Morgenausgabe
Nr. 206
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49. Jahrgang
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lich zweimal, Sonntags und Montags
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und im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Juustrierte Sonntagsbeilags
Bolf und Zeit".
Vorwärts
Berliner Volksblatt
Dienstag
3. Mai 1932
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Die etnipalt. Millimeterzetle 30 Bt. Reflamezeile 2. M Kleine An zeigen" das fettgedrudte Bort 20 Vf. izulässig zwei fettgedrudte Worte jedes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Millimeter. zeile 25 Pf. Familienanzeigen Milli meterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ab. lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!
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Selbst die Rechtskreise geben ihn zu.
Paris, 2. Mai. ( Eigenbericht.) Der Paris Soir" hat errechnet, daß die verschiedenen Parteien beim ersten Wahlgang folgende Mandate gewonnen bzw. verloren haben: Geminn: Verluft:
Sozialisten
Radikale
Republikanische Föderation
Unabhängige Republikaner
Linksrepublikaner
Katholische Demokraten
Unabhängige Radikale
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Wenn man die Parteien auf die gegenwärtige Mehrheit und Opposition verteilt, dann ergibt sich für die Regierungsmehrheit ein Berlust von drei Mandaten, für die Opposition ein Gewinn von neun Mandaten. Es handelt sich nun darum, diesen Gewinn und
die Erfolgsaussichten bei der Stichwahl dadurch zu sichern, daß die Linksparteien gegenseitig republikanische Disziplin" anwenden und gemeinsam für den Linkskandidaten stimmen, der am meisten Aussicht auf Erfolg hat. Dafür, daß dies von seiten der Radikalen und Sozialisten geschehen wird, liegen bereits Aeußerungen vor. Der radikale Führer Herriot erklärte einem Redakteur der Lyoner Zeitung Progrès", nachdem er seiner Freude über den sehr deutlichen Linksrud Ausdrud gegeben hatte, daß die radikale Barteileitung beschließen merde, was bei der Stichwahl geschehen. solle. Er könne daher noch nichts Bestimmtes sagen, aber es sei allgemein bekannt, daß er stets für die republikanische Disziplin" gewesen sei. Er werde sie, wie in der Vergangenheit, loyal und ehrlich vorschlagen. Auf jeden Fall fönne er sagen, daß Tardieu
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Tagung des Reichskabinetts.
Besprechung der Wirtschaftslage in Abwesenheit des Wirtschaftsministers.
Das Reichskabinett nahm am Montag einen Bericht des Reichskanzlers über deffen Genfer Berhandlungen entgegen und befaßte sich dann in Verbindung mit einer Generalaussprache über Deutschlands Wirtschaftslage mit dem Etatsentwurf. Der Reichswirtschaftsminister wohnte den Be
ratungen nicht bei.
Die Berhandlungen des kabinetts werden am Dienstagvormittag fortgefeht. Sie dürften mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Warschau dementiert energisch.
Warschau , 2. Mai. ( Eigenbericht.)
Die Meldung des Daily Expreß " über angebliche pol
nische Butschabsichten gegen Danzig wird nicht nur von den hiesigen offiziellen polnischen Stellen energisch dementiert, fie findet auch in denjenigen politischen Kreisen, die dem heutigen polnischen Regime besonders fritisch gegenüberstehen, feinen Glauben, Man ist hier überzeugt, daß man es mit einem Gegenschlag zu der Forderung nach Auflösung der nationalsozialisti= schen SA. und SG.- Staffeln im Gebiet der Freien Stadt Danzig zu tun hat. Der italienische Völkerbundskommissar in Dan zig soll aus faschistischen Sympathien die Auflösung der HitlerVerbände bisher in seiner Berichterstattung nach Genf als un= begründet hingestellt haben. Da er mit dieser Auffassung in Genf aber nicht mehr durchdringe, werde jetzt der hitlerfreundliche Teil der englischen Rechtspresse mit solchen Alarmmeldungen ins Feuer geführt.
Auch der Bölferbundsfommiffar dementiert.
Danzig , 2. Mai. ( Eigenbericht.) Der Hohe Kommissar Gravina dementiert auf das entschiedenste die Meldungen der englischen Presse, soweit sie auf seine Person und seine Tätigkeit als Völkerbundskommissar Bezug
nehmen.
Die polnische Botschaft veröffentlicht folgende Erklärung: Der polnische Botschafter sprach heute im Auswärtigen Amt vor, um die Aufmerksamkeit auf gewiffe beunruhigende Angaben über angebliche polnische aggressive Absichten auf den Freistaat Danzig zu lenken, die in Berichten, die von drei Londoner Zeitungen heute morgen veröffentlicht wurden, enthalten find. Diefe fenfatio.
durch seine Belforter Rede die Brücke zwischen sich und den Radifalen abgerissen habe.
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Bendlerstraße und Wilhelmstraße.
