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BERLIN  Sonnabend 16. April

1932

Der Abend

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SA.- Führer wirft Bomben!

Anschlag auf eine Polizeiwache in Baden- Baden  / Die national­sozialistischen Täter verhaftet

Baden- Baden  , 16. April.

Wie der Polizeibericht meldet, ist heute nacht gegen die Polizeiwa che der hiesigen Polizei­direktion ein Sprengkörper geworfen wor­den, der die Glasscheiben der Eingangstür zerstörte. Beamte wurden nicht verlegt. Ein Polizeiposten be­merkte gleichzeitig einen mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Kraftwagen, in dem mehrere Personen saßen. Der Wagen machte in einer Nebenstraße halt. Die Insassen stiegen aus und machten sich lärmend an einem Handwagen mit Brennstoff zu schaffen, offenbar, um die Polizei abzulenken, wäh rend der Wagen rasch weiterfuhr. Der Beamte nahm die Ruhestörer fest. Dabei stellte sich heraus, daß er den SS.  - Führer, Friseur co meister Huber, und zwei weitere be kannte Nationalsozialisten vor sich hatte. Ein vierter, der zu flüchten versuchte, und auch der Kraftwagenführer, ebenfalls ein Na tionalsozialist, wurden später gleichfalls fest= genommen und in das Gefängnis eingeliefert. Der Wagen wurde sichergestellt.

Manöver gegen das Reichsbanner. Material an Hindenburg  - Er gibt es an Groener weiter. Reichspräsident von Hindenburg   hat an den Reichs­innenminister Groener folgendes Schreiben gerichtet:

,, Sehr geehrter Herr Reichsminister!

Die das Verbot der SA.   und der SS. aussprechende Verord­nung vom 13. d. M. habe ich vollzogen, nachdem Sie mir in ernſten Worten die Schwierigkeit der politischen Lage dargelegt und den Erlaß dieser Verordnung zur Sicherung der Staats. autorität als unbedingt notwendig bezeichnet haben und nach­dem die Reichsregierung einstimmig 3hrem Antrag beigetreten war. Inzwischen ist mir unter Uebergabe von Belegmaterial mit­geteilt worden, daß ähnlich geartete Organisationen wie die hier berbotenen auch bei anderen Parteten bestehen. In Erfüllung meiner Pflicht zur überparteilichen Ausübung meines Amtes und

Auf den da Könnt Thr alle bauen Wer Deutschland liebt wählt

Otto Braun  

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Liste

zuzutrauen. Offenbar hat er es für seine Pflicht gehalten, das ihm vorgelegte Material weiterzuleiten, ohne der Stel­lung der Regierung vorzugreifen, die dem Reichstag für ihre Handlungen verantwortlich ist.

Dem gegen das Reichsbanner gerichteten Manöver der Rechten ist daher von vornherein der Mißerfolg gewiß.

Aussprache Groener- Höltermann.

Ueber das Material" gegen das Reichsbanner. Der Reichsminister des Innern Dr. Groener hatte gestern den

Hitlers Bundesgenossen  .

Eine feine Lifte für eine Arbeiterpartei". Zwischen Hugenberg   und den Nazis ist ein Krach im Gange, der durch die Veröffentlichung eines Briefes von Hugenberg   an Hitler   hervorgerufen worden ist. Dabei wird von beiden Seiten einiges über die Borverhandlungen zwischen Hugenberg   und Hitler  vor der Präsidentenwahl ausgeplaudert. Interessant daran iſt, welche Personen als Sammelkandidaten vorgeschlagen wurden. Die Nazis schlugen vor: den Exkronprinzen, General von Epp. den Geheimrat Claß, den Prinzen Oskar,

Hugenberg   schlug vor:

den Herzog von Koburg  .

Da sie sich nicht einigen konnten, fam die Kandidatur Hitler  . Und nun läßt sich Hitler   in seiner Propaganda als der deutsche Arbeiterführer" bezeichnen! Das paßt ausgezeichnet zu den Fünfen, mit denen er in engster Wahl für die Kandidatur stand. Die Sache der Ewig- Gestrigen, der Reaktion und des Feudalismus das ist es, was die Nazis vertreten.

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Die Sache mit Goebbels   Auto. Er ist wieder nicht bei der Wahrheit geblieben! Herr Goebbels   hat gestern in höchster Erregung dem Reichs­wehrminister telephonisch erzählt, die böse preußische Polizei habe ihm sein Auto weggenommen, so daß er nun zu Fuß gehen müsse. Was in Wahrheit vorgekommen ist, sagt der Polizeibericht:

Freitagnachmittag, 17 Uhr, wurde der Führer und der Wagen

I A 40 884 vor dem Hotel Kaiserhof von einem Polizeibeamten auf die Zulassungspapiere geprüft, und zwar meil der Wagen in der letzten Zeit von der Führung der aufgelösten SA. mehrfach benutzt worden war. Nach Prüfung wurde der Wagen sofort wieder freigegeben. Während der Prüfung hielt der Ab­geordnete Dr. Goebbels   eine Protestansprache an das dort versammelte Publikum. Wegen der Ansammlung vor dem Kaiserhof und wegen der Rede wird geprüft, ob der Abgeordnete Dr. Goebbels   sich eines Verstoßes gegen die Notver= ordnung vom 28. März 1931 oder gegen die Berliner   Straßen­ordnung schuldig gemacht hat..

zur gleichmäßigen Anwendung der Geseze muß ich verlangen, daß, Führer des Reichsbanners Hoeltermann zu fich wehrminister gegenüber von Sausta at" und Negerstaat"

falls dies richtig ist,

auch diese Organisationen der gleichen Behandlung verfallen. Ich übersende Ihnen anbei das mir zugegangene Material mit dem Ersuchen, es mit dem gleichen Ernst zu prüfen, den ich Ihrem Antrag entgegengebracht habe und mir alsbald das Ergebnis Ihrer

Prüfung und einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Mit freundlichen Grüßen

von Hindenburg  ."

