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BERLIN  Freitag 29. April

1932

Der Abend

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10 Pt.

Jr. 201

B 101 49. Jahrgang

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Die Bombe von Schanghai  

Japanische Generäle schwer verletzt- Der Täter ein Koreaner

Schanghai  , 29. April.  ( Reuter.)

Während einer großen japanischen Truppenparade im Hongku- Park schleuderte ein Koreaner eine Bombe gegen den mittleren Teil der großen Tribüne. Die Explosion hatte verheerende Wirkungen. Der japanische Gesandte in China  , Schigemitsu, wurde lebens. gefährlich verletzt. General Uyeda, der die ersten militärischen Operationen Japans   in Schanghai   geleitet hatte, und General Schirakawa, der bei der Entsendung japanischer Verstärkungen im Februar statt seiner zum Oberbefehlshaber ernannt wurde, sind schwer ver­wundet worden. Auch der japanische Generalkonsul Murai ist schwerverletzt. Admiral Nomura wurde am Kopf verwundet.

Japanische Truppen haben sofort den Hongku- Park umstellt und tausende Zuschauer nach Waffen durchsucht.

Schließlich wurde

ein Mann festgenommen, von dem man glaubt, daß er den Anschlag ausgeführt hat. Außerdem wurden noch sieben Chinesen verhaftet.

Der schwerverlette General Schirakawa wurde im Kran fenhaus operiert. Der Zuschauermenge bemächtigte sich eine Panik, die Truppen hatten große Mühe, die Menge zu hindern, den Täter zu Ihnchen.

Dieser Zwischenfall, erklärt Reuter, ist geeignet, die Friedensaussichten im Fernen Osten zu verschlech tern, obwohl das Verbrechen von einem Koreaner begangen worden ist. Die Tat, die in Schanghai   gerade zu einer Zeit ausgeführt wurde, wo man auf den Ab­schluß eines Waffenstillstandes hoffen konnte, fann zu einer außerordentlichen Stärkung des mili. tärischen Geistes in Japan   führen und man fürchtet, daß diese Rückwirkung verhängnisvoll sein wird.

Der Täter.

Schanghai  , 29. April.

Der Attentäter ist der 25 Jahre alte Koreaner Jinho­fitfu. Die Truppenparade war zum Geburtstag des Kaisers veranstaltet. Alle Personen auf der Tribüne wurden durch den Luftdruck der Bombe zu Boden geworfen. Vor der Tribüne hatten mehrere hundert japanische Schüler Aufstellung genommen.

*

Die brutale japanische Fremdherrschaft in Korea   schließt zwar dort jede Auflehnung aus, ruft aber immer wieder Attentate von Koreanern in Japan   hervor. Japanisches Herrschaftsgebiet, in dem hochgestellte Staatsfunktionäre zu treffen sind, ist aber jetzt auch

Schanghai   und dort ist der jüngste dieser Anschläge erfolgt. Nüzen

können sie weder Korea   noch dem chinesischen   Volk.

Waffenstillstand gefährdet.

Tofio, 29. April. Wie verlautet, wird die Unterzeichnung des Waffenstill standsabkommens, die man für morgen erwartete, infolge des Attentats verschoben werden.

Rußland auf der Wacht.

Schanghai  , 29. April.  ( Times.)

Die Gegner der neuen mandschurischen Regierung scheinen den östlichen Teil der Ostbahn auf der Seite von Imienpo und auch den Abschnitt westlich der Hingan- Berge völlig in der Hand zu haben. Zwischen dem russischen Gebiet und diesen beiden Ab­schnitten der Eisenbahn herrscht ununterbrochener Verkehr. Die Ope­rationen der Japaner mit dem schweren Transportmaterial, die im Winter auf den zugefroreren Wegen leicht waren, beginnen jetzt, da Laumetter eingetreten ist und die Wege verschlammen immer schmieriger zu werden.

Die russischen Streitkräfte in Irkutsk   und östlich davon sollen neun Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen start sein, von denen nier Divisionen fürzlich aus dem eigentlichen Rußland   eingetroffen find.

Diese Streitkräfte bejizen mehr als 3 meihundert Flug­zeuge, die größtenteils bei Chabaromst stationiert sind. Die Streit macht an der westlichen Grenze ist geringer, fann aber mühelos aus bem mestlichen Sibirien   Verstärtungen erhalten..