Die Presse der Bayerischen Volkspartei hat gestern einen Alarmschuß abgefeuert. Er soll die Aufmerksamkeit auf gewisse Vorgänge hinter den Kulissen lenken, die auf den Sturz der gegenwärtigen Reichsregierung und ihre Ersetzung durch eine reine Militärregierung hinzielen. Als Träger. derartiger Bestrebungen werden die Generäle von Schlei= cher und von Hammerstein genannt mit dem Hinzu fügen, daß sich der Stoß in erster Linie gegen den Reichs wehr - und Innenminister Groener richte.
Der Sozialist Frossard, der in parteitaftischen Fragen große Autorität befizt, hat auf eine Anfrage des Paris Midi" telephonisch geantwortet, daß die sozialistischen Kandidaten zugunsten der Rodikalen zurücktreten würden, die größere Aussicht auf Erfolg haben. Die Sozialisten würden auf diese Weise den Vorsprung der Radifalen, der beim ersten Wahlgang festzustellen fei, erhöhen. Heber diese Orientierung der neuen Kammer könne man sich nur freuen. Nach einer Mitteilung des Generalsekretariats der Radikalen Bartei befinden sich in 88 Bahlbezirken, in denen noch feine Entscheidung gefallen ist, die radikalen Kandidaten in sehr günstiger Bodie sition für die Stichwah 1. Wenn sich diese Berechnung am nächsten Sonntag als zutreffend herausstellen sollte, so würden die Radikalen mit etwa 150 Mann in die neue Kammer einziehen, was einem Gewinn von etwa 40 Mandaten entspräche.
Der deutliche Sieg der Linksparteien im ersten Wahl gang wird in negativer Form auch von dem Führer der Nationalisten, Louis Marin , zugegeben, der von Nancy an den Paris Soir" folgende Erklärung telephonisch übermittelt hat:
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Ich bedauere die für den Augenblid sehr große Blindheit der Mehrheit des franzöfifchen Boltes, sowohl vom Standpunkt der auswärtigen Lage wie von dem der Wirtschafts- und Finanze frise aus. Ich bedauere auch die Blindheit meiner Kollegen, die nicht die Notwendigkeit der Abschaffung des zweiten Wahlganges anerkannt haben. Die Stichwahlen, so wie wir fie jetzt durch führen, geben einen Beweis von der großen Verwirrung und zielen auf die unehrlichsten Handelsgeschäfte hin."
Wie groß auf der Rechten die Bestürzung über den Wahl ausgang ist, beweisen die Kommentare der nationalistischen Montag- Abendblätter.
nellen und höchst böswilligen Presseberichte sind Don Anfang bis zu Ende unwahr. Es ist bedauerlich, daß solche Berichte in diesen kritischen Zeiten verbreitet werden, wo sie die Aufgabe derer, die für die Befestigung des Friedens arbeiten, nur schwieriger gestalten können.
Die Reichsregierung paßt auf.
Zu den Meldungen englischer Sonderforrespondenten aus Danzig wird deutsch - offiziös erklärt, daß man die Entwicklung in Danzig mit äußerster Wachsamteit verfolgt und daß die Reichsregierung irgendwelchen Unternehmungen gegen die Unver gegentreten würde. Es wird jedoch zugleich darauf verwiesen, leglichkeit des Freistaates Danzig auf das schärfste entdaß bis zur Stunde in Danzig nichts geschehen ist.
Die Nachricht ist von Berliner amtlicher Seite als ,, haltlose Kombination" bezeichnet worden, die jeglicher tatsächlichen Begründung entbehre. Dieses Dementi war zu erwarten; es bemeist nicht mehr, als daß der amtliche Apparat noch normal funktioniert. Natürlich beweist das Dementi auch nicht, daß Nachricht richtig ist.
Wie der Soz. Pressedienst" erfährt, stellt die bayerische Veröffentlichung eine Warnung dar, die an gewisse Kreise. in der nächsten Umgebung des Reichspräsidenten gerichtet ist. Diese Kreise, zu denen auch Herr von Olden burg- Januschau gehören soll, beschäftigen sich mit dem Plan, die Regierung Brüning durch eine Regierung des Generals von Schleicher zu ersetzen. In München sei man auf diesen Plan dadurch aufmerksam gemacht worden, daß verfucht wurde, gewisse bayerische Persönlichkeiten für ihn zu gewinnen.
Die Korrespondenz der Bayerischen Volkspartei spricht im Zusammenhang mit ihrer Meldung. von bolivianischen Zuständen. Damit meint sie offenbar jene Art jüdamerikanischen Regierens, bei der immer ein militärischer Diktator von einem andern abgelöst wird, wobei eine Menge Menschen zu Tode kommen, ohne daß sich sonst eigentlich sehr viel
ändert.
