Beilage
Sonnabend, 16. April 1932
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
nich ut, dat weet ick jo!"
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Nein, Mutter Wilhelms, ich lache Sie nicht aus. Sondern ich werde Ihnen ein kleines, schönes Buch schenken: das Sagenbuch der Arbeit von Friedrich Wendel. Da steht zwar von der„ roden Pupp" direkt nichts drin; aber Ihr gesundes Auge blickt ja so klug, daß es gewiß bis hinter die Buchstaben sehen kann; und da werden Sie etwa folgendes erkennen:
Sie kommen den Waldweg entlanggetrippelt, der das Dörfchen| doch fülmsten erlebt... Aberst Sei, Herr Dichter, Sei lachen mi| ihr Eigentum zu machen. Sie hatten die bewaffneten Gewalten mit meinem Hause verbindet. Sie sind beide so um achtzig Jahre alt, sie haben die goldene Hochzeit lange hinter sich( oh, da ging's hoch her, obwohl oder weil sie arme Leute sind), aber sie gehen Arm in Arm, als stünden sie kurz vor der grünen Hochzeit. Indessen, das ist keine ewige Verliebtheit, das ist kein Turteltaubentum; die alten Wilhelms wissen, daß bei Paaren, die öffentlich zärtlich sind, im Geheimen was nicht stimmt. Nein, das ist vielmehr so, daß er nicht mehr so richtig sehen kann, mein Gott, wenn man achtzig Jahre lang über grellgelben Sand und in schummrige Ställe geblickt hat, dann darf das Auge wohl müde werden; und außerdem ist es noch so, daß auch ihr mal die Nezhaut des linten Auges gerissen ist, als sie eine allzu schwere Last in den Keller tragen mußte, eine Last, die ein Stadtmensch kaum bewältigt hätte; und so ist denn von den vier alten Wilhelmsaugen nur eines richtig gebrauchsfähig, beide Alten müssen sich zurechtfinden mit diesem einen Auge; da darf denn wohi eingehaft sein, ohne daß man damit etwas täte, was nur jungen Leuten zukommt.
Nun sind sie heran, ich geleite sie vorsichtig in die Stube und
Daß die„ rode Pupp" eine Erinnerung ist an eine Zeit, in der es noch keinen Kapitalismus gab; in der jedes Dorf noch eine Gemeinschaft von gleichberechtigten Menschen mit gemeinsamem Besiz war; und dieser gemeinsame Besitz war der Boden. Der Boden gehörte jedem, der arbeitete, und wer nicht arbeitete, dem gehörte er nicht. Knecht war nur der, der nicht schaffte, Herr nur der, der ackerte. Und die heilige Farbe dieser freien Arbeiter, Mutter Wilhelms, war die rote Farbe. Dann wandelte sich die Zeit. Es tamen andere Menschen, schlauere Menschen vielleicht, die verstanden, mehr zu erwerben als die anderen und die anderen
auf ihrer Seite, und bald auch die geistige Gewalt der Kirche; so vermochten die freien Arbeiter nichts gegen sie auszurichten, und wenn sie doch einmal aufstanden, zogen sie mit blutigen Köpfen wieder heim. Und nur heimlich durften sie sich noch erzählen von der alten, gerechten Zeit, da das Erträgnis der Arbeit dem Arbeiter gehörte; und nur heimlich durften sie noch der alten, heiligen Farbe huldigen, der Farbe rot. Sie kleideten ihr Wissen um diese Dinge in Sagen ein; eine davon ist die Sage von der roten Puppe. Sie ist rot, die Puppe: wo sie ins Haus kommt, da wird den Erben der freien Arbeiter, da wird dem Gesinde sein Recht; da ist nicht Not und Armut. Wer sie aber„ verrät", wer geizig wird und unsozial, den verläßt sie, und der wird eines Tages untergehen, und wenn er noch so flug wäre und selbstsicher und selbstsüchtig. Solche Menschen alle und all ihr Werk und all ihre Weltordnung werden zugrunde gehen; der arbeitende Mensch aber wird bleiben und ihm zur Seite die rote Farbe; und einmal wird sie wieder über freiem Boden wehen, diese rote Farbe, und wird kein Gespenst mehr sein; und Sie, Mutter Wilhelms, werden die Lezte sein,
in zwei Sessel; die Hände der Mutter Wilhelms legen zwei schwere für sich arbeiten zu lassen und aus dem gemeinsamen Besitz aller die sich„ grusen" muß vor der„ roden Pupp"!
