Nr. 180 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Der
Sonntag, 17. April 1932
Gemüse seauf..
Westla
Wer mit seinem Gemüse einen guten Preis erzielen will, muß frühzeitig auf dem Markt sein. Das heißt nicht frühmorgens um 3 Uhr, sondern früh in der Jahreszeit. Es geht bei den großen Frühgemüse- Gärtnereien um einen gehörigen Batzen Geld, wenn sie erst Anfang März mit den Treibhausgurken auf den Markt kommen, statt Ende Februar, wie die Konkurrenz. Denn wer zuerst auf dem Markt ist, kommt in den Genuß der lohnenden Spitzenpreise. In diesem Wettlauf Sieger zu sein und Spitzenpreise zu erzielen, ist immer der große Wunsch eines jeden Gärtners. Wer im August mit Tomaten in die Berliner Zentralmarkthalle kommt, muß froh sein, wenn er 10 Mark für den Zentner erhält; ein karger Lohn für schwere Mühe. Jezt wäre das etwas anderes. Jetzt notieren kanarische Tomaten mit 35 Mark pro Kilo und in etwa vier Wochen wird dann der Großangriff der deutschen Treibhaustomaten auf den Gemüsemarkt beginnen. Gegenwärtig, Mitte April, werden zum Beispiel Erdbeeren nicht einmal nach Gewicht verkauft. Da machen die Treibhausgärtnereien kleine Körbchen zurecht, vielleicht zehn, zwölf Erdbeeren liegen drin und erzielen dafür einen Preis von 1,20 Mark. Oder wer vor kurzem noch frische grüne Bohnen zu verkaufen hatte, bekam vier blanke Markstücke für ein einziges Pfund. Das klingt fast unglaublich, aber die Gärtner schmunzeln und meinen, es gäbe noch genug Leute, die sich Frischgemüse zu jeder Jahreszeit leisten können. An einem Tage haben die grünen Bohnen sogar 5 Mark das Pfund gekostet. Die Hauptsache ist, nicht während der Gemüseschwemme in der Saison auf den Markt kommen. Da ist es dann beim Obst genau so wie beim Gemüse.
Kirschen oder Spargel?
wird darüber eingehend berichtet( Märzheft 1932). Man hielt im Kühlraum die Temperatur zwischen 0 und 2 Grad Celsius; unter Bir berichteten dieser Tage über die Verhältnisse in Caputs.| 0 Grad wären Frostschäden aufgetreten, über 2 Grad bereits Wie dort versucht wird, die arbeitslosen Handwerker umzuschulen Schimmelbildung, da die Kühlraumluft außerordentlich feucht ist. und aus ihnen Obstzüchter zu machen. Zwischen Caputh , Ferch und Es murde nur ganz frische Ware, gesund und unbeschädigt, spätestens Beelitz ist der stille Traum der Arbeitslosen auf die Spargelplantage 24 Stunden nach der Ernte eingelagert. Dabei fam nur Spargel gerichtet. Fragt man dann: Sagt mal, was foftet es eigentlich, mit jungen festen weißen Köpfen einwandfrei über die vierzigtägige einen Morgen Spargel anzulegen?" dann lassen die Arbeitslosen den Lagerfrist. Ais Verpackungsmaterial wurde alles Mögliche versucht: Kopf hängen und meinen 3000 Mar f. Für nur einen Morgen. offen unverpadt in feuchten Sand gebettet, in Torfmull, in KorkUnd man fühlt, wie wohl nichts anderes übrig bleiben wird, als schrot, in Bergamentpapier, in Delpapier und in Cellophan- Wetterbei den Kirschen und den Stachelbeeren zu bleiben. Ein Morgen fest.( Gewöhnliches Cellophan genügt nicht, es wird unter dem Spargelland braucht drei Coren Dung, und drei Loren Dung foften Einfluß der feuchten Kühlhausluft feucht.) Die Ergebnisse mit 600 Mark. Dann kommen die Spargelpflanzen, rund 10 000 Stüc Cellophan waren die weitaus besten, nur noch die Delpapierauf den Morgen, und das schlimmste ist, daß Spargel erst im vierten padungen hielten sich einigermaßen zum Cellophan. Die GesamtJahre trägt. Im ersten Jahre ist nichts, im zweiten Jahre auch kosten für die zweimonatige Kühllagerung eines Zentners Spargel nichts, im dritten Jahre fann man zum erstenmal den dünnen betrugen 6,45 Mart, wobei die Cellophanpackung noch den Vorteil Suppenspargel schneiden, der natürlich feinen Breis erzielt. Allerhat, daß sie gleich dem Kunden gegeben werden kann, während man dings, wenn die Spargelanlage einmal da ist und es mird fein das unansehnliche Delpapier erft umpaden müßte:: Raubbau mit ihr getrieben, dann hält sie auch reichlich 15 Jahre. Dazu kommt, daß die Spargelpreise immer noch locken. Im vorigen Krisenjahr noch haben die Caputher für ihren furzen dicken, besonders hochwertigen Spargel 60 bis 80 Pf. pro Pfund erzielt, und die großen Hotels fonnten gar nicht genug bekommen. So etwas verbreitet sich mit Windeseile durch die deutschen Gaue, und es wird mit dem Spargel wie mit den Schweinen gehen: durch ein Riesenangebot auf den Märkten werden die Spargelpreise ganz beträchtlich sinken. Immer noch wächst die Anbaufläche für Spargel, besonders vor zwei Jahren sind viele Spargelplantagen angelegt worden, und in den nächsten Jahren werden diese in vollem Umfange ihre Produkte auf den Markt werfen.
