Nr. 19449. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Reise nach dem Süden.
Es braucht nicht immer die Riviera zu sein, wenn man zum Reisen das Gute und Schöne billiger und näher hat. Ein Ausflug nach dem neuen Volkspark Mariendorf ist jedenfalls auch nicht zu unterschätzen. Jetzt im beginnenden Frühling gibt dieser Volkspark seine Premiere. Schöne Partien im beregten Gelände, mit kleinen Seen, mit Planschbecken und kleinem Tierpark. Berounderung erregt der künstliche Berg, dessen Spitze zu erklimmen für nicht geübte Bergsteiger Schwierigkeiten bereitet. Der Bezirk Tempelhof hat sich mit der Schaffung dieses Freigeländes sehr verdient gemacht; der Mariendorfer Volkspark soll für den Süden Berlins dasselbe merden wie der Volkspark Rehberge für den Norden.
Der See im neuen Volkspark Mariendorf .
Mutter Seidler.
Sklarek- Prozeß im Schlafzimmer einer Wahrsagerin.
Der Stlaret Prozeß wurde gestern an einer ungewöhnlichen Stätte verhandelt, nämlich in dem Schlafzimmer der Frau Seidler, im Hause Körnerstraße 5. Richter, Angeklagte und Verteidiger, etwa 30 Personen, drängten sich in dem engen Raum der bettlägerigen, 63 Jahre alten Frau, die den religiösen Eid mit besonderer Betonung leistete. Die Bernehmung der Wahrsagerin gestaltete sich äußerst interessant, da sie nicht nur von ihren Wahrträumen berichtete, sondern auch die Angeklagten, besonders die beschuldigten Beamten der städtischen Verwaltung, außerordentlich start belastete und die Dinge bestätigte, die sie in der Boruntersuchung dem Untersuchungsrichter mitgeteilt hat und auf denen zum größten Teil die Anklage basiert. Frau Seidler berichtet: Mar Sflaret habe ich durch Kriminalkommissar a. D. Grüß macher 1919 oder 1920 fennengelernt, der eine Auskunftei hatte. Er suchte mich auf und brachte eine Offerte. Ich legte meine Binde um und sagte om, was ich fab. Ich erklärte ihm:„ Sie müffen über das Tempelhofer Feld nach Neukölln gehen. Da werden Sie einen Herrn an einem kleinen Häuschen stehen sehen, der ist etwas, das ist nicht Brot, das ist nicht Brötchen. Fragen Sie diesen Herrn, an wen Sie sich wenden sollen." Dann sah ich die Offerte an, und sie war wirklich aus Neukölln. Mar befolgte auch meinen Rat und ging nach Neukölln. Da stand an einer Bude ein Herr und aß aus einer braunen Tüte Sch neden. Auf den ging Mar S. zu und fragte ihn, an wen er sich wegen der Geschäfte mit der Stadt wenden solle. Und da sagte dieser Herr: ,, Da bin ich ja zuständig." Es war nämlich Herr Kieburg, mit dem hat er dann Geschäfte gemacht." Wer Mar Sklaret war, wußte ich nicht. Er hatte mir nur gesagt, daß sie drei Brüder seien und ein Geschäft mit Textilwaren in der Wallstraße hatten. Was Textilwaren sind, wußte ich gar nicht. Vors.: Wie oft fam denn Mar Sklaret zu Ihnen? 3eugin: Er fam sehr oft. Willy Sflaref ist nie über meine Schwelle gekommen. Ich habe ihn nur zweimal gesehen. Ich war immer gegen ihn eingenommen, weil Mar fich immer darüber beklagte, daß seine beiden Brüder sich um nichts fümmerten und nur zur Rennbahn gingen. Auch Leo hat oft über seinen Bruder Willy geschimpft.
Max und Leo.
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Mag hat mir von seinen Geschäften immer Don A bis 3 erzählt. Einmal sprach ich auch mit ihm und da sagte ich: Ich sehe eine große Summe Geld, da ist aber ein alter Herr dabei." Bald darauf wurde die erste Million durch Herrn Bamberg gegeben. Dann fam Moriz Rosenthal , der hat drei Millionen gewährt. Wenn er Geld bekommen hatte, sagte Mar:„ Da geht so viel ab an Zinsen und Spesen, der kommt und der kommt und der kommt und will etwas haben", so daß ich noch meinte: Da wird ja vielleicht das Loch größer, als der Segen ist." Frau Seidler bekundete ferner, daß die Sklareks englisches Geld durch Vermittlung von Rosenthal bekommen follten, der ja die großen Wäschelieferungen hatte. Nachdem Rosenthal in England keinen Kredit bekommen hatte, sollte amerikanisches Geld gegeben werden. Leo und Willy Stlaret wollten ja auch mehrmals aus dem Geschäft raus und abgefunden werden. Vors.: Hat Leo Ihnen auch von den Geschäften erzählt? 3eugin: Jawohl. Er erzählte mir aber auch von seinem persönlichen Leben und bat, ich
möchte doch nichts Schlechtes von ihm denten, er möchte ja gerne zu Hause bleiben und solide sein. Einmal sagte er:„ Gestern haben fie mich wieder in der Nacht aus dem Bett geholt, und ich mußte mich mit ihnen besaufen."