Würste auf meinen Tisch, und es fällt diesen achtzigjährigen Händen dabei nicht ein, zu zittern. Und dann, noch vor dem ersten Kaffeeschluck, tommt eine Frage, die Mudder Wilhelmssen anscheinend schon lange auf der tapferen Seele gebrannt hat:
,, Seggen Se mol, Sei wohnen hür so alleen; hebbens denn dor feen Angst?"
Fassungsloses Kopfschütteln, als ich verneine.„ Jeä, weitens Sei denn nich, dat et hür in de Lehmkuhl neben Ihr Hus späufen deit?"
Nein, das weiß ich allerdings nicht. Gewiß hat die sumpfige Senfung zu Seiten der Straße etwas Trostloses; kein Weg führt hinein, und man könnte sich denken, daß es für einen Fremden, der sich nachts da hinein verirrt, auch kein heraus gibt; aber daß es da spukt....
" Ih freilich! Hebben Sei dat Kalm ohne Kopp noch nich seihn? Nich? Na, id sülwsten hebb et woll ook noch nich seihn; aberst twee Buern ut Banzendörp, de sünd dor mol vörbi famen, un dor hett dat Kalw vör se standen in'n Nebel; ganz grot is et west, un wie de ein et hat einfangen wolln, hett hei mirkt, dat et teen Ropp nich hebbt hat und feen Gebött( Eingeweide) innen mir et hohl west!"
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Ja, und nun erwarten die alten Wilhelms, die mich mit„, Herr Dichter" anreden und ein Zutrauen in mein Allwissen setzen, daß ich mich zu dem hohlen Kalb ohne Kopf äußere. Ich bin glücklich, es zu können. Ich setze auseinander, daß die Sage auf das Vorhandensein einer heidnischen Opferstätte in der Nähe der Lehmfuhl schließen läßt, vermutlich auf dem benachbarten Hügel. Daß den alten Göttern nur der Kopf und die Eingeweide der Tiere geopfert wurden, dargeboten"," geboten" wurden, weshalb ja die alten Wilhelms selbst noch heute die Eingeweide als das Gebött", das„ Gebotene", bezeichnen; daß die Reste der Opfertiere, die nicht gegessen werden durften, in die benachbarte Grube geworfen wur= den und nun eben dort„ umgehen", hohl, ohne Eingeweide nämlich, und ohne Kopf furz: ich fläre auf.
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Der Erfolg ist mittelmäßig. Gewiß, das möge ja wohl sein. Aber wie ich mir denn die Sache mit der„ roden Pupp" erkläre? Und Mutter Wilhelms erzählt von der roden Pupp: jeä, dat hebb ich nu fülmsten erlebt, dor lat ic mi nir dreinreden. Dat wir, as id in min irste Stellung wir, in Banzendörp bi een Buern, Lungführ hat he heten. Also de hebben de rode Pupp hatt. Wenn et Nacht wir, Neumondnacht, denn kam de rode Pupp anflagen durch de Luft, mit een langen Steert ut Füer, un is durch den Schorensteen rasselt tamen. Dat glöwen Se nich? Also wat de Nachtwächter von Banzendörp west is, de hat dat oft genug seihn, un he hat von Buer Lungführn jede Woch een Brot geschenkt bekamen, dat he nig verraden sollte. Se hat mi et aberst doch vertellt. Un wat de oll Buer west is, Krischan Lungführ, bi den is de rode Pupp famen. Un denn hat's in de Stum von oll Lungführn de ganze Nacht spektakelt un schrien un wimmert, as wie, wenn et ein an den Kragen gehn deit. Un den annern Morgen hat de Oll lauter Kratzwunden in et Gesicht hatt un blaue Flecke an'n Hals, un op de Finsterbank wirn blodige Händ afdrückt, de hebb ick denn jümmer afwaschen möten, un dor hat mi so grust...."
