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BERLIN Freitag 22. April 1932

Der Abend

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Nr. 189 B 95 49. Jahrgang

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Landesverrat ist Nazi- Prinzip

Graf von der Goltz bekräftigt Hitlers Lauenburger Erklärung

Die Nationalsozialistische Partei bekennt sich grund­säglich zum Landesverrat!

Aus den Dokumenten, die bei ihr beschlagnahmt worden sind, geht hervor, daß sie die Absicht hatte, im Fall eines Einmarsches der Polen ihre Anhänger von der Grenze zurück­zuziehen und sie im Innern für den Sturz des Systems" einzusetzen.

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Am 5. April hat Hitler in Lauenburg diese landes­verräterischen Pläne zu rechtfertigen versucht, indem er sagte: Wenn man seiner Partei vorwerfe, daß sie sich einstweilen weigere, die deutschen Grenzen zu schügen, so müsse er allerdings sagen, daß er seine Kämpfer nicht für das System opfern wolle. Er werde die Grenze er st dann schützen, wenn die Träger des gegenwärtigen Systems beseitigt wären.

Hitler hat dann, wie es seine Art ist, zu kneifen versucht und gegen den Ministerpräsidenten Otto Braun , der diese Dinge am 11. April im Sportpalast zur Sprache brachte, jowie gegen den verantwortlichen Redakteur des Vor­märts" einen Strafantrag in Aussicht gestellt. Inzwischen häufen sich die Beweise, daß die von Hitler vertretene Theorie des grundsäglichen Landesverrats in feiner Bartei die herrschende Lehre ist. So schreibt in dem national­sozialistischen Organ von Stettin , Die Diftatur" am 20. April der Nationalsozialist Dr. Graf von der Golg mörtlich das folgende:

Man hat uns angegriffen, weil wir in Aussicht ftellten, in der Stunde staatlicher Hilfsbedürftigkeit die politische Leitung des Staates uns erst anzusehen, der wir Bluthilfe leiften wollten, und ich selbst hatte Zweifel an der Richtigkeit solcher Ein­stellung. Diese Zweifel find gründlichst zerstreut.

Keine Hand soll sich erheben, wenn man uns von solcher Seite wünscht,

feine Faust auch nur einen Finger frümmen im Dienst solchen Systems, das uns wie einst anscheinend abwechselnd gebrau­chen und verfolgen will."

Das heißt doch ganz flipp und klar: Solange wir Nazis nicht die Macht haben, fönnen Franzosen, Polen , Tschechen usw. nach Deutschland einwandern und machen, was sie mollen uns fümmert das nicht.

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Die Nationalsozialistische Partei so ,, national" mie sozialistisch" ist damit gewissermaßen im dialektischen Umschlag von einem überhitzten Nationalismus bei der grundsätzlichen Kriegsdienst verweigerung und beim prinzipiellen Landesverrat angelangt. Gegen diese nun gar nicht mehr wegzuleugnende Ein­stellung der Nationalsozialistischen Partei ist bisher im ganzen ,, nationalen" Lager noch keine Stimme des Widerspruches laut geworden. Sind die Leute, die sich ,, national" nennen, alle Betrüger? Man muß sie dafür halten, wenn sie zu diesen Dingen noch länger schweigen!

Hitler- Schmuh.

Gemeinheiten und Lügen gegen Carl Severing . Als Wahlschwindel der letzten Stunde haben die Nationalsozia­listen eine Hetzbroschüre gegen Severing verbreitet, die zum Schmutzigsten gehört, was die Agitatoren des Herrn Hitler bisher geleistet haben. Die Broschüre greift Dinge auf, die schon im Jahre 1926 von der damaligen Bacmeister- Schmutzentrale behauptet wor den sind. Es handelt sich um ungeheuerliche Berzerrungen und Ver­fälschungen harmloser Dinge, gespickt mit glatten Lügen. Die Bro­schüre ist inzwischen beschlagnahmt worden.

Wie diese Anwürfe in ihrer Niedrigkeit schon damals selbst von der Rechtspresse eingeschätzt worden sind, geht daraus hervor, daß, als Genering aus dem Ministerium ausschied, der ,, Lokalanzeiger" ihm bescheinigte, daß er mit reinen Händen den Staatsdienst ver: lasse, zu dem er sich nicht gedrängt habe.

Die Persönlichkeit Severings liegt flar und offen vor aller Augen. Er ist fein politischer Abenteurer wie der Mann, der diesen

Schmi

Kreuger und die Kommunisten

Wer hat die Münzenberg - Presse finanziert?

stellt fest:

Seitdem wir aufgedeckt haben, daß Kreuger schwedi| Partei Kreuger Geld genommen hat. Sie ichen Kommunisten Geld gegeben hat, tobt die kommu­nistische Presse vor Wut über die Entlarvung der Kor­ruption der Kommunistenpresse in Schweden . Jede kom­munistische Richtung sucht die Schuld auf die andere zu

schieben.

nisten Kilboom der Brandler- Gruppe zugeschoben, um die offizielle KP. reinzuwaschen.

So hat die Berliner ,, Welt am Abend" den Kommu­

Darauf antwortet

Heute 6Uhr

Lustgarten

nun das Brandler- Organ ,, Arbeiterpolitik". Es sucht Kilboom zunächst mit der faulen Ausrede zu decken, es habe sich um eine normale Anleihe gehandelt. Dazu sagen wir:

1. Anleihen nimmt man im normalen Kreditverkehr bei Banten , nicht bei Unternehmern, die man öffent­lich als Todfeinde des Kommunismus bezeichnet.