Frau Seidler erzählte dann meiter, daß Leo Stlaret sie im August 1929, also furz vor dem Zusammenbruch, nach der Komman dantenstraße gebeten hätte, wo sie Willi Sklaret fennenlernen sollte. Leo sagte mir, Mag fügt wie immer, Sie sollen von Willi Sklaret erfahren, wie es wirklich ist. Willi fagte dann, als er ins Zimmer fam:„ Gnädige Frau, Sie sollen die Wahrheit hören. Es heißt immer, es kommt das Geld, womit wir unsere Verpflichtungen bei der Stadtbant abdecken können. Wenn dies Geld nicht kommt, stehen wir als die größten Lügner und Betrüger da. Bir behelfen uns schon lange Zeit mit Schecks. Wenn uns nicht bald geholfen wird, gehen wir faputt. Rosenthal verspricht immer, daß wir Geld bekommen sollen, aber es fommt nichts. Wenn wir das Geld nicht heranschaffen, find wir schlimmer als Barmat und ister und kommen ins Zuchthaus.( Bewegung.) Vor f.: Was hat Mag Sklarek denn dazu gesagt? 3eugin: Nichts; er hat den Mund zusammengekniffen und war treidebleich. Leo versuchte ihn noch zu beruhigen. Vors: Ist Leo Sklaret nicht zwei Tage vor der Verhaftung zu ihnen gekommen und hat gesagt: Jetzt ist es Zeit, etwas beiseite zu schaffen"? Leo bestreitet näm lich, daß er diese Aeußerung im Sinne einer Schädigung der Gläubiger gebraucht habe. Frau Seidler erklärte, daß sie die Worte Leo Sklareks damals nicht in diesem Sinne aufgefaßt habe.
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Frau Seidler als Hellseherin.
Dann gab es eine längere Debatte über die hellseherischen Fähigkeiten Frau Seidlers. Rechtsanwalt Dr. Pindar: Sie be haupten, daß Sie hellseherische Fähigkeiten haben. Zeugin: Ich behaupte von mir gar nichts. Die Menschen, Wissenschaftler und Aerzte, Professor Schrend- Nozing u. a. sagen es von mir. Frau Seidler schilderte dann einen Traum: Vor etwa drei Jahren träumte ich, ich sei auf einem großen Berg, und da standen Galgen, an denen sollten alle drei Sflarets aufgehängt werden. Eine Menge Staats. anwälte waren da, und es waren schon sechs oder sieben Schlingen gemacht. Da vereinigten sich alle Schlingen zu einer, und ich steckte meinen Kopf rein. Daraufhin wurden Feldloren mit Büchern angerollt, in denen Geld war, und damit wurde ihre Schuld abgedeckt. Wenige Monate vor ihrer Verhaftung im Juli 1929 hatte ich einen anderen Traum, da erschien mir meine tote Mutter, und ich sah dann plötzlich drei Jungen, die den Sklarets ähnlich maren, auf einer Schaukel. Sie schaufelten wie toll und fonnten sich vor Freude und Ausgelassenheit gar nicht lassen. Plötzlich stürzten alle drei herunter und fielen in ein großes Loch, in dem sie beschmutzt und zerrissen liegen blieben. Rechtsanwalt Dr. Bindar: zu Ihnen tamen viele hochgestellte Persönlichkeiten, um ihr Schicksal zu erfahren? 3eugin: Jawohl, Angehörige jedes Standes sind zu mir gekommen. Dr. Pindar: Haben Sie nicht auch während des Krieges mit dem Großen Hauptquartier in Verbindung gestanden? Zeugin: Darüber möchte ich schweigen. Das steht aber alles in den Akten.
Auf Fragen von Rechtsanwalt Dr. Puppe schilderte die Zeugin ferner, daß sie an Oberbürgermeister Boeß einen Brief mit einer
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Warum?