" Nun, und was für einen Zweck hatte denn für Lungführs die rote Puppe?", frage ich als Mutter Wilhelms Eckermann.
Jetzt greift Vater Wilhelms ein, seine schwachen Greisenaugen hinter der scharfen Brille haben einen geheimnisvollen Ausdruck. „ Jeä, de rode Pupp holt wat un de rode Pupp bringt ooch wat. Seihn Sei, för Lungführs gaw et feen Mißernte nich. Wenn dat Korn verbrannt is oder verfult, hat de Pupp Korn bracht in Hüll un Füll, un wenn de annern Banzendörper teen Heu hebbt hebben för ehr Pird, denn hebben Lungführn sin Bird Hafer fräten. So wir dat. Aberst daför fünd Lungführs ooch jümmer good west to ehr Lüd, mi hebben den höchsten Lohn kricht un dat beste Aeten. Neä, wat wi armen Lüd sünd, mit unsereen meint et de rode Pupp god!"
,, Und was holt denn nun die rode Pupp?"
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,, Dat weet ick all nich!" weicht Mutter Wilhelms aus." Aberst dat meet ick, dat teen Lungführ een natürlichen Dod starwen is. Den ollen Buern hebben mi eenen Morgen dod in fin Bett funden, un an'n Awend vorher wir hei noch ganz gefund. Un wat fin Sohn west is, de hat sich mol in'n Krug besapen, un in sin Suff hat he von de rode Pupp vertellt. Un dat hätt he nich dohn dörpen, dat mag se nich liden, de rode Pupp. Den annern Dag is de Bur, he wir man knapp vierzig, von de Leiter falln un hat sich dat Genick braken. Un seither is feen Segen nich west bi Lung: führs; sei sün schlecht west to ehr Gesind un geizig morden, un sei jün doch verarmt un to Grund gangen, un ehr Hof is all lang versteigert.
Eine Weile schwiegen die beiden Alten. Dann schließt Mutter Wilhelms:„ Wenn ich dat eenen von de jungen Lüd vertellen deih, benn glömen se mi nich un lachen mi ut. Un dorbi hebb ick et
Porträts vom Lande
Drei Momentaufnahmen aus dem Wahlkampf
Von einem Genossen wird uns geschrieben:
1. Gespräch in der Bahn. Wiederum size ich im D- Zug nach Schneidemühl - Königsberg . Mir gegenüber sigt ein jüngeres blondes, gutgewachsenes Mädchen, das ich auf 20 Jahre schätze. Diese junge Dame unterhält sich angeregt mit zwei älteren Gutsbesitzern aus der Küstriner Gegend. Gesinnung der Gesprächspartner feinerlei Zweifel zu. Nachdem Der Verlauf des Gesprächs läßt über die stramm- nationale die alten Herren in Küstrin ausgestiegen sind, finde ich nun Gnade vor den Augen der jungen Dame, und sie fragt ziemlich unbekümmert darauf los: wer ich sei, was ich mache, wohin ich fahre, ob ich studiert habe usw.
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Ich beantworte alle Fragen mit knapper Höflichkeit und schnurre auch gelegentlich:„ Gnädiges Fräulein." Unsere Unterhaltung treibt der politischen Sphäre zu. Nun stelle ich Fragen. Die junge Dame bekennt sich als Nationalsozialistin: Hier sei eine Partei, die alle Klassen und Stände vereine. fönne nicht verstehen, weshalb ich Sozialdemokrat sei: die SozialSie demokratie sei international und der Marrismus undeutsch. Ich replizierte zunächst mit dem Hinweis auf die offensichtliche Unterstützung, die Hitler vom Großgrundbesig und von der Schwerindustrie erfahre. Ob sie glaube, daß ,, Kronprinz" Friedrich Wilhelm oder Prinz" Aumi, der jetzt die Landtagswahlliste der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei ziert, plözsich Sozialisten geworden seien? Ich stoße meiter vor: ob sie wirklich als geistiger Mensch, als Studentin( ich unterstreiche aus gesprächstaktischen Gründen etwas die Geistigkeit meiner hübschen Gegnerin) im Ernst behaupten könne, der Nationalsozialismus schließe verantwortungsbewußt an die großen Traditionen des deutschen Geistes an? Das ist doch alles Krampf, nichts als eine große Jahrmarktsschau. Marx dagegen( vorher hatte nämlich das junge Fräulein zugegeben, einiges von Marg gelesen zu haben) schlösse unmittelbar an Hegel , den größten deutschen Philosophen an, und diese Traditionen seien heute wieder verstärkt in unserer Bewegung lebendig.
