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Schassender odsr Raffender? Eine Lehre aus dem Kail Isar Kreuzer. In den nationalsoziakistlschen Traktätchen stößt man. so- rueit überhaupt zu Wirtschastsfragen Stellung genommen wird, immer wieder auf die schöne Formulierung: Für das schaffende, gegen das raffende Kapital! Forscht man nach einer Erklärung, so erfährt man. daß mit dem raffenden Kapital die Spekulanten, Schieber und Wucherer, meistens Juden, gemeint seien. Der schaffende germanische Kapitalist dagegen sei der Erzeuger wirklicher Werte. Kein Fall ist so geeignet, die klangmäßig ein- schmeichelnde Theorie vom schaffenden Kapital hier, vom raffenden Kapital dort so gründlich zu zerstören, wie der des Zündholzmagnaten Jvar Kreuger. Noch vor einem Jahre hätte jeder Nationalsozialist Jvar Kreuger unbedingt dem s ch a f s e n d e n Kapital zugezählt. Nicht nur seine Abstammung aus dem urgermanischen Volke der Schweden , nein auch die Tatsache gewaltiger, Zündhölzer fabrizierender Fabriken mußte Jvar Kreuger unbedingt zumSchaffenden" stempeln. Heule weiß jedermann, daß Jvar Kreuger ein B e- Irüger größten Stils gewesen ist. Ist das nun ein Ausnahmefall? Oder liegt der Fall Jvar Kreuger nicht ganz parallel den Fällen Nordwolle- Lahusen, Schultheiß- Katzenellenbogen, Frankfurter Lersicherungs A.-G. und schließlich dem viel zu rasch vergessenen Fall Hugo Stinnes ? Geht man auf die Geschichte dieser Fälle ein, so sieht man klar, daß irgendein erkennbarer oder nornrierbarer Unter- schied zwischen den Produzenten und dem S p e- kulanten nicht vorhanden ist, ja, daß im Einzelfalle kaum der Zeitpunkt bestimmt werden kann, zu dem aus der soliden Produltion eine schwindelhafte Spekulation wurde. Vielmehr erkennt man eine Art kapitalistisches Wirt- schaftsgesetz, wonach der Produzent von einer gewissen Größe der Produktion ab immer stärker in Versuchung gerät, zum Spekulanten zu werden, bis er dieser Ver- suchung unterliegt: statt der Produktion betreibt er die Transaktion und schließlich die S p e k u» lation. Schlägt die Spekulation fehl, so ist dann eine neue Versuchung da: die Versuchung zum B e t r u g, der wiederum ein großer Prozentsatz anheimfällt. Kapitalisten, die selbst bei größter Ausdehnung des Betriebes unentwegt Produ» zenten bleiben diese bilden nicht die Regel, sondern Aus- nahmen. Der amerikanische Automobilkönig Ford hat lange Zeit für eine solche gegolten. Ob er es heute noch ist, das wissen freilich die Götter. Gewiß hat der Fabrikant auf unterer und mittlerer Stufe vollauf tun mit der gewissenhaften Kalkulation der Produktionskosten, der Herstellungsmelhoden und der Preise. Je mehr er aber wächst, desto unangenehmer empfindet er seine Abhängigkeit von den großen Wirt- schaftskräften, desto stärker wächst in ihm der Trieb. diese Kräfte selber mitzubestimmen. Gleichzeitig tauchen vor seinem Auge Ziele auf, die weniger Wiptschaftzziele als M a ch t z i e l e sind: er will zunächst der Tonangebende, bald will er der Beherrscher seiner Branche sein. Er will unabhängig werden von seinen Rohstofflieferanten. Er will seinen Absatz selber regulieren, nicht durch einen ihm fremden Handel regulieren lassen. So steigert sich fein Drang nach Ausdehnung in der Tiefe und in die Breite. Die Konkurrenz muß niedergekämpft oder, wo dies nicht geht, durch Ankauf aufgesogen werden. Der Erwerb von Aktienmajoritäten wird jetzt zum lockenden Ziel. Bald fragt der brennende Ehrgeiz nicht mehr nach den Preisen. Aber leider fehlen die flüssi- gen Mittel, um Transaktionen großen Stils durchzu« führen. So gilt es denn, den bisher sorgfältig geschonten Bankkredit aufs äußerste anzuspannen. Das kostet Zinsen, teure Zinsen. Tut nichts, wenn die aufgekauften Aktienpakete im Kurse steigen, wird man alles abdecken. Wenn... Aber was ist das? Die Konjunktur schlägt um und die Aktien fallen. Durchhalten, durchhalten, nur nicht jetzt zu den niedrigen Preisen verkaufen! Aber die Kurse fallen welter. Kein Wunder, wer hat denn beim Erwerb den Kursstand mit der wirklichen Rentabilität der Werke verglichen? Man hat einenKurswert" bezahlt, der nie dem inneren Wert entsprach. Langsam, aber unaufhaltsam tritt die Lüge zutage. Hätte man den Mut, sich die Lage einzugestehen, so müßte man längst Konkurs angemeldet haben. Konkurs? Um Gottes willen, noch ahnt kein Mensch etwas. Die Bilanz läßt sich schon so frisieren, daß niemand etwas bemerkt. Man hat zum Glück rechtzeitig einige Tochtergesellschaften gegründet, mit klingenden Namen, aber freilich ohne Ka- pital. Gegen die verschafft man sich fiktive(vorgetäuschte i Forderungen, das ergibt bestechende Aktivposten in der! Bilanz. B i l a n z f ä l s ch u n g? Aber nein doch! Die Wirt- schaftsdepression wird ja bald vorüber sein, dann hebt sich alles von selber, und niemand wird hinterher die kleine Not- lüge bemerken. Aber die Depression geht nicht vorüber. Sie geht nicht vorbei, weil nach diesem Rezept nicht nur der eine, sondern viele Hunderte von Kapitalisten gehandelt haben. Die Krise kann nicht vorübergehen, bis alle Luft- schlösser zerstört sind. Da hat man einen gewaltigen T r u st gegründet. Bei der Gründung hat natürlich jeder Fabrikant, der hineinging, darauf gesehen, daß er bei der Aktienvertei- lung nicht zu kurz kam. Und wenn Herr X. erfuhr, daß sein Nachbar für sein veraltetes Werk'20 Millionen Aktien be­anspruchte, so ging er hin und forderte 30 Millionen, bo hat man sich nach und nach eine runde Milliarde Aktienkapital herausgerechnet, die nie vorhanden gewesen ist. Das ist kein Märchen, sondern die traurige Wahrheit des größten deutschen Trusts, dessen Aktien heute an der Börse zwischen 10 und IS Proz. notieren! Die Krise weicht nicht. Finanzmanöver helfen nicht mehr. es hilft nur noch der glatte Betrug. Auf wie lange? Leßtes Ende: ein Pistolenschuß! Wie in Monaco . Das ist der Fall Kreuger. Die große Mehrzahl aber überlebt ihren Ruhm, erträgt die Schande der Anklagebank: Stinnes

