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BERLIN  Donnerstag 14. April

1932

10 Pf.

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts"

49. Jahrgang

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uzetgenerets: Die erfbaltige Drillinderzeile 80 D Reklamezeile 2.- Ermäßigungen nach Zarif Boftfcheckfonts: Borwärts- Verlag 6. m. b... Berlin   Nr 37 538. Der Berlag Behält fich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor! teboftien und Ervedttton: Berit SW 68, Sindenstr. 3 Bernfprecher: Dinhof( A 7) 292-297

Der Schlag hat gesessen!

Nach der Auflösung der braunen Armee/ Eine Weltsensation!

Der Schlag gegen die Privatarmee it? lers hat gesessen! Die lauten Schreier in der Rechts­presse sind heute sehr gedämpft, man fühlt, wie sie ihren Zorn hinuntergeschluckt haben. Die Deutsche Allgemeine Zeitung", das Organ der Hapag und der Reichsbahn, das mit Reichsgeldern faschistische Propaganda betreibt, freischt: ,, Der Staat steht links!" Sie meint damit den Reichs­präsidenten und die Reichsregierung. Wir können das nicht gerade finden aber wo steht der, der die Reichsregierung für links hält?

U

Bon der anderen Seite freischt die Rote Fahne": ,, SA. Verbot mischen Groener und Hitler  abgefartet." Hitler   müßte demnach flehentlich gebeten haben, ihn von der SA.   zu befreien, und eigentlich stünde unter der Verordnung des Reichspräsidenten der Name Hitler  ... Dies Märchen hat gestern schon Teddy Thälmann im Sportpalast erzählen wollen, aber faum waren ihm die Worte entfahren: ,, SA.   und SS. durch Hindenburg perboten", Da fegte ein Beifallsortan ein, der die Märchen Thälmanns und damit die Märchen der ,, Roten Fahne" im Entstehen tot­geschlagen hat. Nach der ,, Roten Fahne" müßte der Beifall geradezu Hitler selber gegolten haben, weil er selber die SA. aufgelöst habe!

Aber was jagt Hitler  , was unternimmt er? Er tut das, was er immer tut, wenn eine Entscheidung fällig ist. Er wohnt im Kaiserhof in Berlin  , und dann fabriziert er eine Berlautbarung. Darin ver­sichert er der SA., er verstehe ihre Gefühle, dann heizt er einiges gegen Groener, Braun, Severing, Grzesinski  , Stüzel, Brüning ufm., dann versichert er der GA., sie sei mirklich aufgelöst, und schließlich beteuert er, daß er sein Lehtes her­geben werde für den Kampf. Solange er noch im Kaiserhof wohnt, ist er sicherlich noch nicht bei seinem Letzten angelangt!

Die Auflösungsaktion in den Ländern geht inzwischen weiter. Es werden noch weitere Konsequenzen gezogen mer­den müssen! Aus dem engen Kreis der Beamten, die die Auflösungsverordnung bereits am Dienstag tannien, ist ein Att des Berrats und der Spionage geübt worden. Die Ver­ordnung ist dem Braunen Haus   mitgeteilt worden, das sie wieder einer englischen Zeitung zugeleitet hat, so daß die Ber ordnung noch vor ihrem Erlaß in London   veröffentlicht merden konnte. Hier muß Ordnung geschaffen werden!

Der Osaf schickt Unterhändler. Die Verordnung über die Auflösung der Hitler Armee ist gestern nachmittag einer Konferenz aller Innenminister der deutschen   Länder bekannt gegeben und dort besprochen worden. Nach dieser Kon­ferenz versuchte Herr Goering im Auftrage seines Class Hitler   mit dem Reichsinnenminister über die Aus­führungsbestimmungen zu sprechen. Minister Groener erklärte jedoch, daß er mit einem Beauftragten einer Partei über diese Frage nicht sprechen könne und ließ ihn an die Länderregierungen verweisen.

Vorsicht, Adolf!

Dein Gig wacfelt!

