlafen konnten. Auf dem Dorfe wird im Sommer goarbellet, bis die Finsternis sich über die Erda legt, da bleibt dann keine Zell mehr, um ins Wirtshaus zu gehen. An solchen Tagen bezogen wir Freiquartier bei Mutter Grün und standen zeitig morgens auf, wenn uns die Kall « die Glieder zucken machte. Aber wir fühlten uns glücklich in unserer Freihell. Unser« Gedanken galten nur dem Heute. Unsere Kameradschaft war un- getrübt von Sorgen bis zu dem Tage, an dem wir uns der Gegend wieder näherten, von der unsere gemeinsame Wanderung aus- gegangen war. „Warum gehen wir hierher?" fragte er mich, nachdem er sich mehr als fünf Monate lang meiner Führung anvertraut hatte. Es fiel mir schwer, ihm zu antworten. Aber ich wollte ihm auch nicht länger verschweigen, daß wir uns in einigen Tagen trennen müßten. Schon waren die Nächte zu lall, um noch im Freien schlafen zu können. Immer länger dauert« es, eh« unsere Kleider nach einem Regen wieder trockneten. Bald würde der Wind nicht mehr erfrischend unsere Stirne kühlen, sondern uns in eisige Källe hüllen. Ich wollte nun zurück in die Stadt, um zu arbellen. Aber was sollt« mit dem Jungen geschehen? Fast fühlt« ich mich schuld- bewußt, obwohl ich wußte, daß ich ihm zu einem herrlichen Sommer und zu einer Freihell verholfen hatte, die zwar reich an Cntbehrun- gen gewesen war. aber die er gleichwohl nicht würde vergessen
können. Denn das Quellwasier und die Stückrüben der FrscheS swd unvergleichlich« Genüsse gegenüber den-zerezellen Mählzellen der Gefangeirschast. .Lieber kleiner Freund", sagte ich ihm.„dein Ausllug in d'e Freiheit muß jetzt zu Ende sein. Wir müssen uns jetzt trennen. denn ich habe nicht den Mut zur absoluten Freihell, ich habe nicht die Kraft, vollkommen mll meiner bürgerlichen Existenz zu brechen. Es ist nicht meine Absicht, eine Flucht aus der Zell zu unternehmen. Ich will vielmehr mll meinen kleinen Kräften helfen, daß wir alle mehr Freihell erringen. Ich stärke mich in diesem Kampfe, indem ich den Zauber der sommerlichen Freiheit aussuche, damit ich mich zwischen den großen Steinmauern der Zivilisar-on und Kulrur nicht verliere. Wir vergesien die glühenden Ideale unserer Jugend zu rasch in den aufreibenden Bemühungen um die Sicherung unserer Existenz. Nur allzuleicht verfallen wir den Lockungen einer ver- gehenden Kultur und werden zu Renegaten unserer Uederzeugungen. Siehst du. mein Freund, darum such« ich die Freihell immer wieder dort aus. wo sie heute am reinsten besteht: auf der Landstraße, unter den Vagabunden, den Philosophen der Landstraße" Meine philosophischen Betrachtungen worden meinen kleinen Freund wohl kaum überzeugt haben. Aber ich erzählle ihm van den unbarmherzigen Wärtern der Asyle, die den müden.Schläfer auch im Winter frühzellig in die Kälte hinauslreiben. Und er erinnert« sich auch an die ersten drei Tage des Hungers und der Einsamtell in der Freiheit. Wenn er inzwischen auch gelernt hatte. das Mllleid der Frauen zu wecken, so glaubte er doch meinen Versicherungen, daß man chn«'.nes Tages aufgreifen und zurückbringen würde. So kamen wir vor der Anstall an, aus der er vor einem halben Jahre entflohen war, um die Freihell kennen zu lernen. Er ging wieder zurück, ausrecht wie einer, den man nicht mehr beugen kann. „Wenn du es im nächsten Sommer nicht mehr aushallen kannst da drin", sagte ich ihm noch, als er schellte,„dann schreibe mir." Da hörte ich den Pförtner kommen und ging davon. An der Biegung der Straße wandte ich mich um. er winkt» mir zu wie ein Versprechen. Jetzt, während der ersten verfrühten warmen Tage, den falschen Versprechungen des Frühlings, muß ich an ihn denken, an den kleinen Kameraden, der die Freihell kennenlernen wollte.