Andererseits ist es verständlich, wenn die Leute vom Obstbau los mollen. Hier ist die 1931er- Seite aus dem Wirtschaftsbuch eines Caputher Handwerkers, der nebenberuflich einen guten Morgen Obstland hat. Er verkaufte:
am 11. Juni
4
120 Pfund Stachelbeeren
Johannisbeeren
"
Knupper
für 12,60 m.
11.
20
97
P
Kirschen.
9
"
20.
60
"
"
"
Stachelbeeren
2
"
5,60 6,-
" P
"
20.
40
"
P
"
Kirschen.
"
8,80
7F
23.
6
Erdbeeren.
1,35
IM
P
"
"
" P
26.
29
"
Stachelbeeren
2,90
"
1. Juli
10
2
"
Knupper
2,20
"
1.
20
3,20
"
34
"
"
4.
20
2,20
"
AP
"
4.
10
2,80
Ab
"
"
9.
9
Natten
3,15
TOP
"
3
み
17
9.
"
"
30
"
18.
49
"
"
"
"
18.
10
"
"
18.
10
ST
M
Johannisbeeren..
braune Stachelbeeren faure Kirschen
3,-
"
TOP
"
4,-
1,20
27
2,-
9
25.
10
"
"
"
25.
10
SP
"
"
27. Oftober
100
"
4. November 100
"
"
0"
2, P
"
•
"
"
1,60 18,- 15,-
99
"
zusammen 97,40 m.
Als nun im Vorjahr die Spargelsaison zu Johanni zu Ende war, wurde plötzlich den Großhändlern der Berliner Zentralmarkthalle Kühlspargel angeboten. Die Händler staunten anfangs und trauten ihren Augen nicht, dann begannen sie den Spargel zu verkaufen und erzielten 40 bis 55 Mark pro Zentner. 30 Mark hatte seinerzeit der Einkaufspreis für die Kühllagerung betragen. Die sehr eingehende Untersuchung kommt zu folgendem Schluß: Immerhin kann eine Kühllagerung von Spargel zumindest die Möglichkeit bieten, extreme Preisstürze, durch vorübergehendes Ueberangebot veranlaßt, aufzufangen und das Verlustrisiko des Verderbs durch Einkühlung nicht abzusetzender Mengen zu vermindern. Darüber hinaus erscheint es nicht ausgeschlossen, die Spargelsaison durch die Kühllagerung um mehrere Wochen zu verlängern."
Das Märchen von Klingenberg.
Eine für Berliner Begriffe phantastische Sache existiert allerdings in Lichtenberg . Dort liegt, jedem bekannt, am Spreeufer das Großkraftwerk Klingenberg. Klingenberg hat viel überschüssigen Dampf, den man nur in die Spree leiten könnte. Das wäre sehr schade, und deshalb hat man in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks Treibhäuser errichtet. Die gesamte Anlage erstreckt sich über 10 000 Quadratmeter, das sind immerhin vier preußische Morgen. Die Treibhäuser werden je zur Hälfte für Gurten und Tomatenzucht benugt. Dazu kommen noch eine große Halle und Anzuchthäuser. Der erste Blick in die Anlage ist ver
Riesige Kopfsalathalle im Oderbruch.
blüffend. Von der Decke der Halle hängt Wein, große dicke Weintrauben. Die grünen Bohnen sind bereits abgeerntet. Rechterhand liegen die Gurkenhäuser, linkerhand die Tomatenhäuser. Während von der Spree noch ein scharfer Wind herüberpustet, ist es in den Gurkenhäusern mollig warm, dazu zirpen lustig die Grillen das ist Tatsache, und sonder Zahl baumeln die Gurken herunter. Unten am Boden wächst Kohlrabi. Wenn man dann drüben die Tomaten sieht, schweigt man still, anderthals Meter hoch sind die Pflanzen, an starken Manilahanfseilen ranken fie empor, in vier Wochen wird es die ersten Tomaten geben. Gurken liefert Klingenberg bereits seit Ende Februar in die Berliner Zentralmarkthalle.
Aber das ist alles noch gar nichts gegenüber den Erdbeeren. In einer Halle stehen neben Blumen auf langen Brettern lauter Töpfe mit Erdbeeren. In jedem Topf stedt eine Pflanze, und auf der Blumenerde liegen groß und schwer die Erdbeeren. Sie sind schon leicht rot. Kleine Kinder werden nicht so behutsam behandelt wie diese Erdbeeren, nachts erhalten sie drei Stunden Höhensonne. Die ganze Natur haben sie in Klingenberg auf den Kopf gestellt und den Winter zum Sommer gemacht; Petrus weint. Die ganze Sache ist übrigens nicht etwa eine Spielerei; an einem guten Erntetag werden in Klingenberg 2000 bis 3000 Gurken oder 20 bis 30 Zentner Tomaten geerntet und auf den Markt gebracht. In den Anzuchthallen werden 5000 Gurten-, 15 000 Tomaten- und 50 000 Kohlrabipflanzen gezüchtet und später ausgepflanzt.
