Einzelbild herunterladen
 

Morgenausgabe

Tir. 174

A 88

49. Jahrgang

Wöchentlich 75$ t, monatlid) 3,25 m ( davon 87 Pf. monatlich für Zustel lung ins Haus) im voraus zahlbar. Bostbezug 3,97 M. einschließlich 60 Pf. Boitzeitungs- und 72 Pf. Boftbeftellge bühren. Auslandsabonnement 5,65 oto Monat; für Länder mit ermäßig tem Druckfachenporto 4,65 M

Der Borwärts erscheint wochentäg lich zweimal, Gonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Dez Abend". Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit"

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

14. Apríl 1932

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die efutpalt. Millimeterzeile 30 Bt. Reklamezeile 2. M. Kleine An­zeigen" das fettgedrudte Wort 20 Pf. zufüffig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Millimeter. zeile 25 Pf. Familienanzeigen Milli. meterzeile 16 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr Der Verlag behält sich das Recht der Ah­lehnung nicht genehmer Anzeigen nor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

Redaktion und Berlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Vorwärts: Verlag G. m. b. H. Vostschedkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und

Fernspr.. Donboff( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Beamten, Lindenstr. 3 Dt. B. u. Disc.- Gef., Depofitent., Jerusalemer Str. 65/66.

SA. verboten!

-

Schließungen,

Verordnung des Reichspräsidenten . Durchsuchungen, Beschlagnahmen im ganzen Reich.

Der Reichspräsident hat am Mittwochabend auf Grund des Artikels 48 zur Sicherung der Staatsautorität die Auflösung der SA. und SS- Formationen verfügt. Die Verordnung hat folgenden Wortlaut:

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfaffung

wird folgendes verordnet:

§ 1.

Sämtliche militärähnlichen Organisationen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, insbesondere die Sturmabteilungen( SA ), die Schutzstaffeln( SS .), mit allen dazu gehörigen Stäben und sonstigen Einrichtungen, einschließlich der SA - Beobachter, SA - Reserven, Motor­flürnie, Marinestürme, Reiferfiürme, des Fliegerforps, Kraft­fahrtorps, Sanitätskorps, der Führerschulen, der S2- Ka­fernen und der Zeugmeiftereien werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

§ 2.

1. Die zur Zeit der Auflösung im Besitz der aufgelösten Organisation oder eines ihrer Mitglieder befindlichen Gegenstände, die dem militärähnlichen Zwede der Or­ganisation gedient haben, oder zu dienen bestimmt gewesen find, können polizeilich sichergestellt werden. Auf Verlangen des Reichsministers des Innern muß dies ge­schehen.

2. Gegen die polizeiliche Anordnung ist die Be­schwerde im Dienstaufsichtswege zulässig. Eine auf Verlangen des Reichsministers des Innern angeordnete Sicherstellung kann nur mit seiner Zustimmung abgeändert

werden.

3. Schadenersatzansprüche megen Verlustes oder Beschädigung sichergestellter Gegenstände sind aus­geschloffen, sofern nicht der Schaden durch vorsätzliches Handein verursacht ist.

§ 3.

1. Wer sich an einer Organisation, die auf Grund dieser Verordnung aufgelöst worden ist, als Mitglied beteiligt oder fie auf andere Weise unterstützt oder den durch die Organi­fation geschaffenen organisatorischen Zusammenhalt meiter aufrecht erhält, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft.

3eite.

ähnliche Einrichtungen aufgelöst werden, in denen Mitglieder der| Instrumente der Spielmanns- und Musikzüge, Feldküchen, aufgelösten Organisationen wohnen, ist dafür Sorge zu tragen, fallen. Die Polizeibehörde hat ihnen zu diesem 3wed entweder daß diese Personen nicht der Obdachlosigkeit ver eine angemessene Räumungsfrist zu sehen, die ihnen die Erlangung einer anderen Unterkunft gestattet oder im Benehmen mit den Be­