3»iioi: 3)er Saboteur
Ich saß bei Klims Mutter, um mich zu verabschieden, und wartete auf meinen Freund Klim. Meme Arbeit in Moskau war beendet. In zwei Tagen wollte ich die Sowjetunion verlassen und endlich nach Deutschland zurückkehren. Klims Mutter bat mich, wenn ich erst wieder in Europa sei, ihren ältesten Sohn zu besuchen. Dieser Sohn war 1919 aus Ruß- land gsslohen, durch ganz Europa gezogen und nun in England ansässig, hatte ein kleines Geschäft, eine Frau und zwei Kinder Die Photos der Enkelkinder hingen über dem Bette der alten Frau. In Gedanken weilte sie fast ausschließlich bei ihrem Aellesten in England. Ihr» ganze Sehnsucht war, auch dorthin zu kommen. Aber die Sowjet» gaben ihr keine Ausreiseerlaubnis, und der Sohn aus England durste nicht nach Moskau kommen. Nun sollte ich ihn besuchen und ihm Grüße von Mutter und Bruder bringen. „Sagen Sie ihm die reine Wahrheit über unser Leben hier; sagen Sie ihm. daß alle unsere Briefe Lügen sind, daß wir lügen müssen wenn uns das Leben lieb ist!" Sie zeigte mir seine legten Briefe. Er schrieb, daß er sich über die Entstellungen und Verhetzungen in den englischen Zeitungen ärgere, die behaupteten, es ginge der Bevölkerung in der Sowjetunion elendiglich schlecht, und er freue sich, aus den Nachrichten von zu Hause immer wieder zu hören. daß gerade das Gegenteil wahr sei, daß es der Mutter und dem Bruder gut ginge. Die alte Frau erklärte mir den Widerspruch, der offensichtlich zwischen der Tatsache der wirklichen Hungersnot.
fflamld SpHrner:€j1M Affe fitrbl Erlebnis im abeffinifchen Jiochtrald
Es war einer jener prachtvollen Hochlandsmorgsn, die durch ihre Frische und Klarheit auf Seele und Körper wie ein wunder- sames Bad wirken. Der Himmel war so blau, wie er es nur in Afrika zu sein vermag, und die Sonne schüttete ihre belebenden, jubelnden Strahlen auf die erwachende Erde. Ich ging mit meinem Gewehr in das nahe gelegene„Gusreza- Wäldchen", um wieder einmal mein Glück zu versuchen. Wie oft schon u»«' ich mit der festen Absicht ausgezogen, einen Guercza zu erlegen. Bisher aber ohne Erfolg. Das Jagdfiebsr hatte mich gepackt', ich mußte einen dieser wunderschönen, schwarzweihcn Affen mit ihrem seidig-glänzcnden Fell, die mich schon so lange zum besten hielten, zur Strecke bringen. Nach halbstündiger Wanderung auf einem kleinen Reitpsad, der durch mannhvhes windbestrichenes Gras führte, erreichte ich die Kossobaumwaldunz. die sich den Berg hinauszog. Der Wald war bereits munter und orchestertc seine afrikanische Sinsonie. Ein Heidenlärm an allen Ecken und Enden. Der Wind raschelt« in Yen Blättern. Würzig und rein roch die Lust, lieberall regte sich Leben, unsichtbar und doch nahe. Riesenhast« Laubbäume, deren beeranartige schwarze Früchte im Morgenschein schimmerten, wurden von mächtigen Schlinggewächsen bis hinaus zu den Gipfeln umrankt, und bildeten, untereinander verbunden, ein unlösbares Gewirr. Der Pkad wand sich steil hinan. Hin und wieder scheute eine Gazelle flüchtig vorüber, nur für Sekunden sichtbar. Plötzlich fiel etwas schwer und dumpf neben mir in ein dichtes Gebüich nieder. Erschreckt sprang ich zurück und wollte nach meiner Büchse greisen, als ein riesiger Guereza,«in junges Aefslein an der Hand führend, das sich neugierig nach mir umsah und wild-lüsterne Grimassen schnitt, über den Weg rannte Im Nu waren beide ver- schwundcn. Trotz meines Ingrimms hätte ich