SA. Mann: 15 Jahre Zuchthaus

Er hat zwei Menschen erschossen

Dortmund  , 29. April.  ( Eigenbericht.) Von dem Schwurgericht Dortmund   wurde der Nationalsozialistrik Albrecht wegen Mordes in zwei Fällen, des versuchten Mordes in einem Falle und des versuchten Totschlags in zwei Fällen zu einer Zucht­hausstrafe von 15 Jahren und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Der Antlage lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Naziversammlung in Höchsten bei Dortmund   wurde von na­tionalsozialistischer Seite ohne jeden Anlaß in eine Fußgängergruppe geschossen. Zwei unbeteiligte Personen wurden auf der Stelle ge= tötet, eine Person wurde schwer verletzt. 3wischen dem Täter und zwei Landjägern kam es kurz darauf zu einem Feuergefecht. Der Mörder konnte jedoch unter dem Schuße des herrschenden Nebels

Maikundgebung

fozialisten auf das Stahlhelm Heim in Güstrom berichten. Wir äußerten damals die Hoffnung, daß dieses Vor­tommnis ein bedauerlicher Einzelfall sei und bleibe. In dieser Hoffnung haben wir uns getäuscht. Wir mußten feststellen, da z es in der Zwischenzeit wiederholt zu leber­fällen von Angehörigen der NSDAP  . auf Stahl­helmkameraden tam. Dieser Tage hat sich schon wieder ein derartiger Vorfall ereignet.

Unser Kamerad Kurt Leideck von der Ortsgruppe Hinternah  ( L.-V. Mitteldeutschland  ) wurde auf der Heimfahrt von einer

Dier

Scharnhorst- Tagung in der Nähe von Erfurt   durch Leute, die sämtlich das NSDAP.- Abzeichen trugen, angegriffen und erheblich verlegt, so daß er seinen Weg nicht fortsetzen konnte. Kamerad Leideck erhielt neben anderen Verlegungen zwei Messerstiche in Brust und Arm.

Wir verzichten auf jeden Kommentar zu dieser neuen national­sozialistischen Heldentat."

Der Jung deutsche  " teilt die folgenden Nazitaten mit:

In Jena   fam es vor einigen Tagen auf dem Markt. platz zu einer schweren Schlägerei zwischen Jung deut­ schen   und Nationalsozialisten. Die Schlägerei murde in

am Sonntag, um 1 Uhr, im gemeinter Weise von seiten der Hitlerleute provo­

Lustgarten

entfliehen. Ein am Tatort verlorener Hut brachte die Spur auf den Nationalsozialisten Friz Albrecht, der bis zur letzten Stunde seine Täterschaft leugnete, aber durch Zeugenaussagen( etwa 70 3eu­gen wurden verhört, darunter viele SA.  - Leute) einwandfrei über­führt wurde.

Der Täter, ein früherer Fürsorgezögling, ist einige dukendmal vorbestraft, und zwar wiederholt wegen Beteiligung an nationalsozialistischen Mordtaten, deren vorlette ebenfalls zwei Arbeitern das Leben gekostet hat. Ferner wurde Albrecht über ein halbes dugendmal wegen Einbruchsdiebstahl abgeurteilt. Albrecht war zuerst Anarcho- Syndikalist, wechselte später zur KPD. über und landete schließlich in der SA.   bzw. NSDAP.  , wo er es bis zum Kassierer brachte.

Von nationalsozialistischen Zeugen wurde im Verlauf der Ver­handlung gegen Albrecht erklärt, daß ihnen bereits am Vortage von ihren Sturmführern gesagt worden sei, sie würden zur Verstärkung der örtlichen SA. mit Autos nach Höchsten gebracht, weil dort etwas los se i. Auch der angeblich ausgeschlossene Meuchel­mörder ist mit diesen Autos zum Tatort gefahren. Nach der Tat suchte und fand er Zuflucht in der Dortmunder   Nazikaserne. Den hier anwesenden SA.- Leuten erklärte er, daß er einige Mann über den Haufen geschossen habe.