Man kann dem jezigen System" im Reiche wirklich nicht den Vorwurf machen, daß das Militär in ihm zu schwach vertreten ist. Reichspräsident ist ein Feldmarschall, die innerpolitisch wichtigsten Aemter des Reichswehr - und Innenministers liegen in der Hand eines Generals- und die andern? Lobredner haben das gegenwärtige Kabinett ein ,, Kabinett der Frontsoldaten" genannt; man fönnte es aber auch ein Kabinett ehemaliger Offiziere nennen. Sicher also ist das Unglück Deutschlands nicht auf den Umstand zurückzuführen, daß zuviel Zivilisten regieren und fann sein Heil nicht dadurch erreicht werden, daß man noch mehr Militärs regieren. läßt.
nachgesagt, der in stürmischen Zeiten besonders schwer wiegt: Man hat aber dem militärischen System einen Vorteil nämlich daß es auf dem Verhältnis unbedingter Subordi nation beruht und dadurch ein gewisses Mindestmaß staat
Durchs Hakenkreuz ums Brot gebracht! ücher Ordnung gewährleistet. Sehr in Gegensatz zu dieſer
Krisenverschärfung durch Naziagitation.
Weimar , 2. Mai. ( Eigenbericht.)
Nie Naziseuche bringt viele thüringische Ar
meitverbreiteten Auffassung steht aber die Vorstellung, daß der Staatssekretär im Reichswehrministerium und der Chef der Heeresleitung Pläne schmieden könnten, um ihren Chef, den Reichswehrminister, zu stürzen. Würden beiter und Geschäftsleute um Lohn und Brot. Im Vor- solche Pläne wirklich bestehen, so wäre das ein Beweis dafür, jahr wurden bereits verschiedene naziverseuchte thüringische Bäder daß im System der Reichswehr etwas nicht gefund ist und und Sommerfrischen von Erholungsbedürftigen gemieden; jetzt über- daß mit eiserner Hand durchgegriffen werden muß. Der Reichswehrminister selbst muß die Gewähr dafür bieten, daß trägt sich dieser Zustand auch auf die Industrie. In Blankenberg, einer Enklave des preußischen Kreises er von seinen Mitarbeitern in seiner verantwortlichen TätigBiegenrück, wird in der Hausindustrie die Weißwarenhand- feit respektiert und loyal unterstützt wird. Er muß die Kraft ftiderei betrieben. Eine Düsseldorfer Firma, die bisher von haben, sich von Mitarbeitern zu trennen, deren Verhalten ihm dort ihre Waren bezogen hat, schrieb fürzlich an ihre Lieferanten: Grund zu irgendwelchem Mißtrauen gibt. ,, Bei Ihrer Sendung befindet sich ein Arbeitszettel, auf welchem sich der Vermerk Heil Hitler " befindet. Wir fügen Ihnen diesen Arbeitszettel bei, damit Sie feststellen fönnen, wer sich von Ihren Leuten diese Unverschämtheit uns gegenüber erlaubt hat. Wir werden die Konsequenzen ziehen, denn wir sind nicht gewillt, Leute zu unterstüßen, die eine derartige Gefinnung hegen. Irgendwelche Entschuldigung Ihrerseits ist voll fommen zwecklos." Seitdem find von der betreffenden Firma
feine Arbeitsaufträge mehr erteilt worden. der Saale , Kreis Schleiz in Thüringen , gehen in letzter Zeit ebenDer naziverseuchten Großpapierfabrit Rosenthai an falls immer weniger Aufträge zu. Große Firmen bestellen bei ihr nicht mehr. Auch der großen Lederfabrit in Hirschberg an der Saale sind in letzter Zeit mehrfach große Aufträge verloren gegangen, weil auf dem gelieferten Leder mit Kreide geschmierte Hakenkreuze zu finden waren. Auslandsvertreter verließen die Firma ohne Aufträge zu erteilen, nachdem fie in dem Betrieb bemerkten, daß überall die Wände mit Satenfreuzen beschmiert waren.
In diesen beiden großen Betrieben betreiben hauptsächlich die Angestellten Hafentreuzpropaganda.
Die Pläne, die in München den Generälen von Schleicher und von Hammerstein zugeschrieben werden, werden von der Rechten, insbesondere von den Natio= nalsozialisten, auf das eifrigste betrieben. Noch gestern abend versicherte der ,, Angriff", die Stellung Groeners sei nach der Ablehnung des Reichsbannerverbots unhaltbar geworden. Man hofft, Groener stürzen zu können und sieht dabei voraus, daß sein Sturz die ganze Regierung Brüning in den Abgrund reißen würde.
Mit dieser Möglichkeit rechnet man auch in der Bayeri schen Volkspartei oder, wie man heute beinahe schon wieder sagen darf, im bayerischen 3entrum. Das Zentrum hat bei den Landtagswahlen in Preußen, Bayern und Württemberg seine sogenannte Schlüsselstellung nicht nur ge= halten, sondern auch noch sehr erheblich gestärkt. Käme es aber im Reich zu einem Sturz der Regierung Brüning und zu ihrer Ersegung durch eine Generalsregierung, so wäre die Situation vollständig verschoben und die Stellung des