Das kleine Mädchen mit den Gchwefelhölzern. (Ein Märchen frei nach Andersen.)

Das kleine Bettlermädchen Europa fror entsetzlich und zündete sich ein Schwefelholz(Schwedeafabrikat) an.

Da sah es in der Flamme einen prächtigen Mann entstehen, einen wahren Zündholzkönig!

And sah Paläste und Trusts, und der freundliche Mann im Zündholziichl reichte ihm eine fette Anleihe.

Da erlosch das Zündholz, der Mann zerplatzte und nichts blieb übrig als ein häßlicher Gestank von Schwefel.

Nachspiel zu Langewiesen . Bürgermeister Worch seines Amies enthoösn.

Weimar . SQ. April. Durch Beschluß des thürinzischen Ministerium» ist Bürger­meister Worch-Langewiesen. gegen den ein formelle» Disziplinar- verfahren mit dem Ziele der Dienstentlassung eingeleitet worden war, seines Amtes mit sofortiger Wirkung ent» doben worden. Für diesen Beschluß waren, wie verlautet, zu- nächst die jüngsten Vorkommnisse in Langewiesen bei der Auflösung der SA. und SS. in der Nacht zum 14. April maßgebend. E» be- stehen Bestimmungen, daß eine Hilfspolizei in keinem Falle zulässig i st. Hiergegen habe der Bürgermeister March in der genannten Nacht verstoßen, indem er mindesten» zwei Zivil- beamte bewaffnete und mit der Bewachung des Rathauses be- auftragte. Außerdem seien, wie weiter bekannt wird, noch andere dienstliche Beanstandungen für die Dienstentlassung Worch» maß- gebend gewesen. Ein Drittel der Bezüge de» Bürgermeister» wird nach gesetzlicher Vorschrift tinbehalten, um im Falle einer Ver- urtcilung sür die durch die Vertretung des Bürgermeister« sowie durch das Verfahren entstehenden Kosten verwendet zu werden.