Der Staatsanwalt führte in der Anklagerede aus: ,, Wenn man heute eine Tageszeitung aufschlägt, liest man auf jeder Seite von Totschlag, Raub, Erichießungen und dergleichen. Man könnte den Eindruck haben, als set man nicht in der Zeit des Kultur­aufstiegs und der Kulturblüte. sondern im Zeitalter des 30jährigen Krieges. Und warum in den meisten Fällen die Zusammenstöße? Weil der andere eine andere politische Auffassung hat als wer den Schießprügel hat. Der Feind" wird faltblütig gemordet, der eigene Volksgenosse, der uns Bruder sein sollte."

der

Erfahrungen mit Nazi- Rowdys. Stahlhelm und Jungdeutscher Orden   packen aus. Wir lesen im Bundesorgan des Stahlhelm unter Ueberschrift: Der Geist von Güstrom:

Zu Beginn dieses Jahres mußten wir an dieser Stelle über ben feigen und gemeinen Ueberfall von National

ziert. Die Jungdeutschen hatten bei der Schlägerei gegen eine drei bis vierfache Uebermacht zu kämpfen. Sie haben sich wacker geschlagen. Auf seiten der Nationalsozialisten gab es zwei Schmer­verletzte, von den Jungdeutschen wurden zwei leicht verletzt. Jeden­falls hat die Naziübermacht eine schwere Schlappe erlitten.

Eine üble lleberraschung erlebte die Ordensjugend Schöppenstedt, die ihr Landheim im Elm aufge brochen fand. Verschiedene Einrichtungsgegenstände waren zer­trümmert, Lebensmittel in den Dreck getreten, die Wasserbehälter in schmutzigster Weise verunreinigt. Gestohlen war einiges Hand­wertszeug und eine Zeltbahn. Tische und Bänke waren mit dem Hakenkreuz und der Inschrift Heil Hitler!" und Deutsch­ land   erwache!" verziert..

Im Jugendheim der Ordensjugend Schmalfal= den in Thüringen   wurden die Schränke, die Trommelpfeifen, Aften, Bibliothek und anderes enthielten, zweimal aufgebrochen. Nach dem das erstemal der Inhalt der Schränke nur durchsucht war, wurden zum zweiten Male ein Luftgewehr und außerdem ver­schiedene Akten gestohlen. Die Umstände lassen darauf schließen, daß politische Gründe bei der Tat maßgebend gewesen sind. Poli­

zeiliche Ermittlungen sind im Gange. Da hat das Rowdytum der Nationalsozialisten sich aus­getobt. Hitler   ist stolz darauf!

Der Buchdruckereikonflikt.

Die Nachverhandlungen ergebnislos. Gestern ist im Reichsarbeitsministerium unter Vorsitz des Re­gierungsrats Dr. Dobberstein über den Antrag der Unternehmer des Buchdruckereigewerbes verhandelt worden, den Schiedsspruch vom 16. April für verbindlich zu erklären. Dieser Schiedsspruch sieht, wie von uns bereits mitgeteilt, eine ganze Anzahl von Verschlechterungen des bisherigen Manteltarifvertrags der Buchdrucker vor, wie z. B. die Kürzung der Zuschläge für Schicht- und Sonntagsarbeit, der Lehrlingskost­geldjäge usw., vor allem aber eine Senkung des Urlaubslohnes um 30 Prozent. Die Bemühungen des Vertreters des Reichsarbeits­ministeriums, eine Verständigung zwischen den Parteien herbeizu­unternehmer. Die Entscheidung über den Antrag der Unter­führen, scheiterten an der Unnachgiebigkeit der nehmer auf Verbindlichkeiterklärung des Abbauschiedsspruches liegt nunmehr beim Reichsarbeitsminister.

Der Verband der Deutschen   Buchdrucker weist in der heute er­scheinenden Ausgabe des Korrespondent" seine Mitglieder darauf hin, daß bis zur Entscheidung des Reichsarbeitsministeriums der bisherige Tarifvertrag in arbeitsrechtlicher Nachwirkung unverändert Gültigkeit hat für jeden einzelnen Arbeits­vertrag. Das gleiche gelte auch für den zum 30. April gekündigten Lohntarif, über dessen Neuabschluß morgen, Sonnabend,