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Meine Gesprächspartnerin wich sichtlich zurück. Aber ich ließ nicht nach, sondern erklärte zur nationalen Frage: Hitler habe doch erst vor wenigen Tagen in Lauenburg eine Erklärung abgegeben, in der es heißt: Wenn man seiner Partei vorwerfe, daß sie sich einstweilen weigere, die deutschen Grenzen zu schüßen, so müsse er allerdings sagen, daß er seine Kämpfer nicht für das System opfern werde. Er werde die Grenze erst dann schützen, wenn die Träger des gegenwärtigen Systems be= feitigt wären."
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mich in einen kleinen Gasthof, in dem ich also zehn Tage wohnen werde.
Es ist vier Uhr nachmittags. Ich trinke eine Tasse Kaffee und plaudere mit meiner Wirtin, Frau W. Sie ist eine mütterliche Frau von etwa 65 Jahren. Unser Gespräch nimmt seinen Ausgang von der Präsidentenwahl. Frau W. hat Hindenburg gewählt, wie sie mir sofort mitteilt. Ich erzähle ihr, daß ich in der vergangenen „ Dann sind Sie ja von meiner Partei", ist ihre Antwort. Woche im Kreise Schlochau für die Wahl Hindenburgs agitiert habe.
Das fleine Gasthauszimmer ist von angenehmer fleinstädtischer Gemütlichkeit und Wärme; an der Wand hängt ein fleines mehrfarbiges Hindenburg - Porträt, das den Reichspräsidenten in Feldmarschalluniform zeigt. Es stammt sicherlich noch aus der Kriegszeit. Frau W. fragt nach meinen Absichten hier in Flatow. Ich erzähle ihr von dem Wahlkampf für die Preußenwahl. Früher, so spinnt sich der Faden unserer Unterhaltung weiter, habe sie selbstverständlich deutschnational gewählt. Sie sei eine einfache Frau, die von Politik nichts verstehe. Aber Hindenburg fenne man doch, Hitler fenne man nicht, und deshalb müsse man doch jetzt die Hindenburg - Partei wählen. Hindenburg sei rechtlich und gottesfürchtig; folglich müsse man bei den Breußenwahlen ebenfalls die Hindenburg - Partei wählen. Die Hindenburg - Partei es bedarf längerer Ausführungen, um ihr flar zu machen, daß die Verhältnisse denn doch nicht ganz so einfach sind.
3. Versammlung in Begin.
Gegen 8 Uhr abends holt mich Genosse S. ab. Wir fahren mit dem Auto nach dem sieben Kilometer entfernten kleinen Dorf Begin. Schon am Vormittag ist Genossen S. von einem Zentrumsmann aus Begin mitgeteilt worden, daß die Pezziner nationalsozialistischen SA.- Leute aus der ganzen Gegend zusammenziehen wollten, offenbar um unsere Versammlung zu sprengen. Wir haben 25 Reichsbannerkameraden im Lastauto vorausgeschickt. Die SA. erwartet uns in doppelter Stärke.
Um halb neun Uhr beginnt die Versammlung. Nationalsozia listische Zwischenrufe zwingen mich zu stärkerer Aggressi pität. Ich beleuchte den eindeutigen tapitalistischen, antisozialistischen Charakter der NSDAP . Ich breite das bekannte Tatsachenmaterial über die nationalsozialistischen Führer aus: die Herren Münchmeyer, Röhm, Frid, Kube, Goebbels erscheinen vor der Versammlung im wahren Licht. Tumult jetzt ein; wir verweisen die Hauptzwischenrufer aus dem Ich kann Saal; ihnen schließen sich die gesamten SA.- Leute an. meine Rede in Ruhe beenden; dennoch zeigen gelegentliche Zwischenrufe, daß einige nationalsozialistische Horchposten im Saale ver= blieben sind. Es meldet sich auch ein Nationalsozialist zur Disfussion. Wir gewähren ihm zehn Minuten Redezeit. Er bezeichnet fordert, nachdem er geendet hat, alle deutsch denkenden meine Behauptungen als ängstliche System- Lügen" und Versammlungsteilnehmer auf, mit ihm den Saal zu ver
lassen. Es sind aber dann nicht mehr als er und vier seiner Spießgefellen, die fortgehen. Genosse S. rechnet in seinem SchlußDann schließen wir die Versammlung.