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Dienstag, 26. April 1932
Schilderung über die Verfehlungen Rieburgs geschrieben habe. Diesen Brief habe ihr Kieburg einige Tage später gezeigt und er flärt, daß er ihn durch Stadtrat Schüning erhalten habe. Die Stlarets feten auch durch Kieburg hereingelegt worden. Von dem Angeflagten Degner behauptete die Zeugin, daß er nach den Erzählungen von Mag und Leo Sklarek die Verträge mit der Stadt ausgearbeitet, und Beschwerden beim Bezirksamt Prenzlauer Berg beigelegt habe. Bon Schüning habe Leo erzählt, daß er sich regelmäßig Beträge abhole und immer nach Geld verlange, wie ein Kind nach der Flasche. Auch den Bürgermeister Schneider belastete die Zeugin. May Staref sei einmal gekommen und habe gesagt: ,, Heute ist mir das stärkste Ding meines Lebens passiert. Bürgermeister Schneider vom Bezirksamt Mitte wollte 5000 Mark für eine Hypother haben und hat mir einen Schuldschein ausgestellt." Sie habe zu ihm gesagt:„ Wenn er ein Ehrenmann ist, gibt er Ihnen das Geld auch ohne Schuldschein wieder. Zerreißen Sie den Schein und dann werden Sie es feststellen können. Ich war ganz empört, als ich hörte, daß Bürgermeister Schneider im Prozeß den Empfang der Summe abgestritten hat. Renngelder hätten Kohl, Hoffmann, Degner und Sakolofffi bekommen; Gäbel habe verschiedene Gegenstände erhalten und Mar habe sich oft bitter beflagt, daß Menschen in guter Stellung immer nur wegen des Geldes zu ihm kamen." Frau Seidler bestätigte auch den Zusammenhang zwischen den Zuwendungen und den pflichtwidrigen Handlungen Degners und Gäbels, erwähnte auch die Revisionen der Stadtbankbeamten und daß Mar darüber gesagt hatte:„ Wenn ernstlich nachgeprüft werde, könne ein Lehrjunge das ganze Gebäude umwerfen." Es sei ihr auch bekannt gewesen, daß Frau Hoffmann einen Pelz, Frau Schneider einen Blaufuchs und Frau Oberbürgermeister Boeß einen Pelz bekommen habe, der 4000 Mart fostete und der ihr mit 375 Mark berechnet worden war, die sie aber auch nicht bezahlte. Sehr erregt wurde die Zeugin, als Justizrat Werthauer, der Verteidiger des Bürgermeisters Schneider, ihr vorhielt, daß sie von den Stlarets wöchentlich 200 mart erhalten habe. Durch das Kreuzfeuer der von den Verteidigern an sie gerich Iteten Fragen wurde Frau Seidler sehr erschöpft. Die Anwälte verzichteten auf weitere Fragen und der Vorsitzende vertagte die Ber= handlung auf Mittwoch.
in
Vier tödliche Unfälle.
Ehepaar beim Ausflug getötet!
In den letzten 24 Stunden ereigneten sich in Berlin mehrere schwere Unfälle, bei denen vier Menschen den Iod gefunden haben.
An der Kreuzung Ronnendammallee und Gartenfelder Straße Siemensstadt prallte ein Motorrad mit einem Lastauto zu
fammen. Der Führer des Rades, ein 38 Jahre alter Tischer Mar Grüßbach aus der Feldstraße 14 in Spandau , und seine 35jährige Frau Emma, die im Beimagen saß, wurden aufs Straßenpflaster geschleudert, wo sie mit schweren inneren Berlegungen und Die Verunglückten Schädelbrüchen bewußtlos liegen blieben. wurden ins Spandauer Städtische Krankenhaus gebracht, wo sie bald nach ihrer Einlieferung starben. Die Leichen sind von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden.
Vor dem Hause Köttbusser Damm 89 wurde der 55jährige Dreher Hugo Fritsch e, Kottbusser Damm 6 wohnhaft, von einem Motorradfahrer erfaßt und zu Boden geschleudert. F. erlitt einen doppelten Schädelbruch, an dessen Folgen er im Urbanfrankenhaus gestorben ist.
Auf tragische Weise kam der 56 Jahre alte Werkmeister Paul Albrecht aus der Spaarstraße 23 ums Leben. A. ist bei den Ber liner Baustoffwerken in der Fröbelstraße 14 beschäftigt. Beim Ausladen von Brettern aus einer Lore rutschte Albrecht aus und schlug mit dem Hinterkopf so unglüdlich auf den Zementboden auf, daß er auf der Stelle getötet wurde.
Der rote Reiter von Fürstenwalde. Neuer Hochverratsprozeß.
Vor dem Reichsgericht begann ein hochverrats prozeß gegen den Obergefreiten Friz Engwicht somie weitere elf Personen, größtenteils Arbeiter und Angestellte aus Fürstenwalde, darunter den Magistratsbeamten Wilhelm Schulz. Die Angeklagten hatten eine geheime Organisation gegründet, die den 3wed verfolgte, die Reichswehr sowie die Polizei für tommunistische Ideen zu gewinnen. Der Obergefreite Engwicht hatte mit den anderen, vor allem mit Schulz, mehrere Zufammenkünfte, bei denen über die Zersetzungstätigkeit bei der Reichswehr gesprochen wurde. Im Falle des Mißlingens der Pläne sollte Engwicht die Möglichkeit verschafft werden, nach Rußland zu fliehen, wo man ihm angeblich einen neuen Betätigungskreis zugemiesen hätte. Zu der Verhandlung sind als Zeugen viele Reichswehrkameraden Engwichts geladen, an die sich die Angeklagten herangemacht hatten. Der Prozeß dürfte einige Tage dauern.
Unser alter Genoffe Franz Bunge, Charlottenburg , Rosinenstraße 4, der fürzlich feinen 70. Geburtstag begehen konnte, bittet uns, auf diesem Wege allen Gratulanten seinen herzlichsten Dan? zu übermitteln.
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Die Eroberung der Luft
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