an=

hörden der öffentlichen Fürsorge dafür Sorge zu tragen, daß sie eine andere Unterkunftsmöglichkeit erlangen und für eine gemessene Uebergangszeit ihren Lebensunterhalt bestreiten fönnen. § 2. Der polizeilichen Sicherstellung gemäß§ 2 der Verordnung unterliegen insbesondere sämtliche zum Dienstanzug der SA. gehörenden Bekleidungs- und Ausrüstungs gegenstände, einschließlich der Abzeichen. wie sie im ein­zelnen auf S. 105 ff. der Dienſtvorschrift für die SA. aufgeführt sind. Der Sicherstellung unterliegen ferner die Fahnen und Standarten sowie alle sonstigen Gegenstände, die den mili. tärähnlichen Zweden der Organisation gedient haben oder zu dienen bestimmt waren, wie z. B. Flugzeuge, Kraft. zu dienen bestimmt waren, wie z. B. Flugzeuge, Kraft fahrzeuge sonstige Mittel zur Bewerkstelligung des Nach richten und Relaisdienstes, Sanitätsmaterial.

beauftragt: Groener, Reichswehrminifter. Der Reichsminister des Innern mit Wahrnehmung der Geschäfte

*

Das jetzt verkündete Verbot der Privatarmee des nationalsozialistischen Führers kommt für den Einge­meihten nicht mehr überraschend. Zwar haben gewisse Inter­effentenfreise noch während der letzten Tage und Stunden in der Oeffentlichkeit und noch mehr hinter den Kulissen ihre Einflüsse geltend gemacht, um die längst notwendige Entschei­dung zu verhindern. Aber vor der klar erkannten sta a t- lichen Notwendigkeit mußte selbst dies geschäftige Treiben wirkungslos verpuffen.

Weder Entrüstung noch Begeisterung ist am Blake, wenn man der Tatsache des Verbots gegenübersteht. Höchstens das Wort: 3hr fommt zwar, doch ihr tommt spät! Die Dinge, auf die sich die verbietende Verordnung bezieht,

Das Braune Haus besetzt.

Bayern greift scharf durch.

München, 13. April.

Das hiesige Braune Haus ist heute nachmittag von der Landespolizei besetzt worden. Die Zugangsstraßen zum Braunen Haus sind abgesperrt.

Klagges macht sich mausig!

Berbot in Braunschweig noch nicht durchgeführt.

Der braunschweigische Naziminister& lagges erläßt gegen die Verordnung des Reichspräsidenten eine geschwollene Erklärung. Er profeffiert aufs schärffte", er ist so dreift, die Verordnung als ungerecht zu bezeichnen, weil sie sich nicht auch gleichzeitig gegen die militärischen Organisationen der Eisernen Front richtet", und als Folge eine Verschärfung der politischen Kämpfe" anzu­

fündigen.

Tatsächlich ist auch in Braunschweig im Laufe des gestrigen Tages noch nicht das geringste erfolgt, um die Berordnung durch­2. Neben der Gefängnisstrafe fann auf Geldstrafe er- zuführen. 3a, in der SA .- Schule in Kreiensen war das Verbot gestern abend- wenigstens offiziell noch gar nicht bekannt. fannt werden.

3. Gegenstände, die nach der Auflösung der Organisation für die Zwecke der aufgelösten Organisation oder der Ersatz­organisation gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden, auch wenn sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören.

4. Sann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbar­machung selbständig erkannt werden.

§ 4.

1. Diese Verordnung triff, mit Ausnahme des§ 3, mit ihrer Verkündung in Kraft;§ 3 trift mit dem zweiten Tage nach der Verfündung in Kraft.

2. Die zur Durchführung dieser Berordnung erforder­lichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erläßt der Reichs­minister des Innern.

Die Durchführung der Auflösung.