diese» Mutterglück nicht vernichtet. Des Gewehr schußbereit vor mich hinhaltend, schlich ich wellsr. Auf einer kleinen Woldlichtung, die von Vaumriesen umstanden war, legt« ich mich neben ein Gsbüsch auf die Lausr. Es war mein alter Stammplatz. Auf diesen Bäumen pflegten die Affen ihre Konfe- renzen abzuhalten! mit erregtem Stimmausyand, aber durch die Blätter unsichtbar. Me oft hatten sie mich von da oben herab ge- srozzelt, in ihrer boshast-mitleidigen Neugierde herunterseixend, und im nächsten Augenblick wieder verschwunden. Mitunter war ich von ihnen sogar bombardiert worden: mit Rindenstücksn, Aesten, Früchten, Steinen...- Diesinql hat!» ich mich stüher eingefunden: der„Sitzungssaal" war noch schwach besucht. Ich mochte so eine halbe Stunde regungslos gswartet haben. al» sich plötzlich auf einem Baume, gerade mir gegenüber, in einer
Höhe von vielleicht zwanzig Metern, die Zweige auseinanderbogen und ein Guerezakopf. vorsichtig herablugend, zum Vorschein kam. Seine schwarzen kleinen Asugelein spähten funkelnd auf die Lichtung nieder. Sie hatten mich noch nicht erblickt. Ich rührte mich nicht. Ich befand mich in einem jener Zustände äußerster Spannung, wo Körper und Geist, unter absoluter Ausschaltung alles übrigen, nur auf ein Ziel gerichtet sind. Jetzt war der Affe etwas weiter aus dem Blattwerk heraus- gerückt. Seine Blicke hatten mich noch immer nicht getroffen. Er kratzte sich gerade emsig unter dem Arm. Völlig geräuschlos hob ich das Gewehr Langsam, ganz lang- sam. Und legte an. Meine Lzönde zitterten etwa?.(In gefährlichen Situationen passierte mir da« nie: diesmal aber, vielleicht infolge meiner verärgerten Erpichtheit auf diese Affen, und vor allem, das glaube ich heute, wegen ihrer Menschenähnlichkeit.) Ich nahm mich fest zusammen und zielte und schoß. Ein erschütternder Aufschrei! Gleich darauf ein unendlich wehes, klagendes Stöhnen! Und— plumps— pluistps— fiel der getroffene Affe herunter, sich mehrmals mit letzter Kraft an den Aesten anklammernd. Dann lag er am Boden, unweit des Stammes. Er hatte die Größe eines zwölfjährigsn Kindes. Im allerersten Augenblick war ich nur von Hiegesgesithl und befriedigter Rache erfüllt. Jetzt aber, als ich den großen, halbtoten Asten sah, der, auf dem Rucken liegend, unausgesetzt stöhnt« und sich mit den Händen wie ein Ertrinkender in die Luit verkrallte, trat augenblicklich ein Ge> sühlsumschwunz in mir ein: mit einem Mal empfand ich grenzen- loses Mitleid mit dem gequälten Geschöpf, und ängstliche Scheu. Ich zog meinen Revolver und näherte mich dem wimmernden Tier. Zuckend drehte er sein kluge», schmerzvsrzerrtes Gesicht mir zu und sah mich mit seinen todesvqllzn Augen bittend, hilflos und jenseitig- erstaunt an: etwa» wie ein ferner Vorwurf lag in ihnen. Fürchter- lich drang das Stöhnen aup seiner Kehle. Ich konnte den Anblick nicht länger ertragen, setzte den Revolver an seinen Kops und wollte abdrücken. Da hob dep sterbende Affe seine Pfote und legte sie, kalt und feucht, auf mein« Hand. Die erlöschenden Augen flehten mich an. Ich fuhr entsetzt zurück. Dann aber ermannt« ich mich und drückte los. Die noch immer erhöhen« Hand fiel ins Ära?, über dos Blut in die warme Erh« rieselte. Als ich nachher aufstand, um mein Gewehr zu holen, das ich an einen Baum gelehnt hatte, war es fort, lftoch heute weiß ich nicht, wer es mir gestohlen hat. Vielleicht war es ein Guereza..?