Eins der Hauptversorgungsgebiete Berlins mit Gemüse ist übrigens das Oderbruch . Einen hervorragenden Anteil an der Erschließung des Oderbruchs als Gemüseland hat der Holländer van Spronsen, der hier 1906 die erste Treibhausanlage schuf. Jetzt dominiert im Oderbruch die Brandenburgische Frühgemüse- Zuchtund Berwertungs- Genossenschaft. Bon der Reichsbahnstation Gorgaff wurden 1930 nicht weniger als 2 000 000 Kilo Gemüse nach der Berliner Zentralmarkthalle verfrachtet. Dabei ist es bedauerlich, daß sich im Oderbruch wie überhaupt in der Grenzmark so viele Bauern für Hitler erklärt haben. Diese Machtstärkung der Reaktion bedeutet weitere Arbeitslosigkeit und verschärften Lohnabbau. Wenn die Gemüsebauern ihre Produkte gut verkaufen wollen, müssen die Arbeiter in der Stadt gut verdienen. Umgekehrt ist Arbeiternot Bauerntod. Die Sozialdemokratie wird jedenfalls auch die letzte Woche vor der Preußenmahl dazu benutzen, um ebenfalls im Oder bruch , und nicht nur dort, sondern überall auf dem Lande für Aufflärung zu sorgen.
Bei derartigen Preisen ist es kein Wunder, wenn die Leute Stöhnen und ächzen.
Der verlängerte Johannistag.
Der Spargel gehört zu den leichtverderblichsten Gemüsen und muß in einer nur sechs bis acht Wochen dauernden Saison verbraucht werden. Sobald die Hochslut der Spargelreife einfegt, etwa Ende Mai, purzeln die Preise jäh in die Tiefe. Nun sagt man, daß zu Johanni also am 24. Juni die Spargelsaison zu Ende ist. Nachdem gibt es feinen Spargel mehr. Wer nach Saisonschluß| Spargel auf den Markt brächte, könnte unter Umständen einen ganz| annehmbaren Preis erzielen. Darum sind im Vorjahr, ähnlich wie mit den Tomaten, Kühllagerungsversuche für Spargel angestellt worden. In den Blättern für landwirtschaftliche Marktforschung
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Plädoyers im van- Gogh- Prozeß.
Staatsanwalt beantragt 18 Monate Gefängnis.
Unter außerordentlich großem Andrang von Künstlern und interessiertem Kunstpublikum begannen gestern die Plädoyers im Wader Prozeß.
Staatsanwalt Rantat stellte zu Beginn seiner Rede fest, daß dieser Prozeß selbst für den, der jahrzehntelang in Moabit beschäftigt ist, etwas ganz Fremdartiges darstelle. Die Hauptrolle spielten in| der Verhandlung die zahlreichen Kunstsachverständigen. Es gab darunter solche, die an dem Ausgang des Prozesses interessiert find. Andere dagegen, die vollkommen unintereffiert waren, und gerade das Gutachten dieser zweiten Gruppe von Sachverständigen muß ausschlaggebend sein bei der Beurteilung der Echtheit oder der Unechtheit der Waderschen van Goghs. Diese zweite Gruppe der Sachverständigen ist an der Entscheidung der Frage über die Echtheit einerseits stilkritisch herangegangen, andererseits ausgerüstet mit den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden. Der Staatsanwalt fommt zu dem Ergebnis, daß sämtliche Waderschen
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van Goghs gefälscht sind, er wirft die Frage auf, mer meiß, von mem die Bilder herrühren könnten. Der Angeklagte hat sich trotz seiner Intelligenz bei der Bezeichnung der Quelle der in Moabit auch sonst üblichen Methode bedient. Er hat sich auf den großen Unbekannten berufen, diesen Unbekannten aber entsprechend dem zur Anklage stehenden Gegenstand und seiner seelischen Konstitution mit den erforderlichen Eigenschaften ausgestattet. Der Befizer der Bilder soll ein Russe sein, der ihn als Tänzer fennengelernt, in sein Herz geschlossen und ihm seinen kostbaren Schatz anvertraut hat. Das ist der Wunschtraum eines Jungen aus einem fleinbürgerlichen Hause. In Wirklichkeit kann der Ruffe nicht existieren. Wie sollte auch ein Kunstkenner zu einer Zeit, da der Markt noch ganz frei war, derartige nur wertlose Wiederholungen des großen Meisters zusammengekauft haben. Und weshalb hat er den Russen nicht getannt, als er sich von diesem betrogen sah und ihm sein Ehrenwort nicht zurückgegeben, obgleich er schon im Interesse der
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