Auf Grund des§ 4 Abs. 2 der Verordnung des Reichspräfi­denten zur Sicherung der Staatsautorität vom 13. April 1932 ( Reichsgesetzbl. I S. 175) wird hiermit verordnet:

§ 1. Someit bei der Durchführung der Auflösung der im§ 1 Der Berordnung bezeichneten Organisationen S. Seime oder

Herr Groener hatte erst vor wenigen Tagen eine Unter­haltung mit dem braunschweigischen deutschnationalen Minister & üchenthal. Ueber diese Unterhaltung ließ er melden, daß er mit Herrn Küchenthal in allen Fragen einig fei. Wir nehmen an, diese Einigkeit bezieht sich auch auf die Selbst­verständlichkeit, daß flagges, falls er der Verordnung des Reichs­ präsidenten Widerstand leistet, einzusperren ist. Die braun­schweigische Polizei wird, wenn sie von der Despotie dieses sonder­baren Ministers befreit ist, wieder im Sinne der Verfassung und des Gesetzes tadellos funktionieren, wie sie es aus der Zeit, in der noch Sozialdemokraten in der Regierung saßen, gewöhnt ist. Auf alle Fälle ist es Pflicht der Reichsgewalt, dieses Schöppenstädter Re­belliönchen binnen 24 Stunden zu liquidieren.

Große Funde in Hessen.

Darmstadt, 13. April.

H

Bei der Polizeiaktion anläßlich des Verbots der SA . und SS. wurden, wie von maßgebender Stelle mitgeteilt wird, die SA . Unterkunft im Braunen Haus, ein weiteres SA. Heim und das Heim der Hitlerjugend geschlossen. In Darm­ stadt und Umgegend wurden beschlagnahmt: cin Flugzeug, mehrere Autos und Motorräder, eine Menge vollgepadter Tornister mit eisernen Rationen, Feld- und Telephon: geräte, Verbandpädchen und Sanitätsmaterial, Militärmäntel mit chselklappen des Artillerieregiments 61 und größere Mengen mili. tärischer Ausrüstungsstüde( Spaten, Feldflaschen, Brotbeutel usw.).

Sichergestellt wurden zahlreiche Handfeuerwaffen sowie Hieb­und Stichwaffen aller Art, sowie Schriftstücke und Urkunden. Im Augenblick finden noch aussuchungen in den Privata wohnungen von SS .- und SA .- Leuten statt.

Tränengas in Hamburg.

Hamburg, 13. April.

Bei der Durchsuchung des Gaubüros der NSDAP. wurde fest gestellt, daß die unteren Räume des Büros unter Tränengas ge­jetzt waren. Umfangreiches Material murde beschlag­nahmt und 20 Personen, darunter 7 Abgeordnete der Hama burgischen Bürgerschaft, und ein Reichstagsabgeordneter sistiert.

Tumulte in Breslau.

Zusammenrottung von Nazis.

#

Breslau, 13. April .( Eigenbericht.) Im Anschluß an die Schließung und Durch iu chung des Braunen Hauses sowie der übrigen Schlupfwinkel der Nazis kam es am Mittwochabend in Breslau im Innern der Stadt zu umfangreichen Zusammenrottungen meist jugendlicher National­sozialisten. Die Polizei mußte mehrfach eingreifen und rücksichtslos vom Gummiknüppel Gebrauch machen. Dabei wurden mehrere Unruhestifter und leider auch Unbeteiligte leicht verletzt. Im Mitternacht hielten die Tumulte noch an.

Ueberfall auf Arbeiterjugend.

Die Naziangreifer verhaftet.

Die Spielfruppe Junge Hammerschaft der Sozialistischen 2r­beiterjugend weißensee und Hohenschönhausen wurde am Mittwoch abend gegen 11% Uhr von über 50 Nationalsozialisten überfallen, die aus Häusern, Restaurants und dem nahegelegenen Naziheim( Albertinenstraße) über 6 Burschen und 3 Mädel herfielen und mit Koppeln und Totschlägern auf sie ein­hieben. Diese ganze Aktion war wohl vorbereitet und wurde mit dem Schlachtruf Seid 3hr auch verboten durchgeführt. Durch das Eingreifen der Weißenseer Schuhpolizei wurden die Nationalsozialisten festgenommen und der Abt. IA im Polize präsidium zugeführt.