Die Parteibüros der Nationalsozialisten wurden inzwischen von der Polizei wieder freigegeben. Dagegen wurden die Reichsführerschule, die zulegt mit cima 70 Mann aus märtigen Hitler- Truppen belegt war, sowie die Reichszeug­meisterei Süd" geschlossen. Ihre Eingänge werden von

Polizei bewacht.

Krawall in Kiel  .

Kiel  , 14. April.  ( Eigenbericht.)

Eine nationalsozialistische Berjamuntung in der Nordostseehalle mußte am Mittwoch von der Polizei wegen schwerer Be­schimpfungen der preußischen Regierung und Ver­maltung aufgelöst werden. Die erregten SS.  - und SA.  - Mann schaften durch zogen lärmend die Stadt und verfolgten einzeln gehende Republikaner. Mehrere Reichsbannerleute murden verletzt. Eine Anzahl Rationalsozialisten zertrümmerte durch Steinwürfe die Fenster des Gewerkschafts= hauses. Die Polizei, die mit starkem Ueberfallfommando zur Stelle mar, rieb die Nazihausen auf und nahm etwa 150 Ber haftungen vor.

Klagges will nicht.

Trauerfiimmung in München  . Kasernen, die im Lande Braunschweig   egiſtieren, ist vis

Berlegenheitsgerede der Führung".

München  , 14. April.  ( Eigenbericht.)

Die heutige Ausgabe des Bältischen Beobachter" läßt auf eine schr gedrüdte Stimmung bei der Naziführung schließen. Das Verbot der Braunen Armee wird nur sehr zurück haltend besprochen, zunächst in einem Aufruf Hitlers  , in dem es heißt:., Gebt den augenblidlichen Machthabern teinen Anlaß, unter irgendwelchen Borwänden die Wahlen aussehen zu tönnen. Wenn thr eure Pflicht erfüllt, wird dieser Schlag des Generals Groener durch unsere Propaganda tausendfadh auf ihn selbst und seine Bundesgenossen zurückfallen." In einem Leitartikel be­schränkt sich Rosenberg auf die Feststellung, daß man dem Nationalsozialismus feinen Kampfeswillen nicht ausbrennen fönne, auch wenn man ihm das braune Hemd verbictet und die Wehr organisation auflöst.

Keine Spur von Auflösung der GA. in Braunschweig  . Braunschweig  , 14. April.  ( Eigenbericht.) Gegen die zahlreichen SA  .. und SS  - Seime und her von der Regierung nichts unternommen worden. Die staatliche Polizei hatte his heute vormittag bom Ministerium feinerlei Anweisung, um gegen die Unterkunftsstätten der Nationalsozialisten vorzugehen. in der Stadt Braunschweig   sind die SA  - Heime his. her von der Polizei noch nicht geschlossen worden. Die Beitung der politischen Polizei des Braunschweiger  Polizeipräsidiums hat noch feinen offisiellen Auftrag erhalten, gegen die nationalsozialistischen Kasernen vorzugehen.

Das gleiche Bild bietet sich in Wolfenbüttel  . Dort find am Mittwochabend eine ganze Anzahl Ber. fpnen- und Loftfraftwagen beobachtet mor­den, die unbeleuchtet fuhren und auch kein Schlußlicht zeigten, als sie Material aus der SA.   Kaserne forttransportierten. Wenn die Polizei fest

dazu übergeht, diese SA  - Kaserne zu schließen, wird sic nichts mehr finden.­

In Helmstedt   ist bisher auch noch nicht gegen die SA  .- Kaseruen vorgegangen worden. Auf der Straße patrouillierte heute morgen noch der SA  . Posten auf und ab. Die Helmstedter   Polizei hat, anstatt das SA.- Heim zu schließen, es für richtiger ge­halten, eine für heute abend angefekte Demonstra= tion der Eisernen Front zu verbieten.

Auch die SA  .- und SS.- Schulen in Kreiensen   sind bisher noch nicht geschlossen worden. Die dort an wesenden ortsfremden Nationalsozialisten haben den Ort noch nicht verlassen.

