Gerüchtemacherei. Irreführung durch die„Rote Zahne*. Die„Rote Fahne ", die gestern zur proletarischen Ein- heitsfront aufrief, bemüht sich heute bereits, durch die Verbreitung von Tatarennachrichten den Riß in der Arbeiterbewegung zu vertiefen. Sie schreibt nämlich: Die Sozialdemokratie rüstet zu einem neuen Schand- st r e ich. Sie will mit den Nationalsozialisten zusammen das Land- tagspräsidiuni besetzen. Wir erfahren aus bestimmter Quelle, daß die SPD. der Wahl eines Hakenkreuz-Landtagspräsidenten nichts in den Weg legen will, wenn ihr die Stelle des ersten Vizepräsidenten zugebilligt wird. Möchte die„Rote Fahne" einmal angeben, wer die „b e st i m m t e Quelle" i st, die diese Nachricht fabriziert hat? Noch hat überhaupt keine maßgebende sozial- demokratischeKörperschaft, am allerwenigsten die zur Entscheidung der Präsidentenfrage in erster Linie berufene neue Landtagsfraktion, getagt oder zu den Proble- men des Wahlausfalls Stellung genommen! Die Leser der heutigen Morgenausgabe des„Vorwärts" werden auch bemerkt haben, daß die Meinung der Sozialdemokratie zur Präsidentschaftsfrage ganz anders aussieht, als sie von der„Roten Fahne dargestellt wird.(Vgl. den Artikel:„Das Spiel um Preußen.") Vor allem aber dürfte die„Rote Fahne" sich daran er- innern, daß bisher lediglich das k o m m u n i st i s ch e Ver- halten im alten Landtag geeignet war, den Anschein zu erwecken, als ob die KPD. zwar nicht gerade der Wahl eines nationalsozialistischen Landtagspräsidenten, wohl aber der noch viel wichtigeren Wahl eines nationalsoziali st i- schenMini st erpräsidenten nichts in denWeg legen wolle. Die kommunistische Landtagsfraktion hat sich >n der letzten Sitzung des alten Landtages an der O b st r u k- t i o n der Rechtsparteien beteiligt, durch die die Aende- rung der Geschäftsordnung verhindert werden sollte. Wäre dies Obstruktionsmanöver geglückt, so wäre jetzt in der Tat die Bahn für die Wahl eines nationa- listischen Ministerpräsidenten frei. Wir wissen nicht, ob die Kommunisten inzwischen aus dem Ergebnis der Wahl gelernt haben. Die von der englischen „Daily Mail" gemeldete vernünftige Erklärung Ernst Thäl- manns, wonach die KPD. alles tun wolle, um ein« Macht- ergreifung der Faschisten zu verhindern, wird heute vom Zentralkomitee der KPD. in der„Roten Fahne" als „erfunden" dementiert. Das Zentralkomitee erklärt statt dessen: Die Entscheidung über das Verholten der Kommunisten zu be- stimmten Fragen im Preußischen Landtag wird das Zentralkomitee der KPD. im Einvernehmen mit der preußischen Landtagsfraktion zu gegebener Zeit herbeiführen. Wie überall bei ihren Eni- jcheidungen wird sich die KPD. auch im Preußischen Landtag ledig- lich vom Interesse des proletarischen Klassen- k a m p f e s leiten lassen. Diese Erklärung ist ziemlich nichtssagend und läßt nach allen Richtungen Türen offen. Sollten die Worte„vom Interesse des proletarischen Klassenkampfes" so zu verstehen sein, daß sich die KPD. im kommenden Landtag nicht vom einseitigen kommunistischen Parteiinter- esse, sondern vom proletarischen Gesamtinteresse leiten lassen will, so wäre das zu begrüßen. Aber das wird abzuwarten bleiben. Jedenfalls ergibt die Erklärung des Zentralkomitees, daß sich die Kommunistische Partei mst ihrer Entscheidung Zeit läßt. Um so weniger hat sie Anlaß, die Sozialdemokratie, deren Beschlüsse gleichfalls noch nicht gefaßt worden sind, durch gänzlich aus den Fingern gesogene Nach- richten zu verdächtigen._ Redakiionswechsel bei der„Germania ". papen seht den Chefredakteur hinaus! Der Chefredakteur der„Germania ", Dr. Buhla, ist aus Beschluß des Aussichtsrates bis auf weiteres beurlaubt worden und wird Ende 1932 mit Ablauf seines Vertrages endgültig aus der Redaktion ausscheiden. Vorsitzender des Aufsichtsrats der„Germania " iftoonPapen, der seit Iahren versucht, das Zentrum zu einem Bundes- genassen der Rechten zu machen. Dr. Buhla gehört zum engeren Kreise Dr. Brünings.