Run hat man in der thüringischen Regierung doch noch ein Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Worch her- ausgerechnet! Warum? Weil er nach der etwas seltsamen Alarmierung durch das Kreisamt sich zwei Einwohner zu vorübergehender Unterstützung geholt hat! Das ist ein sehr

magerer Grund, und deshalb wird hinzugefügt, dgß noch andere Verfehlungen" vorliegen sollen, die aber schamhast verschwiegen werden. Wenn das Verhalten von Bürgermeister Worch Anlaß zu einem Disziplinarverfahren gibt müßte auch nicht d i e Art seiner Alarmierung durch das Kreisaint dazu Anlaß geben? Wenn in Langewiesen etwas von dem passiert märe, was die thüringische Regierung befürchtet hatte, als sie alar- Mieren ließ hätte dann Worch nicht für seine Umsicht ihren Dank verdient? Aus der Bagatelle von Langewiesen erwächst ein hochnotpeinliches Verfahren gegen einen Mann, der nur seiner Pflicht zu genügen glaubte. Es ist kein Zweifel: dies Verfahren ist nur zustande gekommen als Folge der ungeheuerlichen verlogenen Hetze in der Rechtspresse, die aus der Bagatelle von Langewiesen eine Affäre gegen das Reichsbanner machen zu können glaubte. Ohne diese Hetze wäre der Fall Langewiesen das geblieben, was er war: ein Bagatellfall von leicht komischem Anflug, wobei zu bemerken ist, daß die Komik in erster Linie zu Lasten der Alarmnachricht durch das Kreisamt geht! Unter diesen Umständen wird der Scheinwerfer der öffentlichen Kritik auf das kommende Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Worch gerichtet werden müssen.

junior, Lahusen, Katzenellenbogen. Zum Glück gibt es ja noch tüchtige Verteidiger und Schöffen, die auf sie hören. Aber das Private interessiert hier nicht, sondern das Typische. Das Typische ist der Machthunger des K a p i t a l i st e n, der quadratisch zur Größe seines Betriebes wächst, der ihn weit über seine Mittel hinausstreben läßt, der ihn zur Aufgabe seiner soliden Basis zwingt, der ihn aus einem Produzenten in einen Spekulanten umge- staltet. Kein Cinzelschicksal, sondern ein Gesetz. Es gibt keinen Unterschied zwischsn schaffendem und raffendem Kapital! Aber es gibt den Kapitalismus mit seinen eigenen Gesetzen!_ Einheiisfroni! Die Kommunisten von Itzehoe arbeiten für die Nazis. Itzehoe , 30. April. (Eigenbericht.) In Itzehoe , wo Sozialdemokraten und Kammunisten in der Stadtverordnetenversammlung die Mehrheit haben, weigerten sich die Kommunisten, bei einer Neuwahl des Bürgermeisters für einen sozialdemokratisäien Kandidaten zu stimmen. Die Weigerung erfolgte, obwohl sich die Sozialdemokratie im gegebenen Falle bereit erklärte, ihre Stimme für einen kommunistischen Beigeordneten ab- zugeben. Tie Nattonälsozialisten gerieten angesichts dieses Ver» rats der Kommunisten geradezu aus dem Häuschen. Sie erhofften durch die Adstinenzpolitik der KPD. einen Sieg ihres Kandidaten. Der Sozialdemokrane gelang es jedoch, durch geschickte Taktik dem bisherigen bürgerlichen Bürgermeister gegen den nationalsozialistischen Kandidaten zum Erfolg« zu helfen.

Klagges gegen Schulreform. Professor Jensen in den Ruhestand versetzt. vraunschweig. 30. Apnl- Der außerordentlich» Professor Jensen an der Technischen Hochschule ist zum l. August 1932 in den Ruhestand versetzt wpr- den. Professor Jensen wurde aus Grund seiner st ch u l r e so r m e- rischen Anschauungen und Aiechoden als Professor der Päd- agogik durch die vorige sozialdemokratische Regierung an die Tech- nische Hochschule Braunschweig berufen. Illegale GG.- Strafanzeige wegen Fortführung der verbotenen GG.« Organisation in Muncheu. Manchen. 30. Alstil. Wie die Polizei mitteilt, versammelten sich In einer GaststLtle in der Von-der-Tann-Straße Mitglieder der aufge l ö.ftc n nationalsozialistischen SS. Die Namen von 30-Teil­nehmern wurden festgestellt, der Führer, sowie weitere sieben'Per- sonen nach der Polizeidirektiön gebracht, wo sie vernommen wurichn. Gegen sämtliche Teilnehmer ist wegen Fortführung der verbotenen S S.> Ost g a n i sa t-i o n e n Strafanzeige erstattet worden. Mit dem Ausganz des Wahlkampfes beschäftigt sich auch die neueste Ausgabe des sozialistischen DiskussionsorgansDas Freie Wqrt" in einer Reihe von Aufsätzen und Zuschrifien aus. dem L.atld-'. Da» Heft ist besonders wertvoll für alle, die in der Organisation arbeiten und bereit sind, Fehlerquellen zu erkennen und beseitigen zu helfen.