Klagges hat dem Reichsinnenminister erklärt, daß die Berordnung auch in Braunschweig   ordnungsgemäss durchgeführt werde. Das Reichsinnenministerium ver­weist darauf, daß das auch bisher schon immer geschehen sei. Die Aktion in Baden  .

Karlsruhe  , 14. Muril Caut Mitteilung der Pressestelle beim Staatsministerium wurden gestern in Baden   die zur Auflösung der S2. und SS. notwendigen polizeilichen Maßnahmen im ganzen Lande durchgeführt. Die SA  .­Heime wurden geschlossen. 3rgendwelche Schwierigkeiten haben sich nirgends ergeben. Das bei den Hausfuchungen gefundene Material wurde sichergestellt und wird zur Zeit gesichtet.

Das Wohlfahrtsheim". Breslau  

, 14. April. Eigenbericht.) Die Polizeiaktion gegen die SA  . und SS  . ist in Schlesien   nicht ganz einheitlich durchgeführt worden. In Schweidnig ver­weigerte der zuständige oberste Polizeipermalter die Schlie

Bung des Braunen Hauses unter der Begründung, daß es sich hier nicht um ein SA.- Heim, sondern um ein Wohlfahrts­

institut" der NSDAP  . handele. Die Stellungnahme der Schweid­niger Bolizei verwundert um so mehr, als allgemein befannt ist, daß das dortige Braune Haus die typische Einrichtung einer SA­Kaserne mit Wachtstuben usw. aufweist.

In Breslau   haben randalierende Trupps von Nazis  , wahr scheinlich um ihren Merger über das Berbot der SA  . und SS. Luft zu machen, die in der Breslauer Innenstadt gelegene Gau

gefchäftsstelle des Reichsbanners in der letzten Nacht mit Steinmürfen bombardiert. Dabei murde eine große Fensterscheibe durch einen halben Ziegelstein zertrümmert. Bericht wurde niemand.

Der Motorfiurm". Harburg- Wilhelmsburg  

, 14. April  .( Cigenbericht.) Bei den gestern sofort nach Bekanntwerden des A.- Verbotes in Harburg- Wilhelmsburg durchgeführten Hausfuchungen konnte noch erhebliches Material sichergestellt werden, obmohl auch der hiesige Sturmbannführer bereits 3 mei Tage vor der Notverord­nung des Reichspräsidenten   vom Braunen Hause durch Ge­heimkurrier unterrichtet und aufgefordert war, die Stan­darten megzuschaffen. Das aufgefundene Material ergänzt noch das bei der allgemeinen preußischen Bolizeiattion gefundene sehr wesent lich. Vor allem ist ein Befehl der Inspektion des Motor. fi urms sehr interessant, wonach am 24. April die Stürme und Staffeln angewiesen find, alle in außerpreußischem Gebiet mohnen den Pg.s nach Breußen zu befördern, damit sie dort wählen können. Behgeschrei der österreichischen Hafenkreuzier. Wien  , 14. April.

Das Berbot der nationalsozialistischen Formationen wird in der heutigen Wiener   Presse eingehend und ausführlich besprochen. Die Wahne Hitlers  , sich als Machtfaktor in Deutschland   jetzt schon eta­liberale Rene Freie Presse" begrüßt das Berbot. Mit dem blieren zu können, sei es vorbei. Das Gespenst des Bürger trieges fei gestern perfcheucht worden. Der Befriedung der Bevölkerung sei ein großer Dienst ermiesen. Die sozialdemokra tische Arbeiterzeitung begrüßt die Auflösung der nationalsozialisti­fchen Schuzarmee gleichfalls auf das freudigste. Die Hitlerische Deutsch  - österreichische Tageszeitung nennt die Maßnahme einen Der Sieger von Tannenberg habe sich unter dem Drud der Mar­ungeheuren Rechtsbruch in der deutschen   Staatsgeschichte. risten dazu perftanden, mit einem falten Federstrich jene Organi­fation der Hunderttausenden zu verbieten, die ihr Gut und Blut für das geliebte Baterland zu lassen bereit seien.( Siehe Lauenburger Hitler- Rede! Red.)