Berufsbeamte vom„Dritten Dtoich." Cine gestürzte Nazigröße Glogqu, 27. April. (Eigenbericht.) Das Erweiterte Schöffengericht Glogau verhandelte gegen den Steuerassistenten und Standartenführer der Nazis für Nordschlesien, Artur Kastner aus Glogau , wegen Amts- Unterschlagung und Urkundenfälschung. Der Angeklagte war als Vollziehungsbeamter des Finanzamtes lötig und verbrauchte mehr, als sein Einkommen ausmachte, bc- sonders war er auch ein beliebter Gast der Nachtlokale. Oberregie- rungsrat Saupe vom Finanzamt bekundete, daß Kastner zu den- jenigen Beamten gehörte, die es mit der Amtspflicht nicht besonders ernst nahmen. Kleine Gewerbetreibende und Land- wirte hat Kästner um ganz erhebliche Steuergelder betrogen, trotz- dem er als Beamter neben seinem Gehalt von 279 M. noch monatlich bis 100 M. Spesen hatte. Auch auf besondere Unterstützung?- gesuche erhielt er so nebenbei noch 770 M. vom„System", das er so sehr bekämpfte. Selbstverständlich war der Herr Standarten- sichrer„verschüttet", auch die Gasvergiftung durfte nicht fehlen, um leine Tot ins milde Licht zu setzen! Das Urteil lautete auf neun Monate Gefängnis! Das„Berussbeamtentum des Dritten Reiches" zeitigt schon jetzt die wunderschönsten Blüten. Was soll da erst werden, wenn einmal die Zeit der Fruchtreife kommen sollte?
S Millionen Arbeiislose in LlGA. Gewerkschaftsleitung fordert Fünftagewoche. R- w Y o r k. 27. April. Räch Mitteilungen des Vorsitzenden des ameritani fchen Allgemeinen Arbeiterverbandes, Green, hat dir Zahl der Arbeitslosen in den Bereinigten Staaten 7»ftv 000 erreicht. Green empfiehlt die Einführung der fünftätigeu Arbeitswoche, um eine Milderung des j Massenelends herbeizuführen.
Wieviel Berliner mögen wissen, daß auf den Straßen Berlins nicht weniger als SO verschiedene Sorten Pflaster vor- handen sind? Daß es so viele Arten von Pflaster in Berlin gibt, erfuhr man bei einer Presserundfahrt, die das Tiesbauamt dieser Tage veranstaltete. Den Anlaß zu dieser Besichtigung des Berliner Pflasters gab eine mit viel Druckerschwärze, aber recht wenig Sachkenntnis ge- führte Polemik in einem Teil der Berliner Press«, in der durchaus den Bürgern weisgemacht werden sollte, daß der Magistrat auch in Zukunft den so arg gelästerten„R u t s ch a s p h a l t" beibehalten will. Wie Stadtbaurat Hahn bei der Rundfahrt behauptete, und wie er oft genug unter Beweis stellen konnte, ist der Magistrat schon seit vielen Iahren dabei, das Berliner Asphaltpflafter, das sich wirt- schaftlich seit 60 Jahren von allen Pflasterarbeiten am besten be- währt hat, das aber jetzt bei dem gesteigerten Automobilverkehr besonders nach Regenfällen und noch dem Sprengen sehr glatt wird. durch Rauhasphalt zu ersetzen. Dieser Rauhasphalt ist eine Wissenschaft für sich. Was es da für viele Arten gibt und auch auf wieviele Arten man Rauhasphalt herstellen kann, das grenzt ans Unglaubliche. Die Stadt Berlin hat den alten Asphalt an vielen Stellen mit einer Teer-Asphaltschicht, der kleingeschlagenes hartes Gestein, sogenannter Splitt, beigesetzt ist. versehen lassen. Das ist ein immerhin kostspieliges Unternehmen gewesen, denn der Quadratmeter kostete der Stadt etwa l,40 M. und gehalten hat dieser Auftrag in Straßen mit starkem Verkehr höchstens zwei bis drei Jahre. Dann war er bis auf wenige Reste abgefahren. Man hat aber auch Straßen, die ganz neu gepflastert werden mußten, mit einein Asphalt belegt, dem von Anfang an Steinsplitt beigesetzt war. Da? ist natürlich das Allerbeste, denn da gibt es keine Auflogs, die abgefahren werden kann, weil der