Ob diese Erklärung als national gelten fönne? Mein junges Fräulein schwieg... Ich greife in mein Referentenmaterial und lese ihr dann zum Vergleich folgende Säge vor, die August Bebel am 7. März 1904 im Reichstag gesprochen hat:„ Meine Herren! Sie können fünftig feinen siegreichen Krieg ohne uns schlagen. Wenn Sie siegen, siegen Sie mit uns und nicht gegen uns. Ohne unsere Hilfe können Sie nicht mehr auskommen. Ich sage wort mit dem nationalsozialistischen Diskussionsredner scharf ab. noch mehr: Wir haben sogar das allergrößte Interesse, wenn wir in einen Krieg gezerrt werden sollten ich nehme an, daß die deutsche Politik so sorgfältig geleitet wird, daß sie selbst feinen Grund gibt, einen Krieg hervorzurufen aber wenn der Krieg ein Angriffskrieg werden sollte, ein Krieg, in dem es sich um die Eristenz Deutschlands handeln sollte, dann ich gebe Ihnen mein find wir bis zum letzten Mann und selbst die Aeltesten unter uns bereit, die Flinte auf die Schulter zu nehmen, um unseren deutschen Boden, um dieses unser Vaterland, unser Het matland, das so gut unser Vaterland, vielleicht noch mehr als Ihr Vaterland ist, so zu gestalten, daß es eine Freude ist, in ihm zu leben auch für den letzten unter uns!"
Wort
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T
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Bebels Worte verfehlten thre Wirkung nicht. Unser Gespräch war in der politischen Sphäre zu einem Ende gekommen. Wir sprachen jetzt von den neuesten Filmen und von den Fahrpreisen der Eisenbahn, die auch für nationalsozialistische Studentinnen von der Republik ermäßigt worden sind...
2. Frau W., meine Wirtin.
Mein Rieseziel ist Flatow. Flatow ist eine Kreisstadt mit 7000 Einwohnern. Ich werde hier bis zum 23. April meinen Standort haben; alle Versammlungen werden von hier aus organisiert. Genosse S., der Vorsitzende unserer Ortsgruppe in Flatom, bringt
Draußen erwarten uns die faschistischen Helden. Es bleibt je= doch vorläufig bei mehr oder minder harmlosen Sticheleien. Unsere Reichsbannerbegleitung fährt ab; unser Auto läuft aber nicht an. Jezt erwacht das nationalsozialistische Heldentum. Genosse S. und ich sitzen im geschlossenen Auto, um uns 50 johlende GA.- Leute; die beiden Landjäger halten sich zurück. Genosse S. schlägt vor, die sieben Kilometer zu laufen. Unmöglich; sofort umschließen uns die SA.- Burschen wie eine Mauer. Jetzt endlich läuft das Auto an. Beim Einsteigen beziehen wir schnell noch einige Büffe und Hiebe und fahren los.
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Das also sind die Erneuerer Deutschlands ", die mehrlose politische Gegner erst dann bedrohen und angreifen, wenn sie fünfzigmal stärker sind. Kaum einer dieser Burschen mar älter als zwanzig Jahre; und doch habe ich leider den deprimierenden Eindrud empfangen, daß das Gift der politischen Verhegung so tief in diese jungen Menschen eingedrungen ist, daß hier jede geistige Aufklärung auf Granit stößt.
Es ist zu hoffen, daß das Berbot der S2. und SS., von dem ich einen Tag nach der Versammlung erfahre, wirksam dazu beitragen wird, die politischen Zustände in Deutschland in Bälde zu reinigen...