2. Der Anleiheschwindel wird dadurch totgeschlagen, daß der informierte Kreuger- Direktor ausgesagt hat, daß es sich um Korruptionsgelder gehandelt hat, mit deren Rückzahlung niemals gerechnet wurde. Die ,, Arbeiterpolitik" aber enthüllt gleichzeitig, auch die Kommunistische

dan

offizielle

Hitler ausgepfiffen!

Er muß schleunigst Neidenburg verlassen!

Die nationalsozialistische Presse hat in ihren schleimigen Berichten über die Rundreise Hitlers durch Deutschland immer wieder be­hauptet, nirgends sei der Osaf" so großartig empfangen worden wie in Ostpreußen . Gestern aber ist ihm ausgerechnet in Ostpreußen in der Grenzstadt Neidenburg ein großes Malheur passiert.

Auf den Hauptstraßen und dem Marktplatz standen zu

Tausenden die Mitglieder der Eifernen Front, als

1. Eine Anleihe der genannten Art wurde auch von der kominterntreuen Richtung in Schweden ( Sillén Parten) in Höhe von 30 000 Kronen von einer der Kreuger- Gesellschaften aufgenommen, um ihre Druckerei zu finanzieren!

=

2. Derselbe Genosse Kilboom, den die ,, Welt am Abend" zur Zielscheibe ihrer schmutzigen Verleumdungen nimmt, hat im Jahre 1925 mit Wissen und Billigung der Instanzen der kommn­nistischen Internationale eine große Anleihe besorgt, mit der die, Welt am Abend ge gründet wurde.

Wir fragen: Ist die ,, Anleihe der genannten Art", die der offiziellen Kommunistenpartei Schwedens aus einer Kreuger- Gesellschaft zugeflossen ist, auch eine ,, An­leihe, mit deren Rückzahlung niemals gerechnet wurde?" Die ,, Welt am Abend" aber fragen wir:

von einer Kreuger- Gesellschaft gegeben? Wurde die von Kilboom besorgte Anleihe ebenfalls

Wurde auch für diese Anleihe bei Kreuger nicht auf Rückzahlung gerechnet?

W. a. A." bestreitet.

Die heutige Welt am Abend" bestreitet voller Wut die Ent­hüllungen des Brandierblattes, soweit sie sich auf die ,, W. a. 2." be­ziehen. Sie bestreitet, daß Kilboom eine Anleihe besorgt habe, sie bestreitet, daß überhaupt eine Anleihe für die ,, W. a. A." aufge­nommen wurde. Wir sind nun gespannt, Brandler auf dies Dementi antworten werden!

Kilboom und

Zu dumm gelogen!

Räubergeschichte über Franz Künstler.

Die Rote Fahne " bringt heute als Wahlschlager das Märchen, Genosse Künstler habe in einer internen Parteiversammlung das Verbot der KPD. empfohlen und angekündigt. Muß man wirklich noch sagen, daß dieser Wahlschlager nichts anderes als eine un­gewöhnlich tölpelhafte Erfindung ist?

Geld, nicht Gesinnung! Nazimethoden beim Flaggen.

Man schreibt uns: Ich habe wiederholt beobachtet, daß aus den Fenstern leerstehender Wohnungen Hakenkreuzfahnen und Plakate heraushängen. Wer flaggt da eigentlich? Der Hausbesitzer oder

Hitler mit seiner Autofavalkade erschien, Stürmische Zurufe: Nieder mit dem Arbeiterverräter, nieder mit Hitler!" empfingen ihn. And ebenso stürmisch wurde die Aufforderung ausgesprochen: Weiterfahren!" Hitler stellte sich im Auto auf und machte den Berfuch zu sprechen. Gegenüber den stürmischen Protest- wer sonst? Ich bin der Sache nachgegangen und habe jestgestellt, rufen der Massen kam er nicht zu Worte, sank vielmehr blaß in fein Auto zurück und verließ auf Geheiß der Polizei sofort die Stadt.

Die Nazis standen dieser Protestaktion vollkommen verwirrt gegenüber und zogen dann unter dem tiefen Eindruck der Niederlage des Ojafs ab. Große Empörung erregte in Neidenburg die Tatsache, daß auf den amtlichen Reichsbahngebäuden aus Anlaß der Hitlerversammlung Hatenkreuzfahnen aufgezogen waren. Die verantwortlichen Personen sind bereits feftgeft"

Anders in Ortelsburg : Hier ereignete f der skandalöje Fall, daß der Privatmann Hitler von dem Bürger. meister und zwei Stadträten der Stadt offiziell empfangen wurde. Eine Meldung, für die sich die preußische

Regierung befonders inferellieren mird.

daß die Nazis die Fenster leerstehender Wohnungen mieten, um daraus zu flaggen. Sie täuschen also Hatenfreuzge­sinnung bei Mietern vor, die nicht vorhanden sind. Was diese Flaggen bedeuten, ist ganz klar: Geld nicht Gesinnung!

Japanische Stadt eingeäschert.

Viele Menschenleben und 1300 Häuser vernichtet. Tokio , 22. April.

Durch ein Großfeuer wurden in mijn 1300 Häuser in Schutt und Asche gelegt. Wiele Menschen verbrannten und zahlreiche Versonen wurden verletzt. Der Schaden wird auf etwa sechs Mil­

lionen Mark besiffert.