die ich täglich sah. und den brieflichen rosigen Schilderungen liegen mußte. 1921— der Sohn war gerade ein halbes Jahr in Enz- land— wurden Klim und feine Mutter von einem Geheimpolizisten zur GPU(Politischen Polizei) geholt.„Sie erhalten Geld aus England", sagte der Leiter der Polizei.„In welchem Verhältnis stehen Sie zu dem ausländischen Geldsender? Für welche dunklen Zwecke erhalten Sie diese Summen?" Em peinliches Verhör setzte ein. Die Mutter hatte 5 englische Pfund erhalten, die die Post der Polizei auslieferte. Nach langen Erklärungen und Beantwortungen der unmöglichsten Fragen entließ man Mutter und Sahn, nachdem d'c GPU. endlich den Gegenwert der 2 englischen Pfund in Rubeln ausgezahlt hatte, allerdings zum bolschewistischen Zwangskurs: 46,50 Rubel. Die Kaufkraft des Rubels lag damals um 35 Pfennig Nun schrieb die Muster noch England, der Sohn möge nichts mehr von seinem sauer verdienten Lohne schicken: sie hätten überhaupt keine Unterstützung nötig. Die Wahrheit, daß die Politische Polizei solche Schwierigkeiten macht«, verschwieg sie wohlweislich, denn jeder Brief wurde von der Zensur geöfsuel und. gelesen Und. dem- Sowjetbürger,' der das Regime lrttisierte!.— Glücklich über die gesunden Verhältnisse/ die- die, Mutter stchilherte.,, schickte der Tob« leidenschastliche Briese, in denen er schrieb, daß er alle bürgerlichen englischen Zeitungsberichte, die aus Neid die Wahrheit über Nuß- land entstellten, bekämpfe. Er sei nun Anhänger der Sowsetidee geworden und lebe und wirke für sie in Europa . Und ich hatte nun die Aufgabe, dieses Wahnbild zu zerstören: ich mußte ihn von der Wahrheit überzeugen und die nackten Tatsachen von der Not der Mutter und des Bruders berichten.— Dann kam Klim aus der Fabrik. Schweigsam, verstimmt, ganz anders als sonst. Cr aß seine Kartoffelsuppe und starrte vor sich hin. Endlich erfuhren wir den Grund: Entlassen! Langsam und schwerfällig erzählle er: Es sei wieder eine Liste in der Fabrik herumgereicht worden, die zum„freiwilligen" Veitrag eines Rubels zum Bau eines Zeppelins aufforderte. Klim, der vor der Revo- lution den väterlichen Fabrikbetricb'geleitet hatte, verdiente jetzt alz „Bourgeois" und ungelernter Arbeiter nur 69,32 Rubel. Aber für die legten 14 Tage hatte er noch keinen Lohn erhalten, weil kein Geld da war, und so könnte er nichts zeichnen Er besaß nur noch 80 Kopeken. Jeden zweiten Tag kam eme andere Liste zum „freiwilligen" Zeichnen von Beiträgen. Nun war e? schon das drillemal. daß er nichts gab. Am Schichtende wurde er fristlos entlassen, als„Vetämpfer des Fünfjahrplans", als„Betriebsstörer" Mit der Arbeit verlor er auch die gewerkschaftliche Mitgliedschaft und damit zusammenhängend— das Schlimmste— die Lebens- mittelkarten. Ein so zum Feind des Fünfjahrplan» Gestempelter ist aus der Gemeinschaft ausgestoßen, denn meistens bekommt er vorläufig keine Arbcll und somit keine Lebensmittel, Nun halle Klim mit einem Freunde, mll dem er schon ein halbes Jahr in der Fabrik zusammen gearbeitet hatte, sich des öfteren über die vielen Nachteile de» Plans ausgesprochen, und sein Freund hatte ihm recht gegeben als«r meinte, man müsss sich doch eigentlich wundern, daß alle russischen. Menschen für den Plan geopfert würden und sich nicht gegen seine Brutalität wehren könnten. Auch daß sie von ihrem geringen Lohn ungefähr noch durchschnittlich 40 Prozent freiwilligen Stiftungen zum Ausbau zuführen müßten. Dieser Freund, der Klim geschickt auszufragen oerstanden hatte, war«in EPU.-Mitglied. und nachdem er aus dem Munde des Staatsfeindes genügend belastendes Material erfahren hatte, zeigte er ihn an. Um 6 Uhr war Klim nach Hause gekommen. Um 7 Uhr holten ihn drei Beamte der GPU. ab. Die alle Mutter bekam Schrei- krämpse. Ich konnte rechtzellig in das Zimmer de» Nachbars ent- wischen, um durch die Anwesenheit eines Ausländers nicht noch Klim» Situation zu verschlimmern Die drei GPU. -Leut« durch- suchten alle Schubladen und nahmen die Briese des Bruders aus England, die alle zensiert waren, als Indizien mit, um Klim als Saboteur überführen zu können. Vor 14 Tagen hörte ich auf Umwegen, daß man Klim nach zehntägiger Untersuchungshaft steigelassen hatte. Aber er sollte zur Holzfäller«! und. Verladerei auf ein Jahr weit hinter Archangelsk verschickt werden. Wer die russischen Verhältnisse kennt, der weiß, daß für«inen freigelassenen Saboteur solch« Wiederemreihung in die Arme« der Arbeit einer Verurteilung zur Zwangsarbeit gleichkommt. Es finden sich kein« Freiwilligen für Sibirien. Um wieder' Lebensmittelkarten für die Mutter zu bekommen,, mußte Klim diese Arbeit annehmen, Da» ist einer aus Hunderten von gleichen, sich täglich ereignen- den Fällen, die heute in' Rußland zur Durchführung des Fünfjahre?- planes angewandt werden.