Das ptgewicht dieses Schreibens liegt in den Worten ,, falls dies richtig ist". Es ist aber nicht richtig! Wäre es richtig, daß bei anderen Parteien Organisa­tionen von gleicher Gemeingefährlichkeit wie die SA. bestän­den, so müßten natürlich auch diese der Auflösung verfallen. Ob der Stahlhelm eine solche Organisation darstellt, ent­zieht sich unserer Kenntnis. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß das Material, das dem Reichspräsidenten zugegangen ist, sich nicht auf den Stahlhelm, sondern auf das Reichs banner bezieht Ist aber das der Fall, so wird das Reichs ministerium des Innern dem Reichspräsidenten   sehr bald mitteilen können, daß nichts weiter vorliegt, als ein Versuch gewissenloser Irreführung, unternommen von den Einsendern dieses aus Lüge und Schwindel bestehenden ,, Materials", und daß es keine Reichsregierung und keinen Innenminister geben kann, die bereit wären, für das Verbot verfassungstreuer, die Republik   schützender, streng auf dem Boden der Geseglichkeit stehender Organisationen, die Ver­antwortung zu übernehmen.

Die Absicht, eine solche Ungerechtigkeit zu begehen, ist selbstverständlich auch dem Reichspräsidenten   in feiner Weise

gebeten und ihn um Stellungnahme zu den in der Presse gegen das Reichsbanner erhobenen Vorwürfen ersucht.

Hoeltermann hat dem Minister erwidert, daß diese Bor­

würfe unbegründet seien, daß er aber zur Vermeidung aller Mißdeutungen bereit fei, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Die Sensation von Langewiesen  .

Feststellungen des Thüringer Reichsbanners.

Der Gau Groß- Thüringen des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold hat an den Reichsinnenminister ein Schreiben gerichtet, in dem er die nationalsozialistische Behauptung, das Reichsbanner in Thüringen   sei bewaffnet, entschieden zurück weist und dann weiter fortfährt:

,, Auch in Langewiesen   hat das Reichsbanner über keinerlei Waffen verfügt. Weder der Gauvorstand des Reichsbanners noch die Ortsleitung des Reichsbanners in Langewiesen   haben Anweisung ergehen lassen, sich in eine Hilfspolizei einzureihen. Der Gauvorstand hat von den Dingen überhaupt erst durch die Presse Kenntnis er­halten. Der Ortsvereinsvorstand ist erst zur Kenntnis der Dinge gekommen, nachdem der Bürgermeister der Stadt Langewiesen  bereits von sich aus gehandelt hatte."

Im übrigen wird mitgeteilt: Ausschlaggebend für die Auswahl der beiden Hilfspolizeibeamten, die Bürgermeister Worch ernannte, war nicht die Zugehörigkeit zum Reichsbanner, sondern die positive Antwort auf die Frage des Bürgermeisters, ob sie beim Militär gedient hätten. Bemerkenswert iſt dabei, daß Bürgermeister Worch schon im Jahre 1926 aus prinzi­pieller Gegnerschaft aus dem Reichsbanner ausgetreten ist.

Herr Dr. Goebbels   soll bei dieser Straßenrede, wie dem Reichs­Wie die Herren doch aufgeregt werden, wenn es

um ihr eigenes Auto geht! Vor allem aber hat Herr Goebbels   den Reichswehrminister angelogen. Er hat

ihm erzählt, daß sein Wagen beschlagnahmt worden sei Breffe mitgeteilt.

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wovon kein Wort wahr ist. Er hat dieselbe Unwahrheit später der

Seine Darstellung ist so wenig wahr, wie seine frühere Be­hauptung, daß er in belgischen Gefängnissen für Herrn von Hindenburg   geschmachtet habe. Herr Goebbels   ist so großzügig, daß er dabei manchmal die Wahrheit vergiẞt!

Goebbels   wird vorgeladen.

Ueber den Zwischenfall, der sich gestern nachmittag mit Dr. Goebbels   vor dem Hotel Kaiserhof ereignet hat, sind zur Zeit im Bolizeipräsidium Ermittlungen darüber im Gange, ob Dr. Goeb­ bels   wegen seiner Ansprache und die dadurch hervorgerufene Ansammlung gegen die Notverordnung vom 28. März, die Demonstrationen unter freiem Himmel verbietet, oder gegen die Berliner   Straßenordrung verstoßen hat. Zu diesem Zweck werden eine Anzahl von Zeugen und Beteiligten vernommen. Möglicher­weise wird auch Dr. Goebbels   zur verantwortlichen Vernehmung ins Polizeipräsidium geladen werden. Falls er einer solchen Aufforde­rung nicht Folge leistet, wozu er in seiner Eigenschaft als Abgeord neter nicht gezwungen werden kann, und sein Verschulden genügend geflärt erscheint, wird die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Die polizeilichen Ermittlungen werden aber faum vor heute abend abgeschlossen sein.

Nazi als Landfriedensbrecher

In dem Reichsbannerverkehrslokal in der Gundelfingerstr. 25 zu Karlshorst   hatten Nazistrolche in einer der vergangenen