Splitt gleichmäßig durch die ganze Asphaltdecke geht. Wo es nötig ist, wird bei Neupflasterungen dieser Rauhasphalt verwandt: nun aber alle Asphaltslraßen Berlins mit einem Male aufzureißen und mit diesem neuen, nicht glattwer-denden Straßenbelag zu versehen, so wie es die Automobilisten gern haben möchten, das geht bei der mehr als prekären Finanzlage der Stadt natürlich nicht Am besten bewährt hat sich, wie Stadtbaurat Hahn bewies, das söge- nannte B r e s l a u e r P f l a st e r. Es besteht aus ziemlich großen Pflastersteinen aus schlesischem Granit, die, aus einer gehörigen Unterlage verlegt und mit Asphalt in den Fugen ausgegossen, ein schwer glattwerdendes Pflaster mit mindestens 2Sjähriger Lebens- dauer abgibt. Reparaturen sind bei diesem Pflaster, wie auch bei Rauhasphalt sehr kostspielig, aber auch selten nötig. Bei der sehr instruktiven Rundfahrt ergab sich etwa folgende?: Ein Pflaster, das absoluten Schutz gegen das Rutschen der Auto- mobile bietet, gibt es nicht. Jedes Pflaster, auch Rauhasphalt und Steinpflaster, wird bei starker Benutzung durch Automobile eine Oel- und Fettschicht ansetzen, die in Verbindung mit Waffer die Räder der Automobile und anderer Fahrzeuge zum Rutschen bringt. Man kann die Rutschgefahr natürlich herabmindern durch Ver- legung von Pflasterarten, die an sich rauher sind wie der alte Asphalt, den wir seit 60 Jahren auf den Berliner Straßen zu liegen haben. Nur werden sich die Berliner Automobilsahrer eben noch einige Zeit gedulden müssen, bis man erstens die beste Pflasterart in jahrelanger Beobachtung herausgesunden hat. und zweitens die Stadt Berlin das nötige Geld hat, um eines schönen Tages alle Berliner Straßen mit Rauhasphalt versehen zu können. Jedenfalls. und das war der Tenor der Ausführungen von Stadtbaurat Hahn. denkt die Stadt seit Iahren nicht mehr daran,„Rutschasphalt" zu verlegen.
Neue Offensive Japans
Ostmarsch der Armee
Tem bestellten Hilferuf der sogenannten rnandschu- risrtzen Regierung folgt die neue Lffensive nach Norden und Lsten mit wohlvorbereiteter Tchnelligleit. Wie aus Eharbiu gemeldet wird, haben die Japaner gegen die irregulären Truppen, die in der Lst- und in der Nord- Mandschurei die neue mandschurische Regierung be- kämpfen, die umfangreichsten Operationen seit Beginn der chincsisch-japanischen Spannung im Dezember unternommen. Generalleutnant Hirose hat drei Brigaden gegen die Aufständischen entsandt, deren Zahl auf 20 000 geschätzt wird. Tie Brigade des Generalmajors Murai marschiert von Zmenpo auf Fangtscheng. Generalmajor Ioda marschiert ostwärts an der ostchinesischen Bahn, um sich der Brigade Murai anzuschließen. Generalmajor Nakamura fährt auf 22 Kanonenbooten, die von vier
mandschurigen Kanonenbooten begleitet werde«, de« Sungarifluß hinunter. Sowjetrustland wird dieser Annäherung der j«rpa- nischen Truppen an die russische Grenz« mit begreiflicher Erregung folgen. Waffenstillstand um(Schanghai . Internationale lleberwachung London . 27. April.(Eigenbericht.) Arn Dienstagabend ist es endlich gelungen, den Waffenstillstand vor Schanghai abzuschließen. Alle Feindseligkeiten sind einzustellen. Di« chinesischen Truppen dürfen nicht weiter vorrücken, und die Japaner sollen bis zu den internationalen Niederlassungen zurück- gehen. Eine gemischte Kommission soll die Durchführung überwachen.
Training
.Mal Herkören' In dem Llebungstursus, Training für Landtag" wird nicht mehr allein Pultdeckelllappern und Tuten geübt, sondern— für alle Fälle— in der letzten Äiertelstunde: regierungsfähiges Benehmen'"
Explosion in Großbrauerei. Ein Arbeiter getötet, zwei schwer verletzt. Dortmund , 27 April. Montag abend gegen 22 Uhr platzte im Kesselhaus der Dort, mundsr Aktienbrauerei ein Dampfleitungsrohr. Oer Wasserdampf aus diesem Rohr wurde tn die Feuerung eines in Betrieb befindlichen Dampfkessels gedrückt, vermischte sich dort mit Kohlenstaub, wodurch es zu einer Explosion in der Feuerungsanlagc kam. Die glühende Kohlen masse und der Wasserdampf wurden bei der Explosion aus den Feuerungstüren herausgepreßt und trafen drei Heizer, die lebensgefährliche Berbrennungen erlitten. Die schwer Verletzten wurden sofort in da» Hospital ge- bracht. Ein Heizer ist bereits seinen schweren Brandverletzungen erlegen. Auch bei den beiden anderen besteht wenig Hoffnung, sie am Leben zu erhalten.
Waidmannsheil im(Sklarek«prozeß. Willy ENarek schoß aus Versehen einen Hasen. Zu Beginn der Verhandlung im Sklarek-Prozeß überreichte der Vorsitzende den Prozeßbeteiligten eine List« mit weiteren 29 Zeugen, die auf Grund der Beweisanträge der Verteidigung geladen werden sollen. Unter ihnen befinden sich der deutschnationale Landlagsabge- ordnete Könnecke, der Kämmerer Lange, die Mitglieder des Union -Clubs Felix Graf».Bredow und Freiherr vonTepper- L a s k i, die über den Ruf der Sklareks beim Turf aussagen sollen, schließlich Staatsanwaltschaftsrat W a s m u n d. Als Zeuge wurde dann der Sklareksche Förster aus Waren, Ebner, gehört, der be- kündete, daß die Sklareks vonderIagdkeineAhnung hatten, die deshalb zunächst von Staatsanwalt Wasmund und Stadtbank. direktor Schmitt, der sich für einen großen Jäger hielt, betreut wurden. Willy Sklarek habe nur einmal einen Hasen geschossen, aber auch nur aus Versehen, Leo habe gar nicht geschossen, sei aber immer mit der Büchse herumgelaufen.(Heiterkeit.) Es gab dann eine Debatte über die Frage, ob Schmitt wirklich ein waid- gerechter Jäger sei, Schmitt hatte die Gehörne der von ihm erlegten Böcke mitgebracht, so daß aus dein Zeugentisch eine kleine Geweih- ausstellung veranstaltet wurde, der Förster erklärte aber, daß es schade um die Böcke gewesen sei, weil sie noch nicht schußreif und viel zu jung waren. „Zeppelin" wieder in Friedrichshofen. Friedrichshasen. 27. April. Das Luftschiff„Gras Zeppelin", das um 2.35 Uhr Bafel überflogen hatte, erschien um 3.S5 Uhr über dem Landungsplatz. Die Landung vollzog sich glatt um 5 Uhr. Die Fahrzeit bis zum ersten Erscheinen des Luftschiffes in Friedrichshafen betrug 96 Stunden 60 Minuten. An Bord befanden sich 14 Passagiere und 130 Kilo- gramm Post. Oer Wahttampf in Krankreich. 3600 Kandidaten für die Kammer. Pari», 27. April. (Eigenbericht.) Die Zahl der Kandidaten zu den Kammerwahlen beträgt nach Mb teilung de? Innenministeriums 3617 tzegen 373S bei den vorigen Wahlen. Den Rekord stellt der Wahlkreis St. G u r o n s auf, wo nicht weniger als 8S Kandidaturen angemeldet sind. Einstürzender Justizpaiaff. Paris , 27. April. (Eigenbericht.) Der Justizpalast von B a st i a auf Korsika wird völlig geräunit wccden. Nach den Feststellungen der Bausachverständigen droht auch ! der südlich« Teil des Gebäudes einzustürzen. Sämtliche Gerichts- ! oelhandlunyen wurden bis auf meitcres verlagt. Die Präfektur prüft � die Möglichkeit, das Gcrichi in einem anderen Gebäude unter- � zubringen. weller sür Berlin . Wolkig und am Tage etwas kühler, schwache Lusldeweaung, zeitweise etwas Regen. — Für Deutschland . In Südost-, Mittel- und Rordwestdeutschland etwas Regen, im übrigen Reiche heiter bis wolkig, in Norddeutschland etwas tiefere Tages- temperaturen.